Lebensdaten
1640 – 1717
Geburtsort
Luzern
Sterbeort
Neu-Ravensburg bei Lindau
Beruf/Funktion
Fürstabt von St. Gallen
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 137821387 | OGND | VIAF: 86000069
Namensvarianten
  • Leodegar Biergisser
  • Andreas Bürgisser (Taufname)
  • Andreas Biergisser (Taufname)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Leodegar Bürgisser, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137821387.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Heinrich (* 1601 ?), 1654 Bürger v. L., Bäcker, S d. Bäckers Hans in Bremgarten u. d. Katharina Reydhaar;
    M Anna Maria (* 1612), T d. Andreas Wey in L. u. d. Margret Nauer;
    Groß-O Bernhard Keller (1608–60), Abt v. Wettingen;
    B Joh. Heinrich (1638–80), Domherr u. Offizial in Wiener Neustadt, Joh. Walter (1642–1700), Domkustos u. Chormeister z. St. Stephan in Wien, Joh. Franz (1646–1705), Kanonikus u. Apostol. Protonotar im Kt. Luzern; Verwandte Gerhard (1608–70), Abt v. Wettingen, Marian Ryser (1620–80), Abt v. Wettingen.

  • Biographie

    L. trat 1651 in das Luzerner Jesuitenkolleg, 1653 in die St. Galler Klosterschule ein. Nach der Profeß 1657 in St. Gallen und der Priesterweihe 1664 wirkte er in Schule (Lehrer der Syntax, Schülerpräfekt), Seelsorge (Wildhaus, St. Peterzell, Hemberg) und Verwaltung (Ebringen). Seit 1683 Dekan, übernahm er, am 10.1.1696 zum Abt erwählt, die Nachfolge des als Kurienkardinal nach Rom berufenen Cölestin Sfondrati. Den ersten Amtshandlungen (Huldigung, Einholung der Regalien vom Kaiser, Lehenserneuerungen) folgten politisch unruhige Jahre. 1697 kam es zum sog. „Kreuzkrieg“, der, durch das offene Tragen von Prozessionskreuzen der Katholiken durch die ref. Stadt St. Gallen verursacht, schließlich friedlich und zugunsten der Abtei beigelegt werden konnte. Aus der Weigerung der Wattwiler, am Bau der die Verbindung mit den kath. Orten der Innerschweiz sicherstellenden Straße über den Ricken mitzuwirken (1699), erwuchs der Abtei im konfessionell gespaltenen Toggenburg, das mit seiner Rechtsstellung seit Jahrhunderten unzufrieden war, offener Widerstand. 1702 schloß L. mit Kaiser Leopold I. einen Defensionalvertrag, der, zwar von der staatsrechtlichen Doppelstellung der Abtei als Zugewandter Ort der Eidgenossenschaft und Reichsfürstentum her verständlich, nicht überall in der Schweiz auf Zustimmung stieß. Mit der Einnahme des Städtchens Wil, der Besetzung der st. gallischen Alten Landschaft und des Klosters, der Heimführung einer reichen Kriegsbeute durch die Zürcher und Berner begann 1712 der Toggenburger- oder Zwölferkrieg, der in den 2. Villmergerkrieg mündete. Der Fürstabt mußte samt seinem Konvent außer Landes flüchten. Er nahm auf Schloß Neu-Ravensburg, einem St. Galler Verwaltungssitz nördlich von Lindau, Aufenthalt. Die Bemühungen um die Restitution der klösterlichen Herrschaft gestalteten sich langwierig. L., dem persönliche Integrität und verwalterische Fähigkeiten nicht abgesprochen werden können, verwarf angesichts der vorgesehenen Beschneidung der st. gallischen Rechte im Toggenburg unnachgiebig den mit Zürich und Bern ausgehandelten Rorschacher Frieden vom 28.3.1714. Nach seinem Tod gelang es dem Nachfolger, Joseph v. Rudolphi, unter günstigeren Bedingungen 1718 den Badener Frieden auszuhandeln.

  • Werke

    Uebungspredigt „De Christo patiente“ 1661 (Ms., Zentralbibl. Zürich). -
    Bearb. Vadian, Chronicon aller Aebte, 1714 (Stiftsarchiv St. Gallen, Bd. 199). |

  • Nachlass

    Nachlaß: Tagebücher, Rechnungsbücher u. Korrespondenzen im Stiftsarchiv St. Gallen, vgl. Henggeler, s. L.

  • Literatur

    ADB III, S. 606 f.;
    I. v. Arx, Geschichten d. Kt. St. Gallen III, 1813, S. 223-496;
    J. Hässig, Die Anfänge d. Toggenburger od. 2. Villmergerkrieges (1698–1706), 1903;
    A. Mantel, Ueber d. Veranlassung d. Zwölfer od. 2. Villmergerkrieges in d. J. 1706–12, 1909;
    G. Guggenbühl, Der Anteil Zürichs am 2. Villmergerkrieg 1712, 1912;
    Jos. Müller, Landweibel Jos. German, Ein Btr. z. Gesch. d. Zwölferkrieges, in: Zs. f. schweizer. KG 8, 1914, S. 201-20, 279-310;
    A. Scheiwiler, in: Monat-Rosen 1924/25, S. 307-14, 366-74, 487-91, 626-31;
    H. J. Bürgisser, Gesch. d. Bürgisser im Kelleramt, 1939 (P);
    P. Bührer, Der Kreuzkrieg in St. Gallen 1697/98, 1951;
    V. Buner, Offizial Joh. Gg. Schenkli 1654-1728, 1974;
    J. Holenstein, Eidgenöss. Pol. am Ende d. Span. Erbfolgekrieges, 1975;
    R. Henggeler, Profeßbuch d. fürstl. Benediktinerabtei d. hl. Gallus u. Otmar, o. J., S. 151-54, 324 f. (P);
    Helvetia Sacra, Bd. Benediktiner, Abtei St. Gallen (im Druck);
    HBLS II (P). - Eigene Archivstud.

  • Porträts

    Ölgem. (Stiftsbibl. u. Traiteriesaal d. Kath. Administration in St. Gallen;
    Frauenkloster Notkersegg b. St. Gallen;
    Zentralbibl. Luzern);
    versch. Kupf. (Kantonsbibl. St. Gallen);
    Kupf. v. Jak. Müller n. Zeichnung v. G. Hecht, in: Idea Sacrae Congregationis Helveto-Benedictinae, 1702, S. 12.

  • Autor/in

    Werner Vogler
  • Zitierweise

    Vogler, Werner, "Leodegar Bürgisser" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 245-246 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137821387.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Bürgisser: Leodegar (anfänglich Andreas) B., Fürstabt von St. Gallen, geb. 1. April 1640 in Luzern, 28. Nov. 1717 in Neu-Ravensburg. Er trat mit dem 14. Jahre in die Klosterschule von St. Gallen, ward hier 1656 Novize, ein Jahr später Conventual und bekleidete dann alle Grade seines Ordens bis zum Decanat; daneben finden wir ihn als Lehrer an der Klosterschule, als Pfarrer in den toggenburgischen Gemeinden Wildhaus und Heinberg und als Verwalter der Herrschaft Ebringen. Am 10. Januar 1696, nach dem Rücktritte des zum Cardinal erhobenen Cölestin Sfondrati, ward er Abt seines Klosters. Von Anfang seiner Regierung an zeigte er eine sehr entschiedene Haltung, wo es galt, die Interessen der Abtei zu wahren. In einer religiösen, unter dem Namen des Kreuzkrieges bekannten Fehde mit der Stadt St. Gallen (1696—98) erzwang er sich Zugeständnisse und Genugthuung, Hartnäckig wies er die immer stärker|sich äußernden Beschwerden seiner toggenburgischen Unterthanen zurück und schloß, als die Verhältnisse sich ernster gestalteten, ohne Vorwissen und Zustimmung der Eidgenossenschaft, deren zugewandtes Glied er war, ein Bündniß mit dem Kaiser (28. Juli 1702). Eben dadurch veranlaßte er aber den Ausbruch eines für das Stift verhängnißvollen Krieges, in welchen nach und nach ein großer Theil der Eidgenossenschaft gezogen wurde und in welchem die Parteien sich schließlich nach den Confessionen schieden. Die beiden Städte Zürich und Bern stellten sich auf die Seite der vorwiegend protestantischen Toggenburger, nahmen das alte äbtische Gebiet ein und besetzten im Mai 1712 das Kloster. Der Abt mußte fliehen. Er begab sich über Rorschachund Mehrerau nach Neu-Ravensburg und war dann um so weniger geneigt, sich den Forderungen der Städte und der unterdessen zu fast völliger Unabhängigkeit gelangten Unterhanen im Toggenburg zu fügen oder dem Landfrieden von Aarau beizutreten, als er immerfort auf wirksame Unterstützung von Seite Oesterreichs hoffte. In der That hatte Karl VI. die Absicht ihn wieder einzusetzen, und die darüber von den Reichsständen gepflogenen Unterhandlungen brachten die Städte wenigstens zum Nachgeben. Aber Leodegar verwarf in seiner Unbeugsamkeit den Rorschacher Vertrag vom 28. März 1714, da dieser den Toggenburgern einen Mitantheil an der Regierung zusicherte. Eben als neue Unterhandlungen angeregt waren, starb er an einem Schlagflusse im 78. Jahre. Seine Grabstätte wurde ihm im Kloster Mehrerau bereitet. Erst sein Nachfolger, Joseph v. Rudolph, stellte durch einen Vertrag, in welchem den Toggenburgern eine Reihe von Zugeständnissen gemacht wurden, den Frieden und damit auch den frühern Besitzstand des Klosters wieder her. — Ein reiches urkundliches Material zur Geschichte Leodegars und seiner Regierung findet sich auf dem Stiftsarchiv in St. Gallen; von seinem Tagebuch, das Ildephons v. Arx für seine Geschichte des Cantons St. Gallen (St. Gallen 1813) vollständig benutzen konnte, ist nur noch der erste Band vorhanden.

  • Autor/in

    Joh. Dierauer.
  • Zitierweise

    Dierauer, Johannes, "Leodegar Bürgisser" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 606-607 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137821387.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA