Dates of Life
1502 – zwischen 1555 und 1561
Place of birth
Paderborn
Place of death
Soest
Occupation
Kupferstecher ; Siegelschneider ; Maler
Religious Denomination
mehrkonfessionell
Authority Data
GND: 118501755 | OGND | VIAF: 95693757
Alternate Names
  • Trippenmäker, Heinrich (eigentlich)
  • Aldegrever, Heinrich
  • Trippenmäker, Heinrich (eigentlich)
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Citation

Aldegrever, Heinrich, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118501755.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Hermann Trippenmäker (= westfälische Bezeichnung für Verfertiger von Holzschuhen), Schuhmacher;
    M Katharina;
    S Christoph.

  • Biographical Presentation

    Da in Paderborn keine Malergilde war, nimmt man an, daß A. eine Lehrlingstätigkeit in Soest ausübte. Um 1521 dürfte er in Münster bei dem Maler Ludger tom Ring der Ältere Geselle gewesen und dann in die benachbarten Niederlande gegangen sein. Es wäre auch denkbar, daß er anschließend bei Dürer in Nürnberg lernte. Etwa 1526 oder 1527 wurde A. Mitglied der Malergilde und Bürger in Soest und blieb dort bis zu seinem Tode. Auf Grund seines künstlerischen Ansehens rief ihn, obwohl er in Soest zu den eifrigsten Anhängern des lutherischen Bekenntnisses gehörte, der Bischof von Münster, Franz von Waldeck, um die Porträtstiche der besiegten Sektiererführer Jan van Leyden und Bernhard Knipperdollink fertigen zu lassen. A. selbst hatte keinerlei Beziehungen zur Wiedertäuferbewegung. 1540 porträtierte er seinen Landesherrn Herzog Wilhelm III. von Cleve, Jülich und Berg in einem Stich. Durch die neueste Forschung ist erwiesen, daß kein einziges der A. früher zugeschriebenen Gemälde mit der möglichen Ausnahme eines kleinformatigen Mädchenaktes wirklich von ihm stammt. Auch seine Betätigung als Goldschmied und Brandglasmaler ist nicht belegbar.

    Durch sein umfangreiches, im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts entstandenes Kupferstichwerk behauptet A. eine bedeutende Stellung in der deutschen Graphik des 16. Jahrhunderts, ohne eine der großen Schöpfergestalten zu sein. Er wird den sog. Nürnberger „Kleinmeistern“ (nach dem Format ihrer Stiche) zugezählt und ist unter ihnen künstlerisch und durch den Reichtum seiner Bildstoffe wohl der bedeutendste. Sein umfangreiches Werk besteht aus annähernd 300 Stichen. Hieran sind noch anzureihen drei Radierungen auf Eisen aus dem Jahre 1528 und einige nur noch in wenig Abdrücken vorhandene Holzschnitte der Frühzeit. Sämtliche Stiche tragen sein Monogramm, das dem Dürerschen angeähnelt ist. Sie sind fast alle datiert und erstrecken sich über die Jahre 1527-55 mit einer völligen Lücke zwischen 1542-49. Die 200 figürlichen Stiche schildern mehrere Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament, allegorische Figuren und eine Totentanzfolge von 1541 mit freier Entlehnung aus einigen Holzschnitten von Holbein. Darstellungen von Heiligen fehlen ganz, dagegen behaupten die antiken Götter und Mythen (Herkules) und die Sagengestalten der frührömischen Geschichte einen breiten Raum in seinem Stichwerk. Vielfach wählte der Künstler dabei die mehrblättrige Folge. Offenbar ist er in dem auf antiker Kultur beruhenden humanistischen Bildungsgut seiner Zeit durchaus bewandert gewesen. Seine Porträtdarstellungen gehören zu den Spitzenleistungen des 16. Jahrhunderts im Stich. Die Bildnisse Luthers und Melanchthons, in denen ein Holzschnitt Hans Brosamers sowie ein solcher der Cranachwerkstatt frei benutzt wurden, dokumentieren seine Zugehörigkeit zur Reformation. Die dreimal in den Jahren 1538 und 1551 von ihm gestalteten Folgen der „Hochzeitstänzer“ aus den vornehmen Schichten sind immer mit Recht als kultur- und kostümgeschichtliche Zeitdokumente angesehen worden. - Ein Drittel seiner Stiche besteht aus ornamentalen Vorlageblättern, von denen die Kunsthandwerker seiner und der Folgezeit durch Entlehnung und Verarbeitung von Motiven weitgehend Gebrauch gemacht haben. A. knüpfte zwar an den Ornamentstich der Nürnberger Kleinmeister der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts an, wurde aber ab 1530 durchaus führend in der deutschen Frührenaissanceornamentik. Spitzenleistungen in der gesamten Geschichte des Ornamentstichs sind die 3 Dolche von 1536, 1537 und 1539, in reich quellender Phantasie und harmonisch ausgewogenen Proportionen. Handzeichnungen des Meisters - gering an Zahl - bewahren verschiedene öffentliche Sammlungen.

    Albrecht Dürers Stich- und Holzschnittwerk bleibt durch fast drei Jahrzehnte für A.s Graphik in Technik und Formgebung wie auch mehrfach in der Motivwahl das immer frei umgestaltete Vorbild. Weitere Anregung empfing A. durch die Nürnberger Kleinmeister, ferner Holbein der Jüngere und Lukas van Leyden. Auch Italienisches wird frei übernommen, wie gelegentlich Motive aus Marc Antons Stichwerk. Die neueste Forschung hat A. als einen der ersten bewußten Wegbereiter manieristischer Stilformen in der deutschen Kunst, die seit den 30er Jahren bei ihm einsetzen und dann konsequent im Sinne des neuen Formprinzips weiter entwickelt werden, herausgestellt. So ist A.s Kunst, wie H. Zschelletzschky formuliert, eine Umprägung des Dürerstiles in den Manierismus.

  • Literature

    ADB I;
    G. Habich, H. A. als Siegelstecher, in: Jb. d. preuß. Kunstslgg., Bd. 52, 1931;
    G. Pauli, A. als Bildnismaler, in: Ztschr. f. Bildende Kunst. Bd. 65, 1931/32;
    Old Master Drawings, Bd. 6, London 1932 (Tafel 67: Federzeichnung „Anbetung d. Könige“);
    M. Geisberg, H. A., in: Westfäl. Lb., 1934, S. 195-211 (L, P);
    ders., H. A., in: Westfäl. Kunsthh. 9, 1939;
    H. Zschelletzschky, Das graph. Werk H. A.s, Straßburg 1933 (L);
    P. Halm, Altdt. Kupf., 1936;
    H. Schwartz, H. A. u. d. Ref., Ein Btr. z. Soester Ref.gesch., in: Jb. d. Ver. f. Westfäl. Kirchengesch. 42, 1949, S. 70-79;
    ThB.

  • Portraits

    Selbstbildnis, Kupf. (Veste Koburg);
    Kupf. v. 1537 (Kupf. kab. Berlin).

  • Author

    Thomas Muchall-Viebroock
  • Citation

    Muchall-Viebroock, Thomas, "Aldegrever, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 187-188 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118501755.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Aldegrever: Heinrich A., Maler und Kupferstecher, geb. um 1502, nicht vor 1555. Er scheint in Paderborn geboren zu sein, wenigstens lebten seine Eltern daselbst, und eine Urkunde der Stadt Soest vom 29. Sept. 1545 ersucht dem ehrsamen Meister A., eingesessenen Bürger von Soest, das Erbe seiner zu Paderborn verstorbenen Eltern auszuhändigen. Sein Vater, „Hermann Trippenmecker anders Aldegrever“ genannt, gehört zu den Anhängern der Reformation; auch der Sohn war dieser ergeben. Er stach die Bildnisse Luther's und Melanchthon's und geißelte in zwei Blättern die Unzucht der Mönche und Nonnen. Im J. 1534 war er bereits in Soest, und wol schon vorher, da der katholische Schmähschreiber G. Haverland aus Soest in seinem Büchlein: „Ein gemeyn Beicht oder Bekennung der Predicanten zu Soest“ 1534, seiner bereits erwähnt.

    Als Künstler gehört er durchaus zu den Nachfolgern der Dürer’schen Richtung und es ist nicht unwahrscheinlich, daß er selbst nach Nürnberg gewandert sei und in der Werkstätte des großen Meisters gelernt habe. Der alte niederländische Künstlerbiograph, K. van Mander, berichtet, A. habe für eine Kirche zu Nürnberg zwei Flügel zu einem Gemälde von Dürer ausgeführt; wäre dies richtig, so könnte man an seinem Aufenthalt in dessen Atelier nicht zweifeln. Jedenfalls aber hat er sich nach Dürer gebildet, das geht aus seinen Werken, besonders den Kupferstichen, hervor. Das erste Datum derselben ist 1527, das letzte 1555, schwerlich wird er dieses Jahr lange überlebt haben. Als Maler hat er keine besondere Bedeutung, und es lassen sich auch fast nur Porträts von ihm nachweisen, so das des Grafen Philipp von Waldeck von 1535 im Besitze des schlesischen Kunstvereins zu Breslau, das der Magdalena Wittig von 1541 im Museum zu Braunschweig, dann des Engelb. Therlaen, Bürgermeisters von Lennep, von 1551 und eines jungen Ritters von 1544 in der Galerie Lichtenstein zu Wien. Als ächtes Bild wird noch genannt ein Christus auf dem Grabe sitzend, von 1529 in der ständischen Galerie zu Prag. Was man ihm aber sonst von historischen Vorwürfen zugeschrieben hat, beruht auf bloßen Vermuthungen, wie die Bilder in Berlin, Wien und München, deren Benennung vor strengerer Kritik nicht zu|halten sein dürfte. Gewöhnlich läßt man ihn auch Bilder malen, die nach Kupferstichen von seiner Erfindung ausgeführt sind, so zwei kleine in der Münchener Pinakothek; es ist aber kaum glaublich, daß er sich in dieser Beziehung sollte wiederholt haben: jedenfalls die Münchener Bildchen sind zu stumpf, um von ihm selbst gemalt worden zu sein. Seine bedeutende Thätigkeit für den Kupferstich erklärt es, warum so wenig Gemälde von ihm nachweisbar sind.

    Seinen Hauptruf hat er auch den Stichen zu danken, die in weite Kreise übergehen und den Namen des Verfertigers verbreiten konnten; schon K. van Mander (1604) gedenkt seiner mit Anerkennung. Da seine Blätter mit Ausnahme der Bildnisse in kleinem Format gehalten sind, so gehört er zu den sogenannten Kleinmeistern, wie Altdorfer, die beiden Beham, Pencz, Binck u. a. Seine Manier ist durchaus denselben verwandt, besonders aber hat er sich, abgesehen von Dürer, nach B. Beham, dem zartesten der Stecher aus Dürer's Schule, zu bilden gesucht. Auch mit G. Pencz stand er in Verbindung und führte nach dessen Zeichnung fünf Blätter aus. An Reinheit und Sauberkeit des Stiches braucht er niemand zu weichen, seine Köpfe sind aber etwas roh im Ausdruck und auch im Verhältniß zum Körper zu klein, was aus einer mißverstandenen Auffassung der italienischen Manier herrührt. Zu einem tiefern Verständnisse derselben ist A. auch nie gekommen: seine Compositionen sind wenig schwungvoll, die Bewegung der Figuren ist steif und die Gewänder allzu sehr gestört durch willkürliches Geknitter; wie überhaupt die Zeichnung, obwol scharf, doch nicht edel zu nennen ist. Es ist darum begreiflich, daß er da, wo man durch die griechische Kunst an durchgebildete Formen gewöhnt ist also in seinen zahlreichen Darstellungen aus der antiken Mythologie und seinen Allegorien, sehr wenig befriedigt. Von den Blättern aus der heil. Geschichte zeichnen sich vor allem die genreartig aufgefaßten aus, insbesondere die beiden Parabeln vom barmherzigen Samariter und vom bösen Reichen und armen Lazarus, beide vom J. 1554. Vortrefflich sind auch seine Bildnisse, darunter zweimal er selbst, Luther, Melanchthon, die Wiedertäufer Johann von Leyden und Bernhard Knipperdolling, und Herzog Wilhelm von Kleve, für den er auch Goldschmiedearbeiten auszuführen hatte. Ganz ausgezeichnet sind ferner seine Vignetten und Ornamente; in der Zusammenstellung freilich oft sehr wunderlich. Trotz der vorwiegenden Renaissance können sich gothische Formelemente nicht verbergen. Das vollständigste Verzeichniß seiner Kupferstiche (von dem Unterzeichneten) giebt Meyer's Künstlerlexikon. Daselbst sind 290 Blätter aufgezählt, die ihm angehören, darunter 61 aus der heil. Geschichte, 41 aus der antiken Welt, 79 allegorische und genrebildliche Darstellungen, 9 Bildnisse und nicht weniger als 100 Ornamentenblätter. Aus der großen Zahl der letzteren kann man schließen, daß A. viel für das Goldschmiedehandwerk beschäftigt war. Am 28. Juni 1552 sandte er dem Herzog Wilhelm von Kleve zwei Siegel, und verlangte für den Silberwerth und die Arbeit 35 Thaler, die ihm auch bezahlt wurden. Zugleich erwähnt er einen in Arbeit befindlichen Ring.

    Von Schülern, die er gehabt, ist nichts bekannt; jedoch war seine Kunst von nicht unbedeutendem Einfluß auf die Kupferstecherei und das Kunstgewerbe. Nach seinen Blättern existiren viele Nachbildungen; insbesondere copirte der niederländische Meister mit dem Monogramm A C, den man, aber ohne Grund, Alart Claas nennt, nach ihm. Da dessen Zeichen, ein in das A gestelltes C, dem Aldegrever's (G in A gestellt) sehr gleicht, so wurden seine Arbeiten öfters mit denen des westphälischen Meisters verwechselt, dem Alart aber an Kunstvollendung beträchtlich nachsteht. Holzschnitte sind von A. blos drei bekannt.

  • Author

    W. Schmidt.
  • Citation

    Schmidt, Wilhelm, "Aldegrever, Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 325-326 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118501755.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA