Lebensdaten
1814 – 1894
Geburtsort
Remscheid
Sterbeort
Remscheid
Beruf/Funktion
Feilen- und Röhrenfabrikant ; Unternehmer ; Erfinder
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 137105991 | OGND | VIAF: 81342950
Namensvarianten
  • Mannesmann, Reinhard

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Mannesmann, Reinhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137105991.html [07.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Arnold (1773–1827), Kaufm. in R., S d. Feilenschmieds Henrich (1750–1815) in Bliedinghausen u. d. Maria Magdalena Böker (1736–1814);
    M Dorothea (1780–1868), T d. Feilenhauers Heinrich Blechen (1749–1826) in Kierspe u. d. Maria Catharina Bertram;
    B Arnold (1812–81), Robert (1818–75), Richard (1820–98), alle Feilenfabrikanten in Bliedinghausen;
    Gr.-Ottersleben 1854 Clara (1834–1910), T d. Pastors Carl Wilhelm Franz Rocholl (1806–76) in Gr.-Ottersleben u. d. Emilie Frohn;
    6 S, 5 T, u. a. Reinhard (s. 2), Max (s. 3), Alfred (1859–1944), Industrieller, seit 1893 Werksdir. in Komotau, 1895-99 mit s. Bruder Reinhard in d. USA, seit 1906 in Marokko, wo er d. Fam.interessen im Rahmen d. seit 1912 bestehenden Marokko-Minen-Syndikats (später: Mannesmann Industrie u. Handels AG) vertrat, seit 1918 b. d. Mannesmann-Mulag AG tätig, Carl (1861–1950), Chemiker, Dr.-Ing. E. h., 1914-18 Dir. d. Mannesmann-Waffen- u. Munitionswerke in R., d. er 1919 auf d. Bau v. Motorpflügen u. später v. Pkw umrüstete (1930 stillgelegt), Aufsichtsratsvors. d. Mannesmann-Mulag AG in Aachen, Robert (1865–1913), tätig b. d. Entwicklung d. Mannesmann-Unternehmungen in Marokko, Otto-Felix (1874–1916), Dr. phil., Physiker, Miterfinder d. Verfahrens z. Erzeugung v. Gasglühlicht u. Mitbegr. d. Mannesmann-Lichtwerke GmbH in R., seit 1906 in Marokko, seit Aug. 1914 Konsul in Tripolis mit d. Auftrag, f. e. Aufstand gegen Frankreich zu agitieren, auf e. Karawanenreise ermordet, ohne daß pol. Hintergründe erkennbar wären.

  • Biographie

    Nach Erlangung der mittleren Reife absolvierte M. 1831-34 eine Lehre im Bankhaus Pescatore der befreundeten Familie Röser in Luxemburg und diente dort 1834/35 als Einjähriger bei einem Infanterie-Rgt. Danach trat er in das elterliche Unternehmen ein, das sein Bruder Arnold inzwischen unter der Fa. A. Mannesmann weitergeführt hatte und an dem er hinfort mit 25% beteiligt war. M. erhielt eine solide technisch-praktische Ausbildung und beherrschte bald alle Arbeitsvorgänge der Feilenherstellung.

    Die Remscheider Eisenwirtschaft wurde damals noch als Hausgewerbe selbständiger Kleinschmiedemeister und Kleinwerkbesitzer mit Wasserkraft betrieben. Die Materialbeschaffung und den Absatz besorgten Verlagskaufleute. In diesen Bereich war die Firma Mannesmann hineingewachsen. Das Remscheider Feilenangebot aus Raffinierstahl, das einst den belg. Markt beherrscht hatte, war qualitätsmäßig hinter die engl. Konkurrenz zurückgefallen und verlor weiter an Boden, weil der Werkstoff modernen Ansprüchen nicht mehr genügte und weil die Vielzahl handwerklicher Feilenhauer kein wirkliches Serienfabrikat zuließ. Um den engl. Standard zu erreichen, bauten die Brüder Mannesmann 1840 ein langgestrecktes Werksgebäude („De lang Smette“), in dem Feilenschmiede, Ausglüher, Härter und Packer zusammengefaßt wurden. Um eine perfekte Serienproduktion zu ermöglichen, lernte M. die Arbeiter persönlich an. Er verlangte außerordentliche Arbeitsleistungen, behielt nur die Besten, zahlte allerdings auch die höchsten Löhne in Remscheid. In der Fabrik fiel ihm die technische Leitung zu, während die kaufmännische Repräsentation von seinen Brüdern Arnold und Robert wahrgenommen wurde. Nachdem der Konkurrent Poensgen & Schöller in Gmünd mit der Herstellung von Feilen aus Zementstahl gescheitert war, errichtete die Firma Mannesmann 1847/48 ein Stahlwerk; durchschlagende Erfolge blieben jedoch zunächst aus. 1848/49 gelang es M. als Hauptmann der Bürgerwehr, ein Übergreifen der Maschinenstürmerei aus dem Burgtal auf Remscheid zu verhindern. 1851 machte er anläßlich der Londoner Weltausstellung einen Besuch in Sheffield, um die engl. Fabrikorganisation an Ort und Stelle zu studieren. Nach seiner Rückkehr löste er auch die Feilenschleifer und Feilenhauer aus der Heimarbeit und gliederte sie in die „lang Smette“ ein. Diese wurde mit engl. Haumaschinen ausgerüstet und damit zur Feilenfabrik. Mit Hilfe eines engl. Meisters stellte M. 1853 das Stahlwerk auf Tiegel-Gußstahl um, der als „Diamantstahl“ berühmt geworden ist. Der Betrieb ist fortan als „Feilen- und Guß-Stahl-Fabrik“ ausgewiesen. 1860/61 wurde das Werk auf Dampfbetrieb umgestellt. Die Abwärme der Gußstahlöfen wurde zur Dampfentwicklung benutzt. Gleichzeitig erhielt das vergrößerte Werk einen Zementierofen.

    In den 60er Jahren führten M. und seine Brüder wesentliche Sozialmaßnahmen durch. Sie errichteten eine Fabrik-Krankenkasse und eine Sterbekasse. M. wurde Vorstand der 1868 gegründeten Remscheider Volksbank, die verdienten Meistern zinslose Darlehen gab; eine firmeneigene Ziegelei lieferte Ziegel für den Bau von Arbeiterhäusern. M. öffnete einmal in der Woche seinen Garten für jedermann und unterwies seine Arbeiter in der Pflege von Obstbäumen. Er war ständiger Schiedsmann in einer von Arbeitern und Fabrikanten gebildeten Kommission, die die Haulöhne festzustellen hatte. Als 1873 6000 Arbeiter des Remscheider Gebiets 3 Monate lang streikten, fällte er einen Schiedsspruch, der bis 1914 Grundlage der Akkordlöhne blieb. Er war 30 Jahre lang Stadtverordneter in Remscheid, Förderer der Fischzucht und ein Vorkämpfer für die Wiederaufforstung gerodeter Wälder. 1878/79 war er Mitglied der Reichsenquête-Kommission. Politisch zunächst der Fortschrittspartei nahestehend, orientierte er sich jetzt schutzzöllnerisch-nationalliberal. Mit großem Engagement widmete er sich der Ausbildung seiner Kinder und der Fürsorge für die Belegschaft.

    Als die Mitinhaber der Firma A. Mannesmann die unternehmerischen Risiken, die sich aus der Entwicklung des Verfahrens zur Herstellung nahtloser Rohre ergaben, scheuten, schied M. 1888 unter Teilung des Werkes aus. In der einen Fabrikhälfte führten seine Neffen die Feilenfabrikation unter der Firma A. Mannesmann fort. 1939 übergab der Inhaber Fritz Mannesmann das Unternehmen mangels Nachfolge in der eigenen Familie an den Dipl.-Ing. Wilhelm Schenck. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Herstellung von Feilen eingestellt und das Unternehmen entwickelte sich seither als Hersteller von hochpräzisen Baugruppen und Einzelteilen für Werkzeugmaschinen. In der anderen Fabrikhälfte baute M. mit seinen Söhnen Produktionsanlagen zur Herstellung nahtloser Rohre unter der Firma „Reinhard Mannesmann, Stahl- und Röhrenwerke, Remscheid“ auf. Sie ging 1890 auf die neugegründeten „Deutsch-Österr. Mannesmannröhren-Werke“ über. Dieses Unternehmen firmierte seit 1908 als Mannesmannröhren-Werke AG und besteht seit dem Abschluß der alliierten Entflechtungsmaßnahmen (1952) fort als Mannesmann AG, Düsseldorf.

  • Werke

    Gedanken üb. d. Erziehung e. gesunden Menschengeschl., 1892.

  • Autor/in

    Lutz Hatzfeld
  • Zitierweise

    Hatzfeld, Lutz, "Mannesmann, Reinhard" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 60-62 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137105991.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA