Lebensdaten
1855 – 1941
Geburtsort
Fehebeutel (Niederschlesien)
Sterbeort
Obernigk (Schlesien)
Beruf/Funktion
Kirchengründer
Konfession
mehrkonfessionell
Namensvarianten
  • Weißenberg, August Johann Joseph
  • Weißenberg, Joseph
  • Weißenberg, August Johann Joseph
  • mehr

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Zitierweise

Weißenberg, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140213.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Friedrich Wilhelm (1826–66), Hofknecht u. Feldarb. in F., später Kutscher b. Gf. v. Seherr-Thoß in Schweinz b. Hohenfriedeberg, S d. N. N., Gärtner auf d. Gut d. Gf. v. Seherr-Thoß in F., u. d. Auguste N. N. (1786 / 87–1832);
    M Anna Rosina|Kassner (1828–66);
    mind. 7 Geschw;
    1885 getrennt seit 1907 Auguste Lautner (1861–n. 1941);
    Grete Müller (1882–1978);
    2 T (1 früh †) Klara (* 1887, Hugo Schmidt);
    aus Verbindung mit Grete Müller 2 T Frieda Müller (1911–2001), seit 1932 Nachfolgerin W.s als Oberhaupt d. Ev.-Johann. Kirche n. d. Offenbarung St. Johannes, Elisabeth (Liesbeth) (1912–2001, N. N. Möhring);
    E Josephine Müller (* 1949), seit 1961 designierte, 2001 berufene Nachfolgerin ihrer M als Oberhaupt d. Johann. Kirche.

  • Biographie

    W. besuchte seit 1861 die Gemeindeschule in Hohenfriedeberg (Niederschlesien). Nach dem Tod der Eltern 1866 wuchs er bei einem Schäfer auf und wurde durch den ökumenisch gesinnten kath. Gemeindepfarrer Carl Ferdinand Wilhelm Frhr. v. Richthofen (1832–76, seit 1875 luth.) geprägt. Seit 1869 war W. in der Landwirtschaft tätig, bevor er 1871 eine Maurerlehre in Hohenfriedeberg aufnahm und 1876–78 seinen Militärdienst in Liegnitz absolvierte. Es folgten Wanderjahre durch Schlesien und 1882 nach Hamburg und Berlin, wo sich W. 1884 niederließ und u. a. als Gastwirt und Maurer arbeitete. Eigenen Berichten zufolge hatte er Christuserscheinungen und begann, sich für Magnetismus zu interessieren. 1903 meldete er ein Gewerbe als Heilmagnetiseur und Magnetograph in Berlin an und hatte – unterstützt von seiner Mitarbeiterin und Lebensgefährtin Grete Müller – bald großen Zulauf. 1907 gründete W. die überkonfessionelle, antiliberale, Materialismus und Säkularisierung bekämpfende „Christliche Vereinigung ernster Forscher von Diesseits und Jenseits, wahrer Anhänger der Landeskirchen“, die bis Mitte der 1920er Jahre deutschlandweit zahlreiche Filialen bildete und sich nach Jahren des Konflikts mit der Ev. Kirche (u. a. wegen der Anerkennung W.s als Propheten) 1926 als „Ev.-Johannische Kirche nach der Offenbarung St. Johannes“ (seit 1975 Johann. Kirche) entgegen ihrer ursprünglichen Intention aus dieser abspaltete. Die erwünschte Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts gelang der Glaubensgemeinschaft, die Ende der 1920er Jahre nach Angaben von Andreas Schmetzstorff weit über 100000 Mitglieder in rund 300 Gemeinden zählte, erst 1990 (Berlin) bzw. 1996 (Brandenburg).

    Nach dem 1. Weltkrieg entwickelte W. Ideen für den Bau einer Siedlung mit religiös-pädagogischem Konzept, v. a. in der Erwachsenenbildung, die durch Lebenslanges Lernen, Selbsterziehung und Praktische Lebenshilfe zur Glaubensumsetzung anleiten sollte. W.s Aufruf zum Grundstückskauf führte zum Erwerb von über 1600 Morgen Land in den Glauer Bergen bei Trebbin. 1920 begann der Bau der „Friedensstadt“, der von der im selben Jahr gegründeten „Christlichen Siedlungsgenossenschaft Waldfrieden“ getragen wurde (1921: 717 genossenschaftl. Mitgll.). Bis 1934 entfaltete die Genossenschaft eine rege Bautätigkeit (Altersheim, Wasserwerk, Schule, Gemeinschaftseinrichtungen, Kirche, Heilinstitut); in diesem Jahr lebten rund 500 Einwohner in der Friedensstadt. 1929 gründete W. den Kriegerverein „Ewiges Leben“ (1934: 3100 Mitgll.) und 1931 die „Ev.-Johannische Frauenhilfe“ als Mittel der Mission.

    1935 erfolgte das Verbot der „Weißenberg-Sekte“. W. und seine Mitarbeiter wurden mehrfach verhaftet, W. in zwei Prozessen 1935 wegen angeblicher Sittlichkeitsvergehen und „staatsfeindlicher Tätigkeit“ zu 2 1 / 2 Jahren Zuchthaus verurteilt und 1937 als haftunfähig kurzzeitig entlassen. Bald folgte die erneute Festnahme und Verbringung in das Zuchthaus Luckau. Nach der Freilassung wurde W. 1938 abermals verhaftet, auf Lebenszeit aus der Mark Brandenburg ausgewiesen und kurzzeitig in eine Anstalt für Geisteskranke in Breslau-Herrnprotsch eingeliefert. Danach lebte er seit Ende 1938 in Obernigk (Kr. Trebnitz).

    1936 wurde die Liquidation der Siedlungsgenossenschaft beschlossen und das Gelände an die Waffen-SS verkauft. 1940–42 militärisch genutzt, war es 1942–45 Außenstelle des KZ Sachsenhausen und diente 1945–94 als russ. Garnison Glau. Danach kam die Friedensstadt Weißenberg zurück in den Besitz der Johannischen Kirche, die nach 1945 weiteren Grund und Immobilien v. a. in West-Berlin und der Fränk. Schweiz erworben und 1954 das Johannische Aufbauwerk (seit 1990 Johann. Sozialwerk) als Träger von Sozial- und Bildungseinrichtungen gegründet hatte.

    Die Johannische Kirche ist mit rund 3000 Mitgliedern und knapp 30 Gemeinden eine der kleinsten religiösen Gemeinschaften in Deutschland. Sie pflegt die von W. begründeten pädagogischen Traditionen ebenso wie die von ihm formulierten Glaubensinhalte (u. a. Reinkarnation, Geistfreundreden, Heilung durch Handauflegen im noch bestehenden Heilinstitut in der Friedensstadt).

  • Auszeichnungen

    |Bekenntnistag (6. 3.) u. Gedenktage (13. 8., 24. 8.) d. Johann. Kirche f. d. Kirchengründer J. W.;
    Gedenktafel, Bismarckallee 23, Berlin-Grunewald.

  • Werke

    W-, Qu- u. L-Verz.: Schmetzstorff, ³2006 (s. L), S. 492–531;
    Nachlaß: Archiv d. Johann. Kirche, Friedensstadt Weißenberg.

  • Literatur

    |J. W. u. d. Ev.-Johann. Kirche, hg. v. Konsistorium d. Ev.-Johann. Kirche n. d. Offenbarung St. Johannis, 1959;
    40 J. Kirche, zus.gest. u. überarb. v. J. Falk| u. a., 1967;
    J. W., Zeugnisse seines Wirkens, 4 Hh., zus.gest. u. komm. v. G. Moll, 1969–2016;
    A. Finc- ke, Rückgabe v. Immobilien d. „Friedensstadt“, in: Mat.dienst, Zs. f. Rel.- u. Weltanschauungsfragen 57, 1994, H. 6, S. 174 f.;
    ders., Zw. Widerstand, Ergebenheit u. dipl. Lavieren, Sekten u. Sondergemeinschaften in d. DDR II, ebd., H. 9, S. 250–55;
    U. Linse, Geisterseher u. Wunderwirker, Heilssuche im Ind.za., 1996, S. 89–211;
    K. Hutten, Seher, Grübler, Enthusiasten, 151997, S. 514–31;
    Friedensstadt, J. W.s Siedlung v. 1929 bis z. Gegenwart, hg. v. d. Johann. Kirche, 2004 (P);
    J. W., Das Fortleben, hg. v. ders., neu überarb. Aufl. 2005;
    A. Schmetzstorff, J. W. (1855–1941), Leben u. Werk, 2004, ³2006 (Qu, W, L, P);
    BBKL 13;
    Art. Johann. Kirche, in: RGG⁴.

  • Porträts

    |Denkmal mit Bronzebüste (Berlin-Grunewald);
    Bronzebüste (Berlin-Kaulsdorf, Johann. Kirche).

  • Autor/in

    Stefan Jordan
  • Zitierweise

    Jordan, Stefan, "Weißenberg, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 701-703 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140213.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA