Lebensdaten
erwähnt 18. – 20. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Pfarrerfamilie
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 1081550821 | OGND | VIAF
Namensvarianten
  • Lisco

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Zitierweise

Lisco, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1081550821.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Pfarrerfamilie in Berlin-Brandenburg. Der Stammvater Christian Ernst (1718–85) war im Siebenjährigen Krieg Feldprediger des Regiments v. Wedel, seit 1760 Pfarrer in Letschin im Oderbruch. Dessen Sohn Christian Ernst Friedrich (1764–1821) wurde 1793 Archidiakon an St. Katharinen, 1808 Superintendent und 1. Pfarrer am Dom in Brandenburg. Dessen Sohn Friedrich Gustav (1791–1866) war der bedeutendste Theologe der Familie. Er wirkte zunächst als Prediger an der Hofgerichtskirche in Berlin, seit 1820 war er zugleich dritter Diakon an St. Marien, 1824 wurde er Prediger an St. Gertraud, 1864-66 war er Superintendent. 1825 schloß er sich mit zwölf weiteren Geistlichen dem Protest Schleiermachers gegen die von Friedrich Wilhelm III. geforderte Agende an und wurde daraufhin offiziell von Bischof Daniel Amadeus Neander vernommen. Als Theologe war er – weithin als der „Bibel-Lisco“ bekannt – von August Neander bestimmt, mit dem er auch persönlich verkehrte. Auf Grund der praktischen Erfahrungen seines Pfarramts schuf er eine reiche theol. Literatur, die in dieser Art neu war: Homiletische und katechetische Arbeitshilfen, basierend auf sauberer exegetischer, gelegentlich auch dogmatischer und historischer Arbeit. Durch sie wurde der literarischen Produktion von Otto v. Gerlach der Weg geebnet (s. W, L).

    Sein Sohn Gustav (1819–87) wurde von Carl Immanuel Nitzsch (Bonn) in den theologischen Liberalismus eingeführt. Seit 1845 war er 3. Diakon an der Marienkirche in Berlin und heiratete 1849 eine Tochter des Generalsuperintendenten Daniel Amadeus Neander. 10 Jahre später wurde er Adjunkt Marots an der Neuen Kirche. Im Verein mit einem Kreis von Berliner Predigern, die sich auf Schleiermachers Erbe verpflichteten (H. Eltester, L. Jonas, H. Krause, K. L. A. Sydow), protestierte er gegen die Staatskirchenpolitik Friedrich Wilhelms IV. und befürwortete eine selbständige Verfassung der Landeskirche, wie sie die Kultusminister Graf Schwerin 1848 und Ladenberg 1849 versprochen hatten. Eine Bemerkung in seinem Synodalbericht von 1868, daß die „Naturwissenschaften das Weltbild der biblischen Schriftsteller durch ein anderes ersetzt“ hätten, löste einen Angriff Gustav Knaks auf ihn aus. Von der Univ. Heidelberg wurde ihm daraufhin aus Anlaß des 100. Geburtstags von Schleiermacher 1868 die theol. Ehrendoktorwürde verliehen. In einem Vortrag über „Das Apostolische Glaubensbekenntnis“ (Prot. Vorträge III, 1872, H. 4) sprach er über legendenhafte Bestandteile des Credo, für deren historische Betrachtung er plädierte. Dies brachte ihm die Gegnerschaft der Hofpredigerpartei und besonders des Dompredigers Rudolf Kögel ein; aber auch der Kaiser selbst wünschte seine Amtsenthebung. Er erfuhr jedoch die Genugtuung der Unterstützung durch die Theol. Fakultät Jena („Jenaer Erklärung“). Eine amtliche Vernehmung hatte schließlich zur Folge, daß das Konsistorium in einem Erlaß das Apostolicum als Urkunde historisch relativierend betrachtete (s. W, LHeinrich (1862-1906, S d. Gustav), Pfarrer am Waisenhaus in Rummelsberg, fachte den durch A. Harnack ausgelösten Streit um das Apostolicum neu an, indem er anläßlich einer Taufe den Text des Bekenntnisses zur Jungfrauengeburt umschrieb und das dem Ev. Oberkonsistorium anzeigte. Er wurde im Febr. 1895|seines Amtes entsetzt und arbeitete danach als Privatgelehrter vor allem über die Korintherbriefe (s. W). – Hermann (1850-1923, S d. Gustav), Mitglied des Herrenhauses und Kronsyndikus, war seit 1890 Vortragender Rat im Preuß. Justizministerium, wurde 1903 Wirkl. Geh. Oberjustizrat und 1904 als Ministerialdirektor Leiter der Personalabteilung. Seit 1907 hatte er als Präsident des Berliner Kammergerichts das höchste preuß. Richteramt inne. 1909 wurde er als Wirkl. Geh. Rat Staatssekretär im Reichsjustizamt, vermochte allerdings in dieser Stellung, die er bis zur Erreichung des Ruhestandes 1917 innehatte, die anstehenden Reformen des Straf- und Strafprozeßrechts vor allem wegen des Widerstandes konservativer Kräfte in Preußen, aber auch wegen des Kriegsausbruchs nicht entscheidend voranzutreiben. Er war in zahlreichen kirchlichen Gremien tätig. Seit 1908 gehörte er der Generalsynode der Ev. Landeskirche an; 1922 übernahm er den Vorsitz im Präsidium des Ev. Bundes (s. DBJ V).

  • Werke

    u. a. z. Friedrich Gustav: Predigten üb. d. Gleichnisse Jesu, 2 Bde., 1828/30;
    Die Parabeln Jesu, 1831;
    Die Wunder Jesu Christi, 1835;
    Die Offenbarungen Gottes in Gesch. u. Lehre nach d. Alten u. Neuen Testament od.: vom Reiche Gottes, 1835;
    Ein Hilfsbuch f. Lehrer b. Katechumenen-Unterricht, 1842;
    Katechismus d. christl. Lehre u. d. Scheidelehren d. ev.-prot. u. röm.-kath. Kirche, 1845;
    Das wohlthätige Berlin, 1846;
    Die Heilslehre d. Theologia deutsch, 1857;
    - Hrsg.: Dies irae, Hymnus auf d. Weltgericht, 1840 (Text, Überss., Gesch.);
    - W-Verz. in: The Nat. Union Cat. 335, S. 457;
    GV 89, 1983, S. 196 f.;
    - zu Gustav: Christl. Lehre, Ein Hilfsbuch f. ev. Confirmanden u. Confirmierte, 1860;
    Schleiermachers Reden üb. d. Rel. u. Chateaubriands Geist d. Christentums, Prot. Vorträge, 1868;
    - W-Verz. GV 89, 1983;
    - zu Heinrich: Die Gesch.philos. Schellings, Diss. Jena 1884;
    Paulus Antipaulinus, 1894;
    Akten z. meiner Amtsentsetzung, 1895;
    Die Entstehung d. 2. Korintherbriefs, 1896;
    Judaismus triumphatus, 1896;
    Roma peregrina, Ein Überblick üb. d. Entwicklung d. Christentums in d. ersten Jhh., 1901;
    Verlorene Kirche, Kurzer Ber. üb. d. älteste Gesch. d. Christenheit, 1901;
    Jerusalem liberanda, Beobachtungen z. einigen Kap. d. Evangelien, 1905.

  • Literatur

    z. Gesamtfam.: F. Heyer, D. A. Neander, in: Jb. f. Berlin-Brandenburg. KG 45, 1970, S. 140;
    ders., Die Predigerfam. Lisco, ebd. 54, 1983, S. 159-203;
    RGG;
    - zu Friedrich Gustav:
    ADB 18;
    Neue Ev. Kirchenztg., 1866, S. 439 f.;
    Prot. Kirchenztg., 1866, S. 596;
    E. Foerster, Die Entstehung d. Preuß. Landeskirche II, 1907, S. 133 f.;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    - zu Gustav:
    Ev. Gemeindebl. aus u. f. Rheinland u. Westfalen 13, 1868, S. 211-19 (Angriff v. Knak);
    Ev. Oberkonsistorium, Akte VI, S. 34 u. 34 a;
    Prot. Kirchenztg. 19, 1872, S. 409-16, 430, 452, 478, 524, 543, 606 f., 630 (z. Jenaer Erklärung);
    ebd., S. 219-26, 344, 642-51, 669-71 (z. Vernehmung L.s), Neue ev. Kirchenztg., 1872, S. 68-70, 167-69, 236-39, Leitart. Nr. 32 v. 10. Aug. 1872 (Gegner z. Vernehmung);
    Allg. ev.-luth. Kirchenztg. 5, 1872, S. 193-95, 599-601;
    Ev.-luth. Kirchenztg., 1872, S. 241-51, 257-72;
    E. Foerster, Adalbert Falk, 1927, S. 189-95;
    RGG.

  • Autor/in

    Friedrich Heyer
  • Zitierweise

    Heyer, Friedrich, "Lisco" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 681-682 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1081550821.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA