Lebensdaten
1709 – 1789
Geburtsort
Holleschau (Holešov, Mähren) (?)
Sterbeort
Straßburg
Beruf/Funktion
Komponist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119085003 | OGND | VIAF: 27252934
Namensvarianten
  • Richter, Franz Xaver
  • Richter, F. X.
  • Richter, Francesco Xaverio
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Zitierweise

Richter, Franz Xaver, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119085003.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Matthias, Soldat;
    M N. N.;
    1743 Maria Josepha, T oder E d. Karl Christoph Wilhelm Moz, Kanzleidir. u. Hofrat;
    3 S, 3 T.

  • Biographie

    R.s Geburtsort ist nicht gesichert; Archivalien aus Ungarisch Hradisch (Uherské Hradiště), wo R. wohl zwischen 1722 und 1727 Schüler des Jesuitenkollegs war und am angegliederten Musikseminar des hl. Franziskus Borgia Musikunterricht erhielt, deuten auf eine Herkunft aus Holleschau. Kindheit und Jugend R.s sind ebenfalls nur lückenhaft belegt. Zwischen 1727 und 1736 hielt er sich vermutlich für einige Zeit in Wien auf; seine zahlreichen Bearbeitungen von Werken von Fux, Caldara und anderen Wiener Meistern ließen zuerst W. Barth vermuten, R. sei in Wien deren Schüler gewesen. In seinem zwischen 1760 und 1767 entstandenen Kompositionstraktat „Harmonische Belehrungen“ erwähnt R. ferner einen Italien-Aufenthalt. 1736 wurde er als Bassist in die Stuttgarter Hofkapelle aufgenommen, anschließend wirkte er bei dem Baron v. Gerz (Görtz) in Schlitz nahe Fulda. 1737 übernahm R. die Leitung der Musik an der benediktin. Ritterakademie in Ettal; für diese Zeit sind drei Kompositionen nachgewiesen (zwei Fastenmeditationen sowie eine Endskomödie), hinzu kommt möglicherweise das sog. „Ettaler Oratorium“. 1740 trat er zunächst als Vizekapellmeister, später als Kapellmeister in die Dienste des Kemptener Fürstabts Anselm Frhr. v. Reichlin-Meldegg (reg. 1728-47). Hier entstanden neben zahlreichen geistlichen Werken, unter denen das „Te Deum“ (1741/42) herausragt, auch weltliche Werke, die den höfischen Repräsentationsanspruch seines Dienstherrn widerspiegelten. 1744 erschienen bei dem Pariser Verleger Duter die „Six Grands Simphonies“, die R.s internationalen Ruhm mitbegründeten.

    1746 (nicht 1747) schloß sich R., als Bassist wieder einfacher Hofmusiker, der Hofkapelle Kf. Karl Theodors in Mannheim an. Waren es v. a. Johann Stamitz, Ignaz Holzbauer und Anton Fils, die, Anregungen aus Italien aufgreifend, die neue musikalische Sprache der sog. „Mannheimer Schule“ ausprägten, so verhinderte R.s eigene, vergleichsweise konservative Musikanschauung wohl seine Beförderung. Immerhin brachte ihm sein bis auf Kirchenmusik vielseitiges kompositorisches Schaffen den Titel eines „Cammercompositeurs“ in Mannheim ein. Von hier aus unternahm R. zahlreiche Reisen, u. a. nach Frankreich, England und in die Niederlande.

    1769 übernahm R. das Kapellmeisteramt am Straßburger Münster, dessen Kapelle die zweitgrößte Frankreichs war. Hier erwarb er sich den Ruf eines der bedeutendsten Kirchenkomponisten seiner Zeit, bestritt daneben aber auch weltliche Aufführungen am bfl. Hof und hatte zeitweise die Leitung des „orchestre municipal“ inne. 1783 wurde Ignaz Pleyel (1757–1831) sein Assistent und nach R.s Tod sein Nachfolger.

    R.s zu seiner Zeit hoch geschätzte „Harmonische Belehrungen“ stellen eine Kontrapunktlehre in der Tradition von Johann Joseph Fux' „Gradus ad Parnassum“ dar, ohne näher auf die modernen Errungenschaften der „Mannheimer Schule“ einzugehen. Die früher vertretene Meinung, R. habe auch in größeren Umfang als Kompositionslehrer gewirkt, muß neueren Forschungen zufolge relativiert werden; mit Sicherheit können von den bedeutenderen Mannheimer Komponisten nur Ferdinand Fränzl (allerdings schon in Straßburg), möglicherweise auch Carl Stamitz zu seinen Schülern gezählt werden. R.s Kompositionsstil entwickelte sich, ausgehend von spätbarocken Einflüssen, hin zu einer klassische Elemente verarbeitenden Tonsprache. War R. als Symphoniker eher traditionell, verband er besonders in seinen kammermusikalischen Werken barock-kontrapunktische Elemente mit modernen Satztechniken und subtiler Dynamik, wie sie für Mannheim charakteristisch waren. Seine Streichquartette können als früheste Zeugnisse eines vierstimmigen Quartettsatzes angesehen werden. R.s späte, in Straßburg entstandene kirchenmusikalischen Werke streben, teils durch lokale Traditionen bedingt, eine Synthese von älteren, v. a. von Caldara beeinflußten Satzmodellen mit progressiven Elementen an.

  • Werke

    u. a. Symphonien: 36 Symph. in Serien zu je sechs Werken gedr., 20 gedr. in zeitgenöss. Anthologien, weitere mindestens 35 Symphonien hss. überliefert;
    Konzerte
    f. Cembalo (davon sechs 1765 gedr., 8 weitere verschollen), 8 f. Querflöte, 6 f. Waldhorn (verschollen), je eines f. Violoncello (verschollen), Oboe u. Clarino;
    Kammermusik:
    Zweimal 6 Sonaten f. Cembalo, konzertierende Violine (Flöte), Cello;
    6 Sonaten f. 2 Violinen, Cello u. Cembalo;
    6 Streichquartette;
    Oratorien:
    u. a. „Hic sta peccatrix“, Ettal od. Kempten, ca. 1740;
    „La deposizione della croce“, Mannheim 1748;
    geistl. W
    u. a. 34 Messen, 1 Requiem, zahlr. Psalmvertonungen. – Thematische Kataloge: Symphonien: Denkmäler d. Tonkunst in Bayern (DTB), Alte Folge, 4, Jg. 3/1, 1902;
    The Symphony 1720-1840, Ser. C, 14, 1985;
    Kammermusik:
    DTB, Alte Folge, 23, Jg. 16, 1915;
    Kirchenmusik:
    ebd., NF, 2, 1982;
    Reutter, 1993, Bd. 2 (s. L). – Schr.: Harmon. Belehrungen… (Ms., Brüssel, Bibliothèque royale Albert Ier), leicht verändert ed. u. übers. v. C. Kalkbrenner u. d. T. Traité d'harmonie et de composition, 1804.

  • Literatur

    H. Riemann, Vorw. zu „Symphonien d. pfalzbayer. Schule“, in: DTB, Alte Folge, 4, Jg. 3/1, 1902, S. ix-xxx;
    W. Barth, Die Messenkompositionen v. F. X. R., Diss. München 1941 (ungedr.);
    W. Kirkendale, Fuge u. Fugato in d. Kammermusik d. Rokoko, 1966 (erw. engl. 1979);
    W. Lebermann, Zu F. X. R.s Sinfonien, in: Musikforsch. 25, 1972, S. 471-80;
    A. Layer, Musikgesch. d. Fürstabtei Kempten, 1975;
    R. Peèman, F. X. R. u. seine „Harmonische Belehrungen“, hg. v. E. Thom, 1990;
    J. Reutter, F. X. R.s Bemerkungen üb. d. Komponieren e. Sinfonie in Kompositionstheorie u. Kompositionspraxis, in: Kongreßber. Mozart u. Mannheim, Mannheim 1991, S. 257-71;
    ders., Studien z. Kirchenmusik F. X. R.s (1709-1789), 2 Bde., 1993;
    L. Finscher (Hg.), Die Mannheimer Hofkapelle im Za. Carl Theodors, 1992;
    Kosch, Kath. Dtld.;
    Wurzbach;
    Biogr. Lex. Böhmen;
    NDBA;
    MGG (P) mit Suppl.bd.;
    Riemann mit Erg.bd;
    New Grove;
    New Grove².

  • Porträts

    Kupf. v. Ch. Guérin, Straßburg 1785 (Kopie im Reiss-Mus., Mannheim), Abb. in MGG.

  • Autor/in

    Stephan Hörner
  • Zitierweise

    Hörner, Stephan, "Richter, Franz Xaver" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 528-529 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119085003.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA