Lebensdaten
um 1639 – 1702
Geburtsort
Göttingen
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
brandenburgischer Hofjuwelier und Hoffaktor
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 136993834 | OGND | VIAF: 81246730
Namensvarianten
  • Lipmann, Jehuda ben Elieser (eigentlich)
  • Berlin, Jost (genannt)
  • Berlin, Juda (genannt)
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Zitierweise

Liebmann, Jost, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd136993834.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Elieser, Kaufm. in G.;
    M Merle N. N.;
    B Isaak Benjamin Wolff ( 1687), Rabbiner in Landsberg/Warthe, 1685 Landesrabbiner d. Mark Brandenburg;
    Vt Leffmann Behrens (1634–1714), Hoffaktor in Hannover, Behrend Lehmann (1661–1730), Hoffaktor Augusts d. Starken (s. NDB 14);
    - 1) Hannover 1664 Malke ( 1675), T d. Samuel ben Jos. Goldschmidt, gen. Hameln ( 1682), Rabbiner in Hildesheim (Schwager d. Memoirenschreiberin Glückel von Hameln, 1645–1724), 2) Berlin 1677 Esther ( 1714), brandenburg. Hofjuwelierin, Hoffaktorin u. Hofmünzerin, T d. Samuel Schulhoff ( 1703) aus Prag, 1680 Mitbegr. d. jüd. Gemeinde in B., u. d. Jitel Jacob aus Glogau (Wwe. d. Israel Aaron [Hammerschlag], 1673, brandenburg. Hoffaktor u. Gründer d. Berliner jüd. Gemeinde);
    6 K aus 2) Jakob, Agent s. Bruders Jost in London, Isaak ( um 1711), brandenburg. Hofjuwelier u. Hoffaktor, 1698 Vorgänger d. jüd. Gemeinde in Königsberg (Pr.), 1709 Oberältester d. jüd. Gemeinde in B., Abraham, Rabbiner in Halberstadt usw., seit 1717 in Amsterdam, Jost ( 1747), brandenburg. Hoffaktor ( Frade van Geldern, aus rhein. Hoffaktorenfam.), Hindchen (⚭ Naphtali Hertz Beer aus Frankfurt/O.; Nachkomme Jakob Liebmann Beer, 1791–1864, Komp. unter d. Namen Giacomo Meyerbeer), Reisel ( 1747, Aron Liebmann Wolff [Arnd Benj. Wolff, 1670–1721, Vt], seit 1709 Oberrabbiner d. Mark u. v. Pommern, seit 1713 in Frankfurt/Oder, s. Enc. Jud. I, 1928);
    Stief-S Aaron Israel, Petschierst. in Landsberg/Warthe, Jost Israel, Juwelenhändler in B., Salomon Israel ( 1733), erhielt 1688 e. Schutzbrief f. Halle u. wurde zum Begründer d. dortigen jüd. Gemeinde;
    E Wolf Isaak Liebmann (Wolf Berlin), russ. Hoffaktor in London; E d. Ehefrau Aaron Salomon Israel, Hoffaktor in Dresden, David Salomon Israel (Schwieger-S d. Abraham David, Hoffaktor in Kassel), Ur-E d. Ehefrau Hertz David Israel, Hoffaktor in Kassel.

  • Biographie

    L. ging 1660 nach Hamburg, um bei Chaim Hameln ( 1689) den Gold-, Perlen- und Juwelenhandel zu erlernen. Im Hause seines Lehrherrn machte er die Bekanntschaft von dessen Frau, Glückel von Hameln, und von dessen Nichte Malke, die er heiratete. 1664 eröffnete er in Hannover zusammen mit seinem Schwiegervater ein Handelshaus. Nach dem Tod seiner Frau gelangte er 1677 über Hildesheim nach Berlin, wo er sich mit der Witwe des bedeutendsten brandenburg. Hoffaktors, Israel Aarons, vermählte und bald dessen Stelle als Hofjude einnehmen konnte. Er belieferte den Großen Kurfürsten und den Kurprinzen in erster Linie mit Juwelen, die seit 1684 vom Zoll ausgenommen wurden. Besonders geschickt verstand es L., das Luxusbedürfnis des Kurprinzen und späteren Kg. Friedrich I. für seine Geschäfte zu nutzen. Für die Krönung in Königsberg 1701 besorgte der Hofjuwelier die Krone für die Königin im Wert von 300 000 Reichstalern, wobei er jedoch nach Abschluß der Festlichkeiten die meisten Steine wieder zurücknahm und somit nur 8 000 Taler in Rechnung stellte. Die Schulden an L. wurden sehr bald mittels Verpfändung hoheitlicher Gefälle und aus dem Münzschlagschatz bezahlt, was zu einer Verschlechterung der Münze führte. Am 5.7.1694 wurden L. als erstem Juden in Preußen das Privileg zugestanden, daß seine Handelsbücher juristisch jenen der christlichen Kaufleute gleichgestellt wurden, wodurch u. a. die Eintreibung von Schulden erleichtert wurde. Zu seiner Kundschaft gehörten auch die Höfe von Anhalt-Dessau, Hessen-Homburg und Holstein-Norburg. Moses Benjamin Wulff, der gleichfalls Hoffaktor in Berlin war und mit dem L. über seine erste Frau verwandt war, konnte er nach langen Auseinandersetzungen nach Dessau abdrängen. 1684 erreichte er, daß nur in der familieneigenen Synagoge Gottesdienste abgehalten werden durften; die 1671 aus Wien zugewanderten Juden mußten ihre Synagoge schließen. Er gründete ein großes Lehrhaus und setzte seinen Neffen und Schwiegersohn Arnd Benjamin Wolff als dessen Leiter ein. Bei seinem Tode betrug sein Vermögen etwa 100 000 Reichstaler. L. gehörte somit nach den österr. Hoffaktoren Oppenheimer und Wertheimer und seinen Vettern Leffmann Behrens und Behrend Lehmann zu den reichsten Juden im Reich.

    Schon zu Lebzeiten L.s waren seine 2. Frau und seine Söhne Isaak und Jost an den Geschäften beteiligt. Sie wurden vom König als Hoffaktoren übernommen. Vor allem die schöne „Liebmännin“ stand L. an Geschäftstüchtigkeit und Klugheit, aber auch an Habsucht und Herrschsucht nicht nach. Sie genoß die besondere Gunst Friedrichs I., der fortfuhr, Juwelen anzusammeln. Während die Erben L.s mit dem Geh. Kriegsrat v. Kraut gut zusammenarbeiteten, bekämpften sie ihren Konkurrenten Markus Magnus (auch Mordechai Dessau und Mordechai Weisel genannt), der den Kronprinzen für sich gewinnen konnte. Besonders verhaßt machte sich die Liebmännin als Hofmünzerin. Schon 1700 hatte sie die Erlaubnis erhalten, für gelieferte Juwelen 2 000 Feinmark Silber in Sechspfennig-Stücken auszuprägen (1701), wobei der Schlagschatz etwa 50 % betragen haben soll. 1702/03 wurde ihr eine weitere Ausmünzung zugestanden, deren Schlagschatz Juwelen-Rechnungen von 25 000 Reichstalern begleichen sollte. Mit der Thronbesteigung des sparsamen Friedrich Wilhelm I. 1713 wurde den Geschäften von L.s Erben der Boden entzogen: Die nach dem Tode Friedrichs I. geltend gemachten Nachforderungen in Höhe von 106 418 Reichstalern wurden nicht anerkannt. L.s Witwe und Salomon Israel wurden vielmehr verhaftet, ihr Besitz beschlagnahmt. In einem Prozeß wurde der ehem. Hoffaktorin vorgeworfen, bei der Lieferung von Preziosen an den König sowie in ihrer Tätigkeit als Hofmünzerin sich unrechtmäßig bereichert zu haben.|Es kam zu einem Vergleich. Die Liebmännin blieb dem Hof- und Kammergericht unterstellt, wurde aber nicht mehr als Hoffaktorin bestätigt. Als sie kurz darauf starb, wurden die Synagoge und die Lehranstalt, die sich im Besitz der Familie befanden, geschlossen. Den Verkauf der von Friedrich I. angehäuften Juwelen – eine Schätzung von 1741 gibt ihren Gesamtwert mit 3 755 525 Reichstalern an – übertrug Friedrich Wilhelm I. dem Hoffaktor Moses Gompertz aus Kleve. Aus dem Erlös konnte Friedrich II. z. T. den Siebenjährigen Krieg finanzieren.

  • Literatur

    Denkwürdigkeiten d. Glückel v. Hameln, 1896;
    Selma Stern, Der preuß. Staat u. d. Juden I, 1925;
    dies., The Court Jew, 1950;
    G. Kisch, Anfänge d. jüd. Gemeinde in Halle, 1928;
    H. Rachel u. P. Wallich, Berliner Großkaufleute u. Kapitalisten II, 1937;
    H. Schnee, Die Hoffinanz u. d. moderne Staat I, 1953, V, 1965;
    Enc. Jud. X.

  • Autor/in

    Franz Menges
  • Zitierweise

    Menges, Franz, "Liebmann, Jost" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 508-510 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd136993834.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA