Witzleben, Margarethe von
- Lebensdaten
- 1853 – 1917
- Geburtsort
- Dresden
- Sterbeort
- Halle/Saale
- Beruf/Funktion
- Begründerin der Schwerhörigen-Bewegung in Deutschland ; Sozialarbeiterin ; Publizistin
- Konfession
- lutherisch
- Namensvarianten
-
- Lindner, Renate( Pseudonym)
- Witzleben, Margarethe von
- Lindner, Renate( Pseudonym)
- lindner, renate
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Personen in der NDB Genealogie
- Adalherus de Wiceleibe
- Berlepsch, Richard Freiherr von
- Christian von Witzleben
- Grawert, Hans von
- Nostitz, Therese von/verheiratete
- Nostitz-Jänkendorf, Eduard Gottlob von
- Schulenburg, Frida von der/verheiratete
- Schulenburg, Hasso Graf von der
- Wiceleibe, Berbato de
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- Witzleben, Anna von/verheiratete
- Witzleben, Antoinette von/verheiratete
- Witzleben, August von
- Witzleben, August von
- Witzleben, Auguste von/verheiratete
- Witzleben, Charlotte von/verheiratete
- Witzleben, Erwin von
- Witzleben, Ferdinand von
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- Witzleben, Hermann von
- Witzleben, Hermann von
- Witzleben, von
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Witzleben, Margarethe von (Pseudonym Renate Lindner)
| Begründerin der Schwerhörigen-Bewegung in Deutschland, Sozialarbeiterin, Publizistin, * 22.2.1853 Dresden, † 1.2.1917 Halle/Saale, ⚰ Berlin-Wilmersdorf, seit 1995 Ehrengrab. (lutherisch)
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Genealogie
Aus mit →Adalherus u. →Berbato de Wiceleibe 1133 erstmals urkundl. erw. →thür. Adelsfam., deren Stammreihe mit →Hermann v. W. 1251 beginnt;
V →Hermann (1816–90), preuß. Kammerherr, Premierlt., Rechtsrr. d. Johanniterordens, Bes. d. Rr. guts Kitzscher, S d. →August (Ps. A. v. Tromlitz) (1773–1839, ⚭ 1] →Antoinette Freiin v. Heine, 1780–1809, 2] →Angelie v. Diest, 1791–1814, 4] →Auguste Albanus, 1805–42), Schriftst. (s. ADB 43;
Killy;
Kosch, Lit.-Lex.³), u. d. →Charlotte verw. v. Billerbeck, geb. v. Möllendorf(f) (1782–1844);
M →Anna (1825–99), T d. →Eduard Gottlob v. Nostitz u. Jänckendorf (1791–1858), Jur., Domherr u. Senior d. Hochstifts Meißen, Dompropst d. Domstifts St. Petri zu Bautzen, preuß. Offz., sächs. Innenmin., Richter am Staatsger.hof, 1833/34 u. 1854–58 Mitgl. d. I. Kammer d. Sächs. LT, Bes. d. Rr.guts Oppach (Oberlausitz), u. d. →Therese Freiin v. Gutschmid († 1860);
Ov →Ferdinand (1800–59), preuß. Gen., →Gerhard August (1808–1880), Gen.lt., Mil.schriftst. (beide s. ADB 43);
1 B (früh †), 5 Schw u. a. Isidore (1855–1927, ⚭ →Richard Frhr. v. Berlepsch, 1833–88, sächs. Oberlt.), →Frida (1856–1931, ⚭ →Hasso Gf. v. d. Schulenburg, 1846–1904, preuß. Oberst), Elisabeth (* 1866, ⚭ →Hans v. Grawert, 1851–1901, preuß. Gen.major);
– ledig;
Verwandte →Christian (1358–94), 1381–94 Bf. v. Naumburg-Zeitz (s. H. Wießner, Das Bm. Naumburg, Bd. 1,2, 1998, S. 867–73), →Heinrich (1509–61), Bes. v. Burg u. Amt Wendelstein (Thür.), Erbadministrator d. v. ihm 1554 gegründeten Klosterschule Roßleben, →Erwin (s. 2). -
Biographie
W. verlebte eine sorglose Kindheit auf dem elterlichen Gut in Kitzscher bei Borna, bis sich im 13. Lebensjahr eine zunehmende Schwerhörigkeit bemerkbar machte. Als ärztliches Bemühen um Heilung versagte, bat die →Mutter den ev. Pfarrer →Johann Christian Blumhardt (1805–1880) 1871 um eine Gebetsheilung.
Die Begegnung mit Blumhardt und sein Rat an W., für ihre Leidensgenossen tätig zu werden, wurde wegweisend für ihr Leben.
Nach dem Umzug der Familie nach Dresden 1872 war W. als Helferin beim Kindergottesdienst tätig und übernahm zahlreiche soziale, ehrenamtliche Aufgaben. In Wiesbaden, wo sie seit 1879 lebte, schrieb sie das Manuskript ihres Werks „Hephata! Ein Wort an Schwerhörige und Taube von einer Leidensgenossin“ (anon. hg. v. Ev. Trostbund, um 1899). 1885 durch Erbschaft finanziell unabhängig geworden, wirkte sie zunehmend ehrenamtlich in der sozialen Arbeit für die erwerbstätige weibliche Jugend, 1887 im Vereinshaus des Frauenvereins in Bad Frankenhausen und später im 1894 gegründeten Marienheim des „Vereins Wohlfahrt der weiblichen Jugend“ in Berlin, das ihre Freundin →Elisabeth v. Bistram († 1917) leitete. W. baute eine Haushaltungsschule auf und veröffentlichte einschlägige Fachliteratur, u. a. einen „Leitfaden der Haushaltungslehre“ (1898). Infolge fortschreitender Schwerhörigkeit mußte sie 1901 die Lehrtätigkeit aufgeben.
Seit 1900 dauerhaft in Berlin lebend, initiierte W. zu Pfingsten 1901 einen speziellen Gottesdienst für eine Gruppe Schwerhöriger in ihrer Wohnung, aus der die Hephata-Gemeinde und 1909 der konfessionell gebundene Hephata-Verein hervorgingen. Deren Vereinsorgan „HEPHATA“ betreute W. seit der Gründung 1905 redaktionell. Von Berlin ausgehend,|dehnte sich der Wirkungskreis des Hephata-Vereins über ganz Deutschland bis in die Schweiz (Ver.gründung 1912) aus. W. verfaßte zahlreiche Gesuche und Anträge an die Obrigkeit und unterhielt eine umfangreiche Korrespondenz, u. a. mit →Friedrich v. Bodelschwingh (1831–1910), in der sie sich v. a. gegen krankheitsbedingte Arbeitslosigkeit und für weitere Belange Schwerhöriger und Ertaubter einsetzte.
W. dokumentierte in Jahresberichten und Zeitschriftenartikeln die Aktivitäten und Entwicklung des Hephata-Vereins, z. B. beim Aufbau von Beratungs- und Hilfsstationen für Schwerhörige, und organisierte weiterhin Treffen, Basare und gesellige Veranstaltungen in ihrer Wohnung. Ihre Schwester →Frida stellte dem Verein 1913 ihre Villa in Wernigerode zur Verfügung, um dort Erholungsmaßnahmen für minderbemittelte Schwerhörige durchzuführen. In ihrem publizistischen Wirken engagierte sich W. für Bildung und Weiterbildung Schwerhöriger sowie für die behindertengerechte Beschulung schwerhöriger Kinder und trat erfolgreich für weiterführende Schulen für Schwerhörige ein: 1902 wurde eine Klasse, 1907 die erste staatliche Schule für Schwerhörige in Berlin gegründet.
W. gilt als Begründerin der weltweiten Schwerhörigenbewegung. Ihre Ziele, wie Beratung zu Selbsthilfe, Hörtaktik und Hörhilfsmitteln sowie Absehkurse, gezielte Öffentlichkeitsarbeit und die Verbindung von Geselligkeit und Bildung, sind heute noch modifizierte Grundlagen der Arbeit in den Schwerhörigenvereinen. Der 1914 reichsweit eingerichtete „Bund der Hephata-Schwerhörigen-Vereine und Gemeinden e. V.“ und der „Schutzverband der Schwerhörigen“, mit vorwiegend nicht konfessionell gebundenen Mitgliedern, wurden 1933 zwangsweise aufgelöst, der NS-Volkswohlfahrt unterstellt und in den „Reichsbund der Deutschen Schwerhörigen“ eingegliedert. Nach 1945 fanden sich die Schwerhörigen wieder zusammen, 1950 zum „Deutschen Schwerhörigenbund“ Ortsgruppe Berlin. Seit 1951 gibt es wieder den „Schwerhörigen Verein Berlin e. V.“, der Mitglied im „Deutschen Schwerhörigen-Bund e. V“. ist.
W.s Erbe (treuhänderisch verw.), das sie dem Schwerhörigen-Verein Berlin vermachte, bildete ihrem Wunsch gemäß die Grundlage für den Erwerb einer Heimstätte für Schwerhörige und Ertaubte 1932. Das Witzlebenhaus (seit 1937 so benannt) ist heute Sitz des Schwerhörigen-Vereins Berlin e. V. mit Sozialwerk, Hörbehinderten-Beratungs- und Informationszentrum sowie der Geschäftsstelle des Dt. Schwerhörigenbundes e. V. und seit 2000 der Margarethe-von-Witzleben-Gemeinschaftsstiftung, die die Margarethe-von-Witzleben-Medaille für besondere Verdienste um die Schwerhörigenbewegung verleiht.
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Auszeichnungen
A Ehrentafeln, Wohnhaus, Tieckstr. 17, u. W.haus, Sophie-Charlotten-Str 23 a, Berlin;
M.-v.-W. Schule, Berlin-Friedrichshain (1997). -
Werke
W Berliner Mädchen, Erz. aus d. Leben d. Großstadt, 1896, Neuaufl. 1900 (Ps.);
Dienstmädchen oder Fabrikarbeiterin?, Ein Wort an d. Mütter u. an alle, welche f. d. Töchter unseres Volkes e. Herz haben, 1900 (anonym);
Wie kann d. hauswirtschaftl. Unterweisung junger Mädchen auch im Jungfrauen-Ver. gepflegt werden?, in: Fürsorge f. d. weibl. Jugend 11, 1902, S. 42–51;
Helfet d. verarmten Schwerhörigen, in: Helfet einander 11 u. 12, 1902, S. 76–84 u. 96–105, als Monogr. 1903;
Wie werde ich e. gute Hausfrau?, Besprechungen mit Jungfrauen über häusl. Dinge u. prakt. Lebensfragen, 1907;
– Qu Archiv d. Schwerhörigen-Ver. Berlin. -
Literatur
L Hephata, März 1917 (Gedenknr.);
Th. Zöckler, M. v. W., d. Mutter der Schwerhörigen, in: Licht u. Leben v. 31.3.1918, S. 150–52;
K. Kowalk, in: ders., Hl. Frühling, 1919, S. 108 f.;
P. Dringenberg (= R. Trinkner), Meine erste Begegnung mit M. v. W., in: Hephata 18, 1921, S. 85–87;
Festzs. z. 25. Stiftungsfest d. Berliner Hephata-Ver., hg. v. R. Trinkner, 1926, bearb. Neuaufl. u. d. T.: R. Trinkner, M. v. W., 1937 (P), erw. Nachdr. d. Schwerhörigenver. Berlin e. V. 1991;
E. A. [= E. Asmussen], Aus d. Kindertagen Hephatas, in: Hephata 23, 1926, S. 110–12;
O. Dibelius, Gedanken aus d. Festpredigt am 23. Mai 1926, Markus 7,34, ebd., S. 151–55;
G. Berg, Fünfundzwanzig J. Schwerhörigenbewegung, ebd., S. 104–10;
I. v. Berlepsch, Aus frohen Jugendtagen, ebd. 30, 1933, S. 25–28;
R. Trinkner, M. v. W. u. Pfarrer Blumhardt, in: Süddt. Zs. f. Schwerhörige 12, 1931, S. 101–03;
ders., Zum 20. Todestag M. v. W.s, in: Der Kämpfer 4, 1937, S. 49–51;
ders., Fünfzig J. Hephata, in: Schwerhörige u. Spätertaubte 3, 1951, S. 109–12;
ders., Zum 100. Geb.tag M. v. W.s, ebd. 5, 1953, S. 25–27;
ders., M. v. W., d. Mutter d. Schwerhörigen, ebd. 19, 1967, S. 21–24;
A. Asmussen, M. v. W.s Persönlichkeit als Grundlage d. Hephata-Werkes, ebd. 5, 1953, S. 27 f.;
D. Gewalt, Gymnasien f. Schwerhörige, Eine alte Forderung d. dt. Schwerhörigenbewegung, ebd. 23, 1971, S. 61 f.;
ders., in: BBKL 13 (W, L);
B. Wentzlau u. a., Gesch. d. Berliner Ortsgruppe, in: Der Kämpfer 1, 1934, S. 41–46;
E. Pagel, 40 J. Schwerhörigenbewegung, in: Monatszs. f. Schwerhörige u. Ertaubte 8, 1941, S. 89–91;
R. Kleitke, in: Schwerhörigenver. Berlin e. V. 1901–1976, FS z. 75j. Bestehen zus.gest. v. F. B. Kneisel, 1976, S. 5–7;
ders., Zum 125. Geb.tag M. v. W.s, in: Schwerhörige u. Spätertaubte 30, 1978, S. 28–30 (P);
ders., 90 J. Schwerhörigenver. Berlin e. V., ebd., 1991, H. 3, S. 12–16;
ders., Überlegungen z. Zukunft d. Schwerhörigenvereine, Kongressber. 3. Internat. Kongress d. Schwerhörigen Montreux/Schweiz, 1988, S. 334–38;
ders., 100 J. Schwerhörigenbewegung, in: 1901–2001 FS 100 J. Schwerhörigenbewegung, 100 J. Schwerhörigen-Ver. Berlin e. V., 2001, S. 11 f. (P);
ders., Gedenkfeier z. 100. Todestag M. v.|W, in: Schwerhörigenver. Berlin Nachrr., März 2017, S. 5 f.;
ders., Unser W.haus, Chron. in Fortss., ebd. 2019, H. 2–4, u. Berlin erhören, 2020, H. 1–3, passim;
Ch. Tauschke (Red.), Dok. z. Gesch. d. Ver. „Hephata“/Schwerhörigenver. Berlin, in: 90 J. Schwerhörigenver. Berlin (1901–1991), Festzs. z. Ver.jubiläum, 1991 (P);
Jub.schr. 75 J. Schwerhörigenarb., 1995, S. 11–14;
W. H. Claußen u. U. Dörfer, Auch einsame Seelen können sehr glücklich werden, Aus d. Leben d. schwerhörigen M. v. W., 2001, Nachdr. 2017 (P);
U. Dörfer, Wer war M. v. W., in: M.-v.-W.-Schule 1907–2007, FS, hg. v. ders. u. d. Förderver. d. M.-v.-W.-Schule, 2007, S. 8–13;
M. Lewitzka, U. Dörfer u. H. Eisel, M.-v.-W.-Schule, Eine Chron. 1907–2007, o. J., S. 3–28 (P);
–zur Fam.: Gotha. Geneal. Tb. d. Adeligen Häuser (Uradel) VI, 1903, S. 932–34. -
Autor/in
Uta Dörfer -
Zitierweise
Dörfer, Uta, "Witzleben, Margarethe von (Pseudonym Renate Lindner)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 360-362 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142926.html#ndbcontent