Lebensdaten
1784 – 1817
Geburtsort
Lausanne
Sterbeort
Kairo
Beruf/Funktion
Forschungsreisender ; Orientalist ; Entdecker der Stadt Petra
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118702203 | OGND | VIAF: 59176329
Namensvarianten
  • Burckhardt, Johann Ludwig
  • Burckhard, Johann Ludwig
  • Burckhardt, J. L.
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Zitierweise

Burckhardt, Johann Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118702203.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus der Hieronymus-Linie;
    V Joh. Rud. (1750–1813), Erbauer des „Kirschgarten“ (heute stadtbaslerisches Mus. des 18. Jh.), großer Gegner der Revolution;
    M Sara Rohner (1761–1825);
    N Johannes (1798–1855) eidgenössischer Oberst u. Divisionskommandant im Sonderbundskrieg 1847.

  • Biographie

    Seinen Eltern auf der Reise in Lausanne geboren und in Basel erzogen, besuchte B. nach zwei Jahren Aufenthalt in Neuchâtel die Universität Leipzig (1800–04), dann kurz diejenige von Göttingen zum Studium der Naturwissenschaften. Dessen Fortsetzung in England von 1806 an galt zugleich der weiteren sprachlichen und medizinischen Schulung und einem harten körperlichen Training; den so Vorbereiteten beauftragte das Comité der „African Association“ mit einer Forschungsreise in das noch unbekannte Innere jenes Kontinents. Im Februar 1809 brach B. nach Malta auf, um von dort in der Verkleidung|eines angeblich in London aufgewachsenen mohammedanischen Inders unter dem Namen Jbrahim ibn Abdallah nach der Levante weiterzureisen. Über einen Nebenhafen gelangte er nach Aleppo, wo er während eines weiteren Jahres, diesmal ohne seine europäische Herkunft zu verbergen, aber in türkischer Tracht und in engem Kontakt mit gebildeten Arabern Sitte und Sprache des vorderen Orients sich weitgehend aneignete. 1810 gelang es ihm, zunächst Palmyra, dann von Damaskus aus den Libanon, Baalbek und namentlich das Gebiet des Djebel Hauran zu bereisen. 1812 folgte die Passage des Orontestales, dann, nach abermaligem Besuch des Hauran, das Gebiet der alten Dekapolis östlich des Jordan und schließlich, unter dem Vorwand, in Erfüllung eines Gelübdes nach dem Grab Aarons pilgern zu müssen, die Entdeckung des antiken Petra, bis er, im Besitz geheim geführter, wertvoller Tagebuchaufzeichnungen, im September 1812 in Kairo anlangte. Da hier die Karawanenverbindungen nach Westen unterbrochen waren, faßte er zunächst ein anderes Reiseziel ins Auge. Den diesmal vom ägyptischen Pascha Mohammed Ali mit Empfehlungen Versehenen, aber völlig incognito Reisenden führte sein Weg 1813 nilaufwärts durch Oberägypten und Nubien bis an die Grenze von Dongola. Von hier stieß er nach mehrmonatigem Warten zunächst südwärts durch Nubien bis Schendi vor, dann dem Flusse Atbara und den abessinischen Bergen entlang zum Roten Meer, das er im Sommer 1814 bei Sauakin erreichte und in Richtung Djidda überquerte. Zufällig spielende Beziehungen brachten ihn hier in den Besitz neuer Geldmittel; doch ließ ihn auch der damals wegen des Wahabitenfeldzugs in Taif residierende Pascha von Ägypten, der B.s englische Verbindungen und auch seine „Reisewut“ wohl kannte, zu sich rufen, um ihn durch seine Vertrauten längere Zeit zu beobachten und schließlich auf seine Rechtgläubigkeit zu prüfen. Das Resultat fiel so aus, daß ihm der Besuch der heiligen Stätten, Mekkas, des Berges Arafat, Medinas nicht verwehrt wurde. Die an all diesen Orten geheim verfertigten, an Genauigkeit und Vollständigkeit der Beobachtung bis dahin unerreichten Aufzeichnungen wurden freilich mit einem unfreiwillig langen Aufenthalt in Medina erkauft, wo der jetzt als wohlhabender Pilger Reisende schweren Fieberanfällen zu erliegen befürchtete. Schließlich fand er doch noch Ende Sommer 1815 auf einem pestverseuchten Schiff den Rückweg nach Kairo. Da gerade hier diese Krankheit neu aufflackerte, sah er sich im April 1816 zu einer neuen, seiner letzten Expedition veranlaßt, diesmal nach der wilden Halbinsel des Sinai. Daß er sein Ziel, Akaba, nicht hatte erreichen können, glich er durch kühne Besteigungen der Berggipfel in der Umgebung des berühmten Mönchsklosters aus. Ein weiteres Jahr des Wartens in Kairo wurde mit dem Sammeln arabischer Sprichwörter, mit Studien über die Lebensweise der Beduinen und der Niederschrift eines Berichtes über den Wahabitenkrieg ausgefüllt. Schon hoffte B. infolge des Eintreffens einer Karawane aus Innerafrika der Ausführung seines ursprünglichen Auftrags nähergerückt zu sein, als ihn im Spätjahr 1817 eine heftige Ruhr ergriff und innerhalb weniger Tage hinwegraffte. Im Vorgefühl des nahen Endes ernannte er die Universität Cambridge zur Erbin seiner zahlreichen arabischen Handschriften. Ihm selber wurde das ehrenvolle Begräbnis eines vornehmen Muslims zuteil. Von der ganzen Fülle des Forschungsertrags seines kurzen Lebens bekam die Öffentlichkeit erst nach seinem Tode Kenntnis.

  • Werke

    Travels in Nubia, London 1819, ²1822, dt. als: Neue Bibl. d. wichtigsten Reisebeschreibungen, Bd. 24, 1820 (beides mit Biogr. u. wertvollen Auszügen aus Briefen an d. Londoner Auftraggeber);
    Travels in Syria and the Holy Land, hrsg. v. W. M. Leake, London 1822, dt. als: Neue Bibl. … 34 u. 38, hrsg. v. W. Gesenius, 1823/24;
    Travels in Arabia …, hrsg. v. W. Ouseley, London 1829, dt. als: Neue Bibl. … 54, 1830, ital. v. L. Vanetti, Prato 1844;
    Notes on the Bedouins and Wahàbys …, hrsg. v. W. Ouseley, 2 Bde., 1830, dt. als: Neue Bibl. … 57, 1831;
    Arabic Proverbs …, hrsg. v. W. Ouseley, London 1830, ²1875, dt. v. H. G. Kirmß, 1834;
    Aus d. Briefen [an d. Eltern] (1808-1817) d. Arabienreisenden J. L. B., in: Basler Wschr. „Der Samstag“ 1, 1905, Nr. 15-19, 21-28.

  • Literatur

    ADB III;
    F. Sarasin, Üb. d. Anteil Basels an d. geogr., naturhist. u. ethnol. Erforschung außereurop. Weltteile, in: Verhh. d. Schweiz. Naturforschenden Ges. 108, 1927, S. 16-19;
    K. R. Hagenbach, Scheik Ibrahim, J. L. B. aus Basel, in: Neujahrsbl. f. Basels Jugend 8, 1928 (P);
    E. His, Basler Gelehrte d. 19. Jh., Basel 1941, S. 25-31 (P);
    H. Staehelin, Die Erbausschlagung Scheik Ibrahims, in: Basler Jb., 1943, S. 154-158;
    H. Dietschy, in: Die berühmten Entdecker u. Forscher, Genf 1947, S.198 f. (P);
    Ersch-Gruber XIV, S. 58 ff.;
    HBLS II;
    Schweiz. Lex. II;
    Enc. Britannica IV, London 1950. – Zu Joh. Rud.: D. Burckhardt, Häuser u. Gestalten aus Basels Vergangenheit, Basel 1925, S. 130 bis 136;
    ders., Vom alten Basel u. seinen Gästen, ebenda 1948, S. 11-34.

  • Porträts

    Kirschgartenmus. u. P -Slg. d. Univ.bibl. Basel.

  • Autor/in

    Max Burckhardt
  • Zitierweise

    Burckhardt, Max, "Burckhardt, Johann Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 38-39 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118702203.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Burckhardt: Johann Ludwig B., Reisender in Syrien und Arabien, geboren zu Lausanne am 24. November 1784 in einer alten Baseler Patricierfamilie, am 17. October 1817 zu Kairo. Nach gründlicher Vorbereitung studirte er in Leipzig und seit 1804 in Göttingen Naturwissenschaften, Sprachen, Geschichte und Geographie, um sich zu großen Entdeckungsreisen vorzubilden, wozu er physisch und geistig in hohem Maße begabt war. Mit Empfehlungen von Blumenbach an Sir Joseph Banks und Hamilton ging er im Sommer 1806 nach London und trat in die Dienste der afrikanischen Gesellschaft, um Hornemann's Entdeckungen in Afrika fortzusetzen. Während drittehalb Jahren studirte er noch in London und Cambridge mit großem Eifer Arabisch und härtete sich in jeder nur erdenklichen Weise für die Beschwerden eines Reisenden in Afrika ab. Am 14. Februar 1809 ging er endlich mit Instruction in orientalischer Kleidung unter dem Namen Sheik-Ibrahim über Malta nach Syrien, um sich namentlich noch in Aleppo und Damascus die Kenntniß der arabischen und syrischen Vulgärsprachen, der Geschichte, Geographie und Sitten des Orients anzueignen. Das erreichte er so vollkommen, daß er sich, ohne Verdacht zu erwecken, für einen gelehrten indo-arabischen Kaufmann ausgeben und als solcher ganz Syrien und den damals noch ganz unbekannten Hauran (der freilich erst in allerneuester Zeit durch Wetzstein bekannter wurde) bereisen konnte. Eine große Reihe der interessantesten Entdeckungen für die Feststellung der biblischen Geographie und Topographie war die Frucht dieser Reisen, die aber doch noch immer nur als Vorstudien galten zu den Reisen, die er in Inner-Afrika ausführen wollte. Im September 1812 ging er nach Kairo in der Hoffnung, sich endlich der großen Karawane nach dem Inneren des Continents anzuschließen. Da diese aber ausblieb, unternahm er im Februar 1813 mit Empfehlungen Ali Pascha's eine Reise den Nil aufwärts, durchzog unter vielen und großen Fährlichkeiten Nubien in mannigfacher Richtung bis Schendi und Sennaar. Von Schendi schloß er sich einer Karawane an auf einem bisher noch von keinem Europäer besuchten Wege über Berber nach Suakim am rothen Meere, wo er Ende Juli 1814 ankam, und nach Dschidda, dem gegenüberliegenden berühmtesten Hafen Arabiens übersetzte. Nach glücklich und ruhmvoll bestandener Prüfung seiner Islamitischen Rechtgläubigkeit vor zweien Ulemas blieb er 4 Monate in Mekka, besuchte Medina, machte eine heilige Wallfahrt mit frommen Pilgern, erwarb den im Orient hochgeachteten Titel eines „Hadschi“, eines Pilgers, und kehrte im Juni 1815 über Suez nach Kairo zurück, das er aber schon nach wenigen Monaten, der hier herrschenden Pest wegen, verließ, um eine Wanderung nach und auf der Sinai-Halbinsel auszuführen. Sie war die letzte seiner an wissenschaftlichen Resultaten mannigfachster Art ungemein reichen Wanderungen. Denn wenige Monate nach abermaliger Rückkehr nach Kairo, mitten im thätigsten Ordnen seiner Sammlungen uud Bearbeiten seiner Materialien, kurz nach Ankunft der jahrelang ersehnten Fezzan-Karawane, der er sich nach dem Innern Afrika's anschließen wollte, erkrankte er am 4. October 1817 an einem heftigen Fieber, dem er schon am 17. desselben Monats erlag. Seine irdischen Reste wurden mit allen Ehren eines Sheiks und Hadschi auf dem mohammedanischen Friedhofe beerdigt. Eine schönere Grabschrift konnte ihm nicht gesetzt werden, als das redliche Zeugniß, das er sich selbst gab: „Nie, gewiß nie habe ich von der Welt, die mich umgab, Dinge gesagt, in denen mich mein Gewissen nicht rechtfertigte; denn um einen Roman zu schreiben habe ich mich nicht so vielen Gefahren und Beschwerden preisgegeben.“ Die Universität Cambridge war testamentarisch die Erbin seiner über 350 orientalische Handschriften zählenden Bibliothek, seine Tagebücher und Reisenotizen aller Art waren der um ihn hochverdienten „Afrikanischen Gesellschaft“ vermacht, die sie durch ihren Secretär Leake auf das würdigste und vortefflichste publicirte: „Travels in Syria and the holyland“, 1822 (deutsch mit philologischen, antiquarischen und geographischen Anmerkungen von Gesenius, 1823); „Travels in Nubia“, 1819, 2. Aufl. 1822 (deutsch 1823); „Travels in Arabia“, 1829 (deutsch 1830); „Notes on the Bedouins and Wahabys“, 1830 (deutsch 1831); „Arabic proverbs, or the manners and customs of the modern Egyptians“, 1831 (deutsch 1834).

    • Literatur

      Burckhardt's Leben und Charakter nach unbenutzten Familiennachrichten. Basel 1828.

  • Autor/in

    Löwenberg.
  • Zitierweise

    Löwenberg, "Burckhardt, Johann Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 573-574 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118702203.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA