Dregger, Alfred

Lebensdaten
1920 – 2002
Geburtsort
Münster
Sterbeort
Fulda
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 118527282 | OGND | VIAF
Namensvarianten

  • Dregger, Alfred

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Zitierweise

Dregger, Alfred, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118527282.html [02.10.2025].

CC0

  • Dregger, Alfred

    1920 – 2002

    Politiker

    Alfred Dregger sorgte als Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von 1982 bis 1991 für funktionierende Aushandlungsprozesse zwischen Regierung und Mehrheitsfraktion. Er trieb die Wiedervereinigungspolitik voran und griff dabei auf politische Positionen zurück, mit denen er sich innerhalb der CDU im Bund wie in Hessen in den 1970er Jahren profiliert hatte, was ihm beim politischen Gegner und in Teilen der Öffentlichkeit heftige Kritik eintrug. Als Landesvorsitzender der hessischen CDU führte Dregger moderne Managementmethoden ein und machte den Landesverband zu einer kampagnenfähigen Kraft mit erheblichem Einflussgewinn innerhalb der Bundes-CDU.

    Lebensdaten

    Geboren am 10. Dezember 1920 in Münster
    Gestorben am 29. Juni 2002 in Fulda
    Grabstätte Friedhof Frauenberg (Ehrengrab) in Fulda
    Konfession römisch-katholisch
    Alfred Dregger, Imago Images (InC)
    Alfred Dregger, Imago Images (InC)
  • 10. Dezember 1920 - Münster

    1927 - 1939 - Westönnen (heute Werl-Westönnen); Werl

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Volksschule; Humanistisches Gymnasium

    1933 - 1939

    Mitglied

    Hitler-Jugend

    1939 - 1945 - Frankreich; Norwegen; Ostfront

    Kriegsdienst (zuletzt Hauptmann und Bataillonskommandeur)

    Wehrmacht

    1.9.1940 - 1945

    Mitglied

    NSDAP

    1946 - 1947 - Marburg an der Lahn

    Entnazifizierung; Spruchkammerurteil Jugendamnestie

    Spruchkammer

    1946 - 1950 - Tübingen; Marburg an der Lahn

    Studium der Rechtswissenschaften (Abschluss: Erstes juristisches Staatsexamen)

    Universität

    1950 - Marburg an der Lahn

    Promotion (Dr. iur.)

    Universität

    1950 - 1953 - Werl; Dortmund

    Referendar

    Amtsgericht; Staatsanwaltschaft; Stadtverwaltung; Notariat

    1953 - Düsseldorf

    Zweites juristisches Staatsexamen

    Landesprüfungsamt

    1954 - 1956 - Köln

    Referent

    Bundesverband der Deutschen Industrie; Deutscher Städtetag

    1956

    Mitglied

    CDU

    1956 - 1970 - Fulda

    Oberbürgermeister

    Stadtverwaltung

    1960 - 1970

    Präsidiumsmitglied, seit 1965 Präsident, seit 1967 Vizepräsident

    Deutscher Städtetag

    1962 - 1972 - Wiesbaden

    Abgeordneter der CDU; 1966–1970 Vorsitzender

    Hessischer Landtag; Innenausschuss

    1967 - 1982

    Landesvorsitzender

    CDU Hessen

    1968 - 1972 - Wiesbaden

    stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, seit 1970 Vorsitzender

    Hessischer Landtag

    1969 - 1991

    Mitglied, 1977–1983 stellvertretender Bundesvorsitzender

    Bundesvorstand der CDU

    1970 - 1983 - Fulda

    Vorstandsmitglied

    Überlandwerke Fulda AG

    1972 - 1998 - Bonn

    Abgeordneter der CDU

    Bundestag

    1.12.1974 - 20.12.1974 - Wiesbaden

    Abgeordneter der CDU (Mandatsniederlegung)

    Hessischer Landtag

    1976 - 1982 - Bonn

    stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender

    Bundestag

    1.12.1978 - 4.12.1978 - Wiesbaden

    Abgeordneter der CDU (Mandatsniederlegung)

    Hessischer Landtag

    1982 - 1991 - Bonn

    CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender

    Bundestag

    29. Juni 2002 - Fulda

    alternativer text
    Alfred Dregger (rechts), BArch / Bildarchiv (InC)

    Dregger wuchs in Westfalen in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Mit einer dezidiert nationalen Einstellung entschied er sich nach dem Abitur 1939 für die Laufbahn eines Berufsmilitärs. Im September 1939 zum Kriegsdienst eingezogen, kämpfte er ab 1943 an der Ostfront, zuletzt als Hauptmann, und wurde mehrfach verwundet. Seit 1940 NSDAP-Mitglied, blieb er bis zum Kriegsende von der Sinnhaftigkeit seines militärischen Einsatzes überzeugt. Seine Mitgliedschaft in der NSDAP verschwieg er und gab sie auch in seinem 1947 mit einer Jugendamnestie beendeten Entnazifizierungsverfahren nicht an.

    Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Tübingen und Marburg an der Lahn, der Promotion zum Dr. iur. 1950 und dem Zweiten juristischen Staatsexamen 1953 stieg Dregger beruflich rasch auf und war in Köln im Bundesverband der Deutschen Industrie und Deutschen Städtetag tätig. Politisch trat er erst 1956 hervor, als er in die CDU eintrat und als Seiteneinsteiger in der CDU-Hochburg Fulda das Amt des Oberbürgermeisters übernahm. Als Stadtoberhaupt bemühte er sich um die Modernisierung Fuldas und Osthessens, zunächst ohne sich innerhalb der hessischen CDU zu profilieren. Seine Wahl in den hessischen Landtag 1962 erfolgte aufgrund seiner erfolgreichen Kommunalpolitik.

    Dregger, der nationalliberale Überzeugungen hegte, erkannte frühzeitig, dass die bisher erfolglose hessische CDU nur dann zu einem Konkurrenten der SPD aufsteigen konnte, wenn sie gezielt um der FDP zugeneigte nationalliberale Wähler warb. Nach seiner Wahl zum Landesvorsitzenden 1967 organisierte er die Partei zu einem geschlossenen Verband mit modernen Methoden des Politikmanagements, was es ihm ermöglichte, einen zweigleisigen Karriereweg einzuschlagen: Viermal hintereinander trat Dregger zwischen 1970 und 1982 als Spitzenkandidat der CDU bei Landtagswahlen in Hessen an und machte die CDU ab 1974 zur stärksten Kraft in Hessen, erreichte jedoch die Übernahme der Landesregierung nicht. Zugleich trat er in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion als Oppositionspolitiker hervor durch harte Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner auf Themenfeldern, die für die Neuorientierung der CDU in ihrer Rolle als Oppositionspartei zentral waren, wie innere Sicherheit, Deutschland- und Sicherheitspolitik.

    Mit Beginn der Kanzlerschaft Helmut Kohls (1930–2017) im Oktober 1982 wurde Dregger Vorsitzender der stärksten Regierungsfraktion. Dieses Amt konnte er nur durch innerparteiliche Integrationskraft und Loyalität gegenüber Kohl erlangen und bis 1991 ausüben. Dregger war die ideale politische Ergänzung zu Kohl, da es ihm mit seinen nationalliberalen Überzeugungen leichtfiel, der FDP in der Regierungskoalition Erfolge zu gönnen. Zudem unterhielt er ein besonderes Vertrauensverhältnis zur CSU und fungierte als Brückenbauer zwischen den Schwesterparteien.

    Innerparteilich profilierte sich Dregger als Vertreter des Wiedervereinigungsziels und machte die Fraktion im Schlüsseljahr 1987 zum Kommunikationszentrum über die Offenheit der „deutschen Frage“. Die pragmatische Deutschlandpolitik der Bundesregierung unterstützte er gegen innerparteiliche Kritiker, weil er in der Verstetigung der Kommunikation zwischen den beiden deutschen Staaten die entscheidende Voraussetzung für die Wiedervereinigungspolitik sah. Sein Primat der Deutschlandpolitik führte dazu, dass Dregger sich 1988 entschieden gegen eine Aufrüstung im Bereich atomarer Kurzstreckensysteme aussprach und damit die Politik der Bundesregierung maßgeblich mitgestaltete.

    Als sich ab Sommer 1989 die innere Erosion der DDR verstärkte, war die CDU auch wegen Dreggers Grundsatztreue im Bereich der Deutschlandpolitik für den dynamischen Prozess der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands besser gerüstet als die meisten politischen Konkurrenten. Im vereinten Deutschland führte Dregger bis 1991 die gesamtdeutsche Unionsfraktion und hatte erheblichen Anteil daran, dass sich der Bundestag im Juni 1991 für Berlin als Sitz von Parlament und Regierung aussprach. Seine Versetzung in die zweite Reihe verkraftete Dregger schwer und suchte sich 1995 ein politisches Ersatzfeld, als er sich bei der Debatte um die Beteiligung der Wehrmacht am Vernichtungskrieg als Wahrer der „Ehre der Wehrmachtssoldaten“ hervortat. Dies war auch eine Bewältigung der eigenen Lebensgeschichte als Wehrmachtssoldat, zu der er keine reflexive Distanz fand. Solche Aktionen der späten Jahre trugen dazu bei, dass er in der öffentlichen Wahrnehmung eine polarisierende Figur blieb. 1998 schied Dregger gegen seinen Wunsch aus dem Bundestag aus, weil er keine innerparteiliche Unterstützung für eine erneute Kandidatur erhielt.

    1965–1970 Präsident und Vizepräsident des Deutschen Städtetags
    1970 Ehrenbürger der Stadt Fulda
    1970 Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1977 Großes Verdienstkreuz, 1980 mit Stern, 1984 mit Stern und Schulterband, 1985 Großkreuz)
    1984–2002 Ehrenvorsitzender des Landesverbands Hessen der CDU
    1985 Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen
    1989 Schlesierschild der Landsmannschaft Schlesien
    1990 Konrad-Adenauer-Preis der Deutschland-Stiftung
    1991–2002 Ehrenvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    2010 Benennung der CDU-Landesgeschäftsstelle Wiesbaden als Alfred-Dregger-Haus
    2013 Alfred-Dregger-Medaille des CDU-Landesverbands Hessen

    Nachlass:

    Archiv für Christlich-Demokratische Politik, Sankt Augustin. (politischer Nachlass) (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, NSDAP-Zentralkartei R9 361-VIII, NSDAP-Gaukartei R9 361-IX.

    Haftungsverhältnisse bei der Vorgesellschaft. Die Rechtswirkungen der für AG, GmbH, Genossenschaft und Verein vor der Registereintragung vorgenommenen Rechtshandlungen, 1951. (Diss. iur.)

    Systemveränderung. Brauchen wir eine andere Politik?, 1972.

    Freiheit in unserer Zeit. Reden und Aufsätze, zusammengestellt v. Günter Reichert, 1980.

    Der Preis der Freiheit. Sicherheitspolitik im geteilten Europa, 1985, 21987.

    Der Vernunft eine Gasse. Politik für Deutschland. Reden und Aufsätze, hg. v. Klaus Hoff, 1987.

    Einigkeit und Recht und Freiheit. Beiträge zur deutsch-europäischen Einheit, 1993.

    Mein Blick nach vorn, Aufsatzsammlung, hg. v. Markus Berger/Klaus Hoff, mit einem Geleitwort v. Helmut Kohl u. Wolfgang Schäuble, 2000. (P)

    Günter Reichert/Dieter Weirich/Werner Wolf (Hg.), Alfred Dregger. Streiter für Deutschland, 1991.

    Jürgen Aretz, Alfred Dregger (1920–2002), in: ders./Rudolf Morsey/Anton Rauscher (Hg.), Zeitgeschichte in Lebensbildern, Bd. 12, S. 173–185.

    Michael Schwab (Hg.), Alfred Dregger, für Fulda und Deutschland. Stationen eines charismatischen Politikers, 2008.

    Hanns Jürgen Küsters, Kanzlerfraktion unter Alfred Dregger, 1982–1991, in: Hans-Peter Schwarz (Hg.), Die Fraktion als Machtfaktor. CDU/CSU im Deutschen Bundestag 1949 bis heute, 2009, S. 161–179.

    Wolfram Pyta/Nils Havemann, Alfred Dregger. Zeitpolitiker der Wiedervereinigung und Anwalt des Parlamentarismus, 2023. (P) (zugangsbeschränkte Onlineressource)

    Fotografien, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Wolfram Pyta (Stuttgart)

  • Zitierweise

    Pyta, Wolfram, „Dregger, Alfred“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118527282.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA