Lebensdaten
1809 – 1889
Geburtsort
Thalfang bei Trier
Sterbeort
Chicago
Beruf/Funktion
jüdischer Religionsphilosoph ; Rabbiner
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 117747955 | OGND | VIAF: 168924396
Namensvarianten
  • Hirsch, Samuel

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Hirsch, Samuel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117747955.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Louise Mikolis;
    S Emil Gustav (1852–1923), Rabbiner, Prof. f. Rabbinische Lit. u. Philos. in Chicago, Präs. d. Öffentl. Bibl. (s. Enc.Jud.).

  • Biographie

    H. studierte 1827-33 in Bonn, Berlin und Leipzig Philosophie, Orientalistik und Religionswissenschaften und wurde 1838 Rabbiner in Moses Mendelssohns Heimatort Dessau. 1842 legte er nach schweren Zerwürfnissen mit seiner Gemeinde das Dessauer Rabbinat nieder. In diesem Jahre erschien Band I eines auf 9 Bände berechneten Werkes „Das System der religiösen Anschauungen der Juden und sein Verhältnis zum Heidentum, Christentum und zur absoluten Philosophie …“. Dieses stattliche Gesamtwerk sollte laut Vorworterklärung der Aufgabe dienen, „die Eigentümlichkeit, die positive Weltanschauung der jüdischen Religion und die Formen, die sie sich gegeben, zu vergegenwärtigen, nämlich ihre Zeremonien und Gebräuche in ihrer absoluten Notwendigkeit zu begreifen“. Im Druck erschien nur Band I: „Religionsphilosophie der Juden“, der zwar wenig beachtet wurde (vergleiche jedoch die Rezension durch S. L. Steinheim im Orient 1844, Nummer 20-31), der aber für die Bibelforschung hohes Interesse verdient. Er stellt nämlich den einzigen Versuch eines jüdischen Hegelianers dar, statt des „pantheistischen“ Christentums das Judentum als die absolute Religion zu demonstrieren und an die Stelle des Opfertodes Jesu Christi die Opferhandlung Abrahams treten zu lassen. H. vollzog ähnlich wie Feuerbach eine anthropologische Wendung, was aber von E. Fackenheim bestritten wird. Jedoch erklärt H.: „Religiosität drückt nicht ein Verhältnis des Menschen zu|Gott, sondern nur sein, des Menschen Verhalten zu sich selbst aus.“ Gott sei die Wurzel des menschlichen Zu-sich-selbst-Verhaltens. Mit dem Material der Hegelschen Religionsphilosophie, den Methoden der Dialektik und den gleichen spekulativen Voraussetzungen des metaphysizierten Geistes führt H. eine Konstruktion der Religionsgeschichte durch, bei der Heidentum und Judentum die Grundpositionen sind und das Christentum ein Mittel, das Heidentum zum Judentum zu erheben; die absolute Religiosität sei eins mit der messianischen Zeit. H. kommt zu denselben Ergebnissen wie Formstecher von den spekulativen Voraussetzungen der Schellingschen Philosophie her.

    1843 wurde H. auf Grund seines Ansehens als jüdischer Religionsphilosoph vom König der Niederlande als Großrabbiner nach Luxemburg berufen. Auf den Rabbinerversammlungen der Reformbewegung 1844 in Braunschweig und 1845 in Frankfurt am Main stand er im Vordergrund. H. verfocht den Sonntagsgottesdienst. Er wollte die Zeremonien des Judentums zu Symbolen von Ideen erklären, die einem Wandel unterliegen. 1865 folgte er einem Ruf nach Philadelphia als Nachfolger David Einhorns, wo er praktisch-organisatorisch wirkte und den Sonntagsgottesdienst im Sinne der radikalen Reform organisierte. Auf der ersten amerikanischen Rabbinerkonferenz 1869 führte er den Vorsitz; er begründete auch den amerikanischen Zweig der Alliance Israelite Universelle. 77jährig trat er in den Ruhestand und zog zu seinem Sohn nach Chicago. In seiner Spätzeit bekannte er sich zu einer Art pantheistischer Harmoniereligion im Sinne der Freimaurerei, identifizierte das Judentum weitgehend mit einem entdogmatisierten Kulturprotestantismus und endete schließlich bei der Entwicklungslehre Darwins.

  • Werke

    Weitere W Kritik d. Gottesbeweise, 1842;
    Die Messiaslehre d. Juden, 1843;
    Das Judentum, d. christl. Staat u. d. moderne Kritik (Briefe z. Beleuchtung d. Judenfrage an Bruno Bauer), 1843;
    Die Reform im Judentum u. dessen Beruf in d. gegenwärtigen Welt, 1844;
    Die Sabbathfrage vor d. 3. Rabbinerverslg., 1846;
    Die Humanität als Rel., 1854;
    Systemat. Katechismus d. isr. Rel., 1856;
    12 polem. Broschüren, n. 1865 (engl.);
    mehrere Predigtbde. u. zahlr. Artikel in jüd. Zss.

  • Literatur

    K. Kohler, in: Populär-wiss. Mbll., 1889;
    M. Lefkovits, in: Central Conference of American Rabbis, 1915, S. 174-84;
    The Reform Advocate v. 29.5.1915;
    H. J. Schoeps, Gesch. d. jüd. Rel.-philos., 1935, Kap. 5;
    E. L. Fackenheim, S. H. and Hegel, in: Studies in the 19. century Jewish Intellectual Hist., 1964, S. 171-204;
    J. Katz, S. H. Rabbi, Philosopher and Freemason, in: Revue des Etudes Juives, Hist. Jud. 125, 1966;
    G. Greenberg, Dialectic in Abraham, The religious philosophy of S. H. (in Vorbereitung);
    Enc. Jud.

  • Autor/in

    Hans-Joachim Schoeps
  • Zitierweise

    Schoeps, Hans-Joachim, "Hirsch, Samuel" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 219-220 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117747955.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA