Lebensdaten
erwähnt um 1300 , gestorben nach 1314
Beruf/Funktion
ostfränkischer Dichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118712349 | OGND | VIAF: 311111360
Namensvarianten
  • Johann
  • Johann von Würzburg
  • Johann
  • mehr

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Zitierweise

Johann von Würzburg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118712349.html [20.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Über J. sind nur die spärlichen biographischen Angaben bekannt, die er selbst in seinem einzigen, allerdings in zahlreichen Handschriften und Bruchstücken überlieferten Werk macht, dem Minneroman „Wilhelm von Österreich“: Neben der Namensnennung des Verfassers werden seine Herkunft – geborn uz Francken –, sein Beruf – schribaer –, seine Beziehungen zum Gf. Albrecht von Hohenberg und Haigerloch ( 1298) und zu einem Esslinger Bürger Dieprecht jeweils an exponierter Stelle hervorgehoben. Das Werk, das J. 1314 – do man vor aschberch lac – vollendete, widmete er den Herzögen Friedrich und Leopold von Österreich, und diese Intention könnte sich auch darin spiegeln, daß der Protagonist seiner Abstammung nach als österr. Herzogssohn bestimmt wird. Als Minneroman thematisiert der „Wilhelm von Österreich“ die Legitimationsproblematik „taugenlicher minne“, die in der Konkurrenz von Gesellschafts- und Liebeshandlung sich darstellt. Zwei kinderlose Fürsten, Liupolt von Österreich und der Heidenkönig Agrant von Zyzya, pilgern zum hl. Johannes nach Ephesus, weil sie durch seine Wunderkraft einen Erben für ihr Reich zu erhalten hoffen. Ihr Wunsch erfüllt sich: Liupolt wird ein Sohn, Agrant eine Tochter geschenkt, Wilhelm und Aglye. Von Jugend an sind die beiden Kinder durch „Venus, diu Minne“ füreinander ausersehen. In Traumbildern erscheint dem jungen Fürsten von Österreich seine Minnedame, die einzigartige Aglye „über Meer“, die zu suchen er heimlich aufbricht. Als Wilhelm, von Fernminne getrieben, an den Hof des|Brautvaters gelangt, und die Zuneigung der Königstochter für sich erwerben kann, verhindern Staatsaktionen die Legitimation der verborgenen Liebesbindung vor der Gesellschaft. Die Handlungsstationen zeigen, wie der Held bei dem Versuch, die Legitimation als Brautwerber zu erreichen, immer wieder seltsam „neutralisiert“ erscheint: So oft Wilhelm im eigenen Interesse handelt, um Aglye für sich zu gewinnen, braucht er notwendig fremde Hilfe, wie sehr auch sonst die Rolle eines Retters und Heilsbringers für Bedrängte den Rang seiner ritterlichen Bewährung bestimmt. Dieses Schema des hilfsbedürftigen Protagonisten, der auf die Unterstützung anderer bei der Verwirklichung seines eigenen Minne-Heils angewiesen bleibt, prägt entscheidend die Konzeption des Werkes bis hin zur Schlußkonstellation: In einer Schlacht zwischen den Heerscharen der Heiden und denen der Christen wird Wilhelms Werbung zuletzt unter der Perspektive des Glaubenskampfes entschieden. Dem vereinten Paar ist nur kurzes Glück vergönnt: Wilhelm gerät auf der Jagd in einen Hinterhalt und fällt dem Mordanschlag seiner heidnischen Feinde zum Opfer. Über seiner Leiche tötet der Minneschmerz auch Aglye.

    Diese tragisch-konsequente Zuspitzung der „triwe“-Handlung entspricht dem Vorbild des Tristanromans, wenn auch reduziert auf das Motiv des Liebestods. Das Thema der „taugenlichen minne“ diskutiert Johann ganz im Sinne der späthöfischen Epik mit ihrem Interesse für abenteuerliche Trennungsschicksale und die Affektschemata einer typisierenden Minnepsychologie, die hier auch im „sentimentalen“ Briefwechsel des Musterpaares entworfen werden. Nicht nur durch die Handlungsführung wird in diesem Werk der programmatische Sinn der Aventiure- und Minne-Stationen dem Verständnis des Publikums vermittelt, die Kommentierung des Erzählgeschehens auf der Autor-Ebene expliziert vielmehr ständig von neuem den potentiellen Lehrgehalt und den verbindlichen Geltungsanspruch der dargestellten Situationen. Diese Selbstinszenierung des Autors im Vorgang des Kommentars, die sich bis zur direkten Hinwendung an Frau Minne und Frau Aventiure steigert, entwirft für das Publikum zugleich das Verhaltensmuster einer adäquaten emotionalen Anteilnahme am Handlungsgeschehen und legt damit auch die intendierte Rezeptionsweise fest. Das literarische Spiel mit der Autor-Rolle und ihren Regiefunktionen ist nicht neu, Albrecht von Scharfenberg hat es in der Nachfolge Wolframs zu höchster artistischer Virtuosität entwickelt, und J. bezieht seine Konzeption aus diesem Angebot der literarischen Tradition. Auch in der makellosen Idealität des Helden bezeugt sich die Abhängigkeit des Dichters von einem Romantypus, der seit Rudolfs „Wilhelm von Orlens“ längst verfügbar ist: Keine innere „Krise“ stellt die Orientierung des Minneritters und seine Lebensführung in Frage, dessen vorbildhafter Bewährungsstatus evident wird in der Steigerung der Prüfungen, die von „außen“ unverhofft auf ihn zukommen und seinen Einsatz fordern. J.s eigene Leistung ist vor allem in den kunstvoll ausgebauten Allegorien gesehen worden, die sich dem Zusammenhang der Aventiurenkette kaum noch eingliedern lassen. Die Wunderwelt des Bergpalastes, zu dem Wilhelm auf seiner Fahrt gelangt, hat der Dichter unter dem Deutungshorizont alter Venusberg-Sagen zu einem allegorischen Gesamtentwurf der Minne- und Aventiure-Erfahrung entfaltet. Dieses Bemühen um den ständigen Rekurs auf eine Totalität der Weltdeutung erklärt vielleicht auch J.s Versuch, sein Werk zuletzt in den Rahmen der Heilsgeschichte zu integrieren, wenn er Wilhelms Sieg als Triumph des rechten Glaubens motiviert. – Die erstaunlich breite und lange nachwirkende Rezeption, die das Werk erfuhr, bestätigt sich auch in der Prosaauflösung des Romans (1. Druck durch Anton Sorg 1481). Als eines der drei berühmtesten Musterpaare der höfischen Literatur sind Wilhelm und Aglye in das Programm der Fresken von Schloß Runkelstein eingegangen, das Nikiaus Vintler zu Beginn des 15. Jh. entwerfen ließ.

  • Werke

    Ausgg.: Wilh. v. Österreich, hrsg. v. E. Regel, 1906 E. Schröder, Mhdt. Bruchstücke aus Duisburg II: Zum Wilh. v. Österreich, in: Zs. f. dt. Altertum 68, 1931, S. 92-95;
    W. Fechter, Ein Karlsruher Bruchstück d. Wilh. v. Österreich, ebd. 80, 1943, S. 83-85;
    L. Zatočíl, Drei Prager Bruchstücke, 3. J. v. W.: Wilh. v. Österreich, in: Sborník Prací Filosofické Fak. Brněnské Univ. Brno 6 (A 5), 1957, S. 69 f.

  • Literatur

    E. Frenzel, Stud. z. Persönlichkeit J. v. W., 1930;
    E. Mayser, Stud. z. Dichtung J.s v. W., 1931;
    R. Schnuchel, Ein Btr. z. Erzähl- u. Aufbaustil im „Wilh.v. Österreich“, Diss. Göttingen 1955;
    W. Schoenebeck, Der höf. Roman d. Spät-MA in d. Hand bürgerl. Dichter, Diss. FU Berlin 1956;
    F. W. Wentzlaff-Eggebert, Kreuzzugsdichtung d. MA, 1960, S. 290-93;
    H. Beckers, Zur hs. Überlieferung d. „Wilh. v. Österreich“ J.s v. W., in: Spätma. Epik, Sonderh. d. Zs. f. dt. Philol. (in Vorbereitung);
    Prosaroman: Wilhelm v. Österreich, hrsg. v. F. Podleiszek, in: Volksbücher v. Weltweite u. Abenteuerlust (Dt. Lit. in Entwicklungsreihen, R. Volks- u. Schwankbücher, Bd. 2), 1936;
    H.-J. Koppitz, Zur|Überlieferung d. Drucke d. Prosaromans „Wilhelm v. Österreich“, in: Gutenberg-Jb., 1963, S. 53 - 59;
    V. Malfér, Die Triaden auf Schloß Runkelstein, 1967;
    A. Brandstetter, Prosaauflösung, 1971;
    de Boor-Newald III;
    Ehrismann II, 2, 2;
    Vf.-Lex. d. MA III.

  • Autor/in

    Wolfgang Walliczek
  • Zitierweise

    Walliczek, Wolfgang, "Johann von Würzburg" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 577-579 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118712349.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA