Lebensdaten
1825 – 1898
Geburtsort
Lausen (Kanton Basel-Land)
Sterbeort
Basel
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Physiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 124495044 | OGND | VIAF: 64941315
Namensvarianten
  • Balmer, Johann Jakob
  • B., J.
  • Balmer, Johann Jacob
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Balmer, Johann Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124495044.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Jakob Balmer, Oberrichter;
    M Elisabeth Rolle;
    1868 Christine Pauline Rinck aus Grenzach (Baden); 6 K.

  • Biographie

    B. studierte in Basel, Karlsruhe und Berlin (wo er auch den Philosophen Schelling und den Pädagogen Diesterweg hörte). Den Doktortitel erwarb er sich 1849 mit einer Dissertation über die Cykloiden. 1865 habilitierte er sich an der Universität Basel für deskriptive Geometrie. Von seinem Amte als Universitäts-Dozent trat er 1890 zurück, während er seine Lehrtätigkeit an der Töchterschule in Basel bis ins hohe Alter fortsetzte.

    B.s Vorlesungen, Veröffentlichungen und Erziehungsarbeit erstreckten sich über außerordentlich vielseitige Gebiete. Seine Interessen galten nicht nur der höheren Mathematik - insbesondere der darstellenden und projektiven Geometrie, Stereoskopbildern von Kristallformen u. a. -, sondern auch der Architektur, vor allem den alten vorderasiatischen und griechischen Bauwerken; weiter schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts den Problemen der Sozialhygiene und des sozialen Wohnungsbaus; und schließlich den gemeinsamen Grundfragen von Naturwissenschaft, Philosophie und Religion.

    B.s Name ist unvergessen in der modernen Atomtheorie. Von J. E. Hagenbach-Bischoff (1863–1906 Professor für Physik an der Universität Basel) empfing er die Anregung, nach gesetzmäßigen Beziehungen zwischen den Linien im Spektrum des Wasserstoffgases zu suchen. Schon J. Fraunhofer hatte 1815 solche Linien bei spektraler Zerlegung des Sonnenlichtes entdeckt. 1866 waren die zugehörigen Licht-Wellenlängen für die ersten vier Linien einer bestimmten Serie des sichtbaren und des nahen ultravioletten Bereiches im Wasserstoff-Spektrum, die heute B.-Serie genannt wird, von dem schwedischen Astronomen A. J. Angström sehr genau gemessen worden. Die Zahlenwerte dieser Wellenlängen sind - in Angström-Einheiten, d. h. dem zehnmillionsten Teil eines Millimeters, ausgedrückt - folgende: 6563; 4861,4; 4340,5; 4101,7. - Um dem dieser Zahlenfolge zugrunde liegenden Gesetz auf die Spur zu kommen, nahm B. eine „Grundzahl“ 3646 an und sprach die erst viel später experimentell bestätigte Vermutung aus, daß sich die Wellenlängen des vom Wasserstoff emittierten bzw. absorbierten Lichtes nach der ultravioletten Seite hin dieser Grundzahl in immer dichterer Folge nähern. Durch Multiplikation seiner Grundzahl 3646 mit den Brüchen: 9/5; 16/12; 25/21; 36/32 konnte er genau die experimentell gemessenen Wellenlängen berechnen. Das einfache Grundgesetz dieser Zusammenhänge erkannte B.s mathematische Intuition darin, daß die Zähler dieser Brüche die Quadrate ganzer Zahlen darstellen, während in den Nennern die gleichen Quadratzahlen, vermindert um 2² = 4, auftreten. Seine ganzen Zahlen sind identisch mit den 1913 von dem dänischen Physiker N. Bohr postulierten, für die diskreten Energie-Zustände aller Atome charakteristischen „Quantenzahlen“. Die von B. ermittelte Grundzahl stellt sich in der Bohrschen Atomtheorie dar als eine Beziehung zwischen den atomaren Grundkonstanten der Elektronen-Masse und -Ladung, des Planckschen Wirkungsquantums und der Lichtgeschwindigkeit: durch einfache dimensionale Umformungen erhält man aus der Grundzahl B.s die Bindungs-Energie des Elektrons in einem Wasserstoffatom. - Er vermutete, daß es im Wasserstoff-Spektrum auch Linien im ultravioletten und ultraroten Bereich geben müsse, die entstehen, wenn die ganzen Zahlen in der B.-Formel alle möglichen Werte annehmen. Diese von ihm vorausgesagten Serien wurden später auch experimentell gefunden (Lyman-, Paschen-, Brackett- und Pfund-Serie). - In einer 12 Jahre später (1897) veröffentlichten Arbeit erweiterte er seinen theoretischen Ansatz für die Funkenspektren auch anderer chemischer Elemente, z. B. des Lithiums, in guter Übereinstimmung mit den experimentellen Messungen, vor allem von Kayser und Runge. - B.s Arbeiten gehören zu den Grundlagen der heutigen Atomphysik; sie haben vor allem zu einer Aufhellung der gesetzmäßigen Verhältnisse von Atombau und Spektrallinien geführt, die mit den Namen von N. Bohr und A. Sommerfeld verbunden sind.

  • Werke

    u. a. Üb. Arbeiterwohnungen in u. um Basel, 1853; Des Propheten Ezechiel Gesicht vom Tempel, architekton. dargest., 1858 (Habil.-Schr. Basel 1865): Die Naturforschung u. d. moderne Weltanschauung, 1868;
    Gesch. d. Baptisten (dt. Übers, v. J. M. Cramp, Baptist History), 1873;
    Die Wohnung d. Arbeiters, 1883;
    Zur Projektion d. Kreises, 1884;
    Notiz üb. d. Spektrallinien d. Wasserstoffs, in: Verhh. d. naturforschenden Ges. Basel 7, 1884, 8, 1885. u. in: Ann. d. Physik u. Chemie 25, 1885;
    Die freie Perspektive. 1887;
    Gedanken üb. Stoff, Geist u. Gott, 1891;
    Eine neue Formel f. Spektralwellen, in: Verhh. d. naturforschenden Ges. Basel 11, 1897, S. 448, u. in: Ann. d. Physik u. Chemie 60. 1897, S. 380;
    s. a. Gesamtkat. d. Preuß. Bibl. X, 1937, Sp. 449.

  • Literatur

    E. Hagenbach-Bischoff, B.s Formel f. H-Linien, in: Verhh. d. naturforschenden Ges. Basel 8, 1886, S. 242;
    ders., Zur Erinnerung an Dr. J. J. B., 1898;
    A. Hagenbach, J. J. B. u. W. Ritz, in: Die Naturwiss. 9, 1921, S. 451 (P);
    ders., J. J. B., in: Schweizer Forscher, Zürich ² 1941 (P);
    E. His, Basler Gelehrte d. 19. Jh.s, Basel 1941, S. 213;
    L. Hartmann, J. J. B., in: Phys. Bll. 5, 1949, S.11.

  • Porträts

    Ölgem. vom S Wilh. B. (Basel, Privatbesitz).

  • Autor/in

    Ludwig Hartmann
  • Zitierweise

    Hartmann, Ludwig, "Balmer, Johann Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 565-566 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124495044.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA