Lebensdaten
1459 – 1525
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Augsburg
Beruf/Funktion
Kaufmann
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118694022 | OGND | VIAF: 42632256
Namensvarianten
  • Fugger, Jakob
  • Fugger, Jakob der Reiche
  • Fugger, Jakob der Reiche Graf
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Zitierweise

Fugger, Jakob der Reiche Graf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694022.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jakob d. Ä. ( 1469), Kaufherr (s. Einl.), S d. Hans, der nach Augsburg einwanderte (s. Einl.);
    M Barbara, T d. Münzmeisters Ulrich Bäsinger ( 1474), der 1444 Konkurs machte u. dann in Schwaz lebte, u. d. Dorothea Span;
    B Ulrich (1441–1510), Kaufherr, Mitbegr. d. Ges., er stellte d. Verbindung zu d. Habsburgern her, kaiserl. Rat, unter s. Leitung blühte d. Firma auf u. nahm europ. Ausmaß an (s. ADB VIII), Markus (1448–78), seit 1471 Scriptor a. d. päpstl. Supplikenkanzlei, Domherr in Augsburg, Propst a. d. Alten Kapelle in Regensburg u. an St. Johann in Freising, Georg (s. Gen. 2);
    Augsburg 29.1.1498 Sibylle, T d. Wilhelm Arzt, Patrizier in A., u. d. Sibylle Sulzer; kinderlos;
    N Anton s. (2), Anna (1484–1535, 1497 Georg Thurzo, 1521, Vertreter d. F. im ungar. Erzbau).

  • Biographie

    F. ward als jüngster Sohn für den geistlichen Stand bestimmt und frühzeitig mit einer Pfründe im mittelfränkischen Stift Herrieden ausgestattet. Noch nicht der Heimgang des Vaters (1469) brachte die entscheidende Veränderung. Erst der Tod des Bruders Peter in Nürnberg (1473) bestimmte den ältesten Bruder, Ulrich, wahrscheinlich einem Wunsche F.s folgend, diesen als Nachwuchskraft für den personalen Bedarf des Familiengeschäftes in die Lehre zu geben. F.s Ausbildung erfolgte ohne humanistische Zutat aus der kaufmännischen Praxis des bei In- und Exportgeschäften jeder Art bewanderten gemeinsamen Unternehmens der Mutter und ihrer älteren Söhne Ulrich und Georg. Aufenthalte F.s werden 1478 in Venedig und Rom erkennbar. Sie bleiben für die Ausbildung seines künftigen Wirtschaftsstiles wegweisend, berührten jedoch das menschliche Dasein kaum und bewirkten nirgends echte Vertrautheit mit den ästhetischen Anliegen der Renaissance oder den literarischen Problemen des abendländischen Humanismus. Auch die Zeitnöte von Kirchenreform und Laienfrömmigkeit wurden erst später erfaßt. Zunächst obwaltete der Drang nach eigener wirtschaftlicher Betätigung, zu der ihm seit 1485 als Leiter der Innsbrucker Niederlassung volle Gelegenheit geboten war. Der Tiroler Metallhandel der schwäbischen Kaufmannschaft erfuhr durch den jungen F. eine wichtige Wandlung. An die Stelle der bislang typischen Silber- und Kupfergeschäfte zahlreicher Firmen trat F.s neuartiger Versuch zu deren monopolähnlicher Konzentration in der Hand seiner Firma. Dazu dienten umfangreiche Darlehen an den Landesherrn Sigmund den Münzreichen und die Übernahme der Besoldung seiner obersten Behörden, die ihren Geldgeber mit mäßigem Zins, dafür aber Vorzugspreisen bei Berechnung der Metallieferungen sowie Exportvergünstigungen und anderen Privilegien belohnten. Die Faktorei beherrschte in Kürze den Innsbrucker Hof und dessen Regierung, die Münze von Hall sowie den Schwazer Bergbau. Im Gegensatz zu vielen Kaufleuten der Zeit begnügte sich F. keineswegs mit der Organisation vorteilhafter Darlehens- und Montangeschäfte. Er entwickelte daraus ein kombiniertes System von Politik und Kapital, das für ihn typisch wurde. Seine geballte Kreditkraft überließ F. nicht willkürlich wechselnden Parteien, sondern stellte sie planvoll dem künftigen Oberhaupt des Erzhauses Österreich, dem ihm gleichaltrigen König Maximilian, zur Verfügung. Der hintergründige Kontakt wurde 1490 sichtbar, als das wirtschaftliche Eingreifen F.s zum Rücktritt des Landesherrn und zur Übergabe Tirols an den künftigen Großkunden der Fugger, Maximilian, führte. Dieser behielt die Fühlung bei, als er seine Ehe mit Bianca Maria Sforza schloß und 1493 seinem Vater Kaiser Friedrich III. folgte. Den damit erwachsenden wirtschaftlichen Möglichkeiten gaben die Fugger den Vorzug gegenüber chinesischen Handelsprojekten. Mit königlichem Schutz und dank der Hilfe schlesisch-polnisch-ungarischen Geschäftsfreunde, vornehmlich des Krakauer Kaufmanns und Ingenieurs Johann der Ältere Thurzo, erfolgte der zunächst unsichtbare, seit 1494 aber offenkundige Eintritt F.s in das ungarische Bergwesen und den Metallhandel mit seinem Schwerpunkt zu Neusohl. Dieser blieb von der 1494 als Gesellschaft „Ulrich Fugger und Gebrüder|von Augsburg“ rechtlich konstituierten Stammfirma geschieden. Die Errichtung von Zweigbetrieben zur Verarbeitung ungarisch Erze in Fuggerau bei Villach in Kärnten und zu Hohenkirchen bei Kloster Georgental in Thüringen belegten 1495 den erstaunlichen Umschwung und die technische Verfeinerung des Unternehmens.

    Die wirtschaftliche Expansion geschah nicht aus eigener Kraft der Fugger. Auch die unablässige Protektion Maximilians, dessen Politik in Krieg und Frieden die Firma in Österreich, Italien, Frankreich und den Niederlanden stützte, genügte keineswegs. Seit 1496 wurde Melchior von Meckau, Fürstbischof von Brixen und nachmals Kurienkardinal, zum wichtigsten, heimlichen Geldgeber für die Fuggerbrüder. Seine Einlagen überstiegen deren eigenes Vermögen. Die Tatsache solcher Querverbindungen und ihre Auswirkung auf die römischen Fuggergeschäfte im Sektor der Pfründen-, Ablaß- und Gebührenüberweisung, der Lieferungen an die Kurie oder päpstlicher Münze blieben lange unbekannt. Deshalb glaubte Maximilian I. zu seinem finanzpolitischen Vorteil die konkurrierenden Häuser Fugger, Gossembrot und Paumgartner 1498 als erstes deutsches Kupfersyndikat zwangsweise vereinigen zu können. Dessen 1jähriger Bestand zeigte nur, daß die „frühkapitalistischen“ Tendenzen zwar ähnliche, jedoch die personellen und konkurrenzmäßigen Spannungen so unversöhnliche waren, daß man F. nicht vom Alleingang zum oberdeutschen Wirtschaftsdominat abhalten konnte.

    Die dauernde Finanznot der Krone führte nach zeitweiser Verstimmung zur Aussöhnung mit Maximilian. Ebenso blieben die kirchlichen Bemühungen um die Organisation des Jubeljahres von 1500 und die Verbreitung seines Ablasses durch Raymund Kardinal Peraudi zur Verwirklichung auf die europäische Organisation der Fugger angewiesen. In ihr erwarb sich F. mit dem Firmenvertrag von 1502 formale Gleichberechtigung, tatsächlich aber deren Führung. Zeitgenossen galt er als „der rechte Schaffierer“. Seit 1503 wurde die Geltung der Fugger nicht bloß durch die wirtschaftliche Einwirkung auf Papstwahlen, zum Beispiel bei Pius III., oder durch ihren Eintritt in das portugiesische Gewürzgeschäft und als spanische Konkurrenten der Welser wahrnehmbar. Ihren symbolischen Ausdruck erreichte sie 1504 durch den getarnten Ankauf der Juwelen des verstorbenen Herzogs Karl des Kühnen von Burgund aus Baseler Beutebesitz. Die starke Berücksichtigung der Fugger beim Wiederaufbau des 1505 verbrannten Deutschen Hauses zu Venedig und die Anwerbung der 1. Schweizergarde sowie deren Überführung 1505/06 durch die Firma an den römischen Hof Julius' II. verkündeten neben dem Versuch zur Einrichtung eines Post- und Botendienstes die Weitläufigkeit der italienischen Kontakte der Gesellschaft. Für Maximilian blieb F. als Geldgeber wie als Rohstofflieferant seiner Geschützgießerei, ferner als Textil- und Waffenhändler unentbehrlich. Nicht nur am ungarischen Landtag von 1505, auch am Konstanzer Reichstag von 1507 sollte F. die dynastischen Vorhaben des Erzhauses fördern. Als die Stände die königliche Sehnsucht nach Romzug und Kaiserkrönung nicht erfüllten, verkaufte Maximilian seine Grafschaft Kirchberg an der Iller, die benachbarte Stadt Weißenhorn und fernere Herrschaften 1507 an F., um hierdurch seine Heerfahrt zu finanzieren. Eine Zwangsanleihe bei der Großfirma in Gestalt einer Körperschaftsbesteuerung sollte die fehlenden Mittel aufbringen. Unverständiger Geldverbrauch nötigte Maximilian I., sich mit einer formalen Kaiserproklamation zu Trient 1508 zu begnügen. Denn der Handelsherr, mit seiner Beteiligung an der ersten deutschen Gewürzflotte zu den Molukken und Geheimverhandlungen mit dem Kardinallegaten Bernardino Caravajal befaßt, ließ sich zu keiner Nachbewilligung überreden. Höchstens für eine Stärkung der militärischen Front gegen Venedig war F. 1508 zu gewinnen, vorausgesetzt, daß er seine Geschäfte zwischen den feindlichen Linien fortsetzen konnte.

    Der plötzliche Tod des Kardinals Melchior von Meggau im Frühjahr 1509 stellte die Wirtschaftskraft F.s in Frage, weil Julius II. Anspruch auf den Nachlaß erhob. Zeitweise geriet die Firma nahe an den Konkurs, dessen Gefahr neue Herrschaftsankäufe und die Stiftung der prunkhaften Augsburger Grabkapelle bei Sankt Anna geschickt verbargen. Da die französische Offensive in Oberitalien seit dem Siege von Agnadello 1509 die Restaurierung der Gesellschaft im Interesse kaiserlicher Kreditbedürfnisse erforderte, half Maximilian als diplomatischer Mittler über die römischen Schwierigkeiten hinweg, so daß die mißlichste Situation 1510 überwunden war.

    Die schlechten Erfahrungen dienten zur Warnung. Weder die Beziehung zum Mantuaner Kongreß von 1511 noch die Werbung für die Liga von Blois, nicht einmal die am 8.5.1511 erfolgte Aufnahme F.s in den Reichsadel minderten dessen Abneigung gegen übermäßige Engagements. Die Erwerbung der Fuggerhäuser am Augsburger Weinmarkt unterstrich vielmehr F.s bürgerlichen Sinn und seine Immunität bei sozialen Versuchungen|im Gefolge der Nobilitierung. F.s nüchterne Reaktionsweise gegenüber kaiserlichen Projekten bewährte sich, als Maximilian 1511 in Erwartung des baldigen Todes Papst Julius' II. von den Fuggern finanziellen Beistand erwartete, um durch Vermittlung Pauls von Liechtenstein die Tiara als Altersversorgung für sich zu gewinnen. F. bewahrte volle Loyalität gegenüber dem Roverepapst und versagte Kardinal Caravajal, der mit einem eigenen Konzil selbstische Absichten verfolgte, die erwünschte Unterstützung. Trotzdem blieben 1511/12 die Beziehungen F.s zum Kaiser ungetrübt, da dessen Beistand für die Firma zur Abweisung der Vorwürfe wegen Monopolvergehens unentbehrlich war.

    In der Fuggerschen Rechnung von 1512 taucht erstmals ein Sonderkonto „Sankt Ulrich“ auf, aus dem nach dem Beispiel toskanischer und deutscher Großfirmen die kulturelle, religiöse und caritative Spendentätigkeit der Familie und Gesellschaft gespeist wurde. Aus diesen Mitteln entstand neben der Fuggersepultur bei Sankt Anna, der ersten Renaissancekirche auf deutschem Boden, die weltberühmte „Fuggerei“, das Leitbild der gesamten Wohnsiedlungen für Bedürftige, überwiegend aus metaphysischem Antrieb.

    Jene Enttäuschung, die Maximilian I. vom Fuggerhaus anläßlich seines romantischen Papstplanes erlebt hatte, scheint fortgewirkt zu haben. Zur Abschirmung der handelsstrategischen Expansion seiner Firma über das Baltikum nach Innerrußland hätte F. eines Beistandes der Krone gegen die Hanse bedurft. Aber die Ächtung Lübecks, das Fugger-Waren kaperte, unterblieb. Die Firma mußte zufrieden sein, wenn publizistische und politische Freunde der Niederdeutschen nicht noch Monopolprozesse gegen die Schwaben beim Reichsfiskal entfesselten. Als Resultat ergab sich, daß F. wohl keine Strafaktion gegen die Hanse bewirkte, diese aber seine Ausbreitung mit dänisch-russischer beziehungsweise polnisch-preußischer Hilfe 1513 im Baltikum hinnehmen mußte. Die Thronbesteigung Leos X. führte in Südeuropa zu keiner Machtsteigerung der römischen Fuggerfiliale, da der Medicipapst seine Landsleute bevorzugte. Dafür mehrte die Spannung zwischen Venedig und dem Kaiser, dessen Kreditbitten an F. nicht nachließen, das soziale Ansehen der Fugger. Am 17.7.1514 wurde F. als erstem deutschen Kaufmann die Reichsgrafenwürde zuteil.

    Im Bewußtsein solchen Ansehens wich die Gesellschaft der vatikanischen Anleihenachfrage des Mainzer Kurerzbischofs Albrecht von Brandenburg nicht aus. Sie geriet damit infolge einer Vorfinanzierung der Pfründebemühungen in Mainz, Magdeburg und Halberstadt sowie durch ihre Beteiligung an der deutschen Einhebung des Ablasses für Sankt Peter in die Vorgeschichte der deutschen Reformation hinein. Nach zeitüblicher Denkungsart scheinen kaum grundsätzliche Bedenken gegen derartige Transaktionen bestanden zu haben. Ernster waren F.s Widerstände gegen Überschreitungen des herkömmlichen Zinsverbotes, die jedoch für die Firma unvermeidbar wurden. Ohne Beseitigung dieser kanonistischen Regeln wäre jede Fortsetzung ihrer Geschäfte ausgeschlossen geblieben. Der Ingolstädter Gelehrte und schwäbische Landsmann Dr. Johannes Eck wagte, nach früheren Universitäts-Vorlesungen über die Zulässigkeit eines 5%igen Zinssatzes, im Sommer 1515 an der Hohen Schule von Bologna ein Streitgespräch in diesem Sinne, das jedoch trotz F.s Unterstützung zu keinem durchschlagenden Erfolg gedieh. Die bevorstehenden Heiratsverhandlungen zwischen den ungarisch-böhmisch-polnischen Jagellonen und den Habsburgern hielten das Interesse F.s überwiegend gefangen. Für grundsätzliche Disputationen blieb wenig Zeit. Unter persönlicher Beteiligung F.s kam auf einer Wiener Tagung 1515 die Regelung der dynastischen Ehepläne, die einer Nachfolge des Erzhauses auf den Thronen von Böhmen und Ungarn den Weg ebneten, bei gleichzeitiger Festigung der Position F.s im slovakischen Montanwesen zustande.

    Noch bevor diese Vereinbarungen sich auswirken konnten, steigerte der Fehlschlag Maximilians gegen Venedig die Zusammenarbeit der österreichischen Dynastie mit der Firma, der man kartellähnliche oder monopolistische Regelungen nahelegte. F. scheint diese Intensivierung nicht gesucht zu haben. Er trug sich 1515 aus Arbeitsüberlastung, wegen seiner Kinderlosigkeit und infolge der durch Krankheit geschwächten Gesundheit mit der Absicht zum Rückzug aus den Geschäften. Die internationale Verflechtung seines Unternehmens verbot jedoch derartige private Entscheidungen. Folglich verlagerte sich nach der Überbeanspruchung F.s von Seiten der habsburgischen Kundschaft ihr Schwerpunkt bei diversen Engagements. Die Kreditgespräche mit Heinrich VIII. von England, der F. zum Einsatz gegen Frankreich brauchte, erlebten seit 1516 einen überraschenden Anstieg. Erst die Gefährdung der Südfront der Firma infolge des Venezianer Druckes auf Verona, dem der Einbruch in den Tiroler Silberbergbau folgen konnte, nötigte F. 1516 zur Wiederannäherung an das Erzhaus, das seiner für die erbländische Verteidigung wie zur Sicherung einer römisch-deutschen Hoheitskontinuität durch Finanzierung der Königswahl Karls von Spanien bedurfte.

    Der Ausbruch der Reformation und seine eigene Befehdung im Rahmen des Ablaßstreites dürfte den Kaufherrn wenig beunruhigt haben. Da er in seiner Heimat die Grundgedanken religiöser Laienreform mitvertrat, widmete er den reformatorischen wie humanistischen Attacken aus der Feder Huttens und Luthers nur halbe Aufmerksamkeit. Bedenklicher schien die Abneigung Karls von Spanien, der auf seine deutsche Kandidatur wenig ausgeben wollte und als Bankiers neben iberischen und genuesischen Geschäftshäusern vorzüglich an die in Spanien bekannteren Welser dachte.

    Die erbländischen Mittel genügten unter keinen Umständen zur Durchführung der Wahl. Dazu waren die wirtschaftlichen Anforderungen der Kurfürsten zu hoch. Deshalb trachteten Maximilians Ratgeber nach einer Unterstützung durch F. anläßlich des Augsburger Reichstags von 1518. Hier erfolgte dank der persönlichen Bürgschaft des Kaufherrn die Verpflichtung der Majorität des Kurkollegs auf die spanische Kandidatur. Im Schatten dieses beherrschenden Geschehens erfolgte nach Reichstagsende die Aussprache Luthers mit dem Legaten Cajetan im Fuggerhaus, Diskussionen, von denen sich der Kaufherr aus Sachfremdheit oder Vorsicht fernhielt. Maximilians überraschender Tod entband die Kurfürsten ihrer Zusage. Da sich Karl in der Folge trotz der Hilferufe verschiedener Räte seines Großvaters und der Intervention seiner Tante, der Erzherzogin Margarethe, zu keiner genügenden Aufnahme von Krediten der Fuggerbank entschloß, bestand 1519 die Möglichkeit eines Übertritts der Firma zu den Franzosen, die sie mit Geldgaben zu betören suchten. Die innere Logik des Geschehens sowie die Verzahnung des Fuggergeschäfts mit der habsburgischen Politik bewirkten freilich zum Schlusse die längst fällige Verständigung Karls V. mit F.. Dieser konzentrierte über 850 000 Dukaten, hauptsächlich aus eigener Kasse, in Frankfurt am Main und feierte den Wahlakt des 28.6.1519 als seinen persönlichen Triumph.

    Ungewiß blieb, ob Karl für die Zukunft eine Dankespflicht anerkannte oder ob er sich der Tatsache solcher Verschuldung bei einem einzigen Geldhaus dazu bediente, um kraft der taktisch vorteilhaften Position eines hervorragenden Debitors fernere Kredite zu erlangen. F.s Vertretung bei der Aachener Königskrönung Karls 1520 und am folgenden Wormser Reichstag 1521 ersparte dem Kaufherrn eine persönliche Stellungnahme an der Diskussion um das reformatorische Geschehen. F.s sprödes Verhalten gegenüber Nuntius Aleander verriet seine Neigung, sich ohne Bruch mit Rom vorderhand von diesen Ereignissen zu distanzieren. Einstweilen war die verzögerte Regelung der Schulden Karls V., die am 4.5.1521 erfolgte, wichtiger. Mit ihr steigerte sich die Einschaltung der Firma in das spanische Finanzwesen, und Karls Bruder Ferdinand rückte in die vorderste Reihe der geschäftlichen Vertragspartner. Diesen Vorgang erweiterte seit 1522 das Brüsseler Abkommen zwischen den beiden Habsburgern.

    Ihre deutsche Linie nahm F.s Beistand zur Ausbreitung ihrer vorderösterreichischen Machtstellung gegenüber Württemberg in Anspruch. Jedoch Nachlässigkeiten in der Tilgung älterer Verbindlichkeiten der Krone zwangen F. zur Frage nach besseren Sicherheiten. Seit dem Sommer 1521 glaubte er sein Ende nahe. Davon zeugen der Stiftungsbrief, mit dem er unter anderem die soziale Meisterleistung seines Lebens, die Fuggerei, ordnete, ebenso sein erstes Testament. In beiden Urkunden bekannte sich F., gegen den sich die Kritik Luthers und Huttens verschärfte, eindeutig zur römisch-katholischen Kirche. Aus dem Selbstgefühl eines „Reichtums von Gottes Gnaden“ wies er sämtliche Angriffe zurück. Sie wurden allerdings bedenklicher, sobald im Zusammenhang mit den Nürnberger Reichstagen die Diskussion zwischen 1522/23 die wirtschaftsrechtliche Offensive gegen F. verschärfte. In Beantwortung einer Klage des Reichsfiskals und infolge des Kesseltreibens der Nürnberger Ausschüsse suchte die Gesellschaft nun Rückhalt in Spanien. Dieser wurde ihr vom Kaiser, der F.s Beistand zur Türkenabwehr und bei Entfaltung seiner Kolonialschiffahrt brauchte, zuteil. Karl V. befahl die Einstellung der umstrittenen Prozesse und die Vorlage des Aktenmaterials, das hernach in Spanien verschwand. Als F. sich zur Mitfinanzierung der Reichskammergerichtsreform geneigt erklärte, wurde der Monopolstreit 1524 vom Reichstag ausgesetzt.

    Kaum schienen diese Sorgen zerstreut, erfolgten neue Angriffe auf die Firma, wobei ihr nationalmagyarische Kreise 1524 planmäßige Münzverschlechterung vorwarfen. Da König Ludwig II. von Ungarn anfangs F.s Partei nahm, verzögerte sich die Krise. Mittlerweile verstärkte sich das Zusammenwirken der Firma mit der spanischen Krone, die ihr vom 1.1.1525 die Liegenschaftspacht der 3 spanischen Ritterorden, die „Maestrazgos“, übertrug. Die daraus resultierende Einschaltung F.s in das iberische Quecksilbergeschäft erklärt die kaiserliche Neigung zu weiterer privater Verständigung|mit F. über Probleme des Metallhandels sowie der Monopolgebräuche. Die Gesellschaft zeigte ihre Dankbarkeit durch Bereitstellung von Bargeld am italienischen Kriegsschauplatz, wo F.s Zahlungen den kaiserlichen Entscheidungssieg bei Pavia über Franz I. von Frankreich 1525 ermöglichten. Karls Gegengabe konzentrierte sich auf Madrider und Toledaner Edikte vom März und Mai 1525, in denen er die umstrittene Monopol- und Montanpraxis ausdrücklich guthieß.

    Die Gnade des Reichsoberhauptes konnte F. nicht vor seinen sonstigen Gegnern schützen. Lokale Unruhen zwangen ihn 1524 vorübergehend zum Rückzug aus Augsburg, wo er nur zeitweilig kommunale Ämter bekleidete. Der Schutzbrief von 1525, der F. von einigen Drohungen des Wormser Edikts befreite, ließ ihn den sozialen und konfessionellen Gegenspielern desto verdächtiger erscheinen. Die Führer des schwäbischen Bauernkrieges erhoben leidenschaftliche Klage gegen die Gesellschaft. Dennoch erstaunt, daß F.s Gebiete nicht allein wegen ihrer klugen Verteidigung sich gegen den Aufstand erfolgreich behaupteten. Die Treue der Weberstadt Weißenhorn dürfte in der verständnisvollen Förderung ihrer Textilinteressen durch F. gewurzelt haben. Außerdem zeigte dieser sich in der Freilassung leibeigener Bauern weit großzügiger als der benachbarte Landadel. Auch anläßlich von Knappenunruhen in Tirol und beim mitteldeutschen sowie Tiroler Bergbau, wo der Aufstand von venezianischen Konkurrenten angeeifert wurde, erfuhr die Gesellschaft eher rücksichtsvolle Behandlung. Bauern wie Knappen wagten nicht ernsthaft, F. anzutasten, während die Firma kaum zögerte, die Gegenaktionen des Schwäbischen Bundes und bedrohter Landesfürsten, wie des Kardinals Matthäus Lang von Salzburg, materiell zu fördern.

    F.s schwerste Sorge galt 1525 der Erhaltung seines ungarischen Handels, vornehmlich zu Neusohl und in Budapest. Ein Kompromiß mit den unruhig gewordenen Bergarbeitern glückte ohne Schwierigkeit. Bald schlugen sich aber aristokratische Gegner, schließlich das Königspaar selbst, auf die Seite der antideutschen Opposition. Der Sturm auf das Fuggerhaus am Burgberg zu Ofen diente Ludwig II. zur Erpressung eines Unterwerfungsvertrages, den F. verwarf, und zur Beschlagnahme von Geld und Gut. Nach einer prinzipiellen Verteidigung organisierte F. im Sommer und Herbst 1525 taktisch großzügig eine Blockade gegen das ihm entzogene ungarische Kupfer sowie solidarische Interventionsbemühungen Karls V., Ferdinands, des Papstes Clemens VII., des Polenkönigs nebst vieler Reichsfürsten, die der Gesellschaft bedurften. Bis in die letzten Lebenstage F.s dauerte seine einfallreiche, aktive Gegenwehr, wobei der Kaufherr stärker für seine Firmenehre als materielle Interessen stritt. Aber das ungarische Königspaar, das sich eine mühelose Entschuldigung erhoffte, wies die kompromissarische Verständigung zurück.

    So erreichte der Tod F., noch bevor in Budapest eine Aussöhnung gelang. Am 28.12.1525 regelte ein 2. Testament die offenen Fragen über das Schicksal der Gesellschaft. Ihr Vermögen wurde einige Zeit später vorsichtig auf 2 Millionen Gulden veranschlagt, von denen 1,8 Millionen durch F. in den letzten 17 Jahren verdient worden waren. Kinderlos verstarb er im Augsburger Fuggerhaus am 30.12.1525. Auf seinen Wunsch folgte ihm am nächsten Morgen sein Neffe Anton Fugger mit nahezu monarchischen Vollmachten als Oberhaupt der im politischen Finanzgeschäft Gesamteuropas maßgeblichen Gesellschaft nach.

  • Literatur

    ADB VIII;
    M. Jansen, J. F. d. Reiche, 1910;
    Th. Düvel, Die Gütererwerbungen J. F. d. Reichen 1494-1525 u. s. Standeserhöhung, 1913;
    E. Reinhardt, J. F. d. Reiche aus Augsburg, Zugleich e. Btr. z. Klärung u. Förderung unseres Verbandswesens, 1926;
    J. Strieder, J. F. d. Reiche, 1926;
    H. F. Deininger, Das reiche Augsburg, Ausgew. Aufsätze J. Strieders z. Augsburger u. Süddt. Wirtsch.gesch. d. 15. u. 16. Jh., 1938;
    E. Hering, Die Fugger, 1940;
    G. Frhr. v. Pölnitz, J. F., Kaiser, Kirche u. Kapital in d. oberdt. Renaissance, I, 1949 (zahlr. P), II (Qu. u. Erörterungen), 1952 (P);
    L. Schick, Un grand homme d'affaires au début du XVIe siècle J. F., Paris 1957.

  • Porträts

    Silberstiftzeichnungen v. H. Holbein d. Ä., Abb. b. G. v. Pölnitz, J. F. I u. II, 1949/52;
    Gem. v. A. Dürer, 1520 (München, Alte Pinakothek), Abb. ebd. I (Ausschnitt) u. ders., Die Fugger, 1960;
    Porträtbüste v. A. Daucher (früher im Chorgestühl v. St. Anna in Augsburg, jetzt Berlin, Staatsbes.), Abb. b. dems., J. F. I, 1949, u. in: Die Gr. Deutschen im Bild, 1937;
    Farbholzschnitt v. H. Burgkmair (München, Graph. Slg.), Abb. in: N. Lieb, Die Fugger u. d. Kunst im Za. d. Spätgotik u. frühen Renaissance, 1952.

  • Autor/in

    Götz Freiherr von Pölnitz
  • Zitierweise

    Pölnitz, Götz Freiherr von, "Fugger, Jakob der Reiche Graf" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 710-714 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694022.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA