Lebensdaten
1881 – 1940
Geburtsort
Untermais bei Meran (Tirol)
Sterbeort
Konzentrationslager Buchenwald
Beruf/Funktion
Politiker ; Heimwehrführer
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 129961981 | OGND | VIAF: 72486404
Namensvarianten
  • Steidle, Richard Franz Josef
  • Steidle, Richard
  • Steidle, Richard Franz Josef
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Zitierweise

Steidle, Richard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129961981.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz, aus Wiblingen (Württ.), Kaufm.;
    M Maria Krismer (* 1861), aus Matrei (Tirol);
    Wien 1909 Hermine Mayr (* 1885).

  • Biographie

    S. maturierte am Gymnasium in Innsbruck und studierte seit 1900/01 Rechtswissenschaft an der Univ. Innsbruck (Dr. iur. 1908). Zum Frontdienst untauglich, fand er seit 1914 Verwendung als Militär-Gerichtsakzessist. Nach dem Krieg war er bis 1934 Rechtsanwalt in Innsbruck. 1919 wurde er Abgeordneter der Tiroler Volkspartei im Landtag, 1918–21 und 1933/34 war er Landesrat (Mitgl. d. Tiroler Landesregierung) sowie 1922–31 Mitglied des Bundesrates. Im Mai 1920 gründete S. die Tiroler Heimatwehr und war bis 1934 ihr erster Landesführer, 1923–26 Vorsitzender der alpenländ. Selbstschutzverbände (gesamtösterr. Heimwehr), 1926–30 erster Bundesführer der österr. Selbstschutzverbände, 1932–34 Bundesführerstellvertreter. Seit 21. 12. 1930 wegen der Spannungen zwischen der Heimwehr und der christlichsozialen Reichspartei aus der Bundesratsfraktion der christlichsozialen Reichspartei ausgeschlossen, war er Nov./Dez. 1933 erster Sicherheitsdirektor von Tirol, seit Nov. 1933 Bundeskommissär für Propaganda und 1934–38 Generalkonsul in Triest. Im Zuge des „Anschlusses“ (März 1938) wurde er ins KZ Buchenwald eingeliefert, wo er angeblich bei einem Fluchtversuch zu Tode kam.

    S. trat schon in der Monarchie für die republikanische Staatsform ein, setzte sich 1919 bei einer Mission nach Berlin, Weimar und München für den Anschluß an Deutschland ein und trat dem freisinnig national ausgerichteten „Alldeutschen Verband“ bei. 1920 wurde S. mit der Ausarbeitung einer Tiroler Wehrverfassung beauftragt. Er trat schon 1920 gegen Parlamentarismus und Demokratie auf und führte in den folgenden Jahren die Tiroler Heimatwehr entgegen dem Willen der Tiroler Landesregierung, die diese als eine ihr untergeordnete paramilitärische Hilfstruppe verstand, zu einer politischen Bewegung mit dem Ziel eines ständischautoritären Regierungssystems ohne Parteien. Sein Hauptkampf galt dem Austromarxismus, aber auch den Nationalsozialisten, da die unter kath. Führung stehende Tiroler Heimatwehr für ein unabhängiges und auf ständischer Grundlage beruhendes Österreich eintrat. Anfang der 1920er Jahre tat sich S. als besonders radikaler Antisemit hervor, er polemisierte gegen die von den Sozialdemokraten dominierte und damit aus S.s Sicht „verjudete“ Bundesregierung. Nach 1927 näherten sich die Heimwehren unter seiner Führung Mussolini an, der sie mit der Auflage, ein faschistisches Regierungssystem in Österreich zu errichten und zur Südtirolfrage zu schweigen, mit Geld und Waffen versorgte. Als diese vom ungar. Ministerpräsidenten Istvan Bethlen vermittelte geheime Übereinkunft mit Mussolini in Tirol bekannt wurde, kostete dies die Heimwehr und S. viele Sympathien. 1930 unterlag S. im Kampf mit Ernst Rüdiger v. Starhemberg (1899–1956) um die Führung der österr. Heimwehren. Seine im selben Jahr entwickelte Idee einer „nationalen Internationale“ wurde nicht aufgegriffen. Letztlich scheiterte S., der wesentlich zur Polarisierung der österr. Gesellschaft der Zwischenkriegszeit beitrug, in fast allen seinen Funktionen frühzeitig, weil er eine eigenständige Politik betrieb, ohne über die dazu notwendigen Machtmittel zu verfügen. Seit seinem Sturz als Bundesführer (1930) wurde er immer weiter nach unten abgeschoben, schließlich im Ausland eingesetzt, um ihn von der österr. Innenpolitik fernzuhalten. Selbst im autoritären Ständestaat konnte er nicht reüssieren.

  • Werke

    Die Totengräber d. Freiheit, in: Tiroler Anz., 1918, Nr. 164;
    Die gelbe Gefahr, ebd., Nr. 267;
    Tirol u. Versailles, ebd., Nr. 271;
    Der Gang n. Canossa (Südtirol), ebd. 1919, Nr. 126;
    Das Recht Tirols, ebd. 1921, Nr. 262;
    Josef Schraffl als Bauernführer u. Pol., Innsbrucker Nachrr., 1922, Nr. 9;
    Der Weg zu Österreichs Freiheit, o. J. (1929) (anonym)

  • Literatur

    |G. Rühle, Das Großdt. Reich 1918–1938, o. J.;
    Führende Persönlichkeiten Tirols, Die Woche, Tiroler Nr., H. 22, 1919, S. 951 (P);
    R. S., Bundeskommissär f. Propaganda, Tiroler Anz., 1933, Nr. 265;
    Der Mordanschlag auf Sicherheitsdir. Dr. R. S., ebd., Nr. 269;
    Der Abschied Dr. R. S.s als Sicherheitsdir., Neue Ztg., 1933, Nr. 296;
    Ernennung z. Gen.konsul in Triest, ebd., 1934, Nr. 102;
    Abschied v. Heimatwehr, Landesführer Dr. R. S., Innsbrucker Nachrr., 1934, Nr. 147;
    Heimatschutz in Österr., 1934;
    15 J. Tiroler Heimatwehr, 1935, bes. S. 10 f.|(P);
    R. S., Gedenkworte v. Dr. J. Ortler, in: Austrier Bll., 1946, Nr. 15;
    „Auf d. Flucht erschossen“, Wie Dr. R. S. in Buchenwald ermordet wurde, in: Tiroler Nachrr., 1947, Nr. 93;
    Das Attentat gegen Dr. R. S. nach 18 J. vor Ger., in: Tiroler Tagesztg., 1951, Nr. 42;
    E. Sieber, R. S., 1964 (Ms., Inst. f. Zeitgesch., Univ. Wien);
    H. G. W. Nußer, Wehrverbände in Bayern, Preußen u. Österr., 1973;
    W. Rebitsch, Die Volkswehr u. d. Bundesheer in Tirol 1918–1938, Diss. Innsbruck 1976, S. 280 ff.;
    L. Rape, Die österr. Heimwehren u. d. bayer. Rechte 1920 bis 1923, 1977;
    F. L. Carsten, Faschismus in Österr., 1977;
    C. E. Edmondson, The Heimwehr and Austrian Politics, 1978;
    R. Schober, Die Tiroler Frage auf d. Friedenskonferenz v. Saint Germain, 1982;
    W. Wiltschegg, Die Heimwehr, Eine unwiderstehl. Volksbewegung, 1985;
    V. Lösch, Die Gesch. d. Tiroler Heimatwehr (…) 1920–1930, Diss. Innsbruck 1986, bes. S. 43 f.;
    Personenlex. Österr.;
    ÖBL.

  • Autor/in

    Richard Schober
  • Zitierweise

    Schober, Richard, "Steidle, Richard" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 123-124 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129961981.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA