Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Überseekaufleute
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 138357056 | OGND | VIAF: 89909770
Namensvarianten
  • Melchers

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Zitierweise

Melchers, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd138357056.html [27.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Die meisten Nachkommen des 1636 aus Glaubensgründen aus der Pfalz nach Varel (Ostfriesland) zugewanderten Carl (* 1591) waren Landwirte. Wolfgang Laurenz (1740–1825) war Kammerrat der Reichsgrafen v. Bentinck in Varel. Sein Sohn Carl (1781–1854) gründete am 1.1.1806 in Bremen gemeinsam mit Carl Focke das kaufmännische Unternehmen Focke & Melchers, dessen Aufstieg durch die Kontinentalsperre kaum behindert wurde. Ende 1813 trat Focke aus dem Unternehmen aus, das fortan als C. Melchers & Co. firmierte. Auf solider Kapitalbasis florierten der Handel und eine 1813 gegründete Tabakfabrik. Seit 1821 machte man gute Geschäfte im Handel mit Westindien, bald auch mit New York und New Orleans. Nach 1835 gehörte die Firma, die in den 30er und 40er Jahren 7-12 verhältnismäßig große Schiffe besaß, auch zu den führenden Bremer Privatassekuradeuren. 1837 trat der älteste Sohn des Gründers, Laurenz Heinrich Carl (1812–88) in das Unternehmen ein; 1838 heiratete er eine Tochter des einflußreichen Geld- und Wechselmaklers Hermann Rösing (1769–1850). Seine jüngeren Brüder Heinrich (1822–93), Georg (1827–1907) und Gustav (1830–1902) gründeten 1846 in Mexiko und 1853 in Honolulu Tochtergesellschaften. Nach dem Tode ihres Vaters wurden Laurenz Heinrich Carl und ein weiterer Bruder, Fritz (1826–70), 1854 Inhaber des Unternehmens, das der ältere jedoch allein führte, bis er 1862 seinen Freund Johann H. Jantzen als Teilhaber aufnahm. 1865 trat sein Sohn Carl Theodor (1839–1923) nach mehrjähriger Lehrzeit in Südamerika als Vertreter der 3. Generation in das Handelshaus ein. Seit etwa 1860 wurde die Reederei angesichts der Erfolge des von Laurenz Heinrich Carl 1857 mitbegründeten Norddeutschen Lloyd sowie des schnell wachsenden Umfanges und der zunehmenden geographischen Ausdehnung des eigenen kaufmännischen Geschäfts (Sprit, Genever, Leinen auf dem einen, Zucker, Reis, Gewürze, Südfrüchte auf dem anderen Wege), das große Kapitalien erforderte, aufgegeben. Der Verkehr mit kuban. Häfen und Brasilien (Bahia) wurde wegen der wachsenden Bedeutung von Tabakhandel und -industrie in Bremen ausgebaut, gleichzeitig aber auch der nach Indien und dem Fernen Osten in das Geschäft von Melchers & Co. einbezogen. Carl Theodors Bruder Hermann (1842–1918) gründete nach Ausbildungsjahren u. a. bei Rösing Brothers in London 1864 eine eigene Firma in dem bereits bedeutenden Transithafen Hongkong, an der das Bremer Haus bis 1918 kommanditistisch beteiligt war. Als China nach der Unterdrückung der Taiping-Rebellion seit 1865 fünf Vertragshäfen, darunter Shanghai, öffnen mußte, beteiligte sich Hermann sofort mit zunächst fünf eigenen älteren Schiffen am chines. Küstenverkehr, bald aber auch an Chinas Handel mit aller Welt. Als dieses Geschäft befriedigend wuchs, kehrte er nach Bremen zurück und brachte in das Familienunternehmen, in das er 1874 eintrat, wertvolle Handelsbeziehungen mit Ostasien ein. Ein weiterer Bruder, Eduard (1845–1921), gründete 1877 die Firma Melchers, Runge & Co. in London, die enge Beziehungen zu den Häusern in Bremen und Hongkong pflegte.

    In einer Zeit schneller Zunahme der industriellen Produktion sowie rasch wachsender Ein- und Ausfuhr dehnte das Bremer Unternehmen seinen Handel auf immer mehr Produkte und Häfen aus. 1884 gründete man eine Niederlassung (mit Rohstoffverarbeitung) in Hankou am oberen Jangtse, dann weitere in Kanton (1892), Tientsin (1898), Chinkiang und Ichang (1901), Nanking (1904), Chunking (1909) und Tsingtau (1910). 1914 beschäftigten Melchers & Co. in China, wo man mehrere europäische Staaten konsularisch vertrat, über 100 Europäer, etwa 850 chines. Angestellte und 3500 chines. Arbeiter. Seit 1885 vertrat die Firma in Hongkong und China den Norddeutschen Lloyd und unterstützte diesen seit 1886 bei der Einrichtung der Reichspostdampferlinie nach Ostasien. Beide Firmen richteten 1899 gemeinsam einen intensiven Jangtse-Schiffahrtsverkehr ein, der bis tief in das Landesinnere reichte. Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs beschäftigten Melchers & Co. auf zwei Haupt- und 12 Zweiglinien im Küsten- und Inselverkehr Ostasiens und der Südsee 10 Übersee- und 53 Küsten- und Flußdampfer, besaßen in Shanghai und anderen Häfen eigene Umschlaganlagen und vertraten die HAPAG sowie mehrere andere deutsche und ausländische Firmen. Das Unternehmen war auch am Versicherungsgeschäft beteiligt und für 25 deutsche und schweizer. Transportgesellschaften als Havarie-Kommissar tätig. Zu seiner Einfuhr aus aller Welt nach China gehörten Maschinen, Eisenbahnmaterial und ganze Fabrikeinrichtungen. Melchers & Co. waren zu dieser Zeit in den Beziehungen zu China die größte brem. und eine der bedeutendsten deutschen Firmen.

    Als alteingesessene, angesehene und wohlhabende Bremer Bürger (Hermanns Vermögen wurde 1912 auf 10-12 Mill. Mark geschätzt; 1918 vermachte er den Hauptteil davon seinen Teilhabern, die nicht der Familie angehörten, sowie der Stadt Bremen mit der Bestimmung, daß dieses Kapital in der Firma als „Hermann-Melchers-Reservefonds“ zu führen sei) empfanden die M. eine Verpflichtung zum Mäzenatentum und machten schon seit den 1870er Jahren Zuwendungen an kulturelle, soziale und kirchliche Institutionen der Heimatstadt, insbesondere für das „Haus Seefahrt“, den Bürgerpark (Melchers-Rösing-Stiftung), die Bremer Kunsthalle und andere Museen, Stadttheater und Konzertorchester, die Handelskammer, die Deutsch-Ostasiat. Vereinigung und viele Vereine. Hermann schenkte 1902 die nach ihm benannten fast 90 „Papyri Melchers“, die 1914 von U. Wilcken bearbeitet wurden, und 1907 seine große chines.-japan. Sammlung nebst ausreichendem Kapital zur „stilvollen Herrichtung“ dem Gewerbemuseum.

    Dem Kriegsausbruch im Sommer 1914 folgte unter brit. und franz. Druck eine „Liquidation“ der M.schen Unternehmungen in Ostasien. China verfügte im April 1919 auf Verlangen der Sieger die Beschlagnahme des Besitzes in Hankou, doch wurde diese 1923 wieder aufgehoben. Von Bremen aus ging man schon seit dem Herbst 1919 an den Wiederaufbau der geschäftlichen Beziehungen zu China. Erst über ein Jahrzehnt nach dem Tode Hermanns trat 1930 mit Carl Gerhard (1901–84) ein Vertreter der nächsten Generation in die Firma ein, die seit 1921 wieder mit mehreren Tochterfirmen hauptsächlich das China-, von Hongkong aus das Pazifik- und seit 1925 mit einem eigenen Unternehmen das USA- sowie seit 1937 das Südostasien- und das Südafrika-Geschäft betrieb. Bei Ausbruch des 2. Weltkriegs entsprachen Geschäftsumfang und Kapital etwa den Verhältnissen im|Sommer 1914. Während des Krieges und bis zum Systemwechsel in China hielt Carl Gerhard dort die Positionen des Hauses. Dann wurde die Firma wie alle ausländischen Niederlassungen konfisziert. Carl Gerhard kehrte 1951 nach Bremen zurück und nahm bis 1965 als Teilhaber am erfolgreichen Wiederaufbau des Stammhauses teil. Seit 1961 ist mit Henning (* 1933) die 6. Generation in der Firma tätig, die 1988 etwa 500 Mitarbeiter beschäftigte. Sie ist wieder eine der führenden deutschen Asienfirmen und arbeitet im wesentlichen auf folgenden Gebieten: Konsumgüterimporte aus Asien (Uhren, Textilien, Elektronik, Schmuck, Perlen), technische Exporte nach Asien, internationaler Rohstoffhandel (ätherische Öle, Bettfedern, Textilhaare, Halbedelsteine) und Chinahandel im weitesten Sinne. Daneben gibt es eine große Zahl von Aktivitäten der Auslands-Tochtergesellschaften mit Drittländern. – Zur Familie gehört auch Wilhelm (1900–71), Diplomat, u. a. Botschafter in New Delhi und Athen.

  • Literatur

    150 J. C. Melchers & Co., Bremen, 1956 (P u. a. v. Carl u. Hermann);
    W. Treue, Die Gesch. d. Bremer Handelshauses C. Melchers & Co. v. seiner Gründung bis z. Ende d. 1. Weltkriegs, in: ders. u. F. Prüser (Hrsg.), Btrr. z. Brem. Firmengesch., 5. Beih. z. ZUG, Zs. f. Firmengesch. u. Unternehmerbiogr., 1966, S. 33-46;
    D. Glade, Bremen u. d. Ferne Osten, 1966;
    Brem. Biogr. d. 19. Jh., 1912;
    Brem. Biogr. 1912–62, 1969 (L).

  • Autor/in

    Wilhelm Treue
  • Zitierweise

    Treue, Wilhelm, "Melchers" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 2-4 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd138357056.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA