Lebensdaten
1765 – 1843
Geburtsort
Ellikon/Thur (Kanton Zürich)
Sterbeort
Neapel
Beruf/Funktion
Textilindustrieller ; Begründer der süditalienischen Textilindustrie
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 135746418 | OGND | VIAF: 1236985
Namensvarianten
  • Egg, Johann Jakob
  • Egg, Johann Jacob

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Zitierweise

Egg, Johann Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd135746418.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Das Geschl., seit 1630 in Ellikon ansässig, übte hier das Müllereigewerbe u. seit 1671 auch die Gerichtsvogtei (Untervogtei der Landvogtei Kyburg) aus;
    V Joh. Kaspar (1738–91), S des Rudolf (1692–1765), beide Gerichtsvögte u. Müller in Ellikon, u. der Anna Marg. Wolgemuth;
    M Ursula Arbenz (1742–1816) aus Andelfingen;
    Aarau 1801 Anna (1777–1847), T des Kaufm. Hans Jakob Rordorf in Zürich; kinderlos.

  • Biographie

    Nach Privatunterricht zu Hause betätigte sich E., erst 14jährig, auf der Kanzlei der Landvogtei Kyburg in Winterthur, versagte, kam dagegen in sein Element, als er 16jährig bei einem Winterthurer Handelshaus eine 4jährige Lehre antrat. Nach deren Ablauf bereiste er für verschiedene Firmen das Ausland, vor allem Italien. Von hier riefen ihn die kriegerischen Ereignisse 1796-99 in Oberitalien und in Mitteleuropa in die Heimat zurück und hielten ihn dort fest. Um 1800 eröffnete er in Ellikon eine Spinnerei mit Wasserradantrieb, eine der ersten mechanischen Industrieanlagen in der Schweiz, wandte sich dann aber wieder dem Handel zu, bis Napoleons Maßnahmen den Absatz von Textilien nach Frankreich und Italien, den Hauptausfuhrländern der Schweiz, 1810 schließlich ganz unterbanden. Neue Möglichkeiten bot ihm das damalige Königreich Neapel (1808-15 unter Joachim Murat, 1815-49 unter den Bourbonen), da es eigene Baumwolle produzierte, vom Verbot ihrer Einfuhr durch die Kontinentalsperre also nicht betroffen wurde, und da es außerdem noch keine mechanische Industrie kannte. In Neapel erwirkte er sich die Ermächtigung, ein kurz zuvor aufgehobenes Kloster in Piedimonte d'Alife in den Abruzzen, 50 km nördlich Neapel, für seine Zwecke zu benutzen. In Zürich und in anderen Kantonen warb er darauf etwa 110 Personen an. Die Auswanderer, auch Familien mit Kindern, überquerten im Dezember 1812 den Gotthard und trafen Ende Januar 1813 in Piedimonte ein. Noch im gleichen Jahr brachte E. eine erste Partie von Baumwollgeweben aus Handgespinst auf den Markt und setzte sie zu Höchstpreisen ab. Doch dann folgten schwierige Zeiten. Hochwasser zerstörte einen Teil seiner Fabrikanlagen. Manchen Ärger bereiteten ihm auch seine Kolonisten. Die Kämpfe und Wirren bei der Rückkehr der Bourbonen 1815 brachten weitere Beunruhigungen und ernstliche Gefährdungen durch Irregulärenscharen, und in einem kritischen Augenblick zögerte E. nicht, seine Fabrik zur Verteidigung einzurichten und sein ganzes Personal zu mobilisieren. Indessen stellte sie der neue König Ferdinand I. noch 1815 unter seinen persönlichen Schutz. Durch Einfuhrverbote von Artikeln, die E. selbst fabrizierte, oder durch Gewährung zollfreier Einfuhr ausländischer Feinbaumwolle privilegierte und unterstützte er diesen auch im Kampf gegen die mit dem Fall der Kontinentalsperre einsetzende englische Konkurrenz, während E. seinerseits durch bewegliches, der Marktlage angepaßtes Umstellen der Produktion zum Erfolg beitrug. Seine Arbeiterschaft war auf 1200 angestiegen, als im entscheidenden Jahr 1825 der neue Zolltarif des Königreichs in Kraft trat, den E., im gleichen Jahr zum Ehrenmitglied des königlichenn Institutes zur Förderung der Künste und Wissenschaften ernannt, wesentlich mitbestimmt hatte. Sein Unternehmen war damit gesichert. Weitere Gründungen der schweizerischen Textilindustrie folgten nun nach, die erste noch 1825 in Scafati bei Pompeji, drei weitere 1831-37 in Fratte bei Salerno, die später noch Filialfabriken in Angri und Nocera eröffneten. 1913-16 vereinigten sich die Betriebe in Angri und Nocera mit dem E.s zu zwei Konzernen, 1918 endlich, im Zuge des nationalistischen Zeitgeistes dabei freilich an ein italienisches Konsortium übergehend, zu einem einzigen, den Manifatture Cotoniere Meridionali, wie sie heute noch heißen. Ihre Kapazität belief sich 1918 auf 340 000 Spindeln, 2800 Webstühle und 12 000 Arbeitskräfte. Die Fabrik selbst fiel dem zweiten Weltkrieg zum Opfer.

  • Werke

    Einige Grundzüge aus d. Geschäftsleben d. Herrn J. J. E. aus Zürich, 1837 (P).

  • Literatur

    ADB V; G. Meyer v. Knonau, Der Kanton Zürich I, ²1844, S. 293 f.;
    F. Otto, Der Kaufm. zu allen Zeiten, 1869, S. 418-48 (P);
    E. Stauber, Gesch. d. Gem. Ellikon, 1894, S. 92-94;
    G. Wenner, Die Egg, Meyer u. Freitag als Zürcher Industriepioniere in Süditalien, in: Zürcher Taschenbuch auf d. J. 1954, 1953, S. 111-34 (P);
    ders., La manifattura Giovan Giacomo Egg a Piedimonte d'Alife, Neapel 1954 (P);
    ders., Il Cotonificio di Piedimonte d'Alife dal 1843 al 1943, ebd. 1955 (P); HBLS II (P irrtümlich ).

  • Autor/in

    Max Koch
  • Zitierweise

    Koch, Max, "Egg, Johann Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 329-330 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd135746418.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Egg: Johann Jakob E., Kaufmann und Fabrikant, geb. 1774 in Zürich, 1. August 1843 in Neapel. Als jüngerer Sohn einer angesehenen Züricher Familie sollte J. J. E. durch Privatunterricht und einen Aufenthalt in der wälschen Schweiz zur späteren Uebernahme eines öffentlichen Amtes vorbereitet werden; denn die Stadt Zürich, die damals noch die ganze Landschaft regierte, hatte so viele Aemter zu vergeben, daß diese Laufbahn für einen gut empfohlenen jungen Mann ebenso sicher, wie ehrenvoll und vortheilhaft erschien. Mit 14 Jahren wurde er in die Kanzlei der Grafschaft Kiburg eingestellt und dort in die ersten Geheimnisse der Amtsschreiberei eingeführt, legte aber bald und bleibend einen so unüberwindlichen Widerwillen gegen diese trockenen Geschäfte an den Tag, daß der Vater sich nach zwei Jahren entschloß, seinen ersten Plan aufzugeben und den Sohn in dem Handlungshause J. und A. Biedermann in Winterthur als Lehrling unterbrachte. So schlecht sich der junge Anfänger in der Amtsschreiberei angelassen hatte, so gut gelang es ihm hier. Nach Vollendung der vierjährigen Lehrzeit trat E. als Angestellter in ein großes zürcherisches Handelshaus und besuchte zuerst für dieses die Messen in Frankreich und Deutschland, später, als die Stürme der Revolutionszeit und die nachfolgende Napoleonische Herrschaft die altgewohnten Beziehungen vielfach unterbrachen und theilweise gründlich zerstörten, suchte er mit bestem Erfolge Ersatz für das Verlorene durch Anknüpfung lebhafter Handelsverbindungen mit Italien, das er in allen Richtungen bereiste. Das schöne Land mit seinen reichen Kunstschätzen übte auf E. von Anfang an eine besondere Anziehungskraft aus; in ihm sollte er auch die eigentliche Stätte seiner schöpferischen Wirksamkeit finden. Als nämlich durch die Einverleibung stets neuer Länder in das französische Kaiserreich mit seinem Ausschlußsystem der Absatzgebiete des schweizerischen Handels immer mehr verkümmert wurde, faßte E. den kühnen Entschluß, seiner Heimath den Rücken zu kehren und ihre am Boden liegende Baumwollenindustrie nach dem bisher ganz industrielosen Unteritalien zu verpflanzen, wo der Rohstoff unmittelbar zur Hand war. Mit Empfehlungsschreiben wohl ausgestattet, durchzog er im Sommer 1812 mehrere Provinzen des Königreichs Neapel und fand bei der Stadt Piedimonte d'Alife im Thale des mittleren Volturno die nöthigen Vorbedingungen für sein Unternehmen: gesunde Lage; hinreichende Wasserkräfte neben einem verlassenen Kloster, dessen weite Räume sich zur Umwandlung in eine Fabrik trefflich eigneten; eine Bevölkerung, die als Fabrikarbeiter brauchbar erschien. Die neapolitanische Regierung leistete dem Unternehmen jeden Vorschub, und bei der traurigen Lage der einheimischen Industrie nahm auch die zürcherische Regierung keinen Anstand, ihrem rührigen Mitbürger die Erlaubniß zur Ueberführung von 150 Arbeitern nach Piedimonte zu ertheilen. So machte sich denn E. ernstlich ans Werk, suchte sich seine Leute zusammen, schloß mit ihnen Verträge ab und ließ sie im December 1812 in drei Abtheilungen über den Gotthard ziehen, 200 Spinner, Weber, Maschinisten und Handwerker, eine ganze Colonie, zum größeren Theile aus dem Canton Zürich. Die zur Einrichtung der mechanischen Spinnerei erforderlichen Maschinen wurden gleichzeitig über Triest an den Ort ihrer Bestimmung gesandt. Sechs Monate bedurften diese, um nach Piedimonte zu gelangen, wo inzwischen Alles zu ihrer Aufnahme vorbereitet, auch vorläufig die Handspinnerei an selbst verfertigten, bisher in Neapel noch unbekannten Spinnrädchen und die Weberei mit dem hier noch ebenso unbekannten Schnellschützen eingeführt worden war. Die Ein- und Umwohner von Piedimonte zeigten sich geschickt und gelehrig für die neue Arbeit und trotz der hohen Preise der Baumwolle fanden die Egg’schen Gewebe reißenden Absatz in dem durch die Continentalsperre und den gänzlichen Mangel einer eigenen Industrie an solchen Producten so zu sagen ausgehungerten Lande. Der Anfang war demnach ermuthigend.

    Sehr rasch verdüsterten sich aber die frohen Aussichten. Das Jahr 1814 brachte gleich beim Beginn größere Schädigung durch Wassersnoth und ärgerliche Streitigkeiten mit den schweizerischen Arbeitern. Es folgten wachsende Unruhen gegen die französische Herrschaft in dem Königreich, welche E. nöthigten, seine|Fabrik in eine kleine Festung gegen die herumstreifenden, plünderungslustigen Banden umzuwandeln; es folgte 1815 der Sturz Murat's und der Einmarsch österreichischer Truppen von der Militärgrenze nach Piedimonte als Befreier zweifelhaften Werthes. Die wichtigste Frage für E. war jedoch diejenige, wie sich die zurückgekehrte bourbonische Regierung zu seiner Schöpfung stellen und welche Rückwirkungen die Aufhebung des Continentalsystems auf seine Fabrikation ausüben würde.

    In ersterer Beziehung lief alles über Erwarten gut ab. Wenn sich auch der neue Unter-Intendant in Piedimonte durch das Geschrei des aufgeregten Volkes für die Vertreibung irrgläubiger Fremden einnehmen ließ, so versicherte schon der Ober-Intendant zu Capua den zu ihm geeilten E. seines kräftigen Schutzes, und ganz besondere Gunst fanden die Anfänge der durch E. gepflanzten einheimischen Industrie bei König Ferdinand IV. Er nahm durch Decret von 28. Oct. 1815 das Etablissement zu Piedimonte unter seine specielle Obhut und verlieh ihm das Recht, das königliche Wappen zu führen. Unter dieser Obhut war es auch möglich, die Schläge zu pariren, welche mit dem Falle des Continentalsystems durch die plötzliche Entwerthung der inländischen Baumwolle und die ebenso plötzliche Ueberfluthung des Landes mit englichen Baumwollengeweben die junge Schöpfung des Schweizers bedrohten. Zuerst gaben persönliche Privilegien — das Monopol für die sogenannten Balazores-Tücher (1816) und die Erlaubniß der zollfreien Einfuhr ausländischer Baumwolle für den eigenen Bedarf (1818) — die Kraft, sich über die schlimmsten Zeiten hinweg zu helfen, dann gewährte das allgemeine Verbot der Einfuhr ausländischer Handgespinnste und ein ungebührlich erhöhter Zollansatz auf auswärtige Maschinengarne weitere Begünstigung. Endlich wurde zu Anfang des Jahres 1825, ohne Zweifel unter des vielgeltenden Egg's kräftiger Einwirkung, ein Schutzzollsystem aufgerichtet, welches nicht blos das fernere Gedeihen der Fabriken in Piedimonte sicherte, sondern auch noch manche andere unternehmenden Schweizer nach Unteritalien lockte, um dort nach Egg's Vorbild großartige Fabriken zu gründen und in kurzer Zeit eine ganz bedeutende einheimische Baumwollenindustrie ins Leben zu rufen, die bis in unsere Tage größtentheils in ihren Händen blieb. E. ergänzte seine ersten Anlagen mit der Zeit durch Einführung der mechanischen Weberei, durch ausgedehnte Krappanpflanzungen und eine Rothgarnfärberei. Die Zahl seiner Arbeiter stieg bis zu Anfang der dreißiger Jahre auf ca. 1300, nun beinahe ausschließlich Eingeborene, darunter ein großer Theil von der Regierung gelieferte Mädchen aus den öffentlichen Armen- und Correctionsanstalten. Allerdings brachte diese Gunstbezeugung neben dem Vortheile wohlfeiler Arbeitskräfte auch manche Sorge mit sich. — Der umgestaltende wohlthätige Einfluß der Egg’schen Schöpfungen auf deren nähere Umgebung mag am besten daraus ermessen werden, daß die Bevölkerung von Piedimonte in den Jahren von 1814—1842 von 4200 auf ca. 12000 Einwohner angewachsen ist. Auch das mag bei diesem Anlasse erwähnt werden, daß E. im J. 1813 die Kartoffel zum ersten Male nach der Gegend von Piedimonte gebracht hat, wo sie nach anfänglich ungünstiger Aufnahme nicht blos ein beliebtes Nahrungsmittel, sondern auch ein sehr bedeutender Handelsartikel geworden ist, indem die benachbarten Orte im Gebirge jährlich über 50000 Säcke allein nach der Hauptstadt Neapel verkaufen.

    Die materiellen Früchte der rastlosen Thätigkeit J. J. Egg's sollen durch seine Vorliebe für fortwährende Umänderung des kaum Erstellten, durch kostspielige Processe, die einem rechthaberischen Eigensinn entsprangen, und durch ausgedehnte Betrügereien einzelner Angestellter, die ihm zu schmeicheln verstanden, sehr wesentlich beeinträchtigt worden sein und bei Abschluß seines vielbewegten, arbeitreichen Lebens nicht im Verhältniß zu seiner großartigen Wirksamkeit gestanden|haben. Eine gewisse Ruhelosigkeit und Härte in seinem Wesen und Auftreten wird hauptsächlich dem Umstande zugeschrieben, daß er seit seiner Ueberfiedlung nach Italien das Familienleben entbehrte, indem die Gattin in Zürich zurückgeblieben war und nur durch regelmäßige Correspondenz mit ihm verkehrte. Ungestörte Gesundheit bis in sein hohes Alter sicherte ihm seine außerordentlich mäßige und geregelte Lebensweise. — Die antiquarische Gesellschaft in Zürich ist dem Begründer der Baumwollindustrie in Unteritalien noch heute dankbar für eine schöne Sammlung von Vasen, die E. unter seiner eigenen Leitung ausgraben ließ und den Alterthumsfreunden der Vaterstadt zum Geschenk machte.

    • Literatur

      Einige Grundzüge aus dem Geschäftsleben des Hrn. J. J. Egg aus Zürich in der Schweiz. 1837. Franz Otto, Der Kaufmann zu allen Zeiten, Leipzig u. Berlin 1869.

    • Korrektur

      |Egg war kein Zürcher, sondern stammte aus Ellikon im Bezirk Winterthur.

  • Autor/in

    Wartmann.
  • Zitierweise

    Wartmann, Hermann, "Egg, Johann Jakob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 658-661 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd135746418.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA