Lebensdaten
vor 1240 – vermutlich bald nach 1300
Beruf/Funktion
Spielmann aus einem Gedicht des 13. Jahrhunderts ; Dichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 101240805 | OGND | VIAF: 24962900
Namensvarianten
  • Seifried Helbling (fälschlich dem Dichter zugewiesener Name)
  • Seifrid Helbling
  • Helbling, Seifrid
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Zitierweise

Helbling, Seifried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd101240805.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Unter diesem Namen ist ein Gedichtzyklus aus den 90er Jahren des 13. Jahrhunderts in die Literaturgeschichte eingegangen, dessen Verfasser man nicht kennt. In „Seifried Helbling“, dem Namen des Spielmanns, der in Gedicht XIII auftritt, wollte Th. von Karajan, der. 1. Herausgeber des Werkes, zu Unrecht den Namen des Verfassers selbst sehen. Wie man aus den Gedichten erfährt, stammt der Dichter aus dem Landadel Niederösterreichs, wahrscheinlich aus der Gegend von Zwettl. Sein Geburtsjahr liegt vor 1240, sein Todesjahr vermutlich bald nach 1300. Er selbst bezeichnet sich als Ritter. Er scheint Lehensmann des Geschlechts der Kuenringe gewesen zu sein, war verheiratet und sah, als er an seinem Werk schrieb, bereits auf Kinder und Enkelkinder herab. Er scheint nicht reich, aber doch wohlversorgt gewesen zu sein.

    Der Dichter nennt an einer Stelle sein Werk den kleinen „Lucidarius“. Er weist damit auf den Typ des Lehrgesprächs, wie er im „Lucidarius“ vorgegeben war. Die Gedichte I-IV, VIII-X und XV werden durch den Dialog zwischen Herrn und Knecht zusammengehalten. Durch den Zyklus zieht sich als äußerer Ablauf das wechselnde Verhältnis des Ritters zu seinem Knappen. Die Gespräche, in denen der Knecht heikle Fragen, bestimmte gesellschaftliche und politische Zeiterscheinungen betreffend, stellt, führen zur Entzweiung und Trennung, denen eine spätere Wiederbegegnung und schließlich der endgültige Abschied folgen. Der Dichter geißelt – zum Teil durch den Mund des Knechtes – die Nachahmung fremder Sitte in Kleidung und Gebaren. Er fühlt als Österreicher und beharrt auf der Wahrung eigenständigen österreichischen Wesens. Auch Schwaben und Bayern gelten ihm als Ausländer. Der Reichsgedanke tritt bei ihm zurück. Mit Sorge erfüllten ihn die Bedrohung des Rittertums durch die Übergriffe der Landesherren einerseits und das Empordrängen der Bauern andererseits. Er beklagt den Verfall der alten Ordnung, wie sie unter den Babenbergern gegeben war. Gegen die Herrschaft der Habsburger wahrt er zunächst Opposition, wendet sich dann aber doch innerlich Herzog Albrecht zu. Seine Kunst besteht in der Schilderung realistischer Details – im Entwurf des satirischen Genrebildes. Er entwickelt seine Kritik mit den Mitteln der Satire an konkreten Einzelbeobachtungen. Auch die Dialoge fügt er in einen anschaulichen, wirklichkeitsnahen Rahmen ein; in der Anprangerung des bäuerlichen Parvenüs steht er in einer Reihe mit Neidhart von Reuental und Werner dem Gärtner. Auch mit dem Stricker berührt er sich in einzelnen Motiven. Er kennt Walther und Wolfram, Steinmar und Thomasin und zitiert Freidank als Autorität. Er teilt die spätmittelalterliche Mode der Allegorien und variiert zum Beispiel das beliebte Thema des Kampfes zwischen den Tugenden und den Lastern. Von besonderem Einfluß auf ihn ist Konrad von Haslau mit seinem „Jüngling“.

  • Werke

    Ausg.: S. H., hrsg. u. erklärt v. J. Seemüller, 1886 (die in e. Hs. a. d. 16. Jh. n. e. Fragment a. d. 14. Jh. überlieferten Gedichte n. chronolog. Anhaltspunkten in e. Zyklus geordnet).

  • Literatur

    ADB XI;
    J. Seemüller, Stud. z. kleinen Lucidarius, in: SB d. phil.-hist. Kl. d. Ak. d. Wiss.Wien 102, 1802, S. 567-671;
    A. Wallner, S. H., in: Zs. f. dt. Altertum 72, 1935, S. 267-78;
    Vf.-Lex. d. MA II (L).

  • Autor/in

    Eva Rummer
  • Zitierweise

    Rummer, Eva, "Helbling, Seifried" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 460-461 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101240805.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Helbling: Seifrid H. So nannte man den Verfasser einer Reihe von lehrhaften, die Zustände Oesterreichs in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts schildernden Gedichten, welche ein lebhaftes Bild von dem Verfall der Zucht und Sitte entwerfen. Der Name S. H. kommt aber nur in dem einen Gedichte (Nr. 13) als der eines bereits verstorbenen Spielmannes vor. Die Gedichte sind, wie sich aus den darin vorkommenden Anspielungen ergibt, zwischen 1288 und 1291 entstanden und werden unter dem Gesammtnamen „Der kleine Lucidarius“ zusammengefaßt, als Seitenstück zu dem lateinischen, den Namen „Lucidarius“ führenden Prosawerke, welches bereits im 12. Jahrhundert verdeutscht und dadurch weitverbreitet wurde. Wie hier in der Form des Gespräches|zwischen Meister und Jünger Belehrung ertheilt wird, so ist diese Form auch in mehreren der Gedichte angewendet und daher der Name auf das Ganze übertragen. Neben dem nicht geringen culturgeschichtlichen Interesse haben die Gedichte auch ein historisches; das eine erzählt die Belagerung Wiens im J. 1291 durch König Andreas III. von Ungarn, ein anderes die Verschwörung von vier Ministerialen gegen den Herzog von Oesterreich im J. 1295.

    • Literatur

      Herausgegeben von Th. v. Karajan in Haupt's Zeitschrift Bd. IV. Vgl. E. Martin, ebenda, XIII, 464 ff., der die Unrichtigkeit des Autornamens nachwies.

  • Autor/in

    K. Bartsch.
  • Zitierweise

    Bartsch, Karl, "Helbling, Seifried" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 678-679 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101240805.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA