Dates of Life
1885 – 1942
Place of birth
Haßloch (Pfalz)
Place of death
Überlingen (Bodensee)
Occupation
Automobilindustrieller
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 143197592 | OGND | VIAF: 166320937
Alternate Names
  • Kissel, Wilhelm
  • Cissel, Wilhelm

Objekt/Werk(nachweise)

Relations

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Citation

Kissel, Wilhelm, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd143197592.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Johannes (1847–1914), Eisenbahnbeamter, S d. Ackermanns Wendelin u. d. Maria Eva Ulmer; M Maria Magdalena (1851–1920), T d. Korbmachers Georg Fischer u. d. Katharina Weber;
    B Fritz (1889–1959), Ober-Ing. in d. Daimler-Benz AG;
    - Haßloch 1911 Mathilde (* 1889), T d. Bäckermeisters Johs. Roth u. d. Philippine Haas;
    2 S, u. a. Edgar (* 1912), Dipl.-Ing., Dir. d. Rolamentos FAG in São Paulo/Brasilien.

  • Biographical Presentation

    K. kam, nach Erlangung der mittleren Reife, 1902 in die kaufmännische Lehre bei einer Firma für Eisenkonstruktionen, danach in eine Eisengießerei und Maschinenfabrik, beide in Neustadt. Im Juli 1904 trat er als Korrespondent in die Einkaufsabteilung von Benz & Compagnie, Rheinische Automobil- und Motorenfabrik AG, in Mannheim ein. Im Privatstudium und durch Besuch von Kursen an der Hochschule für Wirtschaftswissenschaft in Mannheim bildete er sich weiter. 1908 wurde er Leiter der Abteilung Einkauf bei Benz. – Seit 1911 machte sich K.s Einfluß auf das Typenprogramm von Benz bemerkbar, einerseits durch Produktion eines kleinen Personenwagens für größere Käuferkreise, andererseits durch die Konzentration des Nutzfahrzeugbaus im Werk Gaggenau. Beide Maßnahmen wurden Erfolge, so daß Benz 1912 die Zahl der Arbeitsplätze von 2 250 auf 5 360 erhöhen konnte. K. förderte auch den Flugmotorenbau, was Benz den Sieg im Kaiserpreis für den besten deutschen Flugmotor 1913 eintrug. Im 1. Weltkrieg arbeitete K. für die Rohstoffverwaltung der Automobil- und Motorenindustrie. 1917 erhielt er Prokura. Er ließ schon während der Kriegsjahre den neuen, volkstümlichen Benz-Personenwagen planen, der dann 1918-22 gebaut wurde.

    Als Einkaufsdirektor (seit 1922) fand K. Wege zur Überwindung der geschäftlichen Einbrüche durch den 1. Weltkrieg und knüpfte günstige geschäftliche und finanzielle Verbindungen. Dabei kam ihm die Bekanntschaft mit dem Mannheimer Bankier Carl Jahr zustatten, der im Winter 1923/24 in einer Denkschrift den Zusammenschluß der Daimler-Motoren-Gesellschaft mit Benz & Compagnie vorgeschlagen hatte. Die Zwischenlösung einer Interessengemeinschaft, beschlossen am 1./8 Mai 1924, sollte von K. organisatorisch verwirklicht werden. Im Herbst 1924 entwarf er als ersten Schritt ein „Programm über die Teilung des Einkaufes für die Interessengemeinschaftsfabriken“. Er konzentrierte das Konstruktionsbüro in Untertürkheim und setzte hier die hervorragenden Ingenieure beider Firmen ein. Hans Nibel (1880–1934), Friedrich Nallinger, Max Wagner (1882–1951), Arthur Berger (1879–1958) und Hubert Schulteis (1883–1946) brachte er von Benz mit, Max Sailer und Albert Heeß (1879–1944)|wirkten schon bei Daimler. Den Karosseriebau, der bisher auch in Mannheim und Untertürkheim betrieben worden war, faßte K. 1925 in Sindelfingen zusammen und gab den Flugzeugbau ab. Im Juni 1925 bestellte ihn die Interessengemeinschaft zum Vorstandsmitglied, im August übertrug sie ihm die Leitung des Einkaufs beider Firmen. Er begann auch schon den Aufbau eines gemeinsamen Verkaufs. Auf seinen Vorschlag beschloß der Gesamtvorstand im Februar 1926, den Bau von Flug- und Großmotoren wieder aufzunehmen. Am 28.6.1926 schlossen die Daimler-Motorengesellschaft, Stuttgart-Untertürkheim, und Benz & Compagnie, Mannheim und Gaggenau, den Verschmelzungsvertrag und vereinigten damit die beiden ersten und ältesten Automobilfabriken der Welt zur Daimler-Benz AG.

    K. führte die tatsächliche Verschmelzung zu einer Firma durch. 1927 gelang ihm die Auszahlung der widerstreitenden Schapiro-Gruppe. In der Untertürkheimer Verwaltung führte er eine straffe Zentralisierung durch. Zur deutschen Automobil-Ausstellung in Berlin im Oktober 1926 stellte er das erste Sechszylinder-Programm vom Zwei- bis Sechsliter-Personenwagen unter der gemeinschaftlichen Marke „Mercedes-Benz“ vor. In Gaggenau baute er den Nutzfahrzeugbereich aus. Er unterstützte gegen Widerstände die Entwicklung des Fahrzeug-Dieselmotors von Benz. Die Leitung des Karosseriewerks in Sindelfingen übertrug er dem betriebswirtschaftlich erfahrenen Wilhelm Haspel (1898–1952), der von handwerksmäßiger Karosserieherstellung zur rationellen Blechbearbeitung unter Verwendung von Großpressen übergehen sollte. 1927 ließ er die erste Großpresse aufstellen, 1928 die Fließbandfertigung in Untertürkheim einführen. Das Nutzfahrzeugprogramm reichte bereits vom Eintonner bis zum Achttonnen-Dreiachser. Die Omnibusse (bis zu 50 Sitzen) ließ K. 1929 mit Stahlaufbauten, 1930 mit Dieselmotor ausrüsten. An klassischen Personenwagen nahm er 1928 den Sportwagen SSK, 1929 den „Nürburg“ und 1930 den „Großen Mercedes“ ins Programm. Während der Weltwirtschaftskrise konzentrierte man die Personenwagen-Produktion 1930 auf kleinere und mittlere Typen bei gesenkten Preisen und fertigte sie allein in Untertürkheim. Trotzdem mußte K. die Belegschaft um 4 000 auf 9 000 Mann senken. Im August 1931 mußte er die Arbeitszeit in Untertürkheim von 32 auf 16 Wochenstunden kürzen. Energisch wandte er sich auf dem Höhepunkt der Krise gegen eine Stillegung der Werke, da er an eine Neubelebung der Wirtschaft glaubte. 1931 stellte er auf der Pariser Ausstellung den ersten Vollschwingachs-Personenwagen der 170er Reihe mit zukunftweisenden Neuerungen vor. K. setzte auch die Tradition des Automobilsports bei Daimler-Benz fort; mit dem Team Alfred Neubauer, Rudolf Caracciola und Wilhelm Sebastian errang er vielbeachtete internationale Siege.

    1933 begann ein neuer Aufschwung. Die Firma stellte 5 000 Mann neu ein. In Untertürkheim, Sindelfingen, Berlin-Marienfelde und Mannheim arbeiteten nun 20 000 Beschäftigte. K. konzentrierte alle Gießereien in Mannheim. Er stellte den Großmotorenbau auf eine breitere Grundlage, indem er seit 1934 auch Eisenbahnmotoren bauen ließ. 1935 lieferte er den ersten deutschen 1 000 PS-Flugmotor ab, für dessen Serienherstellung er 1936 in Genshagen bei Berlin ein eigenes Werk baute. Bis 1939 wurden 9 Weltrekorde mit diesem Motor erzielt, darunter der absolute Geschwindigkeitsrekord von 755,1 km/h, der 30 Jahre lang bestand. 1936 stellte K. auf der internationalen Automobilausstellung in Berlin den Vierzylinder-Standard-Personenwagen 170 V und den ersten Diesel-Personenwagen vor. Das Nutzfahrzeugprogramm vergrößerte er auf bis zu 10 Tonnen Nutzlast. K. ließ Personenwagen in Dänemark, Nutzfahrzeuge in China montieren. Er unterstützte 1937 die Verwirklichung des Volkswagens, indem er die Vorserie von 30 Stück für einen Großversuch in Sindelfingen herstellen ließ. Er steigerte bis 1937 die Personenwagen-Produktion gegenüber 1933 um das Dreifache, den Export versiebenfachte er bis 1939. Seit 1934 ließ K. neue Rennwagen bauen, die bis 1939 in aller Welt 34 Siege und 19 Rekorde herausfuhren. Am 1.10.1937 wurde K. erster Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG seit der Fusion. Von 1930 bis zu seinem Tode gehörte er dem Vorstand des Reichsverbandes der deutschen Automobilindustrie an.

    Im 2. Weltkrieg mußte K. für die Wehrmacht ein umfassendes Programm an Lastkraftwagen, Halbketten-Zugmaschinen, Vollkettenfahrzeugen und Flugmotoren verwirklichen. Die zunehmenden Probleme der Kriegswirtschaft, damit zusammenhängende Konflikte mit den Behörden und eine sorgenvolle Einschätzung des Kriegsverlaufs überschatteten seine letzten Lebensjahre.|

  • Awards

    Dr.-Ing. E. h. (TH Darmstadt 1933).

  • Works

    Aktiv f. Dtld.s Autosport, in: H. Stuck u. E. G. Burggaller, Das Autobuch, 1933, S. 63-66;
    Gedenkrede auf Gottl. Daimler, anläßl. d. Werkfeier in Untertürkheim am 17.3.1934;
    Die Automobilindustrie im dt. Wiederaufstieg, 1938.

  • Literature

    Allg. Automobil-Ztg. 30, 1929, Nr. 26, S. 11 (P);
    P. Siebertz, Karl Benz, 1943, S. 237, 260-70;
    H. C. Gf. v. Seherr-Thoß, Die dt. Automobilindustrie, 1974;
    Rhdb. (P).

  • Author

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Citation

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Kissel, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 685-687 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd143197592.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA