Lebensdaten
1775 – 1847
Geburtsort
Klebitz bei Wittenberg
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
preußischer Agent ; Publizist ; Politiker ; Beamter ; Hofrat ; Schriftsteller ; Privatlehrer
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 11927017X | OGND | VIAF: 50032005
Namensvarianten
  • Müller, Karl Christian
  • Müller, Karl
  • Müller, Karl Christian
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Müller, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11927017X.html [04.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus kursächs. Pastorenfam.;
    V August (1745–1801), Pfarrer in K. u. Schönefeld, S d. August (1711–89), Pfarrer in Marzahna (s. Jöcher-Adelung), u. d. Christiane Friederike Hoffmann (1724-n. 1801);
    M Benjamine Sophie (1751–1821), T d. Johann Gotthelf Groß, Pfarrer in Kaltenborn;
    Ur-Gvv August (1679–1749), Sup. u. Propst in Kemberg (s. Jöcher-Adelung);
    B Gottlieb Friedrich (1782–1847), Ratsherr in W., dann Stadt- u. Landger.dir. in Delitzsch (s. NND 25), Moritz Wilhelm (* 1784), Arzt in Leipzig, August Benjamin (1787–1855), Seidenwarenhändler u. Stadtverordneter in B.;
    1) (⚮) N. N., 2) Berlin 1828 Auguste Friederike Elßholtz, Wwe d. preuß. Majors Ernst Wilhelm v. Gottberg (1768–1814).

  • Biographie

    Zunächst privat unterrichtet, besuchte M. vom 12. Lebensjahr an die Fürstenschule zu Meißen und studierte 1793-97 in Wittenberg Theologie. Seine erste Anstellung fand er als Hauslehrer bei der Baronin v. Flemming auf Falkenhain. Seit 1802 betreute er das Studium zweier Söhne des sächs. Oberkammerherrn und späteren Ministers Karl Gf. Bose an der Univ. Leipzig, befaßte sich dort auch selbst mit Mathematik, Geographie, Staats-, Rechts- und Militärwissenschaften und promovierte 1806 in Wittenberg zum Dr. phil. Schon in Leipzig hatte M. sich offen für die preuß. Offiziere eingesetzt, die infolge des Tilsiter Friedens entlassen worden waren, und war Mitglied des „Tugendbundes“ geworden, über den er in Beziehung zu Vertretern der preuß. „Patriotenpartei“ getreten sein dürfte. Unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Dienst Boses begab er sich im Mai 1809 nach Berlin, wo er zunächst, während des österr.-franz. Krieges, Strategieentwürfe für Preußen ausarbeitete, aufgrund seiner praktisch-organisatorischen Fähigkeiten, seines Einsatzwillens und Mutes aber bald für logistische Insurrektionsvorbereitungen, die Bespitzelung der militärischen Infrastruktur der Franzosen und die Durchführung von Geheimmissionen – u. a. zu Stein und dem Kurfürsten von Hessen in Prag, nach Wien, zu Blücher in Schlesien – herangezogen und so zu einer der tragenden Säulen des unter den Auspizien Justus v. Gruners errichteten preuß. Agentennetzes wurde. Nach Festnahme in Leipzig und geglückter Befreiung nahm man ihn von Oktober 1811 bis zum Februar 1812 in preuß. Schutzhaft, um ein franz. Auslieferungsbegehren zu unterlaufen. Als Gruner im Prager Exil das gleiche Schicksal widerfuhr, übernahm M. für kurze Zeit dessen Aufgaben. Im Frühjahr 1813 beteiligte er sich an den preuß.-russ. Bündnisverhandlungen in Kalisch und verfaßte dort möglicherweise den Text der Märzproklamation Feldmarschall Kutusows.

    Zwischenzeitlich hatte sich M. in Schlesien einem Streifkorps angeschlossen, wurde dann aber von Stein in den Verwaltungsrat berufen und dem Generalgouverneur für die sächs. Herzogtümer sowie die schwarzburg. und reuß. Besitzungen, Gf. Reisach, als Assistent zugeteilt. Weil diese Gebiete damals größtenteils unter der Kontrolle der franz. Truppen blieben, waren einer preuß. Verwaltung jedoch enge Grenzen gesetzt. Anfang Mai war M. in Blüchers Hauptquartier in Altenburg und dort u. a. für die Anwerbung Freiwilliger und die Aufstellung des Landsturms zuständig. Der Rückzug der preuß. -russ. Truppen hinter die Oder brachte ihn wiederum in die Nähe Steins, in das Hauptquartier der Verbündeten in Reichenbach. Nach seiner Teilnahme an Feldzügen der Nordarmee übte M. im Herbst das Amt des Gouvernementskommissars für die Niederlausitz aus. Gleichzeitig trat er publizistisch hervor, indem er das zeitgenössische Kriegsgeschehen kommentierte und patriotischpropagandistische Schriften und Zeitungsbeiträge veröffentlichte (u. a. über die Zukunft Sachsens, die Rückgewinnung des Elsaß und die Rückführung geraubter deutscher Kulturgüter aus Frankreich). Mit seinem umfangreichen „Allgemeinen Verteutschwörterbuch der Kriegssprache“ (1814) zielte er auf die Germanisierung der franz. geprägten Militärterminologie ab. Nachdem M. Anfang 1814 in Dresden dem russ. Generalgouverneur von Sachsen, Fürst Repnin, zur Seite gestanden hatte, war er als Mitarbeiter Hardenbergs auf dem Wiener Kongreß u. a. für Fragen der preuß.-sächs. und preuß.-poln. Grenzziehung zuständig. Infolge eines unverschuldeten Kriegsgerichtsverfahrens, aber auch, weil Hardenberg ihm eine Anstellung im preuß. Staatsdienst in Aussicht gestellt hatte, reichte M., der zuletzt Leutnant im Infanterie-Rgt. Nr. 25 (dem vormaligen Lützower Freikorps) war, seinen Abschied vom Militär ein. Er mußte sich vorübergehend mit Hilfsdiensten für Stägemann und Rother begnügen, erhielt dann aber 1817 den Hofratstitel, später auch den eines Geheimen Hofrats. Damit verbunden war eine feste, im Verhältnis zu seinem vorherigen Status als „halbdiplomatischer Rundläufer“ (E. M. Arndt) allerdings eher subalterne Anstellung im Statistischen Büro. Unter Stägemann war er auch Redakteur der Preuß. Staatszeitung. Seine patriotischen Ambitionen verlagerte M. allmählich in unpolitische, kulturell-literarische Bereiche. Er veröffentlichte zwei Bände mit selbstverfaßten neulat. Liedern zur Reformationsfeier 1817 und Hymnen auf die politischen und militärischen Hauptakteure der Befreiungskriege und war Mitgründer der Deutschen Sprachgesellschaft, 12 Jahre auch deren Vorstand. An der weiteren Entwicklung der deutschen Nationalbewegung nahm er keinen inneren Anteil mehr, da sich deren Ziele nicht mit seinem staatsaffirmativen Patriotismus vereinbaren ließen.

  • Literatur

    ADB 22;
    K. A. Varnhagen v. Ense, K. M.s Leben u. kl. Schrr., 1847;
    F. Müller, Nachrr. üb. d. Fam. Müller vonn d. Neustadt auff d. Heide, 1911, bes. S. 43-62;
    Meusel, Gel. Teutschland;
    J. E. Hitzig (Hrsg.), Gelehrtes Berlin im J. 1825, 1826, S. 182;
    Kosch, Biogr. Staatshdb. – Eigene Archivstud.

  • Autor/in

    Uwe Meier
  • Zitierweise

    Meier, Uwe, "Müller, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 434-435 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11927017X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Müller: Karl Christian M., deutsch-patriotischer Agitator gegen die französische Fremdherrschaft, preußischer Geh. Hofrath, geb. am 13. April 1775 im sächsischen Dorfe Klebitz bei Wittenberg, 3. Februar 1847 in Berlin. Er war der älteste von vier Söhnen eines Pfarrers, erhielt den ersten Unterricht bei einem Lehrer in Kropstädt und wurde im Herbst 1787 als kurfürstlicher Zögling in die Fürstenschule zu Meißen aufgenommen. Von October 1793 bis October 1797 studirte er in Wittenberg Theologie, worauf er die Stellung als Hauslehrer bei den Söhnen der Baronin u. Flemming auf Falkenhain annahm. Im Frühjahr 1802 vertauschte er diese Stellung mit der ihm angebotenen Stelle eines Oberpredigers in Golßen, nahm jedoch, noch bevor er diese angetreten, auf Empfehlung des kursächsischen Generals v. Christian: den Antrag des sächsischen Oberkammerherrn Grafen Bose in Dresden an, seinem soeben die Universität Leipzig beziehenden Sohne ein Führer zu sein. Nach Erfüllung dieser Aufgabe stellte ihm Graf Böse denselben Antrag auch bezüglich seines jüngeren Sohnes. M. zeigte sich hierzu wenig geneigt, weil Bose freundliche Beziehungen zu den Häuptern der das Land besetzt haltenden Franzosen unterhielt und gab nur auf die dringendsten Bitten nach. Die Folge waren verschiedene Mißhelligkeiten, da M. in Folge der Siege der Franzosen von 1805 von Haß und Rache gegen dieselben erfüllt war. Bei einem Besuche in Dresden kam er einmal mit dem Marschall Davoust in Streit, welcher nur durch Graf Böse beigelegt wurde. Durch das Vertrauen der Zöglinge war er weit über das gewöhnliche Maß hinaus in diesen ihn im Berufe nicht fördernden Verhältnissen geblieben. Dagegen kam der inzwischen zur Reise gelangte Mann in Leipzig mit vielen bedeutenden und patriotischen Persönlichkeiten, mit Seume, v. Elßholtz, Fürst Ed. Lichnowsky, Graf Pückler n. A. in lebhafte Berührung und gab sich, ergriffen von der Noth und Schmach des Vaterlandes, in den Zeiten von 1805 bis 1813 mit Vollem|Eifer und ganzer Kraft vorbereitenden Bestrebungen zur Befreiung Deutschlands hin, welche von Einzelnen im Geheimen unternommen wurden. Er legte sich auf das Studium der Kriegsgeschichte und Kriegskunst, suchte durch Rede und Schrift das Vaterlandsgefühl zu beleben und warb für die Unterstützung der durch die Ereignisse von 1805—1807 dienstlos gewordenen Officiere. Nachdem der zweite Sohn Bose's die Universität verlassen hatte, bot letzterer M. das Amt eines Postdirectors in Leipzig oder die Generalpacht der dortigen 6 Tageblätter an; er lehnte aber ab, worauf ihm Bose 6000 Thaler schenkte. Nachdem er in Wittenberg die Philosophische Doctorwürde erworben, machte er zunächst Leipzig zum Mittelpunkt seiner patriotischen Thätigkeit, dann trat er dem in Königsberg gebildeten Tugendbunde bei und verlegte seine Wirksamkeit nach Preußen. Im Mai 1809 kam er nach Berlin und entwarf hier mit Rücksicht auf die Möglichkeit, daß Preußen dem Kriege Oesterreichs gegen Frankreich beitreten werde, strategische Pläne und kriegerische Anordnungen, welche durch Grüner, den Leiter der preußischen Polizei, einem Ausschüsse vertrauter Kriegskundiger, unter denen sich Prinz August Ferdinand von Preußen befand, vorgelegt wurden. M. zog auch als Kundschafter umher und lieferte dem Feldmarschall Blücher, der ungeduldig auf das Zeichen zum Losbrechen wartete, die genausten Nachrichten über die Zahl und Stellung der franzosischen Truppen. Für diesmal waren in Folge der Schlacht bei Wagram alle Bemühungen vergeblich, M. setzte sie aber unermüdlich fort, kam in nahe Verbindung mit dem Staatskanzler Hardenberg und zeigte sich bereit, sich den schwierigsten Aufgaben zur Vorbereitung einer Erhebung Preußen's zu unterziehen. Zur Erforschung des Standes der Dinge und der Stimmung durchreiste er große Strecken von Deutschland, kaufte heimlich Waffen und Pulver und unterhielt die Verbindung mit dem Auslande, obwohl französischerseits Todesstrafe darauf gesetzt war. So wurde er im Frühjahr 1811 zum Freiherr v. Stein und zum geflüchteten Kurfürsten von Hessen nach Prag wie auch zur Rücksprache mit Franzosenfeinden nach Wien geschickt. Als die Zeit für Preußens Erhebung endlich herannahte, war M., nach der Anleitung Gruner's, sehr thatig zur Vorbereitung des Planes, den Franzosen die von ihnen vertragsmäßig auch im Frieden besetzt gehaltenen 3 Oderfestungen abzunehmen. Von der Gefahr entdeckt und erschossen zu werden stets umgeben, besuchte er jene Festungen sowie die Stellungen der in Mecklenburg bis an die preußische Grenze vorgeschobenen Franzosen, ging abermals zum Kurfürsten von Hessen nach Prag und wurde zu Blücher nach Schlesien gesandt. Allmählich wurde er jedoch den französischen Behörden verdächtig, so daß bald die ganze von Hamburg aus geleitete französische Polizei auf seiner Spur war. In der That wurde er im October 1811 auf Veranlassung des königl. westfälischen Beamten v. Linden in Leipzig verhaftet; er entkam jedoch nach Berlin. Linden, ihm folgend, verlangte die Auslieferung, er wurde jedoch gerettet durch Hardenbergs Erklärung, zunächst habe Preußen wegen einer Schmähschrift ein Recht auf ihn. In der Haft erhielt er die Besuche seiner Mitwisser und alles Material zur weiteren Verfolgung der vorbereitenden Pläne. Als das französische Corps unter Oudinot auf dem Marsche nach Rußland sich Berlin näherte, wurde M. der Hast entlassen, erhielt von Hardenberg Reisegeld und verbarg sich auf den Gütern des Grafen Sandreczky von Sandraschütz in Schlesien, wo er seine Patriotische Agitation, so gut es ging, fortsetzte. Als Grüner in Prag verhaftet und als österreichischer Staatsgefangener in Ungarn in Hast gehalten war, erhielt M. den Auftrag, dessen hohe polizeiliche Stellung in Berlin zu bekleiden. Im Frühjahr 1813 begab er sich mit geheimen Austrägen Hardenbergs zum russischen Oberbefehlshaber Fürsten Kutusoff in dessen Hauptquartier zu Kalisch. Hier waren viele Vorfragen über das mit Rußland gegen Frankreich zu schließende Bündniß zu erledigen. M. drang|namentlich auch darauf, daß in den zu erlassenden Aufrufen die Sache der Fürsten zugleich als die der Völker aufgesüßt werde. In der That kam ein ganz neuer Ton in die betreffenden Ansprachen, indem in denselben vom Recht und der Freiheit der Nationen die Rede war. Eine besondere Berühmtheit erlangte der von M. verfaßte, von Kutusoff am 25. März 1813 in Kalisch unterzeichnete Aufruf. Es war in demselben mit einer gewisse Feierlichkeit die „Rückkehr der Freiheit und Unabhängigkeit“ als Zweck des Kriegs erklärt; die Monarchen von Preußen und Rußland kämen nur um den Völkern Deutschlands „diese entwandten, aber unveräußerlichen Stammgüter wieder erringen zu helfen und der Wiedergeburt eines ehrwürdigen Reichs mächtigen Schutz und dauernde Gewähr zu leisten“. Dieser Aufruf ist später offiziell abgeleugnet worden; bei seinem Erscheinen trug er aber ganz den amtlichen Charakter und war von mächtiger Wirkung im Volke, wenngleich selbst M. bei Abfassung desselben keine bestimmte Vorstellung von der künftigen Verfassung Deutschlands hegte, sondern nur die Begeisterung seine Feder geführt hatte. Um sich auch persönlich am Kampfe zu betheiligen, trat er in das Streifcorps unter Oberst Füger in Schlesien; doch schon bald wurde er vom Freiherrn v. Stein abberufen, um in Westfalen Vorbereitungen zum Kriege zu treffen und um den Kurfürsten von Hessen in Prag zum nachdrücklichen Handeln zu bestimmen. Diesen Aufträgen kam er nach, nachdem er noch in Breslau mit Arndt, Friesen und Jahn sich an der Errichtung der Lützower Freischaar betheiligt hatte. Beim Vorrücken der preußischen und russischen Truppen in Sachsen wurde M. im April 1813 vom Freiherrn v. Stein mit nach Dresden genommen, damit er bei der Verwaltung Sachsens mitwirke. In Folge dessen wurde er Seitens des Verwaltungsraths der verbündeten Truppen für das nördliche Deutschland dem Grafen v. Reisach als Generalgouverneur für die sächsischen Herzogthümer, die reußischen und schwarzburgischen Fürstenthümer beigegeben. Als aber ein Zusammenstoß mit den Franzosen nicht mehr fern zu sein schien, trat wieder Müllers Wunsch hervor, sich persönlich am Kampfe zu betheiligen. Er wurde zum Hauptmann beim Generalstabe der in Sachsen zu errichtenden Legion ernannt, begab sich in Blücher's Hauptquartier nach Altenburg und begann Freiwillige aufzurufen und den Landsturm zu errichten. Blücher, am 1. Mai 1813 von Altenburg aufbrechend um dem französischen Heere entgegen zu ziehen, ließ M. mit dem Auftrage zurück, dort Sicherheitsmaßregeln zu treffen. Aber wiederholt überkam ihn die Lust, im Felde mit thätig zu sein. Dem durch Altenburg kommenden Prinzen Karl v. Mecklenburg klagte er daher, die bevorstehende Schlacht nicht mitmachen zu können und war froh, daß dieser ihm einen Stellvertreter gab. Er eilte dem Hauptquartiere Blücher's nach und ließ am 2. Mai bei seiner Ankunft in Zeitz den mit seinem Corps dort stehenden russischen General Miloradowitsch durch General v. Korff beschwören, die Höhen von Mölsen zu besetzen. Miloradowitsch beachtete den Rath nicht und trug dadurch, daß er während der Schlacht bei Großgörschen stille stand, während sein Eingreifen dort sehnlichst erwartet wurde, zur Erfolglosigkeit jener Schlacht bei. Nachträglich erhielt er den Befehl zur Besetzung jener Höhen und nun wünschte er, M. möge als landeskundiger Rathgeber ihn begleiten. Das lehnte dieser jedoch mit dem Bemerken ab, den Rückzug ziehe er vor mit den preußischen Truppen zu machen. So schloß er sich denn auch den über Altenburg ziehenden Wucherischen Truppen an. Nach der Schlacht bei Bautzen führte M. Stein's Auftrag aus, die trotz des Waffenstillstands von den Franzosen überfallenen und zersprengten Lützom’schen Reiter zu sammeln und ihrem Corps nach Mecklenburg nachzusenden. Sodann warb er in Polen neue Freischaaren zur Ergänzung der Lücken dieses Corps. Nach Ablauf des Waffenstillstandes wurde M. zum Gouvernements-Commissar für die Niederlausitz in Lübben eingesetzt.|In dem halben Jahre, während dessen er diese Stellung bekleidete, wurde er mit Aufträgen Blüchers zum Nordheere gesandt. Er trat beim General v. Tauentzien am 6. Sept. ein und leistete ihm während der Schlacht von Dennewitz Adjutantendienste. Nach der Schlacht hatte er ein Gespräch mit dem Kronprinzen von Schweden, der seinen Plan, eine sächsische Legion zu errichten, billigte. M. erließ einen bezüglichen Ausruf, die Sache scheiterte jedoch, weil die Sachsen preußische Officiere nicht haben wollten. Im Januar 1814 begab er sich nach Dresden, wo Fürst Repnin, russischer Generalgouverneur von Sachsen, von seinen Kenntnissen Gebrauch machte. Auch als Schriftsteller erregte M. die Aufmerksamkeit der Heerführer. Ende October 1813 erschienen (in Berlin) seine „17 Kriegsberichte des Kronprinzen v. Schweden in teutschem Gewand“, 1814 sein „Verteutschungs-Wörterbuch der Kriegssprache“. In der Schrift „Auch eine Ansicht von der Völkerschlacht bei Leipzig“ legte er seine Ansichten über den strategischen Werth dieser Schlacht nieder. Dafür wurden ihm von Militärs die größten Lobsprüche zu Theil und Gneisenau soll gesagt haben, M. sei zum Kriegsführer geboren. Hierdurch ermuthigt, wies er in einer Schrift „Ueber Dijon nach Paris“ (Dresden 1814) auf den Weg, auf welchem die Verbündeten vordringen müßten. Sein Ruf als kriegserfahrener Mann war auch im Auslande verbreitet, sodaß er von russischen Generalen und österreichischen Staatsmännern glänzende Anerbietungen erhielt. Er blieb aber Preußen treu und begleitete Hardenberg, auf dessen Wunsch, auf den Wiener Congreß, wo er mit wichtigen Aufträgen betraut wurde und einen Aufsatz für die Vereinigung Sachsens mit Preußen schrieb. Nachdem der Congreß die Theilung Sachsens beschlossen hatte, wurde M. beauftragt, den vorgeschlagenen Lauf der Grenze zu prüfen und auf seinen Vorschlag wurden einige wesentliche Verbesserungen der Grenzlinie beschlossen. Weiterhin lieferte er in Wien Arbeiten für die Grenzbestimmung gegen Polen hin. Nach Napoleon's Rückkehr von Elba war M. sehr rasch mit strategischen Plänen bei der Hand. Einen Antrag des mit der Kriegsführung in Italien gegen Murat beauftragten österreichischen Generals Bianchi, in seinen Generalstab zu treten, lehnte er ab. Im October 1815 erschien seine Schrift „Deutschlands Naturgrenzen gegen Frankreich“, worin er für die Wiedergewinnung von Elsaß und Lothringen auftrat. Schon vorher hatte er in der Schrift „Unsere Denkmale in Paris“ die Wiederauslieferung der von den Franzosen aus Deutschland entführten Denkmäler verlangt. In ähnlichem Sinne war er für eine Reihe der vornehmsten deutschen Zeitungen thätig. 1816 erschien sein „Rückblick auf das Jahr 1815“. Gegen das Ende der Pariser Friedensverhandlungen unternahm er in höherem Auftrage eine Reise durch die Normandie, die Bretagne, Lothringen und nach London. Nach der Befreiung Deutschlands schien der Lebenszweck Müller's erfüllt zu sein. Er hatte als einer der Ersten und dann Jahre lang unausgesetzt mit dem größten Eifer, dem unerschrockensten Muthe, aller Gefahren ungeachtet, unter den größten Schwierigkeiten, aufopferungsvoll, aus den edelsten Beweggründen und ohne Rücksicht auf die Gewinnung einer dauernden Lebensstellung der Befreiuung des Vaterlandes erfolgreich und unter größter Anerkennung sich gewidmet; im befreiten Vaterlande aber schien für ihn kein geeigneter Platz zu sein. Hardenberg bedauerte sehr, daß keine Müller's Fähigkeiten entsprechende Stellung vorhanden sei und so wurde er den Ruthen Stägemann und Rother in Berlin als Hülfsarbeiter zugewiesen. Unter dem Namen des ersteren leitete er eine Zeit lang die in Berlin neu gegründete Staatszeitung. Erst 1817 erhielt er mit dem Titel Hofrath, später Geh. Hofrath, eine feste Anstellung im preußischen statistischen Amte. In demselben Jahre erschien seine Schrift: „Blick auf eine der Schlachten neuerer Zeit“. Lange Jahre war er Vorsitzender der deutschen Sprachgesellschaft in Berlin, gab auch 1817—1825|"Neulateinische Gedichte“ heraus. Seine erste Ehe wurde geschieden; in zweiter war er verheirathet mit der Wittwe des Majors v. Gottberg, geb. Elßholtz.

    • Literatur

      Varnhagen v. Ense, K. Müller's Leben u. kleine Schriften. (Berl. 1847); N. Nekrol. d. Deutschen, 1847. Thl. 1, Nr. 31; Steger's Ergänzungsblätter. Bd. 4, (1858—59), S. 96. Eine Charakteristik Müller's in Dorow, Erlebtes a. d. Jahren 1813—20. Thl. I (Leipz. 1843), S. 8.

  • Autor/in

    Wippermann.
  • Zitierweise

    Wippermann, Karl, "Müller, Karl" in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 643-647 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11927017X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA