Lebensdaten
1651 – 1685
Geburtsort
Heidelberg
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Kurfürst von der Pfalz
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 102440174 | OGND | VIAF: 288128940
Namensvarianten
  • Karl
  • Karl von der Pfalz
  • Karl II. von der Pfalz
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Zitierweise

Karl II., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd102440174.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kf. Karl (I.) Ludwig v. d. Pf. ( 1680, s. NDB XI);
    M Charlotte ( 1686), T d. Landgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel ( 1637); Groß-Ov 7. (bzw. Onkel 4. Grades Pfalzgf. Philipp Wilhelm ( 1690). Hzg. v. Neuburg u. Jülich-Berg, Kf. v. d. Pfalz;
    - Heidelberg 20./30.9.1671 Wilh. Ernestine (1650–1706), T d. Kg. Friedrich III. v. Dänemark u. Norwegen ( 1670, s. NDB V als Friedrich II. EB v. Bremen, S. 503 f.) u. d. Sofie Amalie v. Braunschweig-Lüneburg ( 1685); kinderlos.

  • Biographie

    K., das unglückliche Opfer der gescheiterten Ehe seiner Eltern, wuchs, zumal nachdem die Mutter Heidelberg 1662 verlassen hatte, ganz im Schatten des autoritären Vaters auf. Mit Gelehrsamkeit vollgestopft, beschäftigte sich der ängstliche und verschlossene Hypochonder mit der Abfassung religiös-moralischer Embleme, deren hundert 1677 in Frankfurt unter dem Pseudonym Philotheus im Druck erschienen. Auch die Frau bestimmte ihm der Vater. Trotz seiner Neigung zu einer württembergischen Prinzessin mußte er die dicke und dümmliche, aber eingebildete Schwester des Dänenkönigs Christian V. heiraten, des Schwippschwiegersohns seiner Tante Sofie, die die Ehe über ihre in Kopenhagen das Wort führende gleichnamige Schwägerin in die Wege geleitet hatte und die Hochzeit zusammen mit ihrem Mann, Herzog Ernst August, in Heidelberg mitfeierte. Die offizielle Werbung am dänischen Hof war von Karl Ludwigs Geheimsekretär Johann Friedrich Seilern besorgt worden. Vor der Eheschließung holte sich K. auf einer Reise durch die Schweiz, deren reformierte Kantone seine Paten waren, und Südfrankreich in Lyon noch die Blattern, die den schwächlichen jungen Mann völlig entstellten und weiter verschüchterten. Die doppelte Hofhaltung in Heidelberg mit den aufwendigen Ansprüchen der Kurprinzessin vergrämte den sparsamen Vater, der dem Sohn auch keinen Anteil an der Regierung geben wollte und die angestrebte selbständige Statthalterschaft in Kreuznach verweigerte. Beim Tod Karl Ludwigs weilte K. in England, wo er in Oxford zum doctor medicinae promoviert wurde und den Hosenbandorden erhielt, sich jedoch vergeblich bemühte, seinen Onkel König Karl II. für Pressionen gegen die französische Expansionspolitik am Rhein zu gewinnen. Die Traditionen des überlegenen und prägenden Vaters überstanden auch den Regierungswechsel, so sehr K. bestrebt war, sich wenigstens jetzt durchzusetzen. Er holte die Mutter aus Kassel zurück, distanzierte sich von den raugräflichen Halbgeschwistern, und nach dem Tod des jungen Polyhistors Paul Hachenberg, der K. Lieblingslehrer war und dem er vertraute, kam es unter dem neuen Günstling, Karl Ludwigs Hofprediger Johann Ludwig Langhans, vor allem zu einer calvinischen Reaktion. K. gefiel sich als Nachfolger Friedrichs III., unterdrückte das Luthertum, zu dem sich seine ungeliebte Frau bekannte – schließlich fand er in der Hofdame Sofie Rüdt von Collenberg sogar eine Mätresse – versuchte sich für die österreichischen Protestanten einzusetzen und siedelte in Friedrichsfeld französische Hugenotten an. Den hohen Kosten des sich aufblähenden Hofs, seiner Jagd- und Theaterleidenschaft und allerlei pseudomilitärischer Spielereien suchte er durch Steuererhöhungen und Ämterverkauf zu begegnen. Den Franzosen überließ er 1682 auf 20 Jahre pfandweise das 1680 reunierte Oberamt Germersheim. Den am 12./22.5.1685 in Schwäbisch Hall geschlossenen Vertrag (Haller Rezeß) mit seinem katholischen Nachfolger Herzog Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, der hauptsächlich den pfälzischen Protestantismus schützen sollte, hatte K. noch nicht unterzeichnet, als er an den Folgen eines Fiebers, das er sich bei der vierwöchigen Scheinbelagerung der als türkische Feste drapierten Burg Eichelsheim in den Mannheimer Rheinauen zugezogen hatte, starb. Er war in allem ein Epigone. Den Sündenbock für die unpopuläre Mißregierung mußte der „gewissenlose Gewissens-Rath“ Langhans abgeben, während Ludwig XIV. Ansprüche auf das Erbe seiner Schwägerin, K. Schwester Liselotte, erhob.

  • Werke

    Philothei Symbola christiana quibus idea hominis christiani exprimitur, ed. P. Hachenberg, 1677.

  • Literatur

    ADB 15;
    J. F. Reiger, Ausgelöschte Chur-Pfaltz-Simmer. Stamms-Linie …, 1693, ed. G. Ch. Joannis, 1732 u. 1735;
    F. J. Lipowsky, Biogr. d. Churfürsten K. v. d. Pf. …, in: Karl Ludwig Churfürst v. d. Pfalz …, 1824, S. 137-68;
    L. Häusser, Gesch. d. rhein. Pfalz … II, 1845, bes. S. 688-712 (vgl. d. Registerbd. v. F. Loos u. Th. Neubauer, 1971);
    Th. Lorentzen, Die Hochzeit d. Kurprinzen K. v. d. Pf. mit d. dän. Prn. Wilhelmine Ernestine (1671) (Beil. z. J.ber. 1897/98 d. Ober-Realschule Heidelberg), 1898;
    F. Schmidt, Gesch. d. Erziehung d. Pfälz. Wittelsbacher …, 1899.

  • Porträts

    Ölgem. v. niederländ. Maler, um 1667 (Heidel berg, Kurpfälz. Mus.);
    Kupf. v. J. Schweizer n. Wallerant Vaillant (Wien, Albertina) u. J. U. Kraus, in: L. Beger, Thesaurus ex Thesauro Palatino selectus …, 1685, Abb. b. W. Waldschmidt, Altheidelberg u. sein Schloß, 1909, S. 252;
    2 anonyme Kupf. in: Theatrum Europaeum X, 1677, Tafel n. S. 476, u. XII, 1691, Tafel n. S. 784.

  • Autor/in

    Peter Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Peter, "Karl II." in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 249-250 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102440174.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Karl (II.), Kurfürst von der Pfalz. Geboren in Heidelberg am 10. April 1651, am 26. Mai 1685. Als ältester Sohn des Kurfürsten Karl Ludwig v. d. Pfalz von Charlotte von Hessen-Cassel geboren, wuchs der kränkliche Knabe freudlos am Hofe des mit der Mutter zerfallenen Vaters auf; sein reizbares empfindliches Gemüth wurde verschüchtert und von den Eindrücken seiner Umgebung unangenehm berührt; seine Mutter zog sich 1657 nach Cassel zurück, er blieb einsam bei Hofe, widerwillig dem Vater unbedingten Gehorsam zollend. Ohne auf seine Individualität Rücksicht zu nehmen, wurde K. mit Gelehrsamkeit erdrückt; die berühmten Gelehrten Pufendorf und Spanheim leiteten seinen Unterricht; er zeigte viel Interesse an den Studien, besonders seit 1664 Paul Hachenberg sein Erzieher geworden, dem er ein kindliches Vertrauen schenkte. 1672 trat K. sogar (Frankfurt) anonym als Philotheus mit der theologischen Schrift „Symbola christiana“ hervor. 1670 machte er eine Reise durch die Schweiz und Frankreich, mit melancholischem Ernste das Leben betrachtend und mit dem Vater auf kaltem Fuße stehend. Als er eine württembergische Prinzessin heirathen wollte, bestimmte ihm der Vater die ihm ganz unsympathische Tochter des Königs Friedrich III. von Dänemark, Wilhelmine Ernestine (geb. am 20. Juni 1650), mit der er sich in Kopenhagen am 23. April 1670 verlobte und in Heidelberg am 30. Sept. 1671 vermählte. Ihre Hoffart und Unbedeutendheit entfremdete ihn ihr mehr und mehr, die Ehe blieb kinderlos. Als sein Vater die Mutter zu einer förmlichen Trennung ihrer Ehe veranlassen wollte, um dem Hause Erben zu erwecken, suchte K. in seinem Auftrage 1677, freilich sehr widerstrebend, auf die Mutter einzuwirken — umsonst, die neue Ehe mußte unterbleiben. Des Vaters Vorwürfe gegen ihn verdüsterten Karls Gemüth immer mehr; er wurde lebenssatt wie ein Misanthrop. Das Ceremoniel, auf das der Vater viel Werth legte, war ihm äußerst verhaßt. Ihn dürstete nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit: seit 1678 hoffte er sehnsüchtig auf eine Statthalterei mit dem Sitze in Kreuznach, aber seine Hoffnung zerrann. Er wollte nun ein tüchtiger Soldat werden und ging diesem Berufe mit Leidenschaft nach; der Vater sah darin eine|krankhafte Laune und täglich wuchs sein Groll gegen den bei K. höchst einflußreichen Hachenberg. Als die Franzosen 1680 das pfälzische Oberamt Germersheim und andere Gebiete verheerten, ging K. mit Hachenberg nach England, um König Karl II. zum Auftreten gegen Ludwig XIV. zu bestimmen, erreichte aber nichts. Der König verlieh ihm im October den Hosenbandorden und die Universität Oxford creirte ihn am 2. October zum Doctor der Medicin. Auf dieser Reise erfuhr er, daß er durch den Tod des Vaters am 28. Aug. 1680 „Kurfürst von der Pfalz und Erzschatzmeister des heiligen römischen Reichs“ geworden sei. Im October 1680 traf K. in Heidelberg ein. Hachenberg wurde leitender Minister und Günstling, ohne zum Staatsmann befähigt zu sein, während viele von Karl Ludwig begünstigte Personen und die Raugrafen, Karls Stiefbrüder, mit Ungnade belastet wurden. Hatte der Vater sorgsam den Schatz gehütet, so griff K. wiederholt tief hinein; so schickte er alsbald über 40 000 Gulden nach Cassel, um die Schulden seiner Mutter zu tilgen, die nun nach Heidelberg zurückkehrte. Stellen und Einkünfte wurden leichtsinnig verschleudert, der Nepotismus kam in Blüthe; die verständige Waltung eines Karl Ludwig wurde durch allzu große Freigebigkeit und Schwäche abgelöst. Der viel geschmähte Hachenberg starb schon nach wenigen Wochen plötzlich; ihm folgte als leitender Günstling und Minister der in den Geschäften weit gewandtere Hofprediger Johann Ludwig Langhanns. Der herrschsüchtige und leidenschaftliche Mann besaß das volle Vertrauen Karls, gebrauchte ihn als Mittel zu seinen Zwecken und nährte als eifriger Calvinist in ihm die Absicht, Alles in der Kirche wieder auf den Fuß der strengen calvinischen Epoche zurückzuführen. Sofort wurde der vom Vater reducirte Kirchenrath im Stile der früheren Zeit vermehrt, die Presbyterialordnung erneuert, die Wachsamkeit für Zucht und Ordnung den Presbyterien eingeschärft und regelmäßig fanden wieder Kirchenvisitationen statt. Das kirchliche Leben hob sich wesentlich. Die Schulen erhielten reiche Dotationen, besonders das sehr gesunkene Sapienz-Collegium in Heidelberg. Der Universität wurden nicht nur ihre Privilegien bestätigt, sondern am 1. Juli 1682 auch die Schatzungsfreiheit zu Theil; trotzdem waren ihre ökonomischen Verhältnisse unter K. sehr gedrückt. Der strenge Calvinismus eines Friedrich III. zog wieder in der Pfalz ein; freierer politischer Geist verschwand aus der Kirche. Hingegen wurde die Pfalz nach der Aufhebung des Edicts von Nantes das Asyl verdrängter französischer Calvinisten; in Reilingen bildete sich eine Colonie und bei Seckenheim entstand in Friedrichsfeld eine Gemeinde, die große Privilegien erhielt. Auch die in Oesterreich und Ungarn verfolgten Protestanten und die in Frankfurt bedrückten Reformirten fanden in K. einen Schützer. Die Lutheraner in der Pfalz wurden von der calvinistischen Regierung sehr beschränkt und gewaltsam bedrückt; von sulzbachischer Seite wurde in einigen mit der Pfalz gemeinsamen Aemtern gleichzeitig im katholischen Sinne Propaganda gemacht. Die Corruption zeigte sich überall in der Verwaltung; Karl Ludwigs Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe brach zusammen und übermäßig steigerte sich letztere. Darum wurde die Grundsteuer bedeutend erhöht, was aber keine Abhülfe gewährte. Der Hof war das Dorado aller Müßiggänger und Schranzen und zehrte das Mark des Landes aus. In den Canzleien herrschten Nichtsthun und systematischer Betrug; der Stellenhandel griff immer schamloser um sich. Im Gegensatze zur Politik Karl Ludwigs wich der schwache K. leicht äußerem Drucke und gab z. B., als die Franzosen das Oberamt Germersheim gegen alles Recht ansprachen, es 1682 gegen Geld an Frankreich hin, das seine Räthe zu bestechen gewußt hatte. Weit mehr noch als früher Hachenberg, war Langhanns verhaßt und die ganze Pfalz schob die Schuld an Allem, was schlecht und drückend war, auf den Emporkömmling. Alle prunkhaften Feste stillten|nicht den Gram des unglücklichen Kurfürsten, dem seine Ehe am Entsetzlichsten dünkte, während er für eine Hofdame, Freiin Sophie Rüdt von Collenberg, schwärmte. Auch militärische Scheingefechte wurden mit großen Kosten inscenirt, um den unglücklichen Fürsten zu zerstreuen. Als bei ihm die Auszehrung auftrat, mußte an die Regelung der Erbfolge gedacht werden. Am 22. Mai 1685 schlossen in Schwäbisch-Hall Karls Minister mit denen des Neuburger Pfalzgrafen den Erbeinigungsreceß, wonach Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Neuburg zur Thronfolge in der Kurpfalz berufen wurde und die kirchliche Freiheit vor katholischer Reaction gesichert schien. Aber ehe K. den Receß unterzeichnet hatte, starb er am 26. Mai 1685 in Heidelberg, wo er ruht. Das ganze Land trauerte tief, denn in ihm erlosch der Mannsstamm des Hauses Pfalz-Simmern und es drohte eine katholische Reaction. Karls Gemahlin starb erst am 23. April 1706 in Lichtenberg (Sachsen).

    • Literatur

      Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. II, Heidelberg 1845; Hautz und v. Reichlin-Meldegg, Geschichte der Universität Heidelberg, Bd. II, Mannheim 1864; Häutle, Genealogie des erlauchten Stammhauses Wittelsbach, München 1870.

  • Autor/in

    Kleinschmidt.
  • Zitierweise

    Kleinschmidt, Arthur, "Karl II." in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 324-326 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102440174.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA