Zwicky, Fritz
- Lebensdaten
- 1898 – 1974
- Geburtsort
- Varna (Bulgarien)
- Sterbeort
- Pasadena (Kalifornien, USA)
- Beruf/Funktion
- Astrophysiker
- Konfession
- -
- Namensvarianten
-
- Zwicky, Fritz
Vernetzte Angebote
Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
Orte
Symbole auf der Karte
Geburtsort
Wirkungsort
Sterbeort
Begräbnisort
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Zwicky, Fritz
| Astrophysiker, * 14.2.1898 Varna (Bulgarien), † 8.2.1974 Pasadena (Kalifornien, USA), ⚰Mollis (Kanton Glarus).
-
Genealogie
V →Fridolin (1868–1944), aus M., Fabr., Baumwollhändler, Untern., Rechnungsrevisor e. Bank, Dipl., norweg. Konsul in V., S d. →Fridolin Zwicki (1841–1909), aus M., u. d. Barbara Leuzinger (1846–1936);
M Franziska (1871–1927), aus Nechanice (Böhmen), T d. Josef Wrcek (Vrcek) u. d. Maria Stefanik;
B Rudolf (1900–52), Schw Leonie (1905–80);
– ⚭ 1) Santa Cruz (Kalifornien) 1932 ⚮ 1941 →Dorothy (1904–91), T d. →Egbert J. Gates (1869–1923), 1912 Abg. d. Senats v. Kalifornien, u. d. Emma Dorothy Vernon Stiles (1876–1941), 2) Mollis (Kt. Glarus) 1947 →Anna Margarit(h)a (Margrit) (1929–2012), aus Bönigen oder Thun (Kt. Bern), T d. →Friedrich (Fritz) Zürcher, aus Bönigen/Brienzersee, Schweizer Oberst, u. d. Emma Brunner;
3 T aus 2) Margrit (* 1948), Mitgl. d. Stiftungsrats d. 1973 gegründeten Fritz Zwicky Stiftung, Franziska (* 1950), Barbarina (* 1952). -
Biographie
Nach dem Besuch der Grundschule in Mollis und der Matura in Zürich studierte Z. seit 1917 Mathematik und Experimentalphysik an der ETH Zürich (Fachlehrerdipl. f. Math. u. Physik 1920), wo er 1922 mit einer Arbeit über „Die Reissfestigkeit von Steinsalz-Einkristallen bei unterschiedlichen Temperaturen“ zum Dr. sc. nat. bei dem späteren Chemie-Nobelpreisträger →Peter Debye (1884–1966) und →Paul Scherrer (1890–1969) promoviert wurde. Anschließend war er Assistent an der ETH. 1925–27 als Rockefeller Stipendiat und Assistent bei dem Physik-Nobelpreisträger →Robert A. Millikan (1868–1953) am California Institute of Technology in Pasadena (Caltech), wurde er hier 1929 Assistenzprofessor für Theoretische Physik und 1942 o. Professor für Astrophysik (em. 1968).
Z. arbeitete weiter an Kristallen und wurde zudem von Millikan in Forschungen zum Ursprung der neuentdeckten kosmischen Strahlung eingebunden. Aus der Streuung der Geschwindigkeiten im Galaxienhaufen im Sternbild Coma und dem Virialsatz schloß Z. 1933, daß „die mittlere Dichte im Coma-System mindestens 400mal größer sein [muß] als die auf Grund von Beobachtungen an leuchtender Materie abgeleitete. [So] würde sich also das überraschende Resultat ergeben, daß dunkle Materie in sehr viel größerer Dichte vorhanden ist als leuchtende Materie“ (Zwicky, 1933, S. 125).
Z. gilt damit als Entdecker der heute noch rätselhaften Dunklen Materie, ein Begriff, den er spätestens seit 1937 auch für den engl. Sprachraum prägte. Aus der Kooperation mit dem Astronomen Walter Baade (1893–1960) gingen 1934 drei bahnbrechende Publikationen hervor, die den Ursprung der kosmischen Strahlung in den explosiven Endphasen massereicher Sterne, den Supernovae, sahen und zutreffend die Existenz von durch Gravitationskollaps entstehenden Neutronensternen voraussagten, die 1967 durch den radioastronomischen Nachweis von Pulsaren indirekt bestätigt wurde; Z. und Baade führten 1931 bei einem Vortrag am Caltech erstmals den Begriff Supernova ein. 1935 überzeugte Z. den Astrophysiker und Organisator →George E. Hale (1868–1938) Mittel für den Bau eines 18-inch Weitfeldteleskops nach dem neuen Konstruktionsprinzip des in Hamburg tätigen Optikers →Bernhard Schmidt (1879–1935) freizugeben, um nach neuen Supernovae in fremden Galaxien zu suchen. Mit dem 1936 fertiggestellten Teleskop etablierte Z. die breite Anwendung dieses Teleskoptyps in der Astronomie und begann seine lebenslange, erfolgreiche Suche nach Novae. 1937 publizierte er über die mögliche Wirkung von Galaxienhaufen als Gravitationslinsen, ein aus der Allgemeinen Relativitätstheorie folgender Effekt, der erst fünfzig Jahre später mit dem Hubble Space-Teleskop nachgewiesen wurde.
Mit Beginn des 2. Weltkriegs engagierte sich Z. in der Militärtechnik. Er war 1942–55 Berater der Aerojet Corporation und arbeitete an Strahlantrieben für Flugzeuge, Torpedos und Raketen. Von Mai bis Juli 1945 war er Mitglied der US-amerik. „Operation Paperclip“, die dt. Technologien und Wissenschaftler für die USA sicherstellte; dabei gehörte Z. zu den ersten, die →Wernher v. Braun (1910–74) und andere am dt. Raketenprojekt Beteiligte in Garmisch verhörten, und verfaßte den geheimen Bericht „Certain Phases of War Research in Germany“.
Anfang 1946 untersuchte Z. als Teilnehmer eines US-amerik. Studienteams die Abwurfstellen der ersten Atombomben in Japan. Im Nov. 1946 versuchte er erfolglos, daß eine der erbeuteten V2 Raketen in White Sands bei einem Testflug den Weltraum erreicht; wenige Tage nach dem Erfolg des ersten sowjet. Sputnik-Satelliten wurde unter Z.s Leitung mit einer Aerobee-Rakete der Aerojet Corporation und einer Splitterladung vergeblich versucht, einzelne Metallkügelchen in den Weltraum zu bringen. Z.s Weigerung, die US-amerik. Staatsbürgerschaft anzunehmen, sorgte für ein Ende seiner Aktivitäten in der Militärtechnik in der McCarthy-Ära.
Mit den Neutronensternen, den Supernovae, der Dunklen Materie und den Galaxienhaufen als Gravitationslinsen gehen vier zentrale Begriffe der modernen Physik auf Z. zurück.
Seine Verdienste um die Einführung des Schmidt-Teleskops und seine langjährige Katalogisierung extragalaktischer Objekte sind weitere bleibende Verdienste. →Harry S. Truman verlieh Z. als erstem Ausländer 1949 die Presidential Medal of Freedom. Nach einer Begegnung mit Z. diente dieser dem Schriftsteller →Friedrich Dürrenmatt (1921–1990) als Vorlage für die Figur des Professors Möbius in seiner Komödie „Die Physiker“ (1961).
-
Auszeichnungen
A Mitgl. d. American Physical Soc. (1926);
Gold Medal d. Royal Astronomical Soc. (1972);
Benennung d. Asteroiden 1803 (1967), e. Mondkraters u. drei zugeordneter Satellitenkrater (1979) u. d. Zwerggalaxie „I Zwicky 18“ (2004). -
Werke
Weitere W über 300 Publl.;
Die Rotverschiebung v. extragalakt. Nebeln, in: Helvetica Physica Acta 6, 1933, S. 110–27;
Cosmic Rays from Supernovae, Proceedings of the Nat. Ac. of Sciences of USA 20, 1934, S. 259–63 (mit W. Baade);
Nebulae as Gravitational Lenses, in: Physical Review 51, 1937, H. 4, S. 290;
On the Masses of Nebulae and Clusters of Nebulae, Astrophysical Journ. 86, 1937, S. 218–46;
Cat. of Galaxies and of Clusters of Galaxies, 6 Bde., 1961–68 (auch als „Blue Book“ oder „Z.-Kat.“ bekannt);
– Nachlaß: Landesbibl. Glarus (verwaltet durch d. F. Z. Stiftung). -
Literatur
L H. Arp, in: Physics Today 27, 1974, H. 6, S. 70 (P);
A. Stöckli u. R. Müller, F. Z., Astrophysiker, Genie mit Ecken u. Kanten, 2008 (P), engl. 2012 (P);
Ch. Speicher, Der Mann mit d. (zu) gr. Ideen, in: NZZ v. 15.2.2018 (P);
J. Johnson Jr., Z., The Outcast Genius who Unmasked the Universe, 2019 (P);
HLS;
Munzinger;
Pogg. VI–VII a;
Lex. Naturwiss.;
Complete DSB. -
Autor/in
Michael P. Seiler -
Zitierweise
Seiler, Michael P., "Zwicky, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 801-802 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz143078.html#ndbcontent