Lebensdaten
um 1660 oder 1666 – 1724
Geburtsort
Rheingönheim (heute Ludwigshafen)
Sterbeort
Mannheim
Beruf/Funktion
kurpfälzischer Hoffaktor
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 137575688 | OGND | VIAF: 81749409
Namensvarianten
  • Moses Reinganum, Ascher (Ascher = Lämmchen = Lemle)
  • Moses Reinganum, Lemle
  • Moses Reinganum, Ascher (Ascher = Lämmchen = Lemle)
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Zitierweise

Moses Reinganum, Lemle, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137575688.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Moses, Kaufm. in R.;
    M Süßche;
    ⚭ Fromet ( 1728), T d. Maier Hess; kinderlos.

  • Biographie

    Durch den Handel mit Pferden sowie mit Getreide, Honig und Häuten gelang M. und seinem Vater Ende des 17. Jh. der soziale Aufstieg aus einfachen ländlichen Verhältnissen. Um 1687/88 wurde M. Schutzjude in Mannheim, das er nach dessen Zerstörung durch die Franzosen 1689 vorübergehend wieder verlassen mußte. Zusammen mit Isaak Ber, einem Bankier aus Frankfurt, pachtete er 1698 für 120 000 Gulden jährlich das Salzregal der Kurpfalz und begründete damit seinen Reichtum. Von Kf. Johann Wilhelm zum Hoffaktor ernannt, vertrat er u. a. 1703 die Interessen der Wiener Hoffaktorenfamilie Oppenheimer. Möglicherweise hat M. jüd. Landarbeiter schon im Sinne der Berufsumschichtungsideologie eines Christian Wilhelm v. Dohm angestellt. 1712 erhielt M. in Mannheim die Konzession zum Bau eines Landhauses mit Stallungen, Orangerie und Garten. Auf der Mannheimer Flur Mühlau richtete er ein Mustergut mit Gestüt und eine Tapetenmanufaktur ein; dort ließ er die Geschichte des Stammvaters Jakob und seiner Söhne bildlich darstellen, was für einen deutschen Juden jener Zeit ungewöhnlich war. Außerdem besaß M. 1714 an der Breiten Straße in Mannheim ein prächtiges steinernes Haus sowie in Frankfurt mehrere Grundstücke. Dies alles war ihm nur in seiner Eigenschaft als privilegierter Hoffaktor möglich. Er vermittelte Darlehen für seinen Schutzherrn, den Kurfürsten von der Pfalz, sowie für die Höfe zu Erbach, Darmstadt und Wien.

    Aufgrund seiner Stellung war M. Fürsprecher der pfälz. Juden beim Kurfürsten. Zeitweise Vorsteher der jüd. Gemeinde zu Mannheim, unterstützte er Arme und Waisen sowie die jüd. Gemeinden im Lande Israel. Seine bedeutendste Leistung stellte 1708 die Errichtung eines Lehrhauses, einer sog. „Klaus“, in Mannheim dar, an der zehn Rabbiner unterrichten sollten. Das Stiftungsvermögen betrug 100 000 Gulden. In seinem Testament von 1722 erließ M. genaue Vorschriften über die Arbeit und das Verhalten der Rabbiner sowie der Studenten. Zwischen Armen und Reichen sollte kein Unterschied gemacht werden. Stipendien sollten Kindern mittelloser Eltern ein Studium am Lehrhaus ermöglichen. Diese Stiftung hatte Vorbildwirkung für die späteren Lehrhäuser in Worms und Mainz. Sie war bis zu Beginn des 19. Jh. von der Mannheimer Gemeinde vollkommen unabhängig und die Synagoge existierte bis zur Deportation 1940. An der stiftungseigenen Synagoge wirkten im 18. Jh. bedeutende Rabbiner, wie Lazarus Naftali Hirsch Katzenellenbogen. Eine besondere Blüte erlebte die Klaus, bis zuletzt ein Hort der Orthodoxie, 1825-36 unter ihrem „Primator“ Jacob Aaron Ettlinger (1798–1871), der anschließend als Oberrabbiner nach Altona ging und zu einer der führenden Persönlichkeiten der deutschjüd. Neo-Orthodoxie wurde.

  • Literatur

    L. Löwenstein, Gesch. d. Juden in d. Kurpfalz, 1895, S. 170-73;
    I. Unna, Die Lemle Moses Klausstiftung in Mannheim, 2 Bde., 1908/09;
    ders., Die Verordnungen f. d. Lemle Moses Klausstiftung in Mannheim, in: Jb. d. jüd.-literar. Ges. 17, 1925, S. 133-45;
    L. Göller, L. M., in: Kurpfälzer Jb. 1927, S. 103-10;
    Selma Stern, The Court Jew, 1950;
    H. Schnee, Die Hoffinanz u. d. moderne Staat IV, 1963, S. 180 f. (NS-Autor);
    K. O. Watzinger, Gesch. d. Juden in Mannheim 1650-1945, 1984, S. 128-30;
    H. Wassermann, Mannheim, in: Pinkas Hakehillot, Germany II, 1986, S. 375;
    B. H. Gerlach, Bibliogr. z. Gesch. d. Juden in d. Pfalz, in: A. H. Kuby (Hrsg.), Juden in d. Provinz, ²1989, S. 310. – Eigene Archivstud.

  • Autor/in

    Uri Robert Kaufmann
  • Zitierweise

    Kaufmann, Uri Robert, "Moses Reinganum, Lemle" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 207 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137575688.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA