Lebensdaten
1778 – 1852
Geburtsort
Lanz bei Lenzen (Prignitz)
Sterbeort
Freyburg/Unstrut
Beruf/Funktion
Turnpädagoge ; "Turnvater" ; deutscher Patriot ; Politiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118556622 | OGND | VIAF: 61680798
Namensvarianten
  • Jahn, Friedrich Ludwig
  • Höpffner, O. C. C.
  • Höpffner, O.C.C.
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Zitierweise

Jahn, Friedrich Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556622.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Pfarrerfam. d. Prignitz;
    V Alexander Friedrich (1742–1811), Pfarrer in Lanz, S d. Pfarrers Christoph Friedrich in Vehlin u. d. Maria Elisabeth Krusemarck aus Lenzen;
    M Dorothea Sofia (* 1751), T d. Pfarrers Friedrich Wilhelm Schultze in Lenzerwische;
    1) Neuenkirchen b. Neu-Brandenburg, 1814 Helene Kollhoff ( 1823), Landwirts-T; 2) 1825 Emilic Hentsch (1792–1876);
    3 K aus 1) (2 früh †), 1 T aus 2).

  • Biographie

    J. wurde bis zu seinem 13. Lebensjahr von seinem Vater unterrichtet, besuchte dann 3 Jahre das Gymnasium in Salzwedel und ½ jahr das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin, das er Ostern 1795 ohne Abschluß verließ. Seit 1796 betrieb er theologisch-historische und deutschkundliche Studien an den Universitäten Halle, Frankfurt/Oder, Greifswald, Göttingen; 1798 trat er in einen freimaurerischen Studentenorden (Unitistenorden) in Halle ein. Er erhielt in Greifswald 1803 das „consilium abeundi“ wegen einer Prügelei. J. siedelte nach längerer Hauslehrertätigkeit, mehreren Reisen und weiteren Studienversuchen in Göttingen und Jena 1809 nach Berlin über, wo er am Friedrich-Werderschen Gymnasium für einige Monate als Hilfslehrer eine Beschäftigung fand. Ein Anstellungsgesuch scheiterte, da er das „examen pro facultate docendi“ nicht bestand. Dennoch lehrte er weiter am Gymnasium zum Grauen Kloster und der Plamannschen Erziehungsanstalt. 1810 gründete er gemeinsam mit Frdr. Friesen den „Deutschen Bund“, den Vorläufer der Burschenschaften.|Die Mitglieder des Deutschen Bundes stammten vorwiegend aus Offiziers- und Lehrerkreisen. Wichtigste Ziele des Bundes, die im „Bundesbuch“ festgehalten wurden, waren die Befreiung Deutschlands von der franz. Herrschaft und die nationale Einheit. – Anfang Juni 1811 eröffnete J. nach dem Vorbild GutsMuths’ den ersten Turnplatz auf der Hasenheide in Berlin.

    Das Turnen hatte mit Spaziergängen und Spielen im Kreise der Schüler zwanglos begonnen. 1811-13 nahm das Turnen auf der Hasenheide unter J.s Leitung einen starken Aufschwung. Der Turnbetrieb wurde straff organisiert, das Übungsgut beträchtlich erweitert. Während der Kriegszeit (1813–15), die J. bei dem von ihm mitbegründeten Lützowschen Freikorps verbrachte, leitete Eiselen den Turnbetrieb in Berlin. Nach Kriegsende kam es 1815-19 zu Spannungen zwischen J. und den Behörden, die auf die unterschiedliche Bewertung des Turnens zurückzuführen sind. Während das Kultusministerium das Turnen als Erziehungsgegenstand in das schulische Erziehungswesen eingebaut wissen wollte, betrachtete J. das „vaterländische Turnen“ als einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung seiner Volkstumsideen, mit denen er das deutsche Nationalgefühl stärken wollte. Sein „Deutsches Volkstum“ (1810) enthält wichtige Gedanken über Volk und Staat, Sprache und Brauchtum, Erziehung und Bildung, aber auch gefährliche nationalistische, rassistische und antisemitische Äußerungen. Galt das Turnen zuerst als Vorbereitung auf den Freiheitskampf, so sollte es nach den Befreiungskriegen dazu dienen, „im Herzen das neue Deutschland aufzubauen“, das heißt, den Kampf um Einheit, Freiheit und liberale Verfassung mitzuunterstützen. Dem diente insbesondere die von J. mitinspirierte Burschenschaftsbewegung, die am 12.6.1815 in Jena gegründet wurde. Die Verbindung Turnen-Burschenschaft war so eng, daß bald der Name „Burschenturner“ geprägt wurde. Die Burschenschaftsbewegung und das „vaterländische Turnen“ gerieten seit 1816 immer stärker in die politische Auseinandersetzung mit der einsetzenden Reaktion.

    Im Frühjahr 1817 hielt J. in Berlin öffentliche Vorträge über sein „Deutsches Volkstum“, mit denen er die Obrigkeit provozierte. Das Wartburgfest am 18.10.1817, die Sperrung des Breslauer Turnplatzes nach der dortigen „Turnfehde“ 1818 und die Ermordung Kotzebues durch den Burschenturner Sand 1819 – drei Ereignisse, die alle direkt oder indirekt mit dem Wirken J.s zusammenhingen – führten schließlich in Verbindung mit persönlichen Schwierigkeiten, die J. dem preuß. Kultusministerium bereitete, zur vorläufigen Einstellung des Turnbetriebes im Sommer 1819. Am 2.1.1820 erfolgte dann aufgrund der Karlsbader Beschlüsse der entscheidende Erlaß des Innen- und Polizeiministers: „Da es Seiner Majestät ernstlicher Wille ist, daß das Turnwesen ganz aufhört, so hat die Königl. Regierung von Polizei wegen nachdrücklich darauf zu halten, daß alles Turnen schlechterdings unterbleibe.“ Am 3.3.1820 verfügte Hardenberg, daß alle außerhalb der Städte errichteten Turngeräte wegzuschaffen und zu zerstören seien. – J. war bereits in der Nacht vom 13. zum 14.7.1819 „als geheimer, hochverrätherischer Verbindung verdächtig“ in seiner Wohnung verhaftet und auf die Festung Spandau, dann Küstrin gebracht worden. (Während der Haftzeit starben zwei seiner 3 Kinder). Am 22.5.1820 wurde er zwar aus der Haft entlassen, als einstweiliger Aufenthaltsort aber die Festungsstadt Kolberg bestimmt, wo er unter die Aufsicht des Festungskommandanten gestellt wurde. 1825 erfolgte die völlige Freisprechung, doch wurde ihm ein Aufenthalt in einer Universitäts- oder Gymnasialstadt untersagt. Er wählte Freyburg/Unstrut (1829–36 Kölleda) zum Aufenthaltsort. Die Beschränkung seiner politischen Tätigkeit wurde 1840 durch Friedrich Wilhelm IV. aufgehoben, der J. nachträglich das Eiserne Kreuz II. Kl. verlieh. 1848 wurde J. als Abgeordneter in das Parlament der Frankfurter Paulskirche gewählt, aber hier ist er – sieht man von seiner (nur gedruckten) „Schwanenrede“ ab – kaum hervorgetreten. – Dr. h. c. (Jena u. Kiel 1817).

    J.s Turnen in seiner Verbindung von Volkstumsgedanke und Patriotismus muß als politische Erscheinung begriffen werden. Nur so ist es zu verstehen, daß mit der Reichsgründung, als sich die Deutsche Turnerschaft wieder auf J. besann, dieser als nationaler Herold, als Kämpfer für die deutsche Einheit unter Preußens Führung glorifiziert wurde. Nach dem 1. Weltkrieg kam es zu einer J.-Renaissance, als die Deutsche Turnerschaft versuchte, sich nach Deutschlands Niederlage an einem idealisierten und heroisierten J.-bild aufzurichten. Gefälscht wurde dieses dann nach 1933 von Alfred Baeumler, der J. zum „politischen Soldaten“ und Wegbereiter des Nationalsozialismus machte. Eine solche Verfälschung war aber nur möglich, weil man sich auf rassistische und nationalistische Aussagen J.s berufen konnte.

  • Werke

    Weitere W Über d. Beförderung d. Patriotismus im Preuß. Reiche, 1800;
    Bereicherung d. Hochdt.|Sprachschatzes, 1806;
    Runenbll., 1814;
    Dt. Turnkunst, 1816 (mit E. Eiselen), Faks.dr. 1961;
    Neue Runenbll., 1828;
    Werke, neu hrsg. v. C. Euler, 2 Bde., 1884-87;
    Die Briefe F. L. J.s, hrsg. v. Wolfg. Meyer, 1913 (P);
    Briefe v. F. L. J., hrsg. v. F. Quehl (Ur-E), 1918 (P).|

  • Nachlass

    Nachlaß: Berlin, Stadtbibl.; Merseburg, Dt. Zentralarchiv; Freyburg, J.-Mus.

  • Literatur

    ADB 13;
    K. Wassmannsdorff, Das geschichtl. Richtige üb. d. Verhältnis J.s zu GutsMuths u. Rousseaus zu d. dt. Turnen, 1871;
    H. Pröhle, F. L. J.s Leben, Nebst Mitt. aus s. literar. Nachlaß, ²1872;
    C. Euler, F. L. J., s. Leben u. Wirken, 1881;
    K. Wodicka, F. L. J.s Bemühungen um d. dt. Sprache, Diss. Wien 1905;
    H. Gerstenberg, in: Mitteldt. Lb. I, 1926 (P);
    Th. R. Körner, F. L. J. u. s. Turnwesen, in: FBPG 41, 1928, S. 38-82;
    A. Scharff, Zur Beurteilung J.s, ebd., S. 475-80;
    E. Neuendorff, Turnvater J., 1928;
    P. Piechowski, F. L. J., Vom Turnvater zum Volkserzieher, 1928;
    F. Eckardt, F. L. J., ²1931;
    Sinsheimer, in: Arbeitersportztg. (ATZ), 1931 (zeichnet sehr krit. d. J.bild in d. Arbeitersportbewegung);
    M. Antonowytsch, F. L. J., Ein Btr. z. Gesch. d. Anfänge d. dt. Nationalismus, 1933;
    C. K. Wildt, F. L. J. u. d. dt. Turnen, 1933;
    K. Dürre, in: Die Gr. Deutschen II, 1935 (P);
    O. Becker, Die Volkstumskde. F. L. J.s, Diss. Freiburg 1940;
    G. Jahn, F. L. J. u. d. dt. Studententum 1798-1848. Diss. Göttingen 1958 (ungedr.);
    W. Schröder, Das J.bild in d. dt. Turn- u. Sportbewegung, Diss. Leipzig 1958 (ungedr.);
    G. Stöcker, F. L. J. u. d. Problem d. Volkserziehung, Diss. Köln 1966;
    H. Ueberhorst, Zurück zu J.?, 1969.

  • Porträts

    Gem. v. F. L. Heine, 1819, Abb. in: Die Gr. Deutschen II, 1935, u. Die Gr. Deutschen im Bild, 1937.

  • Autor/in

    Horst Ueberhorst
  • Zitierweise

    Ueberhorst, Horst, "Jahn, Friedrich Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 301-303 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556622.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Jahn: Friedrich Ludwig J. wurde im Dorfe Lanz bei Lenzen in der West-Priegnitz am 11. August 1778 geboren. Den ersten Unterricht empfing er von seinem Vater, welcher dort Prediger war. In seinem Geburtsorte fand der Knabe vielfache Gelegenheit zu natürlichen Leibesübungen, er machte weite Fußwanderungen und lernte schwimmen und reiten. Aber früh prägte sich ihm auch durch die Lage des Dorfes Lanz an der Grenze dreier Länder (Preußen, Hannover, Mecklenburg) das Gefühl der Zerrissenheit Deutschlands ein. Nachdem er seine Schulbildung in Salzwedel und auf dem Grauen Kloster in Berlin erhalten hatte, studirte er seit 1796 in Halle und Greifswald zunächst Theologie, wandte sich aber bald geschichtlichen und sprachlichen Studien zu. Nachdem er dann einige Zeit als Hauslehrer in Mecklenburg sich aufgehalten, führte er mehrere Jahre hindurch ein wanderndes Leben. Schon 1800 war unter fremdem Namen die von ihm verfaßte Schrift „Ueber die Beförderung des Patriotismus im deutschen Reiche. Allen Preußen gewidmet von O. C. C. Höpffner“ bei J. C. Hendel in Halle erschienen. 1806 gab er bei A. F. Böhme in Leipzig seine „Bereicherung des hochdeutschen Sprachschatzes, versucht im Gebiete der Sinnverwandtschaft, ein Nachtrag zu Adelung's und eine Nachlese zu Eberhard's Wörterbuch“ heraus. Im Herbste 1806 machte er von Goslar aus, wo er einen Freund besucht hatte, auf die Nachricht des zwischen Frankreich und Preußen bevorstehenden Kampfes sich auf, um zu dem in Thüringen sich sammelnden preußischen Heere zu stoßen und dem Prinzen Louis Ferdinand seine Dienste anzubieten. Aber erst am Tage der unglücklichen Schlacht bei Jena (14. Oct.) traf er beim preußischen Heere ein, um die gänzliche Niederlage desselben mit anzusehen. Der Prinz Louis Ferdinand war bereits am 10. Oct. bei Saalfeld gefallen. J. machte nun die Flucht über Sangerhausen nach Mansfeld mit, ging dann nach Halle und Magdeburg, und von dort längs der Elbe nieder, um nach Stettin, wo das zerstreute Heer sich sammeln sollte, zu gelangen. Aber die Capitulation von Prenzlau und die Uebergabe von Stettin vereitelten seinen Plan und er kam auf Umwegen nach vielfacher Lebensgefahr nach Anklam, um Zeuge der Einnahme dieser Stadt zu sein. Tiefgebeugt wanderte er nun durch alle schwedisch-pommerschen und mecklenburgischen Seestädte längs der Küste nach Lübeck, wo er Blücher's unglückliches Unternehmen|sah. Die folgenden Jahre war er, immer rastlos wandernd, eifrig bemüht, im Vaterlande Gefühl für deutsches Volksthum und Selbstvertrauen zu erwecken. Im Jahre 1809 kam er, das Manuscript seines klassischen Werkes „Deutsches Volksthum“, welches 1810 in Lübeck erschien, bei sich tragend, am Tage des Einzuges Friedrich Wilhelms III. (23. December) nach Berlin. Hier war er als Lehrer an der Plamann’schen Erziehungsanstalt und an dem Gymnasium zum Grauen Kloster thätig, suchte auch im Verein mit seinen Freunden Friesen, Harnisch und Zeune in der Jugend Vaterlandsliebe zu erwecken und regte zu kräftigenden Spielen an. 1811 gründete er in der Hasenhaide bei Berlin den ersten deutschen Turnplatz. Im J. 1813 trat er, dem Aufrufe des Königs nach Breslau vorauseilend, in das Lützow’sche Freicorps, bei dessen Bildung er wesentlich mitwirkte. Mit demselben nahm er an dem Treffen bei Mölln (4. September 1813) und an dem rühmlichen Gefecht an der Göhrde (16. September 1813) Theil und kehrte im August 1814 nach Berlin zurück, wo er sich mit Helene Kollhof verheirathete. 1814 erschien seine Schrift „Die Runenblätter“. Die Entwickelung des Turnens war demnächst seine hauptsächlichste Aufgabe, an welcher er in Verbindung mit Ernst Eiselen arbeitete. 1816 erschien das grundlegende Buch „Die deutsche Turnkunst von F. L. Jahn und E. Eiselen“. Inzwischen war die lebhafte patriotische Begeisterung der Turner von der nach dem Kriege allmälig sich erhebenden Reaction vielfach als staatsgefährlich verdächtigt worden, und als nun am 23. März 1819 der Jenaer Student und Turner Karl Sand den als Volksfeind gehaßten Staatsrath v. Kotzebue ermordet hatte, waren die deutschen Regierungen sehr geneigt, in den Tendenzen des Turnens die Grundursache dieser unseligen That zu suchen. Die Führer der deutschen Jugend auf Universitäten und Turnplätzen wurden als staatsgefährliche Verführer verdächtigt und zum Theil verhaltet, und auch J. wurde in der Nacht vom 13. zum 14. Juli 1819 gefänglich eingezogen. Sechs Jahre befand er sich in Untersuchungshaft, zuerst in Spandau, dann in Küstrin, zuletzt in Colberg, wo er sich ziemlich frei bewegen durfte. Endlich, im März 1825, wurde er freigesprochen, ihm jedoch der Aufenthalt weder in Berlin und in einem Umkreise von zehn Meilen, noch in einer Universitäts- oder Gymnasialstadt erlaubt. Wo er seinen Wohnsitz wählte, sollte er unter polizeilicher Aufsicht bleiben, ihm jedoch, so lange er durch sein Verhalten keine Veranlassung zum Tadel gab, von der Regierung ein Jahrgeld von 1000 Thalern gezahlt werden. Er ließ sich nun zunächst in Freiburg an der Unstrut nieder, siedelte 1829 nach Cölleda über, kehrte aber nach sieben Jahren nach Freiburg zurück, wo er von nun an bis zu seinem Lebensende wohnte. Er lebte in stiller Zurückgezogenheit, sich als ein gebrochener Mann fühlend. Nur zuweilen gab er durch schriftstellerische Arbeiten noch Kunde von sich. So erschienen 1828 die „neuen Runenblätter", 1833 „Merke zum deutschen Volksthum“, 1835 die nach seiner mündlichen Erzählung niedergeschriebenen „Denknisse eines Deutschen oder Fahrten des Alten im Bart, herausgegeben von Karl Schöppach“, 1836 „Leuwagen gegen H. Leo“. Als im J. 1840 Friedrich Wilhelm IV. den preußischen Thron bestiegen, hob er die über J. verhängte Polizeiaufsicht auf und verlieh ihm nachträglich das eiserne Kreuz. Noch einmal trat J. an die Oeffentlichkeit: das Volk hatte seiner nicht vergessen, man hatte ihn 1848 in die deutsche Reichsversammlung gewählt. Aber er entsprach in derselben zu Frankfurt nicht den Erwartungen, die man von ihm gehegt hatte. Seine Anschauungen waren veraltet, er verstand die Zeit nicht mehr. Aus der Zeit der Septemberunruhen in Frankfurt rührt seine „Schwanenrede“ her, die nie gesprochen, sondern nur gedruckt worden ist. In derselben gibt er sein politisches Glaubensbekenntniß, welches er mit den Worten schließt: „Deutschlands Einheit war der Traum|meines erwachenden Lebens, das Morgenroth meiner Jugend, der Sonnenschein der Manneskraft und ist jetzt der Abendstern, der mir zur ewigen Ruhe winkt“. J. starb zu Freiburg an der Unstrut, am 15. Oktober 1852, 74 Jahre alt. Die deutschen Turner haben ihm im Verein mit vielen Freunden des Vaterlandes in der Hasenhaide bei Berlin ein großartiges Denkmal gesetzt, in welchem Jahn's mächtige in Erz gegossene Gestalt auf einem Unterbau von Felsen sich erhebt, dessen einzelne Stücke aus allen Theilen der Erde, wo Turner wohnen und die deutsche Zunge klingt (auch aus Amerika, Ostasien und Australien), herbeigesandt worden sind.

    • Literatur

      Vgl. des Verfassers Theoretisches Handbuch für Turner, Halle 1870. — F. L. Jahn's Leben von Pröhle, neu bearb. v. Euler. Stuttgart 1881.

  • Autor/in

    Angerstein.
  • Zitierweise

    Angerstein, "Jahn, Friedrich Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 662-664 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556622.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA