Lebensdaten
1505 – 1577
Geburtsort
Lindau im Bodensee
Sterbeort
Augsburg
Beruf/Funktion
Historiker ; Mediziner ; Staatsmann
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118689673 | OGND | VIAF: 64112750
Namensvarianten
  • Gassarus, Achilles Pirminius
  • Gasser, Achilles Pirmin
  • Gasser, Achilles Pirminius
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Zitierweise

Gasser, Achilles Pirminius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118689673.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ulrich ( 1517), Scherer u. Chirurg, „Leibchirurg“ Maximilians I., S d. Peter ( 1480), Scherer u. Chirurg in L.;
    M Ursula, T d. Caspar v. Randeck;
    1) Katharina Warder aus Feldkirch, 2) 12.5.1546 Anna Maria ( 1551), Wwe d. Hieronymus Tucher (1504–40), T d. Christoph Ehem ( 1537), Kaufherr in A., u. d. Anna Rehlinger, 3) 30.3.1552 Scholastika Bühler; Schwager Christoph v. Ehem ( 1592), Jurist u. kurpfälz. Kanzler (s. NDB IV);
    1 T aus 1) Anna ( Macharius Rumler, Schulmeister b. St. Anna), 1 S aus 2) Luther ( 1554).

  • Biographie

    Den ersten Unterricht erhielt G. von Leonhard Baier und Johannes Sapidus in Schlettstadt. Urban Rhegius unterwies ihn 1522 in Langenargen am Bodensee in Physik und machte ihn mit den Lehren der Reformation bekannt. 1522-25 studierte G. in Wittenberg Philosophie, alte Sprachen und Medizin und hörte als eifriger Anhänger der Reformation Luther und Melanchthon. In Wien setzte er sein Studium fort, wo Simon Lazius sein Lehrer war und dessen Sohn Wolfgang, Arzt und Historiker, sein bester Freund. G. empfing hier die ersten Anregungen zu historischen Studien. Sein Medizinstudium beschloß G. in Montpellier und Avignon, wo er 1528 zum doctor medicinae promovierte. Nach erster beruflicher Tätigkeit in Feldkirch übersiedelte er 1546 nach Augsburg. G.s vielseitige Interessen fanden ihren Niederschlag in etwa 25 Schriften. Sein reger Briefwechsel mit Konrad Gesner, Joachim Camerarius und anderen ist uns teilweise überliefert. Unter seinen medizinischen Schriften ragen eine 52 Seiten umfassende Rezeptsammlung und die mehrfach aufgelegte Abhandlung über die Pest sowie eine Apothekenordnung hervor. Seinen astrologischen Neigungen entsprangen Kometenbüchlein und „Prognostica“ für 1544, 1546 und 1547. Berühmtheit erlangte G. in erster Linie als Historiker. Für Sebastian Münsters Cosmographia beschrieb er die Städte Lindau, Feldkirch, Chur und Augsburg und zeichnete eine Karte des Allgäus. Er verfaßte ein „Elementale cosmographicum“, einen astronomisch-geographischen Abriß über die Erdkugel, bearbeitete das Evangelienbuch Otfrid von Weißenburgs unter Beigabe eines Wörterbuches (Basel 1571) und brachte 1533 sein erstes historisches Werk „Historiarum et chronicorum mundi epitome“ heraus, das auf den Index gesetzt wurde. Angeregt von Münster, verfaßte er die Annalen der Reichsstadt Augsburg von der Eroberung Rätiens bis 1576. Die Drucklegung wurde vom Rat der Stadt Augsburg unter anderem wegen der lebhaften Parteinahme G.s für M. Flacius verboten. Erst 1595 erschien in Basel sein Hauptwerk in deutscher Übersetzung als Teil 2 und 3 der Werlichschen Chronik.

  • Werke

    Weitere W Medizin: Ainfeltiger u. gegrünter bericht wie mennigklich sich in Pestilentzischen übergang mit artzneyen u. andern lybsnot halten, bewaren u. genören soll, Nürnberg 1544;
    Underricht wider d. Pestilentz …, ebd. 1564;
    Historia altera de gestatione foetus mortui in R. Dodonnäus „Seltene Beispiele ärztl. Beobachtungen“, Köln 1581;
    Aphorismorum Hippocratis methodus nova …, St. Gallen 1584;
    Rezepte bei G. H. Welsch, Curationes et Observationes medicinales, Ulm 1668. - Astronomie u. Astrologie: Beschreybung u. abnemen üb, d. Cometen, so im Herbst d. 1532 jar … erschinen ist, Lindau 1532;
    Ain kurtze underricht v. d. Cometen u. harigen Sternen, so den Summer des M. D. XXXIII. Jars … ersehen ist worden, o. O. 1533;
    Von dem Cometen, so im Jenner des M. D. XXXVIII. Jars … gesehen ist worden …, o. O. 1538;
    Prognosticum astrologicum ad A. D. 1544…, Nürnberg 1543;
    Gemeine Anzeigung d. vier Finsternussen. so sich im jar 1544 begeben …, ebd. 1544;
    Prognosticum astrologicum ad A. D. 1546, ebd. 1545;
    Hrsg.: G. Joachimus, De libris revolutionum N. Copernici narratio prima, Basel 1541. - Historie: Catalogus regum omnium…, Augsburg 1554;
    De regibus Hierosolymitanis…, Basel 1555;
    Andertheil d. Weitberümpten Keyserl. Freyen u. d. H. Reichs statt Augspurg in Schwaben Chronica … in offentl. Truck gegeben durch W. Hartmannum, ebd. 1595;
    Ann. de vetustate originis, amoenitate situs, splendore aedificorum…, Leipzig 1728 in „Scriptores rerum germanicarum“, T. I, Kap. 17. - Hrsg.: Practica uff d. Jar 1547, Zürich 1547;
    Maricourtensis Petri Peregrini, de magnete seu rota perpetui motus, Augsburg 1558.

  • Literatur

    L ADB VIII;
    H. Welsch, Curationum exotericarum Chiliades, Ulm 1676;
    J. Brucker, Ehrentempel dt. Gelehrsamkeit, Augsburg 1747;
    ders., Miscellanea, de vita et scriptis A. P. Gassari, ebd. 1748;
    Chroniken d. dt. Städte IV, Augsburg 1, 1865;
    F. Roth, Augsburger Ref.gesch., 1911;
    P. Lehmann, Eine Gesch. d. alten Fuggerbibliotheken, I/II, 1956/60 (in II, S. 544 ff. Kat. v. G.s Bibl.);
    J. Fleischmann, in: Lb. a. d. Bayer. Schwaben VI, 1958, S. 259-91 (L, P).

  • Porträts

    Bronzemedaille v. B. Drentwett, 1575 (Nachbildung Augsburg, Maximilian-Mus.);
    Kupf. v. L. Kilian (ebd., Staats- u. Stadtbibl.), Abb. in: Lb. a. d. Bayer. Schwaben VI, 1958.

  • Autor/in

    Friedrich Blendinger
  • Zitierweise

    Blendinger, Friedrich, "Gasser, Achilles Pirminius" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 79-80 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118689673.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gasser: Achilles Pirmin G. (Gassarus), wurde 1505 am 3. Nov. zu Lindau am Bodensee geboren. Sein Vater Ulrich G. ( 1517), auf der Romfahrt des Jahres 1508 Anführer des aus 24 Mann bestehenden Lindauschen Contingents, hatte sich dem Kaiser Maximilian bemerklich gemacht und in dessen Diensten eine Stelle als Chirurg erlangt. Der Sohn, in Eßlingen und in Seligenstadt erzogen, genoß 1522 den Unterricht seines Landsmannes Urbanus Rhegius zu Langenargen und studirte dann zu Wittenberg, wo er Luther und Melanchthon hörte. Nachdem er Wien, wo Simon Lazius sein Lehrer in Medicin und Mathematik war, Montpellier und Avignon besucht und am letztgenannten Orte 1528 die Doctorwürde erworben hatte, ließ er sich als Stadtarzt in Feldkirch nieder. 1546 verlegte er seinen Wohnsitz von hier nach Augsburg, und diese Stadt ist seine zweite Heimath geworden. Gelegentlich einer im J. 1563 ausbrechenden Pest wurde er als besonderer Arzt für den Rath und dessen Angehörige mit einer monatlichen Besoldung von 100 Gulden angestellt. Schon lange war er eine durch ihre vielseitige Bildung wie durch ihren Eifer|für die Sache der Reformation hochangesehene Persönlichkeit, die mit den hervorragendsten Männern in- und außerhalb Augsburgs, wie Claudius Pius Peutinger, Xystus Betulejus, Hieronymus Wolf, David Hoeschel, mit Konrad Gesner, Cyriacus Spangenberg, Mathias Flacius, Sebastian Münster u. a. in lebhaftem Verkehr stand. Es hat sich ein Brief erhalten, den Kurfürst Johann Friedrich aus seiner Gefangenschaft zu Innsbruck 1552 den 6. Januar an ihn richtete. Die Beziehungen zu Seb. Münster führten G. zu der Thätigkeit, die seinen Namen auf die Nachwelt gebracht hat. Die für Münster's Kosmographie verfaßten historischen Beschreibungen von Lindau, Feldkirch, Chur und Augsburg regten in ihm den Gedanken an, der Geschichtschreiber Augsburgs zu werden. Unterstützt von Clemens Jäger, einem Beamten des Raths, der selbst eine bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts reichende Chronik der Stadt verfaßt hatte, und Johann Baptist Hainzel, Mitglied des geheimen Raths und evangelischen Ober-Kirchenpfleger, vollendete er 1572 die „Annales civitatis ac reipublicae Augsburgensis“, eine Geschichte der Stadt von ihren ersten Anfängen bis zum Jahr 1561, dann auf Hainzel's Rath fortgeführt bis zum J. 1576. Je mehr er sich der Zeit nähert, für welche er sich auf brauchbare Chroniken und Urkunden, eigene Erlebnisse oder Mittheilungen der Zeitgenossen stützen kann, wird er ein ausführlicher und wohlunterrichteter Darsteller, der in lebhafter Sprache und warmer Parteinahme für die Stadt und die evangelische Lehre erzählt. An die Oeffentlichkeit gelangte das dem Rathe überreichte Buch nicht sobald. Ein in Hanau 1593 begonnener Druck wurde auf Ansuchen des Augsburger Raths inhibirt. Doch gelang es zwei Jahre später in Basel die Gasser’schen Annalen in verdeutschter Gestalt als zweiten und dritten Theil der Werlich’schen Chronik von Augsburg zu veröffentlichen. In ihrer originalen lateinischen Form hat sie erst Joh. Burk. Mencke 1728 in seinen „Scriptores rerum Germanicarum tom. I“ publicirt. — Auch um die deutsche Litteratur und Philologie hat sich G. ein Verdienst erworben; und dafür kommt seine Beziehung zu Mathias Flacius in Betracht. Dem großen Werk der Magdeburger Centuriatoren hatte G. bei den Augsburger Patriziern Unterstützung verschafft; und dankbar haben die Verfasser seinen Namen neben dem Hainzel's und einer Reihe von Nürnbergern an die Spitze der octava centuria (1564) gestellt. Die Unterstützung bestand nicht blos in Geld, sondern auch in litterarischen Hülfsmitteln. In dem Catalogus testium veritatis führt Flacius seit der zweiten Ausgabe (1562) auch das Evangelienbuch des Otfried von Weißenburg an, von dem G. im J. 1560 eine Abschrift nach einem dem Ulrich Fugger gehörigen Codex, der jetzigen Heidelberger Handschrift, angefertigt hatte, die sich noch jetzt im Schottenkloster zu Wien vorfindet. Wie Gasser's Correspondenz mit Gesner zeigt, dachte er selbst eine Zeit lang an die Herausgabe des Otfried; sie geschah dann durch Flacius 1571 nach Gasser's Abschrift und mit einer gleichfalls von ihm herrührenden „Erklärung der alten teutschen Worten“. Bis zum J. 1726 war diese erste Ausgabe des Otfried auch die einzige. — Die letzten Lebensjahre Gasser's wurden durch die flacianischen Händel getrübt. In alter Treue hielt er zu Flacius, gewährte dem vertriebenen Cyr. Spangenberg ein Asyl in seinem Hause, gerieth aber durch diese Parteinahme in Conflict mit Augsburg wie mit seiner Vaterstadt Lindau. G. starb zu Augsburg 1577 den 4. December.

    • Literatur

      Jacob Brucker, De vita et scriptis A. P. Gasseri (in dessen Miscellanea [1748] p. 409—443). — Chroniken der deutschen Städte, Bd. IV, Augsburg Bd. 1 (herausg. v. F. Frensdorff), S. XLIV. — R. v. Raumer, Gesch. der german. Philologie, S. 33 ff. —
      Otfried, herausg. v. Kelle S. 124 ff., v. P. Piper S. 270 ff. — Preger, Matthias Flacius Jllyricus II, S. 471 ff.

  • Autor/in

    F. Frensdorff.
  • Zitierweise

    Frensdorff, Ferdinand, "Gasser, Achilles Pirminius" in: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 396-397 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118689673.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA