Lebensdaten
1830 – 1879
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
altkatholischer Theologe ; Philosoph ; Gegner des Vatikanismus ; Professor der Philosophie in München
Konfession
altkatholisch
Normdaten
GND: 117031429 | OGND | VIAF: 88979501
Namensvarianten
  • Huber, Johann
  • Huber, Johannes
  • Huber, Johann Nepomuk
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Zitierweise

Huber, Johann Nepomuk, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117031429.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Matthias, Trödel-Kleinhändler in M.;
    M Theresia Angermaier;
    1861 Josephina (* 1837), T d. bayer. Stabsarztes Dr. Ludwig Curtius in Augsburg, u. d. Theresia Habenschaden;
    3 K.

  • Biographie

    Als einziger Sohn durch frühes Gelübde der kirchlich frommen Eltern zum Priester bestimmt, studiert H. seit Winter 1850 in München Theologie und Philosophie, ohne kirchliche Weihen zu empfangen. Es folgen 1854 die philosophische Promotion, 1855 die Habilitation, 1859 die Ernennung zum außerordentlichen und 1861 zum ordentlichen Professor der Philosophie und Pädagogik an der Münchener Universität. Das harte Ringen des Aufstieges öffnet dem „Arbeiterkind“ die Augen für die Bedeutung der sozialen Spannungen. Auf seine philosophische Entwicklung haben besonderen Einfluß E. von Lassaulx, F. von Baader und Oischinger. Zeitlebens sich als Christen bekennend, ringt H., ausgehend von der katholisch Romantik und Gedanken des späten Schelling, um eine Gesamtschau, in der Geistes- und Sinnenwelt zugleich unterschieden und vereint umfaßt werden und durch geistige Selbstfindung des Einzelnen der Fortschritt der Menschheit durch eine Bewegung von unten her möglich wird. Die Ablehnung der Neuscholastik bewirkt 1859 Indizierung der „Philosophie der Kirchenväter“ (1859) und Vorlesungsbesuchsverbot für die Theologiestudenten. Maximilian II. und Ludwig II. sind H. jedoch bleibend wohlgesinnt. Leitbild für H.s christlich-soziale Philosophie ist Scotus Eriugena. Im Rahmen dieser Gesamtschau setzt er sich in den Jahren der Krise um das I. Vatikanum an der Seite von Döllinger, Friedrich und Messmer höchst aktiv für die alt-katholisch Bewegung ein durch Mitwirkung an Döllingers „Janus – Der Papst und das Konzil“ (1869), durch Anregung der Alt-Katholikenkongresse seit 1871 und einer regen Vortragstätigkeit, einschließlich der Vorträge Döllingers über die Wiedervereinigung der Kirchen 1872. Ein jäher Herztod nahm H. die Möglichkeit, seine weitgreifenden Gedanken, in denen er viel von der geistigen Entwicklung des 20. Jahrhundert vorwegnahm, zusammenzufassen.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Cartesian. Beweise vom Dasein Gottes, 1854 (Diss.);
    Über Platons Lehre v. e. persönl. Gott, 1855 (Habil.schr.);
    Über d. Willensfreiheit, 1858;
    Scotus Erigena, 1861;
    Die|Idee d. Unsterblichkeit, 1864, ²1865;
    Der Proletarier (Vorträge z. soz. Frage), in: Stimmen a. d. kath. Kirche, 1869;
    Der Papst u. d. Staat, Die Freiheiten d. franz. Kirche, 1870;
    Kleine Schrr. (Lamennais, Jakob Böhme, Spinoza, Communismus u. Sozialismus, Die Nachtseiten v. London, Dt. Studentenleben), 1871;
    Der Jesuitenorden, Doktrin, Wirksamkeit u. Gesch., 1873, franz. in 3 Aufll.;
    Der alte u. d. neue Glaube, D. F. Strauß krit. gewürdigt, 1873;
    Die ethische Frage, 1875;
    Die rel. Frage (E. v. Hartmann), 1875;
    Zur Kritik moderner Schöpfungslehren mit bes. Rücksicht auf E. Haeckel, 1875;
    Pessimismus, 1876;
    Die Forschung n. d. Materie, 1877;
    Die Philos. d. Astronomie, 1878;
    Gesch. d. Sozialismus (unvollendet).

  • Literatur

    ADB 13;
    Dt. Merkur, 1879 (s. Register);
    E. Zirngiebl, J. H., 1881 (W, P);
    Ziegenfuß.

  • Porträts

    Bronzebüste v. K. Knoll (München, Grabmal, Nördl. Friedhof);
    Radierung v. D. Raab (ebd., Stadtmus., Maillinger Bilderchronik).

  • Autor/in

    Werner Küppers
  • Zitierweise

    Küppers, Werner, "Huber, Johann Nepomuk" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 695-696 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117031429.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Huber: Johannes H., geb. zu München am 18. Aug. 1830, arbeitete sich aus beschränkten Verhältnissen zur Freiheit des Geistes und der Lebensstellung empor. Zur Theologie bestimmt, absolvirte er dieselbe an der Universität seiner Vaterstadt, aber ohne die Weihen zu nehmen und habilitirte sich 1855 als Privatdocent der Philosophie. Zufolge seiner Rednergabe, wie seiner schriftstellerischen Leistungen, ward er 1859 zum Extraordinarius und 1864 zum Ordinarius befördert. Schon als Student hatte er mit Felix Dahn einen Broschürenstreit um die Lehre Prantls. Er dachte damals noch an eine specifisch katholische Wissenschaft; dann berührte auch ihn der frischere Hauch, der durch die von König Maximilian II. Berufenen an die Universität nach München kam. Zweierlei aber hielt er in allen seinen Arbeiten fest: die Rücksicht auf die geistige und leibliche Noth der großen Mehrzahl der Menschen und die Versöhnung der sittlichreligiösen Ideen des Evangeliums mit den Ergebnissen der Naturwissenschaft und der geschichtlichen Kritik. In Bezug auf das erstere ist neben manchen Aufsätzen besonders seine Schrift: „Der Proletarier“ (1865) bemerkenswerth, in welcher er manche Berührungspunkte mit Lassalle hatte, aber einen großen Nachdruck auf die Verwirklichung der christlichen Idee der sich ergänzenden Gemeinschaft der Menschheit legte und Selbsthülfe der Arbeiter mit Staatshülfe verbunden wissen wollte. Auf dem Gebiet philosophischer Wissenschaft wählte er nach seinen Dissertationen über die Beweise vom Dasein Gottes bei Cartesius und über die Fassung des Gottesbegriffs bei Plato sich zunächst den Scotus Erigena zum Gegenstand einer umfassenden Darstellung. Er fühlte sich davon angezogen und verstand es zu entwickeln, wie dieser den Gedanken der Einheit alles Lebens mit der freien Individualität der Menschenseelen zu verbinden, den Ausgang aller Dinge von einem gemeinsamen Grunde und ihren Wiedereingang in denselben durch Erkenntniß und Liebe zu schildern weiß und das Göttliche nicht blos als Substanz oder als blinden Willen, sondern auch als Intelligenz oder Geist ausfaßt. Immanenz und Transcendenz desselben suchte auch H. gleichmäßig festzuhalten. Als Einleitung in das Buch über Erigena (1861) hatte er bereits in dem J. 1859 die „Philosophie der Kirchenväter“ erscheinen lassen, in welcher er nachwies, wie dieselben auf mannichfaltige und eigenthümliche Weise die Bibel mit den Gedanken der alten Philosophen, wie mit ihren eigenen in Einklang zu bringen trachteten, ohne an jene Formeln gebunden zu sein, welche die Kirche zum Theil aus ihren Werken als alleinseligmachende Dogmen hinstellte. Dafür kam das Buch auf den Inder. H. verschmähte es, sich zu unterwerfen und war von da an ein rastlos wirksamer Gegner der Römlinge und des Jesuitismus, dessen Wesen und Treiben nach Licht und Schattenseiten er 1873 in einem größeren Werke, „Der Jesuitenorden nach seiner Verfassung und Doctrin, Wirksamkeit und Geschichte“, ausführlich schilderte. Sein agitatorischer Eifer, der sich in einzelnen Broschüren, wie namentlich in Artikeln der Augsburger Allgemeinen Zeitung, bekundete, wandte sich vornehmlich auch gegen die päpstliche Unfehlbarkeit, von deren Dogmatisirung durch ein Concil er eine nicht minder große Schädigung des religiösen Lebens befürchtete, wie von dem um sich greifenden Materialismus. Er trat in Verbindung mit Döllinger und hatte Antheil an der Veröffentlichung des Janus (1869), wie an den berühmten Concilsbriefen von Quirinus (1870) und war ein ebenso beredter, als unermüdlicher Führer in der altkatholischen Bewegung, von der er hoffte, daß sie zu einer neuen, tieferen und freieren Fassung der christlichen Lehre führen werde. Wenn ihm hier manch schmerzliche Enttäuschung ward, so sah er seine patriotischen Jugendwünsche durch die Gründung des einigen Deutschen Reiches erfüllt, wovon namentlich seine Schrift über das Verhältniß der deutschen Philosophie zur nationalen Erhebung (1871) Zeugniß gibt. Die Probleme von der Freiheit|des Willens und von der Unsterblichkeit der Seele hatte er früher schon in einzelnen Abhandlungen bearbeitet. Dann war es der Gedanke einer aufsteigenden Entwickelung des Lebens in der Natur, den er in seinem Buch über den Darwinismus festzuhalten strebte, um gerade von da aus auf einen idealen Weltplan hinzuweisen. Wie dem Ultramontanismus, so trat er gleichzeitig den antichristlichen Schriften von Strauß und Hartmann in geistvollen Broschüren entgegen, hier wie dort das ursprünglich wahre und berechtigte anerkennend, aber es auf seine Weise entwickelnd. Auf psychologisches Gebiet führten die Abhandlungen über den Pessimismus und über das Gedächtniß. Nachdem er auf diese Weise eine Reihe wissenschaftlicher Zeitfragen in einer Reihe kleinerer Schriften behandelt und frühere Aufsätze in mehreren Bänden gesammelt hatte, wollte er an die systematische Zusammenfassung und Darstellung seines ganzen Gedankenkreises Hand anlegen, als ein vieljähriges Leiden am 19. März 1879 sein edles Herz brach. In seiner letzten Arbeit über moderne Magie suchte er sich mit den Spiritisten auseinanderzusetzen. Sie erschien in der Zeitschrift „Nord und Süd“, Juni 1879, wo auch sein Bildniß mit einer eingehenden Würdigung seiner Thätigkeit vom Unterzeichneten begleitet ist.

  • Autor/in

    M. Carriere.
  • Zitierweise

    Carrière, Moriz, "Huber, Johann Nepomuk" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 235-236 unter Huber, Johannes [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117031429.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA