Wronker, Hermann
- Lebensdaten
- 1867 – 1942
- Geburtsort
- Kähme bei Birnbaum (Provinz Posen)
- Beruf/Funktion
- Unternehmer ; Warenhausbesitzer
- Konfession
- jüdisch
- Namensvarianten
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- Wronker, Hermann
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Wronker, Hermann
| Unternehmer, Warenhausbesitzer, * 5.8.1867 Kähme bei Birnbaum (Provinz Posen), † nach 23.9.1942 Auschwitz. (jüdisch)
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Genealogie
V →Lewin (1825–97), aus Wronka (Masowien), Kaufm., zuletzt in Frankfurt/M., S d. Simon u. d. Freide;
M Emilie (Eidel) Sandel (1829–1905), aus Zirke/Warthe (Sieraków);
B →Simon (1860–1921, ⚭ →Eva Friedeberg, 1864–1938, Schw d. Ida Friedeberg, s. u.), Untern., Warenhausbes., gründete mit W. d. Fa. S. Wronker &
Co. in Mannheim, Emil (* 1864, ⚭ Johanna Schweriner), Moritz (* 1870), Schw Rosalie (* 1854, ⚭ Simon Bormass,* 1854);
– ⚭ 1891 →Ida (1871–1942), aus B., T d. →Benjamin Friedeberg (1830–1916), aus B., Kaufm., zuletzt in Mannheim, u. d. →Johanna Tietz (1835–1879);
2 S →Max (1892–1966, ⚭ →Irma Lichter, 1898–1983), 1931–33 Gen.dir. d. väterl. Warenhauskette, emigrierte 1933 über Frankr. u. Ägypten in d. USA, →Erich (1894–1918), 1 T →Alice (1898–1985, ⚭ →Hermann Engel, 1886–1971, aus Hamburg, Dr. med., Orthopäde, Mitbes. e. Orthopäd. Privatklinik in Berlin, emigrierte über Ägypten in d. USA), emigrierte 1933, zuletzt in New York (s. Qu, L);
E →Ruth, Marion, Gerda, Erich (1921–1996, ⚭ →Lili Cassel, 1924–2019, aus Berlin, Zeichnerin, Kinderbuchillustratorin, s. Qu, L);
Gvm d. Ehefrau Salomon Hirsch Tietz (1796–1852), Fuhrmann in B. (s. NDB 26*);
Ov d. Ehefrau →Leonhard Tietz (1849–1914), Kaufm., Warenhausbes., →Oscar Tietz (1858–1923), Kaufm., Warenhausbes. (beide s. NDB 26). -
Biographie
W. absolvierte seit 1881 eine Ausbildung im Manufakturwarengeschäft „H. & C. Tietz“ in Prenzlau und übernahm anschließend den Aufbau der Tietz-Filialen in Bamberg und Coburg. Mit seinem älteren Bruder →Simon gründete er 1887 in Mannheim sein erstes „Garn-, Knopf-, Posamentier-, Weiß- und Wollwarengeschäft“, 1890 folgte eine Zweigniederlassung in Pforzheim. 1891 zog W. nach Frankfurt/M., wo er auf der Zeil das Textilund Bekleidungsgeschäft „S. Wronker & Co.“ gründete. Bis 1908 eröffnete er mehrere Filialen, u. a. in Freiburg (Br.), Bockenheim, Mannheim, Offenbach, Hanau, Darmstadt, Worms, Hannover und Pforzheim. 1896 bezog er in Frankfurt/M. einen Neubau in der Hasengasse, der 1897 durch einen Brand zerstört, im selben Jahr aber neueröffnet wurde. 1907/08 errichtete W. auf der Zeil 99–101 sein Geschäftsgebäude, zu diesem Zeitpunkt das größte Warenhaus in Frankfurt/M. Bis 1910 wurde es nach dem Vorbild des Berliner Kaufhauses „Wertheim“ von →Otto Engler (1861–1940) erneuert und vergrößert. Das branchenübergreifende Sortiment wurde ergänzt durch einen Kunstsalon mit Ausstellungen, eine Abteilung für Kunstgewerbe und Graphik sowie einen Musikalien- und einen Buchhandel. Nach dem Tod seines Bruders Simon 1921 gründete W. in Mannheim die „Hermann Wronker AG“. Das Unternehmen, das W. bis 1933 zeitweise mit seinem Sohn →Max führte, beschäftigte in seiner Blütezeit bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 ca. 3000 Mitarbeiter. 1906 gehörte W. zu den Gründern und Gesellschaftern der „Allgemeinen Kinematographen-Theater-Gesellschaft, Union-Theater für lebende und Tonbilder GmbH“ (AKTG), mit der überregional die Kinokette „Union Theater“ (U. T.) aufgebaut wurde. 1910 war er Mitbegründer der „Projektions-Aktiengesellschaft ‚Union‘“ (PAGU) mit Sitz in Frankfurt/M., die als erste in den Bereichen Kino, Verleih, Film- und Apparateproduktion gleichzeitig aktiv war. Die PAGU wurde 1917 Teil der „Union-Filmtheater AG“ (UFA).
W. engagierte sich in zahlreichen Vereinen.
Er unterstützte die Sanierung der Frankfurter Altstadt, saß 1911 im Vorstand der „Internationalen Luftfahrt-Ausstellung“ und stiftete 1912 eine Lotterie zur Wiedererrichtung des Eisernen Stegs. Während des 1. Weltkriegs und in der Nachkriegszeit ließ er täglich bedürftige Kinder im Erfrischungsraum seines Warenhauses versorgen. Seine Ehefrau und seine Tochter arbeiteten für das Rote Kreuz und andere wohltätige Organisationen, die W. finanziell förderte.
Spätestens ab 1929 machten W.s Warenhäuser Verluste aufgrund der Weltwirtschaftskrise, aber auch erster judenfeindlich motivierter Boykottaktionen der NSDAP. Seit 1931 führte W.s Sohn Max das Unternehmen als Generaldirektor, W. wechselte in den Aufsichtsrat. Nach der „Machtübernahme“ und dem antisemitischen April-Boykott 1933 mußten W. und sein Sohn ihre Funktionen im Unternehmen aufgeben, 1934 folgte in Frankfurt/M. die Übernahme durch die ebenfalls „arisierte“ „Hansa AG“. 1937 zog das Ehepaar W. nach Berlin, kehrte Anfang 1939 nach Frankfurt/M. zurück und wurde kurzzeitig verhaftet. Die Liegenschaft Hohenzollernplatz 76–78 (heute: Senckenberganlage 10–12) sowie das Landhaus der Familie in|Königstein, Rombergweg 3–4, waren 1937 bzw. 1938 zwangsweise entzogen worden. 1939 ging W. mit seiner Frau nach Paris, um von dort zu seinen nach Ägypten emigrierten Kindern zu reisen, konnte jedoch 1940 die von der dt. Wehrmacht besetzte Zone Frankreichs nicht mehr verlassen. 1942 wurden W. und seine Frau in das Lager Poitiers, dann nach Drancy und am 23.9.1942 nach Auschwitz verschleppt, wo sie sofort ermordet wurden. Das große Kaufhaus auf der Zeil wurde 1943/44 bei Luftangriffen weitgehend zerstört, ebenso die Warenhäuser in Mannheim und Hanau. Für die entzogenen Immobilien wurden nach 1945 zwar Vergleiche mit den Erben geschlossen, aber sie erhielten nur zum Teil Restitutionen.
W. zählte, wie auch die Familien →Tietz und →Schocken, zu den Warenhaus-Pionieren aus der Provinz Posen; wie diese zeichnete er sich aus durch großzügiges mäzenatisches und soziales Engagement.
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Auszeichnungen
|Stolpersteine, Zeil 85–93, Frankfurt/M. (2017);
Gedenksteine f. W., seine Frau Ida u. seinen Sohn Erich (Frankfurt/M., jüd. Friedhof Rat-Beil-Str.). -
Werke
|Für die Opfer d. drei Lemberger Blutnächte, Aus d. Leidensgesch. d. Lemberger Juden, 1919 (mit W. Taubert).
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Quellen
Qu Teilnachlässe: Univ.bibl. Frankfurt/M. u. Alice Engel-W.; LBI New York/Berlin, Lili W. Family Collection 1842–2002; Hess. HStA Wiesbaden, Abt. 518 u. 519; Inst. f. Stadtgesch. Frankfurt/M., S2/604; Jüd. Mus. Frankfurt/M.
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Literatur
|Der Aufstieg e. Kaufm., Zu H. W.s 60. Geb.tag, in: Frankfurter Ztg. v. 4.8.1927;
H. W. 60 J. alt, in: Frankfurter Nachrr. v. 4.8.1927;
H. W. z. 70. Geb.tag, in: Jüd. Gde.bl. f. d. Isr. Gde. in Frankfurt/M., Nr. 11, 1937, S. 15;
H. Sturm-Godramstein, Juden in Königstein, 1983, S. 31 f., 47, 74, 79 u. 128;
J. Schwarz, Architektur u. Kommerz, Stud. z. dt. Kauf- u. Warenhausarchitektur vor d. Ersten Weltkrieg am Bsp. d. Frankfurter Zeil, 1995, S. 260–82;
H.-O. Schembs, Vom Aufstieg u. Untergang e. Warenhauses, Aus d. Gesch. des W. auf d. Zeil, in: Seniorenzs. 1997, H. 3, S. 29;
M. Münzel, Die jüd. Mitgll. d. dt. Wirtsch.elite 1927–1955, 2006, S. 284;
H. Riebsamen, Lili W. hegt weder Hass noch Groll, in: FAZ v. 8.11.2007;
D. Mönch, Die Untern.fam. W. u. ihr gr. Kaufhaus auf d. Zeil, 2018 (P);
Wenzel;
E. G. Lowenthal, Juden in Preußen, 1981, S. 247;
BHdE I. Internet : H. Drummer u. J. Zwilling, H. W., in: Stadt Frankfurt/M. u. Inst. f. Stadtgesch. Frankfurt/M. (Hg.), Frankfurt/M. 1933–1945;
H. Drummer u. A. M. Arns., in: Initiative Stolpersteine Frankfurt/M. e. V., Dok. 2017, S. 43–47;
H. Drummer, H. W. u. I. W., in: Frankfurter Personenlex. d. Frankfurter Bürgerstiftung. -
Porträts
|Bronzebüste v. B. Elkan, 1927 (Fam.bes. USA), Abb. in: Inst. f. Stadtgesch., Frankfurt/M.
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Autor/in
Heike Drummer -
Zitierweise
Drummer, Heike, "Wronker, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 517-518 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142975.html#ndbcontent