Lebensdaten
1636 oder 1633 – 1695
Geburtsort
Straßburg
Beruf/Funktion
Syndikus von Straßburg ; Kanzleivorsteher
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 12241280X | OGND | VIAF: 18104796
Namensvarianten
  • Güntzer, Christoph
  • Güntzer, Christoph
  • Güntzer, Christophorus
  • mehr

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Güntzer, Christoph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd12241280X.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theobald (* 1608), Handelsmann in St., S d. Hans, aus Villé/Unterelsaß, seit 1608 Bürger in St., Gewürzkrämer, u. d. Cleophe Reißhofer;
    M Margaretha (* 1613), T d. Handelsmanns Christoph Merckelbach u. d. Veronica Schilling;
    1) 12.12.1672 Marg. Ursula ( 1680), T d. Apothekers Joh. Carl Saladin, 2) 27.10.1681 Margaretha (luth.), T d. Joh. Wencker, Handelsmann;
    1 S, 1 T (früh †) aus 1), 1 S, 2 T aus 2).

  • Biographie

    Über die Jugendzeit G.s ist wenig bekannt; wahrscheinlich erhielt er eine gründliche humanistische Schulbildung am Gymnasium seiner Vaterstadt, bevor seine Bekanntschaft mit den Edlen von Bernhold und den Zorn von Plobsheim es ihm erlaubte, Universitätsstudien zu betreiben. 1662 wurde er Dr. iur. in Straßburg, und ab 1671 finden wir ihn in städtischen Diensten. In Anbetracht seiner genauen Kenntnis der französischen Sprache und seiner guten Beziehungen zu Frankreich, wurde er 1675 zum Sekretär der Kammer der XIII (Auswärtige Angelegenheiten) ernannt. Er besaß das volle Vertrauen des Rates und wurde öfters mit diplomatischen Missionen am französischen Hofe und bei im Elsaß oder in rechtsrheinischen Landen kriegführenden Generälen betraut, unter anderem Turenne, Condé, Vaubrun und Monclar. Diese vielen Reisen in jener bewegten Zeit ließen bald den Verdacht aufkommen, G. führe „unerlaubte Correspondenz mit Frankreich“. In der Gegend von Kehl wurde deshalb 1675 sogar auf ihn geschossen. Er selbst veranlaßte mehrmals Untersuchungen wegen der Vorwürfe, welche gegen ihn erhoben wurden. Er drohte sogar 1677, „sich nicht mehr zu solchen Diensten gebrauchen zu lassen“, falls er weiterhin solchen Verleumdungen ausgesetzt sein sollte. – Daß jedoch G. Frankreich günstig gesinnt war, erhellt aus der Anerkennung, welche seinen Diensten gleich nach der Übergabe der Stadt zuteil wurde, für die er hierbei mehrmals als Wortführer auftrat. Bereits am 9.11.1681 wurde der königstreue G. zum Syndikus und zum Vorsteher der städtischen Kanzlei ernannt. Somit ging die Führung aller Geschäfte der Stadt in seine Hände über. Er war auch materiell Nutznießer der neuen Lage. Zu seinem bisherigen bekam er jetzt noch ein zusätzliches Gehalt und die Kanzleieinnahmen. 1685 trat G. zum katholischen Glauben über; seine Frau blieb jedoch zum großen Ärger von Louvois der lutherischen Lehre treu.

    Trotz der vielen Vorwürfe, welchen G. während seiner diplomatischen Laufbahn zwangsläufig ausgesetzt war, kann man sagen, daß er im Allgemeinen darauf bedacht war, eine ausgleichende Rolle zwischen den absolutistischen Bestrebungen des Hofes in Versailles und den berechtigten Ansprüchen seiner Mitbürger zu spielen.

  • Literatur

    ADB X;
    M. Coste, Réunion de Strasbourg à la France, documents, pour la plupart inédits, tirés des archives des affaires étrangères… précédés d'une relation historique de ce qui s'est passé à Strasbourg de 1678 à 1682…, Straßburg 1841, S. 134-66;
    Straßburg. Chronik v. 1677-1710, Memorial d. Ammeisters Franciscus Reisseissen… nach d. Original, hrsg. mit Anm. u. Einl. v. R. Reuss, 1877;
    A. Legrelle, Louis XIV et Strasbourg, Essai sur la politique de la France en Alsace d'après des documents officiels et inédits, Paris 1884, S. 536-41;
    R. Reuss, Correspondances parisiennes adressées à Ch. G. (1681-85), in: Revue d'Alsace 39, ebd. 1888, S. 262-308, 429-49, 40, 1889, S. 63-80, 231-56, 331-52, 525-35;
    ders., Correspondance intime d'Ulric Obrecht et de J. B. Klinglin 1688–98, ebd. 49, 1898, S. 433-74, 50, 1899, S. 37-58;
    G. Livet, L'intendance d'Alsace sous Louis XIV (1648–1715), Straßburg 1956, bes. S. 717 f.;
    I. Streitberger, Der kgl. Prätor v. Straßburg 1685-1789, Freie Stadt im absoluten Staat, 1961, bes. S. 31 f., 35 f., 92-94 (Bibliogr. S. 314-18). |

  • Quellen

    Qu.: Stadtarchiv Straßburg.

  • Autor/in

    Joseph Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Joseph, "Güntzer, Christoph" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 280 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12241280X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Güntzer: Christoph G., Kanzler und Syndicus der Stadt Straßburg, geboren den 11. December 1633, gestorben den 11. December 1695. Seine Herkunft ist keineswegs ausgezeichnet; sein Vater war Assessor im Rathe der Handwerkerzünfte, wurde aber aus triftigen Ursachen entlassen. Sein älterer Bruder wurde der Falschmünzerei beschuldigt, flüchtete auf das rechte Rheinufer, wurde ausgeliefert, und ertränkte sich beim Uebersetzen über den Fluß. Christoph G., der jüngere Bruder, hatte in seiner Jugend die Gunst der Edlen von Bernhold und Zorn von Plobsheim genossen, erwies sich jedoch gegen die einen und die andern sehr undankbar, wußte sogar durch Urkundenfälschung, so hieß es, die Zorn’sche Wittwe aus ihrem Eigenthum zu Plobsheim zu vertreiben. Seine genaue Kenntniß der französischen Sprache, seine Stellung als Secretär der Kammer der XIII (das Auswärtige) verschafften ihm die Gelegenheit in den zehn Jahren vor der Uebergabe der Stadt, mit den höheren französischen Beamten und Feldherren, u. a. mit Vaubrun, Turenne, Duc de Luxembourg, Monclar zu verkehren und unterhandeln. So war er bereits a. 1671 in Paris mit Louvois bekannt geworden. Die Beschuldigung, auf dieser Reise von Ludwigs des XIV. Regierung bestochen worden zu sein, lastete von diesem Augenblicke auf ihm. Coste (s. unten) bestimmt sogar dies Quotum der Anweisungen, die er auf die Domänen der Stadt erhielt (35,000 fr.), — dagegen erhebt sich Reuß (s. unten) in seiner gewissenhaften Ausgabe des Memoriales von Baumeister Reißeissen, er verschweigt zwar die Mißachtung nicht, worin G. unter seinen Mitbürgern stand; aber ist überzeugt, daß „die Bestechung in den damaligen Umständen durchaus unnöthig gewesen wäre“. — Daß jedoch G. für Frankreich günstig gestimmt war, erhellt zuvörderst aus der Anerkennung seiner Dienste, die ihm gleich nach der Uebergabe der Stadt, wobei er sich bethätigte, zu Theil ward. Bereits am 9. November 1681 erfolgte seine Einsetzung als königlicher Syndicus und Kanzler, in Gegenwart des Intendanten de la Grange und des Generallieutenants de Chamilly, Gouverneurs der Stadt; darüber besteht ein Verbalproceß. — In seiner Correspondenz mit Louvois dagegen sucht G. eher zu beschwichtigen und seine Mitbürger gegen vorgefaßte Urtheile und strenge Maßregeln des allmächtigen Ministers zu vertheidigen; so z. B. erlangte er die Nichtauslieferung der Privatwaffen der Einwohner. — Zur katholischen Religion trat er sehr bald über; nur konnte er seine Gattin nicht sogleich zu diesem, in Straßburg verpönten Schritte bewegen, und erhielt deshalb von seinen Obern die heftigsten Vorwürfe. Er hielt als Convertit gleichen Schritt mit seinem Freunde Prof. Obrecht (s. d. Art.), dem nachmaligen königlichen Prätor, der sich indeß nur von Bossuet bekehren ließ (!). Mit einem Theil der glaubensfesten Familie Dietrich (s. d. Art.) befand er sich dagegen, selbstverständlich, auf gespanntem Fuße. — Der Vorwurf, eine goldene Kette von der k. Regierung empfangen zu haben, war im Grunde nach allem Vorhergegangenem, eine kindische Anklage; ein derartiges Geschenk war das Aequivalent einer heutigen Ordensverleihung. Zur Verbreitung der Staatsreligion trug er das Seinige bei. So wird er a. 1686 von Louvois sehr belobt nach einer Absetzung lutherischer Civilbeamten in den städtischen Aemtern von Waßlenheim und|Marlenheim. — Sein böser Ruf in der großen Capitulationsfrage wird ihm, auch nach der theilweisen von Reuß unternommenen Rehabilitation, nicht ganz von den Schultern abgenommen; zu seinen Gunsten sprechen nur die zwingenden Umstände in der damaligen politischen Sachlage. — Nach seinem, den 11. December 1695 erfolgten Ableben wurde er, nach den Einen in der Magdalenenkirche, nach Andern in Plobsheim beigesetzt. — Zu bemerken wäre noch, als Curiosum, daß sein letzter Nachkomme a. 1851 als französischer Forstinspector zu Saargemünd starb.

    • Literatur

      Vgl. Réunion de Strasbourg à la France, documents pour la plupart inédits, réunis par M. Coste, Avocat, Strasbourg 1841, in 8°, chez Heitz. Das ganze Werkchen ist zu beachten. — Straßburger Chronik von 1667—1710. Memorial des Baumeisters Franciscus Reißeissen, herausgegeben von Rudolf Reuß, Straßburg 1877, in 8°, passim. — Die Hauptnachweise sind angegeben p. 212, col. I. Die Angaben bei Strobel sind ganz unbedeutend.

  • Autor/in

    L. Spach.
  • Zitierweise

    Spach, Ludwig, "Güntzer, Christoph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 180-181 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12241280X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA