Winter, Kurt

Dates of Life
1910 – 1987
Place of birth
Glehn (heute Stadtteil von Korschenbroich, Kreis Neuss)
Place of death
Berlin(-Ost)
Occupation
Arzt ; Sozialhygieniker ; Gesundheitspolitiker
Religious Denomination
konfessionslos
Authority Data
GND: 1028521650 | OGND | VIAF: 52155380
Alternate Names

  • Winter, Josef Kurt
  • Winter, Kurt
  • Winter, Josef Kurt
  • Winter, K.
  • Winter, Curt
  • winther, kurt
  • Winter, Josef Curt
  • winther, josef kurt
  • Winther, K.

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Citation

Winter, Kurt, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1028521650.html [17.12.2025].

CC0

  • Winter, Josef Kurt

    | Arzt, Sozialhygieniker, Gesundheitspolitiker, * 11.5.1910 Glehn (heute Stadtteil von Korschenbroich, Kreis Neuss), † 18.11.1987 Berlin(-Ost), ⚰ Berlin, Zentralfriedhof Friedrichsfelde. (jüdisch, seit etwa 1933 konfessionslos)

  • Genealogy

    V Siegfried (1873–1935), Kaufm., Viehhändler in G., S d. Michael (1839–1917), Kaufm., Viehhändler in G., u. d. Johanna Levy (1846–1930);
    M Elisabeth (Elise) Abraham (1873–1942 Treblinka), Hausfrau;
    1 B (früh †), 1 Schw Paula (1908–80, Siegfried [Fritz, Fred] Kaufmann);
    1) Bern 1934 1950 Lotte (1910–2000), aus Elberfeld, Dr. phil., Kindergärtnerin, Erzieherin, Psychol., T d. Max Fleischhacker (1881–1936), aus Düsseldorf, Hutmacher in Elberfeld, u. d. Fanny (1880–1941), 2) Berlin 1951 Irene (Irina) (1923–2016), Dr. phil., Med.hist., T d. Johann Chrystjan;
    1 S aus 1), Peter (* 1942), Dr. sc. med., Arzt, Urol. in B., Doz. an d. HU, 2 T aus 1) Anna Elisabeth Bauermann (* 1946), Kindergärtnerin, Psychol., Katarina Gehring/Winter (* 1949), Psychol.;
    1 S aus 2) Klaus (* 1951), Kabelmechaniker, Lehrer.

  • Biography

    Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Neuss studierte W. seit 1930 Medizin an der Univ. München, seit 1932 an der Univ. Bonn und 1933 an der Univ. Berlin. 1932 dem Roten Studentenbund beigetreten, emigrierte er aufgrund von Verfolgung aus „rassischen“ und politischen Gründen im April 1933 nach Palästina und im Okt. 1933 in die Schweiz, wo er das Studium seit Nov. 1933 an der Univ. Bern fortsetzte (Staatsexamen 1935) und 1936 mit einer Arbeit „Über die Hypophysäre Kachexie (Simmond’sche Krankheit)“ zum Dr. med. promoviert wurde. 1935–37 war W. als Assistenzarzt in der Kinder- und HNO-Klinik Bern, im Lungensanatorium Davos und in der Psychiatrischen Klinik Rheinau tätig. Seit Sept. 1937 Arzt der Internationalen Brigaden im Span. Bürgerkrieg, Chirurg im Lazarett der 45. Division, Mitglied der Lagerleitung und Leiter der Sanitätsgruppe in Cambrils, hielt er sich nach der Demobilisierung im Herbst 1938 in Paris und seit Mai 1939 in Oslo als Flüchtlingsarzt auf (1937 Mitgl. d. KPD; 1939 Gründung u. Ltg. d. FDJ-Organisation). Im April 1940 nach Schweden geflohen und interniert, arbeitete er 1943 als Assistent in der zellphysiologischen Abteilung der Univ. Stockholm, 1944 als Arzt in der Psychiatrie des Krankenhauses Pitea, 1944/45 als Assistenzarzt im Sozialamt Stock|holm (unter Gunnar Inghe) und 1945 als Arzt im Tbc-Sanatorium Mariannelund.

    Nach der Rückkehr nach Deutschland 1946 fungierte W. als Kreisarzt in Teltow bei Berlin, im Herbst 1946 als Leiter der Personalabteilung des Brandenburger Landesgesundheitsamts, Jan. 1947- Sept. 1948 als Leiter des Landesgesundheitsamts und anschließend bis Dez. 1949 als Vizepräsident der Dt. Zentralverwaltung für Gesundheitswesen bzw. als stellv. Leiter der Hauptabteilung Gesundheitswesen der Dt. Wirtschaftskommission.

    Ab 1950 war er wissenschaftlicher Assistent, später Oberarzt und Dozent am Institut für Sozialhygiene der HU Berlin. 1951 mit der Arbeit „Polikliniken und Ambulatorien, Ein Beitrag zur Geschichte und weiteren Entwicklung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung“ für Sozialhygiene habilitiert, wurde er 1956 zum Professor für Sozialhygiene berufen und war von 1956 bis zu seiner Emeritierung 1975 auch Direktor des Hygiene-Instituts der HU Berlin sowie 1967–79 nebenamtlich Rektor der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR und Leiter des dortigen Lehrstuhls für Sozialhygiene.

    W., seit 1946 Mitglied der SED, verband seine wissenschaftliche Tätigkeit stets mit wissenschaftspolitischen Funktionen: 1950–51 war er nebenamtlich Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Planung und in der Staatlichen Plankommission für Kultur und Gesundheitswesen, 1956–59 leitete er die Abteilung Medizin im Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen, 1964–66 fungierte er als Prodekan für Studienangelegenheiten und 1962–69 als Vizepräsident des Rates für Planung und Koordinierung der Medizinischen Wissenschaft beim Ministerium für Gesundheitswesen und war während der 1970er Jahre Präsidiumsmitglied.

    Bereits als Leiter des Landesgesundheitsamts Brandenburg wurde W. zu einem der einflußreichsten Vertreter bei der Neuorganisation des Gesundheitswesens in der SBZ und späteren DDR. Anknüpfend an seine Erfahrungen während der Emigration, vertrat er die Einrichtung von Polikliniken und Ambulatorien als Basis einer flächendeckenden stationären wie ambulanten Versorgung und lieferte die theoretische Begründung dieses Versorgungsprinzips, das im Unterschied zur Gesetzlichen Krankenversicherung der Bundesrepublik neben Diagnostik und Therapie auch den Gesundheitsschutz und die Prophylaxe umfaßte. Allen Bürgern wurde so ein wohnortnaher Zugang zur allgemeinmedizinischen und fachärztlichen Versorgung gesichert. Die unentgeltliche Behandlung aller Patienten war für W. Grundprinzip medizinischer Versorgung, finanziert durch eine einheitliche Sozialversicherung, die den Prinzipien des von W. mitgestalteten DDR-Gesundheitswesens entsprach. W. war auch wesentlich an der Vorbereitung und Koordination der Weimarer Gesundheitskonferenz 1960 beteiligt, die Impulsgeber für die Ausgestaltung des Gesundheitswesens der DDR wurde.

    Neben dem „Lehrbuch für Sozialhygiene“ und dem Lehrbuch „Soziologie für Mediziner“ sowie der Veranstaltung von wissenschaftlichen Kongressen für Medizin und Soziologie, entstanden unter W.s Leitung 20 Habilitationen bzw. Promotionen B und mehr als 300 A-Promotionen, eine große Zahl von Diplomarbeiten und bisher noch ungezählte Publikationen. Zu W.s Schülern gehören Eva Schmidt-Kolmer (1913–1991), Bernhard Kreuz (1919–1980), Karlheinz Renker (1921–1982), Reimer Schorr (1926–1999) und Jens-Uwe Niehoff (* 1947).

  • Awards

    |u. a. Hufelandmedaille (1959);
    Verdienter Arzt d. Volkes (1964);
    Nat.preis 2. Kl. (1967);
    VVO in Bronze (1959), Silber (1970), Gold (1975), dazu Ehrenspange (1980);
    Karl-Marx-Orden (1985).

  • Works

    |u. a. Demokratisierung d. Gesundheitswesens u. Errichtung v. Polikliniken, in: Das dt. Gesundheitswesen 2, 1947, Nr. 23, S. 740–43;
    Die Bedeutung d. Dispensairebetreuung f. d. Volksgesundheit, ebd. 12, 1957, Nr. 50, S. 1549–52;
    Polikliniken u. Ambulatorien, e. Btr. z. Gesch. u. weiteren Entwicklung d. ambulanten med. Versorgung d. Bevölkerung, in: Zs. f. ärztl. Fortbildung 46, 1952, S. 149–60, 205–12 u. 267–83;
    Die Pflicht z. Weiterbildung, ebd. 68, 1974, Nr. 4, S. 161;
    Grundsätzl. Überlegungen z. Soz.hygiene, ihrer Stellung u. ihren Aufgaben, ebd. 71, 1977, Nr. 15, S. 734–41;
    Die Weiterbildung d. Arztes in d. DDR, ebd. 73, 1979, Nr. 24, S. 1169–72;
    Die Organisation d. ambulanten Behandlung, in: Lehrb. d. Soz.hygiene, hg. v. A. Beyer u. K. W., 1953, S. 166–203;
    Der Arzt in d. sozialist. Ges., 1958 (mit A. Mette u. G. Misgeld);
    Arzt u. Ges., 1970;
    Systemaspekte d. med. Wiss. u. d. Gesundheitswesens, 1971 (Hg.);
    Leitung u. Organisation im Gesundheitswesen, ausgew. Btrr., 1975 (Hg. mit A. Keck, H. Redetzky u. H. Thiele);
    Soziol. f. Mediziner, 1973, ³1976 (Hg.);
    Das Gesundheitswesen in d. Dt. Demokrat. Rep., Bilanz n. 30 J., 1980;
    Lehrb. d. Soz.hygiene, ²1980;
    In der Landesreg. Potsdam, in: Im Dienst am Menschen, Erinnerungen an d. Aufbau d. neuen Gesundheitswesens 1945–1949, hg. v. K. Seidel, 1985, S. 330–37;
    ZK d. Sozialist. Einheitspartei Dtld., Bundesvorstand d. Freien Dt. Gewerkschaftsbundes u. Min. f. Gesundheitswesen (Hg.), Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Lebensfreude f. d. Sieg d. Sozialismus, Gesamtber. d. Gesundheitskonf. d. Zentralkomitees d. Sozialist. Einheitspartei Dtld., d. Bundesvorstandes d. Freien Dt. Gewerkschaftsbundes u. d. Min. f. Gesundheitswesen d. Dt. Demokrat. Rep. v. 11. bis 13. Feb. 1960 in|Weimar, 1960;
    Hg. u. Chefred. d. Zs. f. ärztl. Fortbildung (1949–81).

  • Literature

    |I. Dahm u. R. Schorr, K. W. z. 75. Geb.tag, in: J. Großer (Hg.), Charité-Ann. 1985, NF 5, 1986, S. 93–96 (P);
    R. Schorr, Trauerrede, Berlin, 25.11.1987 (ungedr.);
    S. Schleiermacher, Die Rückkehr d. Remigranten, ihr Einfluss auf d. Gestaltung d. Gesundheitswesens in d. SBZ/DDR, in: dies. u. N. Pohl (Hg.), Med., Wiss. u. Technik in der SBZ u. DDR, Organisationsformen, Inhalte, Realitäten, 2009, S. 79–94;
    U. Schagen u. dies., Gesundheitswesen u. Sicherung b. Krankheit u. im Pflegefall, 1. Rahmenbedingungen f. d. Reorganisation d. Gesundheitswesens, 3. Die SBZ u. Berlin, in: U. Wengst (Hg.), Gesch. d. Soz.pol. in Dtld. seit 1945, Bd. 2/1, 2001, S. 464–84 u. 511–28;
    dies., Gesundheitswesen u. Sicherung b. Krankheit u. im Pflegefall, in: D. Hoffmann u. M. Schwartz (Hg.), Gesch. d. Soz.pol. in Dtld. seit 1945, Bd. 8, 2003, S. 387–433;
    dies., 100 J. Soz.hygiene, Soz.med. u. Public Health in Dtld., 2005 (CD-ROM) (P);
    M.-K. Fenz, Die hist. Entwicklung d. Inst. f. Soz.med. d. Charité, Univ.med. Berlin in Forsch. u. Lehre v. 1947 bis 1990, Diss. Berlin 2012, S. 160;
    A. Malycha, Biowiss./Biomed. im Spannungsfeld v. Wiss. u. Pol. in d. DDR in d. 1960er u. 1970er J., Btrr. z. DDR-Wiss.gesch., R. C, Bd. 2, 2016;
    Qu BA Berlin;
    Brandenburg. Landeshauptarchiv Potsdam;
    Archiv d. HU;
    StadtA Berlin;
    Archiv Forsch.stelle Zeitgesch., Inst. f. Gesch. d. Med. u. Ethik in d. Med., Charité, Univ.med. Berlin.

  • Author

    Udo Schagen, Sabine Schleiermacher
  • Citation

    Schagen, Udo; Schleiermacher, Sabine, "Winter, Josef Kurt" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 262-264 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1028521650.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA