Lebensdaten
1868 – 1946
Geburtsort
Brandenburg/Havel
Sterbeort
Hannover
Beruf/Funktion
sozialdemokratischer Politiker ; Reichswehrminister
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118588761 | OGND | VIAF: 10638166
Namensvarianten
  • Noske, Gustav

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Zitierweise

Noske, Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118588761.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (* 1838), aus Ciechanowiec (Rußland), Tuchmacher bzw. Weber, S d. Heinrich, Tuchmachermstr. in Rohücz (Rußland);
    M Emma (* 1843), T d. Johann George Wilhelm Herwig, Tuchmachermstr. in H.;
    Brandenburg 1891 Martha Thiel (1872–1949), aus Klingerswalde (Krs. Heilsberg, Ostpreußen);
    1 S, 2 T, u. a. Hanna (* 1898, Erhard Holfter, Dir. in Frankfurt/Main).

  • Biographie

    Nach Beendigung der Bürgerschule absolvierte N. in seiner Heimatstadt eine vierjährige Korbmacherlehre in der Reichsteinschen Kinderwagenfabrik. Gleichzeitig eignete er sich als Autodidakt eine breite Bildung an und engagierte sich für die Arbeiterbewegung. Als 24jähriger Holzarbeiter wurde er zum Vorsitzenden des etwa 1000 Mitglieder starken sozialdemokratischen Vereins in Brandenburg gewählt. Seit 1897 wirkte N. als Kommunalpolitiker und als Redakteur sozialdemokratischer Zeitungen in Königsberg (Volkstribüne) und Chemnitz (Volksstimme). 1906 erstmals für den Wahlkreis Chemnitz in den Reichstag gewählt, behielt er dieses Mandat bis 1920. In der SPD-Reichstagsfraktion profilierte sich N. als Fachmann für Haushalts-, Kolonial- und Militärpolitik. Seit 1912 übte er die Funktion eines Koreferenten des Reichstages für den Marineetat aus. Er galt als reformistischer Praktiker, den die grundlegenden theoretischen Debatten seiner Partei wenig interessierten. Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurde N. zu einem Befürworter der Kriegskreditbewilligungen. Gleichzeitig setzte er sich für eine Stärkung der Parlamentsbefugnisse ein. In der zweiten Kriegshälfte (1916–18) trat N. als parlamentarischer Wortführer einer von der Regierung eingesetzten „Kommission für die Überprüfung der Kriegslieferungen“ hervor, die Kriegsgewinne aufdecken sollte. Er machte sich hier sowohl um die Durchleuchtung der Rüstungsproblematik als auch um die Ausdehnung parlamentarischer Befugnisse verdient. Im Revolutionsjahr 1918 wirkte N. kurzzeitig als gewählter Vorsitzender des Obersten Soldatenrats Kiel, im November und Dezember amtierte er als Kieler Gouverneur. Von Ende Dezember 1918 bis Februar 1919 war er in Berlin im „Rat der Volksbeauftragten“ für das Militärwesen zuständig. Von Februar 1919 bis März 1920 war N. Reichswehrminister in den Koalitionskabinetten Philipp Scheidemann (SPD) und Gustav Bauer (SPD). Anschließend wurde er, nachdem er nicht mehr als sozialdemokratischer Reichstagskandidat aufgestellt worden war, vom preuß. Innenminister Severing zum Oberpräsidenten der Provinz Hannover ernannt. Dieses Amt übte er, zunehmend konservativer werdend, bis 1933 aus; so hatte er 1925 und 1932 die Kandidatur Hindenburgs zum Reichspräsidenten unterstützt. Von den Verschwörern des 20. Juli für das Amt eines „Politischen Beauftragten“ vorgesehen, wurde N. nach dem gescheiterten Attentat wegen Hochverrats angeklagt und inhaftiert.

    In der dramatischen Phase des Übergangs von der Monarchie zur Republik und der Etablierung eines parlamentarischen Regierungssystems fiel N. eine zweifache Aufgabe zu: Er sollte, obwohl für das Militär und nicht für die Innenpolitik zuständig, die brodelnde innenpolitische Szene pazifizieren, um die Durchführung der Wahlen zur Nationalversammlung vom 19.1.1919 und ein ungestörtes Arbeiten der gewählten Volksvertreter an einer demokratischen Reichsverfassung sicherzustellen. Gleichzeitig sollte er auf dem für einen Sozialdemokraten damals besonders heiklen Feld, dem der Militärpolitik, als verantwortlicher Minister reformerisch tätig werden. Das politische Ansehen, das N. in seiner Partei, im Reichstag und in der Öffentlichkeit genoß, verdankte er seinen überragenden Fähigkeiten als Redner, seiner politischen Kompetenz sowie der Tatkraft, mit welcher er seit dem Spätjahr 1918 die ihm anvertrauten politischen Führungsaufgaben ausübte. In der Revolutionszeit 1918/19 setzte sich N., der ein politischer Vertrauter und persönlicher Freund Friedrich Eberts war, konsequent für ein Zurückdrängen der Arbeiter- und Soldatenräte und für den Weg|der Parlamentarisierung ein. Von Versuchen einer kompromißbereiten Integration der Rätebewegung zugunsten einer stärkeren Fundierung der jungen Demokratie „von unten“ hielt er nichts. Den einmal für sich als richtig erkannten Weg beschritt er mit größter Konsequenz, auch was den Einsatz des Machtinstruments Militär anging. Wegen seines Durchsetzungsvermögens und seiner Kompromißlosigkeit galt N. als „starker Mann“ seiner Zeit. Von seinen politischen Gegnern auf der Linken wurde er als „Bluthund“ und „Arbeiterschlächter“ bezeichnet, nachdem er im Dezember 1918 in Berlin auf demonstrierende Arbeiter schießen ließ. Von bürgerlicher Seite wurde er als „Retter Deutschlands“ vor dem Bolschewismus gelobt; dieses historische Verdienst nahm er auch selbst für sich in Anspruch. Als Reichswehrminister unterschätzte N. die Gefahren, die von rechtsradikal eingestellten Militärs für die junge deutsche Republik ausgingen. Da er folglich den maßgeblich von Angehörigen der Reichswehr getragenen Kapp-Lüttwitz-Putsch vom März 1920 nicht vorhergesehen und nicht verhindert hatte, mußte N. unter dem Druck seiner Partei und der Gewerkschaften zurücktreten. Der Putsch von rechts zeigte, wie wenig es gelungen war, die Reichswehr zu reformieren und in die Demokratie einzubinden, von der „Zertrümmerung des Militarismus“ preuß. Prägung, wie von der Rätebewegung Ende 1918 gefordert, ganz zu schweigen.

  • Werke

    u. a. Kolonialpol. u. Sozialdemokratie, 1914;
    Wie ich wurde, 1919;
    Von Kiel bis Kapp, Zur Gesch. d. dt. Rev., 1920;
    Erlebtes aus Aufstieg u. Niedergang e. Demokratie, 1947.

  • Literatur

    U. Czisnick, G. N., Ein soz.dem. Staatsmann, 1969 (P);
    W. Wette, G. N., Eine pol. Biogr., 1987, ²1988 (P);
    ders., in: Demokratische Wege (P);
    R. Butenschön u. E. Spoo (Hg.), Wozu muß einer d. Bluthund sein? Der dt. Sozialdemokrat G. N. u. d. dt. Militarismus d. 20. Jh., 1997;
    E. Andrée, in: Niedersächs. Lb. II, 1954, S. 248-60 (P);
    H. Grebing, in: Biogr. Lex. z. Weimarer Rep., hg. v. W. Benz u. H. Gramel, 1988.

  • Porträts

    Berlinner Ill. Ztg. v. 2.3.1919, Titelbl.

  • Autor/in

    Wolfram Wette
  • Zitierweise

    Wette, Wolfgang, "Noske, Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 347-348 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118588761.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA