Lebensdaten
1838 – 1919
Geburtsort
Brünn (Mähren)
Sterbeort
Meran (Südtirol)
Beruf/Funktion
Unternehmer ; Mäzen
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Wannieck, Friedrich Johann
  • Wannieck, Friedrich Johannes
  • Wannieck, Friedrich
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Zitierweise

Wannieck, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139016.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Wannie(c)k (1801–83), Tuchschermeister u. -händler, Mitgl. d. engeren Verw.ausschusses d. Stadt B., S d. Joseph Wanniek;
    M Maria (* 1807), T d. Anton Bittner, Metzgermeister in B.;
    3 Geschw;
    Brünn 1868 Viktoria (Victorine) (1843–1916), T d. Ludwig (Louis) (Edler) v. Robert (1792–1860), Industr., u. d. Anna Maria Stolz (1809–71);
    1 S Friedrich Oskar (1872–1912, Elsa Klebek), seit 1903 ev., Untern., 2 T u. a. (Klara) Margarethe (1878–1956, Alois Gustav Ludwig, 1872–1969, Architekt in Düsseldorf, Erbauer d. „Villa W.“ in München);
    Vt d. Ehefrau Julius Robert (1826–88), Chemiker, Industr. (s. ÖBL).

  • Biographie

    Nach dem Besuch einer Brünner Realschule seit 1851 und der Matura 1855 studierte W. 1855–58 Maschinenbau am Polytechnischen Institut in Wien und 1858–60 am Polytechnikum Karlsruhe. Anschließend absolvierte er ein Praktikum als Maschinenschlosser im Elsaß und arbeitete seit 1861 für das Wiener Ingenieurbüro Hall am Bau des Schienenwalzwerks der Südbahn in Graz. Danach leitete er den Bau des Websaals einer Brünner Textilfabrik, bevor er eine Fortbildungsreise nach England und Schottland antrat. 1863 gründete W. mit Philipp Jellinek (1822–99) in Brünn die Maschinenfabrik „Fr. Wannieck & Phil. Jellinek“, die sich v. a. mit den von dem Cousin seiner Frau, Julius Robert, entworfenen Zuckerdiffusoren und den von W. gestalteten Schneidemaschinen für Zuckerrüben rasch den internationalen Markt erschloß. Hinzu kamen dampfgetriebene Kraftmaschinen mit neuen Steuerungen, v. a. Maschinen für Sägewerke, die landwirtschaftliche Industrie sowie Ziegel- und Keramikwerke.

    W. entwickelte die Firma durch eigene Patente für Dampf- und Rübenzuckermaschinen, eine geschickte Auswahl des Führungspersonals und der Techniker, seine patriarchalische Fürsorge gegenüber den Arbeitenden (Einrichtung e. verpflichtenden Betriebskrankenkasse f. alle Arbeiter 1866, später Bau e. Arbeiterwohnsiedlung, e. Arbeitererholungsu. Lehrlingsheims) und weitere unternehmerische Entscheidungen (Erweiterung d. Fabrikhallen, Modernisierungen) zu einer der größten Fabriken für Dampf- und Kraftmaschinen in Mähren. Entscheidend war seine Strategie, Patent- und Alleinvertriebsrechte von ausländischen Spezialunternehmen für die Produktion in der Habsburgermonarchie zu erwerben und gleichzeitig mit eigenen Entwicklungen im Ausland aufzutreten. Dazu zählte u. a. die Umgestaltung von Maschinen der Rübenzuckerindustrie für die Rohrzuckerindustrie Südostasiens und die Entwicklung einer Milchzentrifuge.

    Nach dem Ausscheiden Jellineks 1868 war W. Alleininhaber und band sein Unternehmen 1888 mit Produktionsabsprachen an den Maschinenbauer „Gebr. Sulzer“ in Winterthur, der 1890 Teilhaber wurde. 1900 / 01 erfolgte die asymmetrische Fusion mit der „Ersten Brünner Maschinenfabrik“ (seit 1905 Verw.ratsvors.). Seit 1873 gehörte er dem Verwaltungsrat der „Prager Eisenindustrie Gesellschaft“ an (seit 1888 Mitgl., seit 1899 Präs. d. Direktoriums). W. hielt auch am Walzwerk in Teplitz-Schönau (Teplice-Šanov) Anteile (Vizepräs. d. Verw.rats). Zudem war er seit 1870 Hauptaktionär der Zuckerfabrik in Raigern (Rajhrad) und nach 1878 von Brünner und Wiener Molkereien.

    Seit 1873 fungierte W. als Zensor der Brünner Filiale der „Österreichischen“ bzw. seit 1883 der „Österreichisch-Ungarischen Nationalbank“ und war Verwaltungsratsmitglied der Landeshypothekenbank in Brünn sowie Vizepräsident der Brünner Wasserwerke. Seit 1868 stand er dem Brünner Fortschrittsverein „Merkur“ vor und war seit 1869 Mitglied der Brünner „Handels- und Gewerbekammer“, seit 1875 deren Delegierter der Eiseninteressenten, Kommissionsmitglied für die Weltausstellungen sowie seit 1882 Obmann des Brünner Gewerbegerichts. Als Mäzen wirkte er für das Mähr. Gewerbemuseum in Brünn, unterstützte Studenten der dt. TH Brünn und förderte Künstler wie Carl Wollek (1862–1936).

    W. gehörte den dt.liberalen Organisationen sowie nahezu allen größeren liberalen Kulturvereinen in Brünn an. Sein Engagement als Vorsitzender des Vereins „Deutsches Haus“, seine Spendensammlungen und eigene finanzielle Förderung trugen maßgeblich zum Bau und zur Ausgestaltung des 1891 in Brünn eröffneten nationalen Kultur- und Vereinszentrums bei. W. vertrat die Stadt Brünn bzw. die dt. Fortschrittspartei 1884–86 im mähr. Landtag und 1894–97 im Wiener Reichsrat. Hier schloß er sich dem „Fortschrittsklub“, dann der Fraktion der „Vereinigten Deutschen Linken“ und 1896 dem „Freien Verband deutscher Abgeordneter“ an, ohne sich politisch zu exponieren. Der weltoffene und anglophile W., der die pangerman. Mythologie, den Okkultismus und den Johann-Sebastian-Bach-Kult förderte, war stärker nationalliberalen und überparteilichen Vorstellungen einer großdt. Kulturnation verbunden als alldt. und nationalistischvölkischen Positionen. 1877 gründete er mit seiner Frau die „Victoria-Baumschule“ samt Gärtnerdorf in Schöllschitz (Želešice) bei Brünn und führte neue Formen des Obst- und Gemüseanbaus und der Nutzgartenkultur ein. Seit Ende der 1880er Jahre unterstützte er Guido v. List (1848–1919) (Mitgründer d. Guido-v.-List-Ges. 1908).

    1903 verlegte W., der zu den führenden Maschinenindustriellen der Habsburgermonarchie zählte, seinen Wohnsitz nach München; seit 1908 lebte er überwiegend in Meran, gab aber seine Funktionen in den Unternehmen in Brünn, Prag und Wien nicht auf. Zu seinem Besitz zählten auch Großgrundbesitz in Untermais (Maia Bassa, heute Meran) und ein landwirtschaftliches Gut in Seibetsberg/ Euratsfeld bei Amstetten (Niederösterr.).

  • Auszeichnungen

    |Ehrenbürger v. Brünn (1891);
    Ehrenmitgl. d. Mähr. Gewerbever. in Brünn (1891);
    – Gedenktafel in d. Verkaufspassage „Galerie Vaň kovka“, Brünn.

  • Werke

    W Über Lefeldt’s patentiertes Centrifugal-Entrahmungs-Verfahren u. d. Kieler Genossenschafts-Meierei, 1879;
    Ueber d. Ausschmückung d. Dt. Hauses, 1887;
    H. M. Stringfellow, Der neue Gartenbau, 1901 (Übers.);
    Victoria-Baumschule in Schöllschitz b. Brünn (Mähren) mit Filialen in Ober-Gerspitz b. Brünn (Mähren) u. Lovrecina (Kroatien), Ber. über d. während d. Periode 1900–1901 angestellten Pflanzenversuche, 1902;
    –1873, 1875 u. 1877 österr. u. dt. Patente auf modifizierte Schieber z. Steuerung v. Dampfmaschinen.

  • Literatur

    L Die hundertj. Gesch. d. Ersten Brünner Maschinen-Fabriks-Ges. in Brünn, 1921, S. 127–49, 236 f. (P);
    Brünner Heimatbote 4, 1952, 6 f. (P);
    B. Steiner, První brněnská, dějiny strojírny [Die Brünner Erste, Gesch. e. Maschinenfabr.], 1958, S. 38–41;
    Brünn, Eine Stadt als Vermächtnis, hg. v. d. „Bruna“, Heimatverband d. Brünner in Dtld. e. V., 1958, S. 319– 21 (P, S. 241);
    N. Goodrick-Clarke, Die okkulten Wurzeln d. NS, 1997, engl. 1985;
    M. Flodrová, Proměny Vaňkovky [Die Wandlungen d. W.-Fabr.], 2005;
    P. Zatloukal, Brněnská architektura 1815– 1915 [Brünner Architektur 1815–1915], 2006;
    P. Cibulka, F. W., Mäzen d. Brünner Dt., in: M. Hlavačka u. a., Collective and Individual Patronage and the Culture of Public Donation in Civil Soc. in the 19th and 20th Centuries in Central Europe, 2010, S. 389–424 (P);
    P. Cibulka, Německé politické strany na Moravě (1890–1918) [Dt. pol. Parteien in Mähren (1890–1918)], 2012;
    F. Adlgasser, Die Mitgll. d. österr. Zentralparlamente 1848–1918, 2014, S. 1371;
    P. Pytlík, Guido List in Brünn, Diss. Brünn/ Brno 2017, bes. S. 19;
    H. Heller, Mährens Männer d. Gegenwart, T. 1, 1885, S. 76 f. u. T. 4, 1890, S. 166 f.;
    E. Pillwein u. H. Schneider, Lex. bed. Brünner Deutscher, 2000;
    M. Myška u. a., Historická encyklopedie podnikatelů Čech, Moravy a Slezska do poloviny XX. století [Hist. Enz. d. Untern. Böhmens, Mährens u. Schlesiens bis in d. erste Hälfte d. 20. Jh.s], Bd. 1, 2003, S. 493–95;
    J. Malíř u. a., Biografický slovník poslanců moravského zemského sněmu v letech 1861–1918 [Biogr. Lex. d. Abg. d. mähr. LT in d. J. 1861–1918], 2012, S. 780 f. (P);
    B. Smutný, Brněnští podnikatelé a jejich podniky 1764–1948, Encyklopedie podnikatelů a jejich rodin [Brünner Untern. u. ihre Betriebe 1764–1948, Enz. d. Untern. u. ihrer Firmen], 2012, S. 480–82;
    ÖBL.

  • Porträts

    |Bronzerelief (Želešice b. Brünn);
    Ölgem. v. A. Wolf-Rothenthal „Der Bildhauer Carl Wollek b. d. Arb. an e. Porträtbüste d. Großindustriellen F. W. in seinem Atelier“, 1894.

  • Autor/in

    Robert Luft
  • Zitierweise

    Luft, Robert, "Wannieck, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 414-415 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139016.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA