Lebensdaten
1819 – 1901
Geburtsort
Immenstadt (Allgäu)
Sterbeort
Landshut
Beruf/Funktion
Archivar ; Historiker ; Publizist ; Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118557696 | OGND | VIAF: 20472166
Namensvarianten
  • Jörg, Edmund
  • Jörg, Joseph Edmund
  • Joerg, Jos. Edmund
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Zitierweise

Jörg, Edmund, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118557696.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Josef (1788–1841), Glasermeister, Stadtschreiber, Landgerichtsoberschreiber in I., S d. Wilhelm Leonhard ( 1868), Redakteur in Augsburg;
    M Balbina Hauber (1798–1834), aus Bauernfam. in Kalzhofen;
    1) Walburga ( 1866), T d. Dr. med. Berner, Arzt in Weißenhorn, 2) München 1867 Ida ( 1901), T d. N. N. Prand, Domänendir. d. Gf. v. Bassenheim in Buxheim, u. d. N. N. Trost; Ov d. 2. Ehefrau Joseph Alois v. Prand ( 1882), Oberkirchen- u. Schulrat im bayer. Innenmin., Dompropst v. München;
    13 K.

  • Biographie

    Nach Abschluß der Gymnasialjahre in Kempten begann J. als 18jähriger das Studium der Philosophie und Theologie in München, wechselte dann zur Geschichte über und verdiente sich als Mitarbeiter seines Lehrers I. Döllinger an dessen Werk über die Reformation die Sporen als Historiker. 1847 begann J. am Reichsarchiv in München seine Ausbildung zum Archivar. Nach einem Streit mit dem Innenminister v. Reigersberg wurde er als Archivnebenbeamter nach Neuburg a. d. Donau versetzt. Seine Laufbahn als Archivar beschloß J. 1901, nachdem er sich 35 Jahre lang als Vorstand des „Archivkonservatoriums“ und späteren Staatsarchivs Landshut große Verdienste um den Aufbau und die Erschließung der Archivbestände (Jörgscher Zettelkatalog) erworben hatte. Der Beruf des Archivars bot ihm und seiner kinderreichen Familie die Existenzgrundlage, die Spannweite seines Wirkens reichte aber weiter. Erst die Leistung des Geschichtsschreibers, Publizisten und Politikers prägte J. zu einer der profiliertesten Gestalten des deutschen Katholizismus im 19. Jh. Neben Ketteler und Kolping gehört er zu den Vätern der kath Soziallehre.

    Stark beeindruckt von Josef Görres und dessen Sohn Guido, dem Kirchenrechtler Phillips und Innenminister v. Abel, dem Vertreter eines kämpferischen und selbstbewußten Katholizismus, stieß J. zum Mitarbeiterstab der „Historisch-Politischen Blätter“, die er im Geiste ihres Gründers J. Görres 1852-1901 herausgab. Als scharfer Beobachter und engagierter Zeitkritiker drängte er früh in die Tagespolitik. 1866-81 vertrat er die Patriotenpartei, deren langjähriger Führer er war, im bayer. Landtag. 1868 gehörte er dem Zollparlament, 1874-78 als Abgeordneter des Zentrums (Wahlkreis Augsburg), der sich wiederholt mutig Bismarck entgegenstellte, dem Reichstag an.

    J.s öffentliches Wirken ist im Sinne einer „konservativen Politik auf der Grundlage der kath. Weltanschauung“ (Schnabel) stark von sozialer Verantwortung geprägt. So fesselte den Geschichtsschreiber J. die soziale Seite des Bauernkrieges und der Reformation. Seine quellenkritisch fundierten Werke wie seine Kommentare in den „Zeitläufen“ der „Historisch-Politischen Blätter“ weisen ihn als „das Urbild eines Publizisten“ aus, „der auch einer in entgegengesetzte Richtung gelenkten öffentlichen Meinung die Stirn zu bieten wußte“ (Gollwitzer). Seine Beiträge in den „Historisch-Politischen Blättern“ gehören zu den wertvollsten Leistungen der kath. Publizistik in Deutschland. J.s Gedanken kreisten dabei vorwiegend um die Bewältigung der Zukunft auf politischem, wirtschaftlichem und religiösem Gebiet. Den Schlüssel zur heilen Welt von morgen, in der er dem größeren Deutschland und dem vereinigten Europa die Rolle des Mittlers zwischen den kommenden Weltblöcken zudachte, suchte er in der Deutung der Vergangenheit und kritischen Durchleuchtung der Zeittendenzen. Sehr früh hat er die kommende europ. Bedeutung von Kierkegaard erkannt und neben Cortés zielsicher die künftigen Kraftfelder in Ost und West, insbesondere die Rolle der USA, Rußlands und Chinas, herausgestellt. Sorge bereitete ihm die Gefahr einer „europ. Karwoche“, in die der engstirnige Nationalismus die Völker des Muttererdteils zu stürzen drohte.

    Die Rettung sah J. im Rechtsstaat und in einem der Gegenwart aufgeschlossenen Christentum. Er wollte die sozialen Spannungen des aufsteigenden Industriezeitalters nicht wie Haller und Jarcke restaurativ lösen, sondern in kühner Synthese neue Lebens- und Gesellschaftsformen sich organisch entwickeln lassen. Die sozialen Mißstände sollten durch Produktivassoziationen in der Wirtschaft, Zwangsinnungen für die Handwerker und durch eigenständige, von Arbeit und Kapital unabhängige Einrichtungen für die Bauern behoben werden. Im Gegensatz zu seinen oft zeitgebundenen politischen Auffassungen – J. trat 1870/71 für ein neutrales und selbständiges Bayern ein – weisen seine Lösungsvorschläge auf sozialreformerischem Gebiet und seine Gedanken über die Rolle der Gesellschaft in die Zukunft.

  • Werke

    Dtld. in d. Rev.periode v. 1522–26, Aus d. diplomat. Correspondenzen u. Orginalakten bayer. Archive dargest., 1851;
    Der Irvingianismus, 1856;
    Gesch. d. Protestantismus in s. neuesten Entwicklung, 2 Bde., 1858;
    Die neue Ära in Preußen, 1860;
    Gesch. d. social-pol. Parteien, 1867.

  • Literatur

    F. B[inder], in: Hist. Pol. Bll. 128, 1901;
    M. Spahn, in: Hochland 17, 1919/20, S. 237-83, 434-43;
    F. Wöhler, J. E. J. u. d. soz.pol. Richtung im dt. Katholizismus, Diss. Leipzig 1929;
    W. v. Kloeber, Die Entwicklung d. dt. Frage 1859-71 in großdt. u. antiliberaler Beurteilung (Die Zeitläufe Dr. J.s in d. Hist.-Pol. Bll. f. d. kath. Dtld.), Diss. München 1932;
    H. Martin, Die Stellung d. „Hist.-Pol. Bll.z. Reichsgründung 1870/71, in: Zs. f. Bayer. Landesgesch. 6, 1933, S. 60-84, 217-45;
    H. Gollwitzer, ebd. 15, 1949, S. 125-48;
    M. Poll, E. J.s Kampf f. e. christl. u. großdt. Volks- u. Staatsordnung, 1936;
    B. Zittel, in: Lb. a. d. Bayer. Schwaben, IV, 1955, S. 395-429 (W, L, P);
    K.-H. Lucas, J. E. J., Konservative Publizistik zw. Rev. u. Reichsgründung (1852–71), Diss. Köln 1969 (L);
    V. Conzemius, Ignaz v. Döllinger u. E. J., in: Festschr. f. M. Spindler, 1969.

  • Autor/in

    Bernhard Zittel
  • Zitierweise

    Zittel, Bernhard, "Jörg, Edmund" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 461-462 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118557696.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA