Lebensdaten
erwähnt 13. – 21. Jahrhundert
Beruf/Funktion
baltische Adelsfamilie
Konfession
-
Normdaten
GND: 1143983971 | OGND | VIAF: 23151049899633411592
Namensvarianten
  • Yxkull-Gyllenband, Freiherren von
  • Meyendorff von Yxkull, Freiherren
  • Üxküll-Gyllenband, Grafen von
  • mehr

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Uexküll, von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1143983971.html [24.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Die U. stammen von dem Ministerialengeschlecht von Bardewis (Bardewisch) aus dem Erzstift Bremen mit Stammsitz nordwestlich von Bremen ab. Anfang des 13. Jh. unter Bf. Albert von Üxküll (seit 1201 v. Riga) ( 1229, s. NDB I; LexMA; Gatz IV) kam die Familie nach Livland. In Alberts Todesjahr erscheint Johannes de Bardewis, Vasall des Bischofs von Ösel, als Zeuge in einer Urkunde. Er ist wohl identisch mit dem im Erzstift Riga belehnten Vasallen gleichen Namens, der 1257 die strategisch bedeutsame Burg Uexküll (lett. Ikšk ¸ile, Livland) am rechten Ufer der Düna und den dazugehörigen ausgedehnten Landbesitz erhielt. Dieses war das erste um 1185 angelegte Zentrum des Bistums Livland vor der Gründung Rigas (1201). Nach Uexküll nannte sich das Geschlecht fortan. Unter Hermann ( 1409) erreichte der Landbesitz der U. um 1375 seine größte Ausdehnung, doch schon 1378 ging er in den Kämpfen zwischen dem Erzstift Riga und dem Dt. Orden verloren. Hermann siedelte sich daraufhin im Stift Dorpat an, wo die Familie bereits Güter besaß. Die hier von Hermann und seinen Nachkommen erworbenen Güter vereinigte sein Enkel Peter in seiner Hand. Als dieser 1483 (1484?) ohne Nachkommen starb, gelangte sein Landbesitz per Erbvertrag an Wolmar U. auf Fickel (1464–88), einen weitläufigen Verwandten in der Wiek. Fickel wurde damit Stammsitz des Geschlechts und blieb es bis 1920, als die estn. Agrarreform den letzten Majoratsherrn auf Fickel, Bernhard ( 1922 in Berlin), enteignete. Sein Enkel, der Patentanwalt Dr. Jürgen-Detlev (1922–2014), lebte schließlich in Hamburg.

    Das älteste bekannte Wappen der U., ein Siegelabdruck von 1393, zeigt einen gekrönten Löwen. Dieses war bis 1475 im Gebrauch, wurde dann um ein zusätzliches Wappenschild mit zwei Streitäxten (mit dem ersten unter einem Helm vereinigt) ergänzt, ein Bezug auf das Wappen des Geschlechts v. Bardewisch und damit zugleich auf die ursprüngliche Heimat im Erzstift Bremen. Später wurden beide Teile in ein einziges, nunmehr vier Felder umfassendes Wappenschild integriert.

    Zu unterscheiden ist das ältere Haus U. auf Fickel (bis 1575) von dem jüngeren Haus (ab 1624). 1648 erreichte ein Teil der Familie die Erhebung in den schwed. Freiherrenstand mit dem Namen U.-Güldenband (-Gyllenband) und spaltete sich von der Hauptlinie ab. Ein anderer Teil erreichte diese Erhebung 1679, verband dies aber mit dem Namen Meyendorff (aus dem Hause U.), womit auf die Besitzer von Burg Uexküll vor der Familie von Bardewisch Bezug genommen wurde, was wegen nicht erwiesener Verwandtschaft vom Stammhaus Fickel abgelehnt, von Schweden aber bestätigt wurde. Diese Linie basaß später insbesondere in Livland Güter (Kl. Roop, Hochrosen).

    Die württ. Linie entstand im 17. Jh. aus der schwed. Linie der U.-Gyllenband und wurde 1790 in den Reichsgrafenstand erhoben. Aus ihr gingen hohe Beamte im württ. Staatsdienst wie z. B. Carl Gustav Friedrich (1716–1801, württ. Gf. 1790), württ. Oberhofmarschall und Geheimer Rat, Rudolf Karl August Wilhelm Gf. (1809–79), württ. Obersthofmeister und nassau. Hofmarschall sowie zahlreiche Wissenschaftler und Künstler hervor. Oberst Nikolaus Gf. v. Üxküll-Gyllenband (1877–1944, s. 3) wurde wegen seiner Beteiligung am Umsturzversuch am 20. 7. 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

    Angehörige der U. traten nach dem Ende der altlivländ. Konföderation in die Dienste Dänemarks und Schwedens, später Polens und Rußlands sowie noch später Deutschlands. Nur in Schweden und Württemberg entstanden neben den balt. Hauptzweigen eigene Linien.

    Gestützt auf ihren außergewöhnlich großen Landbesitz im Erzstift Riga, im Stift Dorpat und im Bistum Ösel-Wiek, gehörten die U. vom Spätmittelalter bis ins 20 Jh. zu den reichsten und mächtigsten Familien im Lande, v. a. in den jeweiligen Ritterschaften. Entsprechend bedeutsam war ihre politische Rolle, was sich in der Besetzung von Ämtern zeigte, die sich im Rahmen der ritterschaftlichen Selbstverwaltung und der jeweiligen Landesherren (Bistümer, Dt. Orden; Schweden, Polen, Rußland), in der Geistlichkeit und auch im Militär ergaben. Zahlreiche Angehörige der U. traten später in Kultur und Wissenschaft hervor. Zu nennen sind u. a. Bf. Heinrich von Reval ( 1456, im Amt: 1419–56, s. Gatz IV), Äbtissin Alheit des Zisterzienserinnenklosters Dorpat (erw. 1514) und fünf Domherren verschiedener balt. Bistümer (zwischen 1458 und 1542). Estländ. Ritterschaftshauptmänner (öselsche und livländ. bleiben hier unberücksichtigt) waren u. a. Otto ( 1650, im Amt: 1632–35), Johann ( 1648, im Amt: 1640–43), Berend Johann (1630–1701, im Amt: 1671–76), Georg Detloff (1668–1710, im Amt: 1709–10) und Berend Johann (1762–1827, im Amt: 1806–09). 16 estländ. Landräte gingen aus der Familie hervor, von denen Johann (1662–1729) wegen seiner Bemühungen um eine estn. Bibelausgabe und Bernhard (1819–84) wegen seines Enagegments für das Familienarchiv und als Schriftsteller zu erwähnen sind. Aus der Linie U.-Güldenband stammten zahlreiche hohe Staatsbeamte des russ. Reiches. Bernhard (Berend, Boris Vasil’evič) (1762–1827) war 1809–11 und 1816–18 estländ. Zivilgouverneur und Senatsmitglied in Petersburg, Alexander (1829–91) Stadthaupt von Reval (1878–83). Berend Johann (1730–89) ließ 1775 das neue Herrenhaus Fickel errichten und gab 1789 ein Gesetzbuch für die Bauern heraus, Berend (Boris) (1793–1870) verbesserte das estn. Bauernschulwesen, übersetzte Lieder ins Estnische und hinterließ ein Tagebuch „Armeen und Amouren“ (bearb. u. hg. v. Jürgen-Detlev Frhr. v. Uexküll, 1965, engl. 1966, dän. 1966, niederl. 1967, schwed. 1967, franz. 1968, span. 1968) aus Napoleonischer Zeit, Karl (1817–94) wirkte als russ. Diplomat in Dänemark, Deutschland und Italien, Julia Charlotte ( 1866) veröffentlichte Kinder- und Jugendbücher sowie Dichtungen zu patriotischen Anlässen (Tausendjahrfeier Rußlands, 1861; Walhalla-Gedenkstätte, 1857) in dt. und russ. Sprache sowie Übersetzungen (dt.-russ.), Woldemar (1860–1942) schrieb Prosa und Poesie über den Kaukasus und seine Völker, Jakob Johann (1864–1944, s. 1) war Biologe und Pionier der Umweltforschung, dessen Söhne Thure (1908–2004, s. 2) Begründer der psychosomatischen Medizin, und Gustav-Adolf (gen. Gösta) (1909–93), Publizist, Schriftsteller und Aktivist der Friedens- und Anti-Atomtod-Bewegung der 1960er und 1970er Jahre. Ein Sohn Göstas, Jakob (* 1944), stiftete den Alternativen Nobelpreis.

    Das ausgeprägte Selbstbewußtsein des Geschlechts zeigt sich darin, daß Otto U. zu Fikkel 1541 den Rigaschen Domherrn Augustinus v. Gethelen beauftragte, eine Familienchronik (nicht erhalten) zu schreiben. Das von Landrat Bernhard ( 1884) gegründete Adelsarchiv auf Schloß Fickel wurde von dem Historiker Johannes Lossius (1842–82) geordnet. Sein Verzeichnis der „Regesta Vigalensia“ (Ms., 2 Bde., 1876) bildet die Grundlage für seine weiteren Veröffentlichungen. Das Archiv wurde beim Brand des Herrenhauses in der Revolution 1905 größtenteils vernichtet. Die beiden Regestenbände blieben erhalten und befinden sich heute mit geringen Resten im Archiv des Herder-Instituts Marburg.

  • Literatur

    L ADB 19, S. 219;
    L. Arbusow (sen.), Livlands Geistlichkeit v. Ende d. 12. bis ins 16. Jh., in: Jb. f. Geneal., Heraldik u. Sphragistik 1901 (Mitau 1902), S. 1–160, bes. S. 5;
    J. Lossius, Drei Bilder aus d. livländ. Adelsleben d. 16. Jh., 1. Die Gebrüder, d. U. zu Fickel, 1875;
    dass., 2. Jürgen u. Johann U. im Getriebe d. livländ. Hofleute, 1878: 3. (Der FM Otto U.) (unvollendet);
    M. Frhr. v. Taube, Die v. Uxkull. 1. T.: Geneal. Gesch. d. uradeligen Geschl. d. Herren, Freiherren u. Grafen v. Uxkull 1229–1929, 1930;
    dass., 2. T.: Geneal. Gesch. d. Gesamtfam. v. Uxkull (Stammhaus Schloß Fickel) 1229–1936, 1936;
    dass., 3. T.: Geneal. Gesch. d. Gesamtfam. v. Uxkull 1229–1954, 1955;
    G. v. Wilpert, Literatur in Bildern, Dt.balt. Lit. gesch., 2005, S. 252;
    Russkij biografičeskij slovar‘ VIII, 1897, S. 78;
    Ènciklopedičeskij slovar‘ XII, 1894, S. 908 f.;
    Dt.balt. Biogr. Lex.;
    Geneal. Hdb. d. balt. Rr.schaften, Livland I, 1929, S. 503–32;
    O. M. v. Stackelberg, ebd., Estland I, 1931, S. 475–520;
    N. v. Essen, ebd., Oesel, 1935, S. 612–19;
    GHdA 4, Freiherrl. Häuser A 1, 1952, S. 450–57;
    ebd. 63, Gräfl. Häuser VIII, 1976, S. 437–42;
    ebd. 134, Adelslex. 15; ebd. 150, Freiherrl. Häuser 25, 2011, S. 486–96

  • Autor/in

    Peter Wörster
  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Wörster, Peter, "Uexküll, von" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 522-523 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1143983971.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA