Lebensdaten
1839 – 1925
Geburtsort
Prag
Sterbeort
Salzburg
Beruf/Funktion
Kaufmann ; Alpinist ; Mäzen ; Gründer des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119551535 | OGND | VIAF: 25415171
Namensvarianten
  • Stüdl, Johann
  • Stüdl, Johann
  • Stüdl, Johannes

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Zitierweise

Stüdl, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119551535.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Andreas, Kaufm., Untern. in P.;
    M N. N.;
    2 B u. a. Franz;
    Prag 1872 Hermine Wenzal;
    1 S, 2 T,u. a. Olga, Bergsteigerin, Pensionsbes. in P.

  • Biographie

    S. unternahm bereits als Gymnasiast ausgedehnte Wanderungen im Böhmerwald, später erstieg er die Kampenwand im Chiemgau und mehrere Gipfel im Wettersteingebiet. Sein Chemiestudium in Dresden mußte er nach dem frühen Tod des Vaters abbrechen, um das väterliche Kolonialwarengeschäft mit Weinhandlung auf der Prager Kleinseite weiterzuführen; auch Anteile an einer Glasfabrik mußten verwaltet werden. 1864 überquerte er mit den Brüdern Ruben und Karl Haushofer (1839–95) sowie einem einheimischen Führer, der durch einen Spaltensturz ums Leben kam, den Schwarzensteingletscher im Zillertal und überschritt den Alpenhauptkamm hinüber ins Ahrntal. 1867 wanderte S. gemeinsam mit seinem Bruder Franz von Heiligenblut durch das Leitertal, über das Bergertörl und das Ködnitztal nach Kals. Hier erfuhren die beiden von den Bemühungen der einheimischen Führer, einen gletscherfreien Aufstieg auf den Großglockner über dessen Südwestgrat zu erschließen. Diese schwierige Route hatten Josef Kehrer und Peter Groder 1864 erstmals begangen; um sie für Touristen begehbar zu machen, mußte sie jedoch durch den Einbau diverser Steighilfen vereinfacht werden. S. finanzierte in der Folge sowohl diese Arbeiten als auch den Bau einer Schutzhütte, die den Namen „Stüdlhütte“ erhielt und im Sept. 1868 ihrer Bestimmung übergeben werden konnte. 1869 übertrug S. seine Hütte an Groder, der sie jedoch verfallen ließ, bis sie S. 1877 wieder zurückkaufte. Ferner organisierte S. das Führerwesen in Kals neu, spendete den Bergführern Ausrüstungsgegenstände und unterstützte die Dorfbewohner. 1869 rief S. in Kals den ersten Bergführerverein der Ostalpen ins Leben, dem alle ansässigen Führer angehörten und der ähnlichen Organisationen, nicht nur in Österreich, als Vorbild diente.

    Konnte der seit dem frühen 20. Jh. als „Stüdlgrat“ bezeichnete Anstieg im 19. Jh. wegen seiner immer noch verbleibenden klettertechnischen Schwierigkeiten die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen, so zählt er heute (mit nur einer Drahtseilsicherung an der Schlüsselstelle) zu den bekanntesten und beliebtesten mittelschweren Anstiegen im gesamten ostalpinen Raum. S. unternahm einige Erstbesteigungen in der Glocknergruppe, darunter den Romariswandkopf (1868), die Hohe Riffl, den Hinteren Bratschenkopf, die Klockerin, den Großen Bärenkopf und den Schneewinkelkopf (alle 1869). 1877 fand er einen neuen Anstieg auf das Rainerhorn (Rieserfernergruppe).

    Bei der Gründung des Dt. Alpenvereins (DAV) 1869 lernte S. Franz Senn (1831–84) und Karl Hofmann (1847–70) kennen, mit denen ihn bald eine enge Freundschaft verband. 1870 rief S. die AV-Sektion Prag ins Leben, der er zeitweise auch als Obmann vorstand; zudem arbeitete er in der Hütten- und Wegekommission dieser Sektion. Aufgrund seiner Initiative wurden auch die Prager Hütte in der Venedigergruppe, die Glorerhütte in der Glocknergruppe und die Payerhütte am Ortler errichtet. Nach dem 1. Weltkrieg übersiedelte S. nach Salzburg. Gegen heftigen Widerstand innerhalb des Dt. und Österr. Alpenvereins (DuÖAV) sprach sich S. 1921, nachdem die Sektion „Austria“ als erste den „Arierparagraphen“ eingeführt hatte, für die Gründung der Sektion „Donauland“ des DuÖAV aus, die sich bis 1924 zur achtgrößten Sektion entwickelte und 80 % jüd. Mitglieder hatte. Als im Dez. 1924 die Sektion „Donauland“ aus dem Alpenverein ausgeschlossen wurde, zeigte sich S. in einem Brief an den Vorstand tief betroffen. S. erwarb sich sowohl große Verdienste um die bergsteigerische und touristische Erschließung der Glocknergruppe, wie um die Förderung des alpinen Bergsports im allgemeinen und den Aufbau eines Hütten- und Wegenetzes, das zu einer Hauptaufgabe des Alpenvereins wurde.

  • Auszeichnungen

    A Ehrenbürger v. Kals (1870);
    Weihung e. Kirchenglocke in Kals mit d. Inschrift „Stüdl, benefactor maximus“ (der große Wohltäter) (1872);
    k. Rat;
    Rr.kreuz d. Franz Joseph-Ordens (1898);
    Stüdlhütte u. Stüdlgrat (Großglockner).

  • Literatur

    Österr. Alpenztg. 1925, S. 52 f.;
    J. Emmer, in: Zs. d. DuÖAV, 1925, S. 1 ff. (P);
    E. F. Hofmann, Bergvater S.s Leben, in: FS z. 60j. Bestehen d.|DuÖAV, Sektion Prag 1870–1930, 1930, S. 37 ff. (P);
    O. Kühlken, Das Glockner-Buch, 1951, S. 149 ff. (P);
    W. Koerting, Drei Jubiläen, in: Der Bergsteiger 26, 1959, H. 11, S. 595 f.;
    R. Kanetzky u. a., Personalbibliogr. hist. Persönlichkeiten d. Alpinismus, 1988 (W-Verz.);
    R. Amstätter, Der Alpinismus, Kultur, Organisation, Politik, 1996, S. 287 u. 296;
    G. Schirmer, Der Glocknerherr, in: Land d. Berge, 2000, H. 4, S. 110 ff. (P);
    ÖBL.

  • Autor/in

    Gerhard Schirmer
  • Zitierweise

    Schirmer, Gerhard, "Stüdl, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 626-627 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119551535.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA