Dates of Life
1871 – 1938
Place of birth
Berlin
Place of death
Durham (North Carolina, USA)
Occupation
Psychologe ; Philosoph ; Professor der Psychologie in Breslau und Hamburg
Religious Denomination
jüdisch
Authority Data
GND: 118798758 | OGND | VIAF: 37006697
Alternate Names
  • Stern, Louis Wilhelm
  • Stern, Wilhelm
  • Stern, Ludwig Wilhelm
  • more

Objekt/Werk(nachweise)

Relations

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Citation

Stern, William, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118798758.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Sigismund (1837–90), Zeichner, Geschäftsmann;
    M Rosa (1839–96), T d. Sigismund Stern (1812–67), aus Karge (Unruhstadt, Posen), Dr. phil., Talmud-Gel., Philol., Vf. v. sprachwiss., hist. u. päd. Schrr., Reformpäd., 1843 Dir. d. Kulturver. z. Förderung d. Wiss. u. Kunst in B., Mitgründer d. ref. jüd. Gde. ebd., 1855 Dir. d. Realschule d. isr. Gde. (Philanthropin) in Frankfurt/M. (s. L);
    1899 Clara (1878–1945), aus B., Psychol., Mitarb. v. S. (s. Bedeutende Psychologinnen, hg. v. S. Volkmann-Raue, 2002, S. 133–52), T d. N. N. Jose(e)phy, Bankier in B., Gutsbes. in Meckl.;
    1 S Günther (Ps. Günther Anders) (1902–92, 1] um 1929–37 Hannah [eigtl. Johanna] Arendt, 1906–75, Philos., 2] 1945–55 Elisabeth Freundlich, 1906–2001, Schriftst., s. Österr. Dichterinnen, hg. v. E. Reichart, 1993, 3] 1957 Charlotte Zelka [eigtl. Zelkowitz], 1930–2001, Konzertpianistin), Sozialphilos., Essayist (s. L), 2 T Hilde (1900–60, 1] 1922–27 Rudolf Schottlaender, 1900–88, Philos., Philol., o. Prof. f. Klass. Philol. an d. Humboldt-Univ. in B., s. NDB 23, 2] Hans Marchwitza, 1890–1965, Schriftst., während d. Span. Bürgerkriegs Offz. d. Internat. Brigaden, emigrierte 1941 in d. USA, seit 1946 in Stuttgart, dann in Potsdam, stellv. Vors. d. Schriftst.verbandes d. DDR., Nat.preis d. DDR, Dr. h. c. [Humboldt-Univ. Berlin], s. BHdE II; Biogr. Hdb. SBZ/DDR; Munzinger), Soz.arb., Schriftst., Übers., Eva (1904–92, Dolf [Adolf] Michaelis, 1906–82, Mitgl. d. Zionist. Vereinigung f. Dtld.), emigrierte 1933 in d. USA, dann n. England, seit 1945 in Palästina, Mitgründerin u. Dir. d. Kinder- u. Jugend-Aliyah (s. L).

  • Biographical Presentation

    S. besuchte das Köllnische Gymnasium in Berlin und studierte seit 1888 Philosophie und Psychologie in Berlin. 1893 wurde er mit der Arbeit „Die Analogie im volkstümlichen Denken“ bei Moritz Lazarus (1824–1903) promoviert. Unter der Anleitung des Psychologen Hermann Ebbinghaus (1850–1909) habilitierte sich S. 1897 mit einer „Theorie der Veränderungsauffassung“ und wurde mit dessen Unterstützung 1897 Privatdozent für Philosophie und Psychologie in Breslau. 1907–16 war er ao. Professor für Philosophie sowie Direktor der Psychologischen Abteilung des phil. Seminars in Breslau und zugleich 1906–16 Direktor des „Instituts für angewandte Psychologie“ der „Gesellschaft für experimentelle Psychologie“ in Berlin. 1916 übernahm S. als Nachfolger Ernst Meumanns (1862–1915) in Hamburg im Rahmen des „Allgemeinen Vorlesungswesens“ die Professur für Psychologie und war maßgeblich an der Gründung der Univ. Hamburg 1919 beteiligt. Danach hatte er dort die Professur für Philosophie, Psychologie und deren Beziehungen zur Pädagogik inne. 1933 durch die Nationalsozialisten zwangsweise in den Ruhestand versetzt, emigrierte S. über Holland in die USA und lehrte von 1934 bis zu seinem Tod als Gastprofessor an der Duke University in Durham (North Carolina).

    S. begründete die Psychologie der individuellen Verschiedenheiten, die „Differentielle Psychologie“, als besonderen Wissenschaftszweig. Er war ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie, der Pädagogischen und Forensischen Psychologie. S.s psychologische Forschungen sind durch seine Philosophie eines „kritischen Personalismus“ begründet, der als Reaktion auf die vorherrschende naturwissenschaftliche Denkweise zu verstehen ist. S.s Leitunterscheidung ist die zwischen Person und Sache. Sachen sind mechanisch organisiert, Fremdzwecken und nur den Naturgesetzen unterworfen, während Personen durch eigengesetzliche Selbsttätigkeit organisiert sind. Die kulturwissenschaftliche (ideographische) und die naturwissenschaftliche (nomothetische) Methodik sind nach S. „nicht nur vereinbar, sondern sogar innerlich zusammengehörig und notwendig aufeinander verwiesen“. Ein Kernstück des kritischen Personalismus ist das Konvergenzprinzip. Verhalten ist nach S. niemals allein das Resultat von Begabungen oder Außeneinflüssen, sondern erst im Zusammentreten von Ererbtem und Erworbenem tritt das Seelenleben hervor. Das Konvergenzprinzip tritt dem einseitigen Teleologismus ebenso entgegen wie dem einseitigen Determinismus. Es gilt besonders für die Entwicklung der kindlichen Psyche, die er durch vieljährige Beobachtungen seiner eigenen Kinder und unter Verwendung der Tagebücher seiner Frau Clara studierte. Als Meilensteine der Spracherwerbsforschung entstanden u. a. „Die Kindersprache“ (1907 mit Clara S., Nachdr. 1987) und „Psychologie der frühen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr“ (1914, mehrere Neuaufll.).

    S. war einer der Pioniere der psychologischen Testmethodik und führte 1912 den Begriff des Intelligenzquotienten („Die psychologische Methode der Intelligenzprüfung“) ein. Dieser Quotient aus Intelligenzalter und Lebensalter ist gegenüber der bis dahin angewandten Subtraktion weit aussagekräftiger, weil er das oftmals starke Auseinanderklaffen von Intelligenzalter und Lebensalter gerade bei Kindern besser berücksichtigt. S. sah im Intelligenzquotienten „einen Index, der prognostischen Wert beanspruche und bei Schulbahnberatung (sowie der späteren Berufsberatung) mitsprechen dürfte.“ Weitere Anwendungsgebiete sah S. bei der Einschätzung des Übergangs in die Sonderschule sowie bei der Hochbegabtenauslese. Allerdings blieb S.s Konzept des Intelligenzquotienten in seine personalistische Philosophie eingebettet. Den Gebrauch des IQ als „kahles Gerüst von Testziffern“, das nicht die „Triebkräfte des Leistens“ und den „Arbeitscharakter“ berücksichtigt, kritisierte er deutlich (Der personale Faktor in d. Psychotechnik u. in d. praktischen Psychologie, in: Zs. f. angewandte Psychol. 44, 1933, S. 52–63). Damit erwies sich S. als Wegbereiter einer ethisch reflektierten psychologischen Anwendungswissenschaft.

  • Awards

    A Dr. of laws h. c. (Clark-Univ., Worcester, Massachusetts) (1909).

  • Works

    Person u. Sache, System d. phil. Weltanschauung, 3 Bde., 1906–24;
    Die differentielle Psychol. in ihren method. Grundlagen, 1911;
    Allg. Psychol. auf personalist. Grundlage, 1935;
    Hg.:
    Zs. f. angewandte Psychol., 1908–33 (mit O. Lippmann);
    Autobiogr.
    , in: Die Philosophie d. Gegenwart in Selbstdarstellungen, hg. v. R. Schmidt, VI, 1927, S. 1–56;
    Nachlaß:
    Archiv d. Harvard Univ., als Dauerleihgabe in d. Hebrew Univ., Jerusalem.

  • Literature

    FS z. 60. Geb.tag 1931, Beih. 59 d. Zs. f. angew. Psychol.;
    G. W. Allport, The Personalistic Psychology of W. S., in: Historical Roots of Contemporary Psychology, hg. v. B. B. Wolman, 1968, S. 321–37;
    Eva Michaelis-Stern, W. S., The Man and his Achievments, in: LBI Year Book 17, 1972, S. 143–54;
    G. Reinert, W. S., Eine Titelbibliogr. seiner Werke, in: Trierer Psychol. Berr. 7, 1980, H. 4;
    W. Deutsch, Über d. verborgene Aktualität v. W. S., 1991;
    P. Probst u. W. Bringmann, Ernst Meumann u. W. S., in: Gesch. d. Psychol. 10, 1993, Nr. 23;
    G. Bühring, W. S. oder d. Streben nach Einheit, 1996;
    Killy;
    Hamburg Lex.;
    H. Morgenstern, Jüd. Biogr. Lex., 2009;
    Kurzbiogrr. Juden;
    U. Maas, Verfolgung u. Auswanderung dt.sprachiger Sprachforscher 1933–1945, 2010;
    zu Sigismund († 1867):
    ADB 36;
    A. Galliner, S. S., d. Reformator u. d. Päd., 1930, hierzu: D. Philipson, in: Jewish Quarterly Review 24, 1934, H. 3, S. 243–46;
    Enc. Jud. 1971;
    Frankfurter Biogr.;
    Heuer;
    – zu Günther Anders: Zugänge, G. A., Leben u. Werk, hg. v. R. Bahr, 2007;
    Ch. Dries, G. A., 2009;
    Munzinger;
    BHdE II;
    Killy;
    Kosch, Lit.Lex. ³;
    Metzler Autorenlex.

  • Author

    Stefan Büttner
  • Citation

    Büttner, Stefan, "Stern, William" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 25 283-285 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118798758.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA