Lebensdaten
1875 – 1944
Geburtsort
Bremerhaven
Sterbeort
Rolandia (Brasilien)
Beruf/Funktion
Politiker ; Reichsminister
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118724126 | OGND | VIAF: 42632944
Namensvarianten
  • Koch, Erich (bis 1927)
  • Koch-Weser, Erich
  • Koch, Erich (bis 1927)
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Zitierweise

Koch-Weser, Erich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724126.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Anton K. (1838-76), Dr. phil., Dir. e. höheren Mädchen-Realschule, S d. Tischlermeisters Joh. Gerhard in Jever u. d. Anna Christina Oetken;
    M Minna (1841–1930), T d. Kaufm. David Lewenstein u. d. Julie Mengers aus Burhave;
    Vt Anlon Kippenberg ( 1950), Verleger (s. NDB XI);
    1) Oldenburg 1903 Bertha (1880–1923), T d. Oberlandesgerichtsrats August Fortmann in Oldenburg u. d. Helene Weber, 2) Kassel 1925 Irma (1897–1970), Dr. rer. pol., T d. Gen.-Lt. Otto v. Blanquet (1848–1913, s. Wi. 1911) u. d. Leonie Rommel;
    4 S, 1 T aus 1), 2 S aus 2), u. a. Jan (* 1926), Prof. d. Med.;
    N Ekhard K. (* 1902), Verwaltungspräs. in Oldenburg, Staatssekr. in Hannover, Harald K. (* 1907), hess. Wirtsch.- u. Verkehrsmin. 1947–49, Mitgl. d. Bundestags 1949-53 (SPD).

  • Biographie

    K. studierte in Lausanne, Bonn, München und Berlin Rechts- und Staatswissenschaften. Nach der Referendarzeit in Oldenburg wurde er 1901 Bürgermeister in Delmenhorst, 1909 Stadtdirektor in Bremerhaven und 1913 Oberbürgermeister in Kassel. Er gehörte zum linken Flügel der Nationalliberalen Partei, zählte zu den Bewunderern Friedrich Naumanns und trat für die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechts ein. Im November 1918 schloß er sich der neugegründeten Demokratischen Partei an, für die er 1919 in die Nationalvorsammlung gewählt wurde. In der Fraktion gewann er aufgrund seiner hervorragenden kommunalpolitischen und verwaltungsjuristischen Kenntnisse und durch seine produktive Mitarbeit im Verfassungsausschuß rasch eine starke Stellung. Am 3.10.1919 wurde er im Kabinett Bauer Innenminister und verblieb auch unter den Kanzlern Müller und Fehrenbach in diesem Amt, im Kabinett Müller zugleich als Vizekanzler. In dieser stürmischen Anfangsphase der Republik bewies K. mehrfach, zum Beispiel beim Kapp-Putsch, nüchterne Einschätzung der Situation und persönlichen Mut. Sein Hauptinteresse als Innenminister galt der Fortbildung des Verfassungsrechts im Hinblick auf das Verhältnis von Reich und Ländern, vor allem einer Überwindung des Dualismus Preußen - Reich. In einer Denkschrift zu dieser Frage entwickelte er 1920 den die weitere verfassungspolitische Diskussion prägenden Gedanken des „dezentralisierten Einheitsstaats“; seine konkreten Vorschläge zur Lösung des preußischen Problems scheiterten jedoch am Partikularismus der preußischen Bürokratie und an der unruhigen Gesamtsituation. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung am 4.5.1921 ließ er sich als Anwalt in Berlin nieder. Anfang 1924 wurde er als Nachfolger C. Petersens zum Vorsitzenden der Demokratischen Partei gewählt. Seine überragende Intelligenz, ein rigoroser Führungsstil und die Neigung zu scharfen Formulierungen schufen ihm neben Bewunderern auch zahlreiche Gegner in Partei und Fraktion. In den meisten Sachfragen stand er auf Seiten des rechten Parteiflügels, hielt jedoch, ähnlich wie Stresemann, die parlamentarische Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie für eine staatspolitische Notwendigkeit. Daher widersetzte er sich im Herbst 1924 erfolgreich der Beteiligung der Demokraten an einem Bürgerblock mit Einschluß der Deutschnationalen und bemühte sich nach dem Zusammenbruch des 1. Kabinetts Luther um die Schaffung der Großen Koalition; er scheiterte jedoch an der Ablehnung der Sozialdemokraten. Dem 2. Kabinett Müller 1928 gehörte K., der inzwischen nach seinem Wahlkreis den Zunamen „Weser“ angenommen hatte, als Justizminister an. Er versuchte, eine umfassende Reform des Strafrechts einzuleiten, mußte jedoch bereits nach kurzer Zeit wieder aus der Regierung ausscheiden, da die Zentrumspartei das Justizressort beanspruchte. Seit Beginn des Jahres 1928 zeigen K.s öffentliche Stellungnahmen, mehr noch seine privaten Aufzeichnungen, Zweifel an den Zukunftsaussichten seiner Partei und Bitterkeit über die allgemeine politische Entwicklung. Die Ursachen dieser pessimistischen Sicht lagen im unaufhaltsamen Schwund der liberalen Wählerschaft und im fortgesetzten Wechsel der Kabinette, der einem befähigten und zu persönlichem Einsatz bereiten Politiker kaum Möglichkeit zu kontinuierlicher, fruchtbarer Tätigkeit bot. Durch den Zusammenschluß seiner Partei mit A. Mahrauns Jungdeutschem Orden zur Deutschen Staatspartei versuchte K. im Sommer 1930 vergeblich, die Reste des prorepublikanisch eingestellten protestantischen Bürgertums in einer einzigen Partei zu sammeln. Nach der Wahlniederlage der neuen Partei im September 1930 legte er Parteiführung und Reichstagsmandat nieder. Als ihm im Herbst 1933 die Anwaltschaft entzogen wurde, emigrierte er nach Brasilien, wo er sich als Landwirt eine neue Existenz aufbaute. In seinem Anfang 1933 erschienenen Buch „Und dennoch aufwärts!“ hatte er sich bereits kritisch mit der Entwicklung des Weimarer Parlamentarismus auseinandergesetzt und sich für Abschaffung des Verhältniswahlrechts, Stärkung der Stellung des Reichspräsidenten und Beschränkung der Rechte des Reichstags auf reine Kontrollbefugnisse ausgesprochen. In den Entwürfen für die künftige verfassungspolitische Gestaltung Deutschlands, die er in der Emigration verfaßte, wird diese Abkehr vom Parlamentarismus noch deutlicher. Er stand unter dem „Trauma des Gescheiterten“ (E. Portner), dem es versagt geblieben war, seine Ziele zu erreichen: die rationale Gliederung des deutschen Territoriums, die Reform der Rechtspflege und die Stabilisierung der Republik gegen ihre Gegner von rechts und links.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Umgestaltung d. beiden Häuser d. Landtags, 1918;
    Einheitsstaat u. Selbstverwaltung, 1928;
    Dtld.s Außenpol. in d. Nachkriegszeit 1919–29, 1929, ³1930 (erweitert u. verändert), engl. Übers. Germany in the Post-War World, 1930 (P);
    Hitler and beyond, A German Testament, 1945. |

  • Nachlass

    Nachlaß (mit Findbuch): Koblenz, Bundesarchiv.

  • Literatur

    O. Geßler, Reichswehrpol. in d. Weimarer Zeit, hrsg. v. K. Sendtner, 1958;
    E. Portner, K.-W.s Vfg.entwurf, Ein Btr. z. Ideengesch. d. dt. Emigration, in: Vj.hh. f. Zeitgesch. 14, 1966, S. 280-98;
    W. Stephan, Aufstieg u. Verfall d. Linksliberalismus 1918–33, Gesch. d. Dt. Demokrat. Partei, 1973;
    H. Schieckel, Reichsmin. E. K.-W. u. Staatsmin. H. Scheer als Nachkommen d. oldenburg. Sohutzjudenfam. Löwenstein, in: Genealogie 12, 1975, S. 518-20;
    Brem. Biogr. 1912–62, 1969;
    W. Hofmann, Zwischen Rathaus u. Reichskanzlei, Die Oberbgm. in d. Kommunal- u. Staatspol. d. Dt. Reiches 1890-1933, 1974;
    Akten d. Reichskanzlei. Weimarer Republik, Das Kab. Bauer, bearb. v. A. Golecki (im Druck);
    Dass., Das Kab. Müller I, bearb. v. M. Vogt, 1971;
    Dass., Das Kab. Fehrenbach, bearb. v. P. Wulf, 1972. -
    Eigene Archivstud.

  • Autor/in

    Konstanze Wegner
  • Zitierweise

    Wegner, Konstanze, "Koch-Weser, Erich" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 280-281 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724126.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA