Lebensdaten
1690 – 1754
Geburtsort
Mehrnbach bei Ried (Oberösterreich)
Sterbeort
Lilienfeld (Niederösterreich)
Beruf/Funktion
OCist ; Geschichtsschreiber ; Numismatiker ; Genealoge
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 130099864 | OGND | VIAF: 72490186
Namensvarianten
  • Hanthaler, Johannes Adam
  • Hanthaler, Chrysostomus
  • Hanthaler, Johannes Adam
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Zitierweise

Hanthaler, Chrysostomus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd130099864.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Nach vollendetem Studium der Theologie in Salzburg trat H. 1716 in das Zisterzienserkloster Lilienfeld ein. 1718 Priester, bald Novizenmeister und Subprior, erwarb er sich als Stiftsbibliothekar durch Katalogisierungsarbeit große Verdienste. 1733 für einige Jahre nach Marienberg in Ungarn, 1737 wieder zurück nach Lilienfeld versetzt, übte er als Provinzialsekretär eifrige Verwaltungstätigkeit aus, widmete sich gleichzeitig aber unermüdlichen Forschungen zur Stiftsgeschichte, deren Niederschlag in 22 Manuskriptbänden erhalten ist. Sein Hauptwerk „Fasti Campililienses“ bringt eine umfassende mit Landes- und Adelsgeschichte eng verbundene Geschichte des Klosters Lilienfeld. Der hochbegabte Verfasser zeigt sich darin als Vertreter der kirchlichen Frühaufklärung. Der Wert seines Werkes wird wesentlich durch die Übernahme und Zitierung von ihm selbst erfundener Quellen zur österreichischen und zur Klostergeschichte in der Babenbergerzeit beeinträchtigt, wozu ihn die Spärlichkeit der historischen Überlieferung verleitet hatte. 1742 schon hatte er gefälschte Annalen eines Mönches Ortilo, der sich auf eine verschollene Schrift eines Kaplans des Markgrafen Adalbert, Alold von Pöchlarn, beruft, ediert. Drei weitere erfundene Autoren werden von H. angeführt. Schon von Zeitgenossen angezweifelt, wurden im 19. Jahrhundert, zuletzt durch Tangl, die aufsehenerregenden Quellenfunde als Fälschungen H.s erwiesen, jedoch wurde durch Klebel die Möglichkeit offengelassen, daß H. für einzelne Angaben noch eine echte, seither verschollene Lilienfelder Quelle zur Verfügung hatte.

  • Werke

    Fasti Campililienses, 2 Bde., Linz 1747-54;
    Fastorum Campililiensum Chr. H. continuatio s. recensus genealogico-diplomaticus archivi Campililiensis, ed. L. Pyrker, Wien 1818/20;
    Notulae anecdotae e chron. illustris stirpis Babenbergicae in Osterrichia dominantis, quam vir reverendus Aloldus de Peklarn, serenissimi quondam Austriae marchionis Adalberti ab anno 1034 usque ad annum 1056 capellanus conscripsit, a Fratre Ortilone uno e primis monachis Campililiensibus sub finem seculi XII. excerptae, Krems 1742.

  • Literatur

    ADB X;
    H.s diplomat. Nachlaß in Lilienfeld, in: Archiv f. Geogr., Historie, Staats- u. Kriegskunst 7, 1816, S. 635 ff., 647 ff.;
    P. Paulus Tobner, Das Zisterzienserstift Lilienfeld in Nd.österreich, 1891, S. 67-71, auch in: Xenia Bernardina III, 1891, S. 286-88; ältere krit. Lit. b.
    F. X. Krones, Grundriß d. österr. Gesch. I, 1881, S. 54;
    M. Tangl, Die Fälschungen Ch. H.s, in: MIÖG 19, 1898, S. 1-54;
    E. Klebel, Fassungen u. Hss. d. österr. Annalistik, in: Jb. f. Landeskde. v. Nd.-österreich NF 21, 1928, S. 124 f.;
    A. Coreth, Österr. Gesch.schreibung in d. Barockzeit (1620–1740), 1950, S. 109-12;
    A. Lhotsky, Qu.kde. z. ma. Gesch. Österreichs, 1963, S. 199 f.;
    Wurzbach VII.

  • Autor/in

    Anna Coreth
  • Zitierweise

    Coreth, Anna, "Hanthaler, Chrysostomus" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 641 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd130099864.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hanthaler: Chrysostomus H., geb. am 14. Jan. 1690 zu Maribach bei Ried in Ober-Oesterr., gest. zu Lilienfeld am 2. Septbr. 1754. Unter den Klostergeistlichen, welche in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts dem Aufschwunge quellenmäßiger Geschichtsforschung im Lande Oesterreich ihre beste Kraft widmeten und auch auf dem Boden der historischen Hilfswissenschaften, namentlich der Münzkunde Verdienstliches schufen, steht H. nicht in letzter Linie. Ein Sohn armer Landleute, brachte der Knabe an seinen Studienort Salzburg nur sein Talent und die eiserne Beharrlichkeit mit, welche die drückendsten Lebensverhältnisse überwinden lernt. Der Versuch, im St. Peterskloster allda den Eintritt zu finden, mißlang; so wandte sich der Jüngling der juridischen Laufbahn zu und kämpfte|als Corrector in einer Druckerei so wie als Instructor mit der Noth des Daseins. Sein innerster Drang, als Geistlicher Muße und Mittel zur Arbeit als Gelehrter auf historischem Felde zu erlangen, fand endlich Befriedigung, da sich ihm als Theologen der Wiener Universität das Kloster Lilienfeld im Wiener Walde, eine Schöpfung des vorletzten Babenbergers vom J. 1202, erschloß (1716) und der rastlos thätige Cisterzienser nun bald als Bibliothekar des Stiftes Gelegenheit fand, seine Lieblingsneigungen in umfassendster Weise zu bethätigen. Es war die Zeit, in welcher die Melker Conventualen, Bernhard und Hieronymus Petz, den Ruhm der Benedictiner Oesterreichs im Bereiche der Geschichtswissenschaft zu begründen beflissen waren; ihre Lorbeeren ließen H. nicht ruhen, bis auch er Gelegenheit fand, mit einem großen Quellenwerke hervorzutreten, und den bereits früher durch den Abt Linck zu Zwettl begründeten Ruf wissenschaftlichen Strebens der österreichischen Cisterzienser auf dem Felde geschichtlicher Heimathkunde zu erhöhen. Mit unsäglichem Fleiße trug H., nebenbei auch als Numismatiker produktiv, den weitschichtigen Stoff zu einer Geschichte Oesterreichs mit besonderer Rücksicht auf sein Kloster, zusammen, welche auf 4 Folianten berechnet, schon in den Jahren 1730—45 vollendet war. Im Drucke erschien jedoch der I. Band erst 1747, der II. im Todesjahre des Verfassers. Das Werk führt den Titel Fasti Campililienses (Jahrbücher von Lilienfeld). Der erste Band reicht bis 1300, der zweite bis 1500. Die ungemein durchsichtige Gliederung ist nach Jahrhunderten, Decaden und Jahren. Reichhaltige Summarien, Tafeln der geistlichen Würdenträger, der weltlichen Fürsten, Adelsgeschlechter, Uebersichten denkwürdiger Orte, benützter Geschichtschreiber, Betrachtungen aller Art, vor Allem aber umfangreiche Urkundenanhänge lassen Hanthaler's Werk noch immer als eine wichtige Fundgrube des Geschichtlichen erscheinen. Die beiden letzten handschriftlichen Bände der Fasti Campililienses blieben zufolge des Todes Hanthaler's liegen und wanderten bei der Aufhebung des Klosters (1789) in die Wiener Hofbibliothek, während die bereits vorhandenen Kupferplatten zu den diplomatisch treuen Abbildungen alter Grabmäler, Siegel, Bullen, Monogramme etc. das leidige Geschick hatten, dem Küchengeräthe des Klosters auf den Trödelmarkt das Geleite zu geben. Der glückliche Zufall wollte es, daß volle 22 Jahre Später der damalige Abt des wiederhergestellten Stiftes, der würdige Ladislaus Pyrker, das verschwundene werthvolle Vermächtniß seines hingeschiedenen Ordensbruders dem unwürdigen Verstecke entreißen konnte und nun 1818 den Nachlaß Hanthaler's unter dem Titel „Fastorum Campil. Chrysostomi Hanthaler continuatio, seu recensus genealog. diplomaticus archivi Campililiensis“ zu Wien herausgab. Zum Ehrengedächtniß der Stifter und Wohlthäter seines Klosters hatte H. 1744—1745 zu Linz das dreibändige Werk: „Grata pro gratiis memoria eorum, quorum pietate vallis de campo liliorum et surrexit et crevit“ und als Numismatiker 1735—1753 eine Reihe von „Exercitationes faciles de numis veterum pro tyronibus ...“ herausgegeben. Bedeutend war der litterarische Nachlaß des Verstorbenen; denn im Ganzen hatte er 49 Werke unter die Feder genommen. Wir müssen aber noch einer anderen Seite geschichtswissenschaftlicher Thätigkeit Hanthaler's gedenken, welche wie bedauerlich auch für seinen Ruf als Gelehrter, denn doch andererseits für seine gründliche Belesenheit in den mittelalterlichen Geschichtschreibern Zeugniß ablegt und nur im falschen Ehrgeiz ihre Erklärung findet. Die Rivalität mit den Gebrüdern Petz verleitete ihn, vier Chronisten der babenbergischen Epoche der gelehrten Welt vorzuführen, die nunmehr von der Wissenschaft als unterschoben oder gefälscht gebrandmarkt werden. Im J. 1742 veröffentlichte H. die „Notulae anecdotae“ aus der Chronik des angeblichen Aloldus von Pechlarn für die Zeit von 1034—1056 und führte diesen Gewährsmann als „Kaplan des Markgrafen|Adalbert“ (1018—1055) ein, aber gleich in Gesellschaft eines zweiten Chronisten, des Ortilo, „eines der ersten Mönche von Lilienfeld“, den er im Kloster Klein-Mariazell entdeckt zu haben vorgab. Dieser zweite Findling Hanthaler's, Genosse des ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts, erklärt, jene Auszüge aus der Alold’schen Chronica illustr. stirpis Babenbergicae in Osterrichia dominantis als Grundlage der eigenen Chronographie gemacht und verwerthet zu haben; die Chronik Alold's selbst sei bei einem Brande des Klosters Heiligenkreuz, welchem Ortilo mit anderen Mönchen vor der Uebersiedelung nach Lilienfeld angehört habe, zu Grunde gegangen. Während die Chronik des Aloldus für die Zeit von 908—1060 als Basis Ortilo's ausgegeben wird, setzt sich das weitere aus dessen angeblichen Excerpten verschiedener Quellen für die Jahre 1065—1198 und aus der eigenen Chronik für die Zeit von 1198—1230 (meist Klostergeschichte) zusammen. Während nun H. die beiden ersteren Theile besonders herausgab, erklärte er den dritten für seine Fasti Campililienses vorbehalten zu wollen. Gleiches that er auch mit einem weiteren seiner „entdeckten“ Chronisten, dem angeblichen Ricardus, Kanoniker von Kloster Neuburg, Zeitgenossen Markgraf Leopolds d. H., welchen er aus den Excerpten eines gewissen Leupoldus de Newnburga, Cisterciensers von Lilienfeld um 1330 kennen gelernt habe. Diesem „Ternio scriptorum veterum austriacorum“ (Fasti Campil. I, 2, 1308) fügte H. noch einen vierten „babenbergischen Chronisten“, den angeblichen Pernoldus, Beichtvater Margarethens, der Schwester des letzten Babenbergers, einen Dominicaner bei, und zwar als Geschichtschreiber der Jahre 1230—1267 (F. Camp. I. 789 vgl. 1312). Schon zu Zeiten Hanthaler's wurde man durch Widersprüche zunächst gegen seinen Ortilo mißtrauisch; ein Kritiker nannte ihn spöttisch Ortilo von „Lugenfeld“. H. mußte sich mit einem Dialogus zur Vertheidigung seines Gewährsmannes abmühen. Andere hielten den Aloldus und Ortilo kurzweg für eine Fälschung, Andere für eine Fiction des 15. und 16. Jahrhunderts. Sehr mißtrauisch, wenngleich schonend, benahm sich unter Andern der scharfsinnige Calles in seinen Annales Austriae (I. praef.). Die Vertheidigung des Ortilo durch Khautz in dessen Untersuchungen des österr. Wappenschildes wog nicht schwer. Unserem Jahrhunderte war es vorbehalten, durch die Bemerkungen Blumberger's, Chmel's, insbesondere aber durch die Kritik Palacky's, Wattenbach's u. A. die Ueberzeugung gewonnen zu haben, daß alle vier Chronisten Hanthaler's ein System von Fälschungen seien, wobei man nur die dafür aufgewendete Mühe eines sonst so verdienstvollen und bienenfleißigen Historikers und mehr noch die Schädigung seines guten Namens bedauern müsse.

    • Literatur

      Ueber Hanthaler's Leben und Wirken: Hormayr's Arch. VII. 1816. IX. 1818. X. 1819. Oesterr. Nat.-Encycl. II, 500. Ersch-Gruber's Encycl. II, 2. Bergmann, Pflege der Numismatik in Oesterr. XVIII. Jahrh. (Wien 1856) und Sitzungsb. d. Wiener Akademie h.-ph. Cl. (XIX. S. 31) Wurzbach, Biogr. Lex. 7. Bd. — Ueber s. „Chronisten“ s. Spec. bibl. austr. II. 251 f. Calles, ann. Austr. I. praef. Blumberger in den Wiener Jahrb. 1839, 87. Bd. Bl. 21. Chmel, Handschr. d. Wiener Hofbibl. II, 656. Palacky, Abhandl. d. böhm. Gesellschaft d. Wissenschaften, 5. Folge, 2. Bd. 1841, S. 29. Wattenbach, d. oe. Freiheitsbriefe, Arch. f. K. oe. G. 8. Bd. 105—107. Vgl. s. deut. Geschschr. d. MA. 4. Aufl. 2. Bd. S. 401—402.

  • Autor/in

    Krones.
  • Zitierweise

    Krones, Franz von, "Hanthaler, Chrysostomus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 547-549 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd130099864.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA