Lebensdaten
1909 – 1987
Geburtsort
Bonn
Sterbeort
Croglio (Kanton Tessin)
Beruf/Funktion
Kaufmann ; Kaufhausunternehmer ; Unternehmer
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 139658076 | OGND | VIAF: 102520296
Namensvarianten
  • Horten, Helmut Eugen Franz
  • Horten, Helmut
  • Horten, Helmut Eugen Franz

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Zitierweise

Horten, Helmut, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139658076.html [26.04.2024].

CC0

  • Der Unternehmer Helmut Horten erwarb seine ersten Warenhäuser von jüdischen Emigranten seit 1936. Nach Kriegsverlusten und Internierung gründete er 1948 in Duisburg sein erstes Kaufhaus der Nachkriegszeit. Durch Zukäufe 1953/54 baute er sein Unternehmen zum viertgrößten Warenhauskonzern der Bundesrepublik aus. Seit 1968 zog er sich aus dem Geschäft zurück und übersiedelte in die Schweiz.

    Lebensdaten

    Geboren am 8. Januar 1909 in Bonn
    Gestorben am 30. November 1987 in Croglio (Kanton Tessin)
    Grabstätte Privatmausoleum in Sekirn (Kärnten)
    Konfession römisch-katholisch
    Helmut Horten, Imago Images (InC)
    Helmut Horten, Imago Images (InC)
  • Lebenslauf

    8. Januar 1909 - Bonn

    1915 - 1928 - Köln

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Realgymnasium

    1929 - 1932 - Düsseldorf

    Lehre zum Herrenausstatter

    Warenhaus Tietz

    1932 - 1936 - Köln

    Angestellter

    Kaufhaus Michel/Jacobi

    1936 - 1952 - Duisburg

    alleinhaftender Gesellschafter

    Kaufhaus Helmut Horten KG

    1936 - 1953 - Wattenscheid

    Geschäftsführer, Gründer

    Kaufhaus Helmut Horten GmbH

    1937

    Mitglied

    NSDAP

    1943 - 1945 - Berlin

    Beteiligung

    Flugzeugwerke Johannisthal GmbH

    1946 - 1948 - Recklinghausen

    Internierung

    britisches Internierungslager

    1948 - 1951 - Duisburg

    Neubau des Kaufhauses

    Helmut Horten KG

    1953 - Duisburg; Nürnberg

    Übernahme

    Merkur AG

    1954 - Duisburg; Berlin

    Übernahme

    Emil Köster AG

    1955 - Düsseldorf

    Gründung

    Helmut Horten GmbH

    1968 - Düsseldorf

    Gründung

    Horten AG

    1968 - 1971 - Düsseldorf

    Verkauf der Aktienmehrheit

    Horten AG

    1968 - Croglio (Kanton Tessin)

    Übersiedlung

    1971 - Agno (Kanton Tessin)

    Gründung

    Villalta-Stiftung, seit 1987 Helmut Horten Stiftung

    30. November 1987 - Croglio (Kanton Tessin)
  • Genealogie

    Vater Josef Emil August Horten 1880–1957 Landgerichtsdirektor; Senatspräsident am Oberlandesgericht Köln
    Großvater väterlicherseits Anton Hubert Horten 5.3.1838–23.10.1903 aus niederrheinischer Kaufmannsfamilie; Reichsgerichtsrat in Leipzig
    Großmutter väterlicherseits Sidonie Sophie Eugenie Horten, geb. Kreuser 1849–1923 1911 Eintritt in das Ordenskloster der Salesianer in Moselweis
    Mutter Helena Huberta Horten, geb. Bieger 1880–1940 aus Boppard; Scheidung von Josef Horten am 3.12.1937
    Bruder Rudolf Horten 1907–1925
    Schwester Gisela Unkel, geb. Horten, verw. Bovenschen 1916–1963
    Schwester Josefa Gaul, geb. Horten 1917–1988
    Halbbruder Rudolf Horten geb. 1942
    1. Heirat 1941 in Zoppot (Ostpreußen, heute Sopot, Polen)
    Ehefrau Elisabeth Horten, geb. Strick gest. 1941 Suizid
    2. Heirat 1966 in Sekirn (Kärnten)
    Ehefrau Heidi Goess-Horten , geb. Jelinek, verw. Horten, gesch. Charmat 13.2.1941–12.6.2022 Kunstmäzenin; Gründerin der Heidi Horten Collection; 1971–2022 Vizepräsidentin des Stiftungsrats der Helmut Horten Stiftung
    Onkel väterlicherseits Franz Horten (Ordensname Titus Maria Horten) 9.8.1882–25.1.1936 Dominikanerpater; 1935 von der Gestapo interniert, zu zweijähriger Haft wegen angeblicher Devisenvergehen verurteilt, im Berufungsverfahren freigesprochen, Tod in der Haft; 1948 Eröffnung des diözesanen Seligsprechungsverfahrens
    Onkel väterlicherseits Max Horten 7.5.1874–2.7.1945 Bibliotheksrat; Orientalist; 1933 NSDAP-Mitglied
    Onkel väterlicherseits Werner Horten geb. 1892 Justiziar und Syndicus des Bankhauses Sal. Oppenheim, Köln
    Vetter Alphons Horten 9.11.1907–1.12.2003 Unternehmer; Bundestagsabgeordneter der CDU
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Horten, Helmut (1909 – 1987)

    • Vater

      Josef Horten

      1880–1957

      Landgerichtsdirektor; Senatspräsident am Oberlandesgericht Köln

      • Großvater väterlicherseits

        Anton Horten

        5.3.1838–23.10.1903

        aus niederrheinischer Kaufmannsfamilie; Reichsgerichtsrat in Leipzig

      • Großmutter väterlicherseits

        Sidonie Horten

        1849–1923

        1911 Eintritt in das Ordenskloster der Salesianer in Moselweis

    • Mutter

      Helena Horten

      1880–1940

      aus Boppard; Scheidung von Josef Horten am 3.12.1937

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Bruder

      Rudolf Horten

      1907–1925

    • Schwester

      Gisela Unkel,

      1916–1963

    • Schwester

      Josefa Gaul

      1917–1988

    • 1.·Heirat

      in

      Zoppot (Ostpreußen, heute Sopot, Polen)

      • Ehefrau

        Elisabeth Horten

        gest. 1941

        Suizid

    • 2.·Heirat

      in

      Sekirn (Kärnten)

      • Ehefrau

        Elisabeth Horten

        gest. 1941

        Suizid

  • Biografie

    Horten begann nach dem Abitur 1929 eine Lehre im Warenhaus Tietz in Düsseldorf, dem bedeutendsten der Region. Anschließend nahm er 1932 eine Stellung im Kaufhaus Michel als Verkäufer für Herrenmode an und wurde 1934 Abteilungsleiter. 1936 schied Horten aus diesem Kaufhaus aus und wurde unter Vermittlung von Wilhelm Reinold (1895–1979), Leiter der Filiale Duisburg der Commerz- und Privatbank, alleinhaftender Gesellschafter und, neben zwei weiteren Kommanditisten, mit einem Anteil von 16,7 % Beteiligter und Geschäftsführer der neu gegründeten Helmut Horten KG, die das Kaufhaus Gebrüder Alsberg OHG in Duisburg von den jüdischen Inhabern Ernst, Kurt und der im KZ Treblinka ermordeten Amalie (1870–1942) Lauter sowie Hermann Strauß übernahm. 1938 kaufte Horten persönlich die an die Helmut Horten KG vermieteten Immobilien und Grundstücke aus dem Besitz der Familie Lauter, die er wieder an seine Firma vermietete, außerdem das Privathaus der Familie Lauter, jeweils zu den aufgrund der zahlreichen Zwangsverkäufe von Immobilien aus jüdischem Besitz erniedrigten Preisen.

    Horten beteiligte sich 1936 federführend an der „Arisierung“ des jüdischen Kaufhauses Hess in Wattenscheid und der damit verbundenen dortigen Gründung der Helmut Horten GmbH, deren faktischer Alleininhaber (90 % des Kapitals der GmbH entfielen auf ihn) er war; der jüdische Vorbesitzer Sally Hess (1879–1958) blieb bis Oktober 1937 umsatzbeteiligt. Horten erwarb daneben 1938 Anteile bei Übernahmen von Kaufhäusern in Gevelsberg und Bielefeld. 1937 wurde er Mitglied der NSDAP. 1938 kaufte er mit Reinold das Kaufhaus Alexander und Echternach OHG in Königsberg (Ostpreußen, heute Kaliningrad, Russland). Es folgten Beteiligungen an „arisierten“ Kaufhäusern in Marienburg und Marienwerder (beides Westpreußen, heute Woiwodschaft Pommern, Polen). Horten betrieb die Suche nach geeigneten Geschäftsübernahmen, die sich nicht nur auf Kauf- und Warenhäuser aus jüdischem Vorbesitz erstreckte: 1943 übernahm er mit Reinold die Mehrheit an der Flugzeugwerk Johannisthal GmbH in Berlin, die während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter einsetzte, deren Zahl sich unter Hortens Besitzanteil steigerte. Von Horten angestrebte Beteiligungen an zwei Kaufhäusern in Amsterdam (Gerzons Modemagazijnen) und Olmütz scheiterten: In Amsterdam an organisatorischen Problemen, in Olmütz an der Bevorzugung regionaler Käufer durch die Behörden. Hortens Duisburger Kaufhaus diente von 1940 bis 1945, auch nach der Zerstörung des Haupthauses 1943, als Verteilzentrum für Textilien für ausgebombte Personen, wobei er von den staatlich garantierten Preisen für Kleidermarken profitierte.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Unternehmen Hortens in Ost- und Westpreußen und Berlin durch Besatzung und Enteignung verloren, das Kaufhaus in Duisburg war zerstört, das Wattenscheider Haus konnte mit Einschränkungen weiter betrieben werden. Die Helmut Horten KG wurde von den alliierten Untersuchungsbehörden mit einer Vermögenssperre belegt; Hintergrund waren Anträge auf Wiedergutmachungsleistungen durch die Vorbesitzer des Duisburger Kaufhauses. 1946 wurde Horten von der britischen Field Security Section verhaftet und im Gefangenenlager Recklinghausen interniert. Seine Entlassung erzwang er im April 1948 mit einem Hungerstreik. Trotz Verdachtsmomenten der alliierten Untersuchungsbehörden kam es zu keiner Anklage. Vor dem Entnazifizierungshauptausschuss in Duisburg musste sich Horten verantworten und wurde als „unbelastet“ freigesprochen.

    Bereits wenige Wochen nach seiner Haftentlassung im April 1948 forcierte Horten die Neugründung eines Kaufhauses in Duisburg, das Anfang Dezember 1948 eröffnete. Mit den ehemaligen Inhabern der jüdischen Geschäfte in Duisburg und Wattenscheid einigte Horten sich außergerichtlich auf Wiedergutmachungsleistungen: Die Familie Lauter und Hermann Strauß erhielten eine Gesamtleistung von 950 000 D-Mark, Strauß erhielt das Wattenscheider Haus zurück, das fortan von Horten gemietet wurde. Für Beteiligungen außerhalb des Territoriums der Bundesrepublik musste er keine Wiedergutmachung leisten. 1952 schied der letzte Kommanditist aus der Helmut Horten KG aus, und Horten wurde alleiniger Inhaber.

    1953 kaufte Horten die Merkur AG von Salman Schocken (1877–1959), die rund 20 Kaufhäuser in Westdeutschland betrieb. 1954 kamen durch den Kauf der DeFaKa-Kaufhäuser der Emil Köster AG von Jakob Michael (1894–1979) weitere rund 20 Kaufhäuser hinzu. Mit diesen wegen hoher Kreditaufnahmen wirtschaftlich riskanten Übernahmen wurde Hortens Unternehmen zum viertgrößten Warenhauskonzern der Bundesrepublik, hinter Karstadt, Kaufhof und Hertie. Die unterschiedlichen Unternehmenszweige wurden seit 1955 in der neu gegründeten Helmut Horten GmbH gebündelt. Über ein komplexes System aus beteiligten und untergeordneten Unternehmen, die untereinander in Geschäftsbeziehungen standen und meist in Hortens persönlichem Mehrheits- oder Vollbesitz waren, wurde Steuervermeidung betrieben. Mitte der 1960er Jahre überschritt der Konzern die Grenze von einer Milliarde D-Mark Umsatz pro Jahr.

    1968 begann durch die Umwandlung der Helmut Horten GmbH in die Horten AG der Rückzug des Gründers aus dem operativen Geschäft. Durch den Verkauf von 25 % der Aktien, verbunden mit einer hohen Bonuszahlung, flossen Horten rund 850 Millionen D-Mark zu. Um diese steuerlich günstig beziehen zu können, übersiedelte er mit seiner Ehefrau im Dezember 1968 nach Croglio (Kanton Tessin). Bis 1971 trennte sich Horten schrittweise von allen Aktienpaketen an seinem ehemaligen Unternehmen. Der Umzug in die Schweiz rief ein stark negatives Medienecho in der Bundesrepublik hervor und war Ausgangspunkt für einen langen Konflikt mit den deutschen Finanzbehörden, der 1972 in die Verabschiedung des Außensteuergesetzes, auch „Lex Horten“ genannt, mündete und dem Fiskus ermöglichte, auch das Vermögen von ausgewanderten Bundesbürgern für eine bestimmte Zeit weiter zu besteuern.

    Horten unterstützte die FDP mit Spenden und unterhielt eine Freundschaft zu Franz-Josef Strauß (1915–1988). Sein großes Vermögen vermachte er seiner Frau und verfügte, dass dieses nach ihrem Tod überwiegend der von ihm 1971 zum Zweck der Förderung von medizinischer Forschung und Wissenschaft gegründeten Villalta-Stiftung, 1987 umbenannt in Helmut Horten Stiftung, zufließen sollte. Die Horten AG wurde 1994 durch die Kaufhof Warenhaus AG übernommen, der Name Horten 2004 vollständig aus dem Firmennamen entfernt.

  • Auszeichnungen

    1958 Mitglied des Deutschen Ordens
    1965 Mitglied des Malteser Ritterordens
    1967 Großoffizier des Ordens de Isabel la Católica
    1973 Mitglied der International Oceanographic Foundation, Key Biscayne, Florida
    1984 Großes Goldenes Ehrenzeichen des Landes Kärnten
  • Quellen

    Nachlass:

    Helmut Horten Stiftung, Agno (Kanton Tessin).

    Weitere Archivmaterialien:

    Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland, Duisburg, Personal- und Firmenakten, OE-612-83.

    Stadtarchiv Duisburg, Firmenakten 203-7 012.

  • Literatur

    Das Paradies der Damen, in: Der Spiegel v. 18.5.1955.

    Kurt Pritzkoleit, Die neuen Herren. Die Mächtigen in Staat in Wirtschaft, 1955, S. 412–428.

    Johannes Ludwig, Boykott, Enteignung, Mord. Die „Entjudung“ der deutschen Wirtschaft, 1988, S. 154–174.

    Peter Hoeres/Maximilian Kutzner, Gutachten über den Vermögens- und Geschäftsaufbau von Helmut Horten im Kontext der „Arisierung“ in der Zeit des „Dritten Reiches“, 2022. (Onlineressource)

    Peter Hoeres/Maximilian Kutzner, Der Kaufhauskönig. Helmut Horten. Biografie, 2023. (P)

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Maximilian Kutzner (Würzburg)

  • Zitierweise

    Kutzner, Maximilian, „Horten, Helmut“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/139658076.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA