Lebensdaten
1962 – 2002
Geburtsort
Bukarest
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Schriftstellerin ; Schauspielerin
Konfession
-
Normdaten
GND: 121361233 | OGND | VIAF: 59333586
Namensvarianten
  • Veteranyi, Aglaja Monica Gina
  • Veteranyi, Aglaja
  • Veteranyi, Aglaja Monica Gina
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Veteranyi, Aglaja, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121361233.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Alexandru, Zirkusartist;
    M Josephina, Zirkusartistin; ⚯ Jens Nielsen (* 1966), Schausp. in Z. (s. NZZ v. 2. 8. 2012).

  • Biographie

    V. trat als Kind mit ihren Eltern in einem rumän. Zirkus auf. 1967 floh die Familie aus Rumänien und tourte durch Westeuropa, 1977 kam sie in die Schweiz. Praktisch Analphabetin, lernte V. zugleich Schreiben und Deutsch und absolvierte 1979–82 eine Ausbildung zur Schauspielerin an der Schauspiel-Gemeinschaft Zürich, die sie 1988–2001 gemeinsam mit Christian Seiler leitete. Nach eigenem Bekunden entdeckte sie bereits 1979 ihre literarische Neigung und bildete sich autodidaktisch zur Schriftstellerin weiter. 1993 gründete sie mit dem Lehrer René Oberholzer das Experimentalduo „Die Wortpumpe“, mit dem sie auf Tourneen Stücke wie „Liebe auf den ersten Tod“ oder „Die Kunst fällt nicht weit von der Kuh“ aufführte. 1996 rief sie mit ihrem Arbeits- und Lebenspartner Jens Nielsen die Theatergruppe „Die Engelmaschine“ ins Leben, die kurz vor V.s Tod im Aargauer Theater Tuchlaube das Stück „Kiosk international“ zur Uraufführung brachte.

    Seit Mitte der 1990er Jahre publizierte V. in Zeitungen und Literaturzeitschriften Texte und Gedichte, in denen es häufig um Essen, Liebe und den Kontrast zwischen Fremdem und Schweizerischem geht. An der ETH Zürich las sie Adolf Muschg in der Debütreihe „Holozän“ vor. Mit einem Auszug aus ihrem Erstling „Warum das Kind in der Polenta kocht“ (1999, Tb.ausg. 2001, Ausg. mit Holzschnitten v. K. Stangl, 2004) machte sie 1999 bei den Solothurner Literaturtagen Furore, blieb damit aber beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt im selben Jahr erfolglos. Der Roman, der aus der Sicht eines kleinen Mädchens und in dessen Sprache die Geschichte einer aus Rumänien emigrierten, aber im Westen nicht glücklich gewordenen Zirkusfamilie erzählt und auf bewegende Weise von Existenzangst und Einsamkeit zeugt, wurde international zu einem großen Erfolg (span. 2001, rumän. 2003, ungar. 2003, slowak. 2004, franz. 2004, engl. 2012). 2001 wurde eine Theaterfassung in Zürich aufgeführt; weitere Bühnenadaptionen von Ilka Schönbein und Nadine Schwitter sowie eine Hörspielfassung von Simona Ryser für das Schweizer Radio DRS (2010) folgten.

    Während eines Atelieraufenthalts in Berlin erkrankte V. 2001 an einem rätselhaften Augenleiden und klagte, nicht mehr schreiben zu können. Nach Zürich zurückgekehrt, bat sie Peter Bichsel (* 1935) in einem Abschiedsbrief, an ihrer Beerdigung Geschichten zu erzählen, und ertränkte sich 2002 im Zürichsee. Postum kam noch im selben Jahr der Fragment gebliebene Roman „Das Regal der letzten Atemzüge“ (Tb.ausg. 2004, rumän. 2003,|slowak. 2006) heraus, der wie der Erstling in kleine Mikro-Texte unterteilt ist und vom existentiellen Schock handelt, den der Tod einer Tante in der Erzählerin auslöst. 2004 erschien weitere nachgelassene Kurzprosa, in der die Kindheit als Zeit des Schreckens und der Demütigung thematisiert wird (Vom geträumten Meer, den gemieteten Socken u. Frau Butter; poln. 2005). Innerhalb der schweizer. Literatur läßt sich V.s Schreibweise am ehesten mit jener von Klaus Merz in „Jakob schläft“ (1997) oder von Ágota Kristóf in „Das große Heft“ (1987) vergleichen. Eine Vielzahl kleiner Abschnitte wird ohne direkte Verbindung aneinandergereiht und schließt sich erst im Kopf des Lesers zu einem Ganzen zusammen. V.s drastisch-brutale Kompositionsweise, die eine surreale Komponente hat, erinnert zuweilen an Alfred Jarrys „Ubu Roi“ (1896).

  • Auszeichnungen

    A Förderpreis d. Kunstpreises Berlin (2000);
    Adelbert-v.-Chamisso-Förderpreis (2000).

  • Werke

    Weitere W Geschenke, Ein Totentanz, 1999;
    Nachlaß: Schweizer. Lit.archiv, Bern.

  • Literatur

    L R. Bussmann u. M. Zingg (Hg.), A. V. weiterschreiben, 2002;
    W. Morlang, Nachw. zu A. V., Vom geträumten Meer, den gemieteten Socken u. Frau Butter, 2004; L. Gieser, Heimatlose Weltlit.?, Zum Werk v. A. V., in: Germanica 38, 2006, S. 63–85;
    T. Becker, „Vor allem starb ich an meiner Mutter, d. mir aus d. Gesicht wuchs“, Mutter-Tochter-Beziehungen b. Herta Müller u. A. V., in: A.-M. Pălimariu u. E. Berger (Hg.), Die fiktive Frau, Konstruktionen v. Weiblichkeit in d. dt.sprachigen Lit., 2009, S. 222–33;
    I. Perović Scheck, „Sich entheuten u. entmorgen u. entgestern.“, Zu d. Zwischenräumen in A. V.s „Dem dicken dünnen Mann“, in: D. Komorowski (Hg.), Jenseits v. Frisch u. Dürrenmatt, Raumgestaltung in d. gegenwärtigen Dt.schweizer Lit., 2009, S. 145–57;
    B. Spoerri, Der hybride (Kultur-)Raum in d. Romanen v. Yusuf Yesilöz, A. V. u. Catalin Dorian Florescu, ebd., S. 159–66;
    K. Suren, Ein Engel verkleidete sich als Engel u. blieb unerkannt, Rhetoriken d. Kindlichen b. Natascha Wodin, Herta Müller u. A. V., 2011;
    S. Lengl, Interkulturelle Frauenfiguren im dt.sprachigen Roman d. Gegenwart, Aspekte d. interkulturellen Lit. u. d. Lit. v. Frauen in d. Werken v. Terézia Mora, Zsuzsa Bánk u. A. V. im Vgl. zu d. Werken v. Nella Larsen u. Gloria E. Anzaldúa, 2012;
    Kosch, Lit.Lex. ³ (W, L);
    HLS; – Radiofeature:
    H.-V. Findeisen, Zwischen Hochseil u. Hölle, Das Erbe d. Schriftst. A. V., SWR 2, 9. 3. 2007

  • Autor/in

    Charles Linsmayer
  • Zitierweise

    Linsmayer, Charles, "Veteranyi, Aglaja" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 778-779 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121361233.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA