Lebensdaten
1873 – 1923
Geburtsort
Stein am Anger (Szombathely, Ungarn)
Sterbeort
Köln
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118982427 | OGND | VIAF: 2547063
Namensvarianten
  • Stier, Fritz (bis 1891)
  • Szomlo, Fritz
  • Stier-Somlo, Fritz (seit 1891)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Stier-Somlo, Fritz (seit 1891), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118982427.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus ungar. Rabbinerfam.;
    V Josef S. (1843–1919, aus Neustadt an der Waag (Vágújhely, Nové Mesto nad Váhom, Slowakei), Dr. phil., seit 1871 Rabbiner in St., seit 1890 in Berlin, Vf. zahlr. theol. Schrr. (vgl. Jüd. Lex.; Wininger; Wi. 1909; Biogr. Hdb. Rabbiner II), S d. Leopold u. d. Rosa Fuchs;
    M Auguste Mendelssohn (1854–1917;
    1) Berlin 1898 ⚮ Gertrud Rosenthal (1873–1938), 2) Köln Elisabeth Litterski (1889–1981), aus Wirsitz (Wyrzysk, Prov. Posen);
    2 T aus 1) Clara (1899–v. 1945 Theresienstadt), Dr. rer. pol., wiss. Bibl. in Berlin (Preuß. Staatsbibl.) u. Kiel (Univ.bibl.), Doz. an d. Univ. Kiel, 1933 beurlaubt, 1934 entlassen, emigrierte 1934 in d. Tschechoslowakei, 1942 v. Prag n. Theresienstadt deportiert (s. F. Volbehr u. R. Weyl, Prof. u. Doz. d. Christian-Albrechts-Univ. zu Kiel 1665–1954, ⁴1956; Lex. wiss. Bibliothekare I), Helene (1902–44 Auschwitz, Leo Fantl, 1885–1944, Dr. phil., Germanist, Synagogenchorleiter, Journ. in Dresden, emigrierte 1933 in d. Tschechoslowakei), Dr. phil., Germanistin, mit ihrem Mann u. Kindern 1943 n. Auschwitz deportiert, 1 T aus 2) Beate (* 1924, Arno Stockem, 1924-2011, Studiendir. in Köln)|, Dr. phil., klass. Philol. in Köln, Vf. v. „Die Gestalt d. Penelope in d. Odyssee“, Diss. Köln 1955, E Anno Stockem (* 1961), Dipl.kaufm., Geschäftsführer v. Bildungsunternehmen u. -einrichtungen, Vf. v. „Vermarktung v. Büchern, e. Analyse aus d. Sicht v. Verlagen“, 1988.

  • Biographie

    S. besuchte das Gymnasium in Stein am Anger und zog nach der Matura 1890 mit seiner Familie nach Berlin, wo er 1890–93 Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Philologie studierte. Nach der Promotion 1896 bei Victor Ehrenberg in Göttingen über „Geschichte und Natur der Rentengüter“ und dem preuß. Assessorexamen 1898 war er zunächst als Richter am Amtsgericht Charlottenburg tätig. Über eine jur. Preisaufgabe kam S. in Kontakt zu Edgar Loening (1843–1919), Max Schultzenstein (1847–1922) und Karl Bergbohm (1849–1927), der seine kumulative Habilitation im Öffentlichen Recht 1901 in Bonn betreute. 1904 von der Bonner Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät zum ao. Professor ernannt, setzte S. sich für die Beamtenfortbildung in der preuß. Rheinprovinz ein; auf seine Anregung ging die Gründung der „Akademie für öffentliche Verwaltung“ 1911 in Düsseldorf zurück, deren erster Studiendirektor er wurde. Der Plan, die Düsseldorfer Akademie zu einer Universität auszubauen, scheiterte. 1912 wechselte S. an die neu gegründete „Hochschule für kommunale und soziale Verwaltung“ in Köln. 1916 wurde S. als Nachfolger von Heinrich Geffcken (1865–1916) Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Handelshochschule Köln, einer der Einrichtungen, aus der 1919 die Univ. Köln entstand. S. war beim Aufbau der jur. Fakultät federführend (Dekan 1920 u. 1929/30; Rektor 1925/26). Auf seine Initiative hin wurden das „Seminar für Politik“, das „Seminar für Steuerrecht“ und das „Institut für Ausländisches und Internationales Recht“ gegründet. Sein besonderes Interesse galt auch der jur. Allgemeinbildung in gemeinverständlichen Darstellungen. Zu S.s Doktoranden gehörten der spätere Literaturwissenschaftler Hans Mayer (1907–2001) und der spätere nordrhein-westfäl. CDU-Politiker Arnold Burghartz (1886–1963). S. starb 1932 an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

    S. deckte fast das gesamte Spektrum des öffentlichen Rechts ab. Vor 1918 nationalliberaler Befürworter der Monarchie, legte er 1919 einen Verfassungsentwurf für die „Vereinigten Staaten von Deutschland“ vor, der Hugo Preuß bei den Verfassungsberatungen zur Bestätigung eigener Postionen diente, und kommentierte die Reichsverfassung von 1919 (Die Vfg. d. Dt. Reiches v. 11. Aug. 1919, 1919, ³1925). Umfangreicher waren seine bereits vor 1918 einsetzenden Veröffentlichungen zum preuß. Staats- und Verfassungsrecht. Auf der Staatsrechtslehrertagung 1925 in Leipzig war er Berichterstatter über „Die neueste Entwicklung des Gemeindeverfassungsrechts in Deutschland“. Im von Hans Carl Nipperdey herausgegebenen „Handbuch der Grundrechte“ verfaßte er 1929 den Artikel über den allgemeinen Gleichheitssatz. Mit Alexander Elster (1856–1935) war S. Herausgeber des 1925–31 erschienenen „Handwörterbuch der Rechtswissenschaft I“. 1924 legte S. mit dem (einzigen) Band „Reichs- und Landesstaatsrecht“ das wichtigste Lehrbuch des Staatsrechts der Weimarer Republik vor. Mit Heinrich Triepel (1868–1946) und Gerhard Anschütz (1867–1948) gehörte er 1922–26 dem Vorstand der „Vereinigung der dt. Staatsrechtslehrer“ an,|deren Mitbegründer er war. Politisch galt er als exponierter Linksliberaler. Mit Carl Schmitt (1889–1985) verband S. eine wechselseitige Feindschaft, seit er 1924 dessen „Geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ für die „Kölnische Zeitung“ negativ besprochen hatte. Mit Hans Kelsen (1881–1973), dessen Berufung nach Köln er gefördert hatte, pflegte S. freundschaftlichen Umgang.

    S. kann zu den Vertretern eines wertrelativen Rechtspositivismus gerechnet werden. Seine Bedeutung als Rechtstheoretiker blieb begrenzt, allgemein anerkannt sind seine Verdienste um die wissenschaftliche Etablierung des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts, die Beamtenfortbildung, das jur. Profil der Univ. Köln und sein großes Engagement innerhalb der Staatsrechtslehrervereinigung und der Völkerrechtswissenschaft. In seinem letzten Lebensjahr sah er sich auch Angriffen mit antisemitischem Hintergrund ausgesetzt.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Vereinigung Dt. Staatsrechtslehrer (1921) u. d. Ak. z. wiss. Erforsch. u. Pflege d. Dt.tums (1925).

  • Werke

    Gr. Kinder, Novellen, 1898;
    Aus d. Tiefe, Gedichte, 1899;
    Die Volksüberzeugung als Rechtsqu., 1900;
    Unser Mietrechtsverhältnis u. seine Reform, 1902;
    Der Aufsichtsrat d. Aktienges., 1905;
    Emil Hermann, in: ADB 50, 1905, S. 248–53;
    Dt. Soz.gesetzgebung, 1906;
    Die Ausbildung d. höheren Verw.beamten, 1906;
    Slg. preuß. Gesetze staats- u. verw.rechtl. Inhalts, 1906, ⁸1932;
    Preuß. Staatsrecht, 1906;
    Pol., 1907, ⁶1925;
    Das freie Ermessenin Rechtsprechung u. Verw., 1907;
    Reformfragen d. Arbeiterversicherung, 1910;
    Die Idee d. Weltarbeitervers.rechts, 1911;
    Das öff. Recht d. Krankenhäuser, 1911, ²1920;
    Denkschr. über d. Frage d. Auscheidung d. Kreises Wetzlar aus d. Rheinprovinz, 1912;
    Handkommentar z. Reichsvers.ordnung, 1912, ⁴1929;
    Studien z. soz. Recht, 1912;
    Kommentar z. Reichsgewerbeordnung, 1912, ³1930;
    Kommentar z. Angest.vers.gesetz, 1913, ²1924;
    (Hg.) Hdb. d. kommunalen Vfg.- u. Verw.rechts in Preußen, 3 Bde., 1916–21, ²1928;
    Frauen-Hochschultudium f. soz. Berufe an d. Hochschule f. kommunale u. soz. Verw. Cöln, 1916;
    Die Freiheit d. Meere u. d. Völkerrecht, 1917;
    Grund u. Zukunftsfragen dt. Pol., 1917;
    Vom parl. Wahlrecht in d. Kulturstaaten d. Welt, 1918;
    Rep. od. Monarchie im neuen Dtld., 1919;
    Kommentar z. Vfg. d. Freistaats Preußen, 1921;
    Das preuß. Vfg.recht, 1922;
    Reichsstaatsrecht, 1927;
    Grundbegriffe d. Staatsrechts, 1927;
    Zur Soziol. d. Internat. Rechts, 1927;
    Kommentar z. Gesetz über d. Arbeitslosenvers., 1928, ²1930;
    Die neue jur. Studienreform, 1931;
    Polizeiverw.gesetz, 1932.

  • Literatur

    DJZ 1932, S. 472 f.;
    W. Eckert, Monumenta Judaica, 1963, S. 564;
    E. Jacobi, Rez. Reichs- u. Landesstaatsrecht, in: Archiv f. Rechtspflege in Sachsen, Thüringen u. Anhalt 1925, S. 76 f.;
    H. Mayer, Ein Deutscher auf Widerruf, Erinnerungen, 1982, S. 140 u. 143 f.;
    F. Golczewski, Jüd. Hochschullehrer an d. neuen Univ. Köln vor d. Zweiten Weltkrieg, in: Köln u. d. dt. Judentum, 1984, S. 363 ff.;
    K. Tipke, Der Streit d. Fakultäten, in: Steuern u. Wirtsch. 1987, S. 287 f.;
    H. J. Becker, 600 J. Rechtswiss. in Köln, in: FS Rechtswiss. Fakultät z. 600- J.-Feier Univ. Köln, 1988, S. 3–30;
    B. Heimbüchel u. K. Pabst, Kölner Univ.gesch., Bd. 2, 1988, bes. S. 443 ff.;
    I. Gienow, Leben u. Werk v. F. S.-S., Diss. Köln 1990;
    P. Landau, Jur. jüd. Herkunft im Ks.reich u. in d. Weimarer Rep., in: Dt. Jur. jüd. Herkunft, 1993, S. 133–213, bes. S. 181;
    Ch. Tilitzki, Carl Schmitt an d. Handelshochschule Berlin, in: Schmittiana IV, 1994, S. 157–202;
    H. Maier, in: ders. (Hg.), Who is who in d. Soz. Arb., 1998, S. 576 f.;
    M. Stolleis, Gesch. d. öff. Rechts in Dtld., Bd. 3, 1999, bes. S. 129 u. 282 f.;
    I. Mikešić, Sozialrecht als wiss. Disziplin, 2002, S. 86–89;
    W. Pauly, Grundrechtslaboratorium Weimar, 2004, S. 16;
    M. Jaestedt (Hg.), Hans Kelsen, Veröff. Schrr. 1905–1910 u. Selbstzeugnisse, 2007, S. 79;
    R. Mehring, Carl Schmitt, Aufstieg u. Fall, 2009, S. 164, 170, 188 u. 193;
    ders. (Hg.), „Auf der gefahrvollen Straße d. öff. Rechts“, Briefwechsel Carl Schmitt – Rudolf Smend 1921–1961, 2010, bes. S. 155–61 (P);
    Rhdb. (P);
    Jüd. Lex.;
    Wininger;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
    Kölner Personenlex.

  • Quellen

    Qu Nachlaß: Fam.bes.; – einzelne Amtsschrr. in d. Univ.archiven Bonn u. Köln; – einzelne Briefwechsel erhalten, so mit Karl Bücher (Univ.bibl. Leipzig), Wolfgang Mittermaier (Univ.archiv Heidelberg), Walther Schücking (Univ.- u. Landesbibl. Münster), Rudolf Smend (Staats- u. Univ.bibl. Göttingen), Ferdinand Tönnies (Landesbibl. Kiel), Hans Holzschuher u. Johann Friedrich v. Schulte (Bayer. Staatsbibl. München); weiterer Autograph in d. Thüring. Univ.- u. Landesbibl. Jena; – eigene Archivstudien: Univ.archive Bonn, Köln; Jüd. Gde. Berlin: Stadt Köln, Friedhofsangelegenheiten.

  • Porträts

    Ölgem. v. Helene v. d. Leyen, 1926 (ursprüngl. Univ. zu Köln, Senatssaal, dort 1935 abgehängt, während d. 2. Weltkriegs verbrannt), hierzu Fotogr., 1925 (Univ. zu Köln, Rektorengal., auf Lwd. gezogene Vergrößerung).

  • Autor/in

    Martin Otto
  • Zitierweise

    Otto, Martin, "Stier-Somlo, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 334-335 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118982427.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA