Lebensdaten
1808 – 1865
Geburtsort
Münster im Münstertal Kanton Graubünden
Sterbeort
Heiden (Appenzell)
Beruf/Funktion
Kapuziner ; Sozialreformer ; Generalvikar des Bistums Chur ; Philanthrop
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118691899 | OGND | VIAF: 42632218
Namensvarianten
  • Crispin, Anton (Taufname?)
  • Florentini, Anton Crispin (Taufname?)
  • Florintöni, Anton Crispin
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Zitierweise

Florentini, Theodosius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691899.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Stamm-V Adam d. Schmied (um 1550) (alte Schreibart Florintöni, Zusammensetzung aus Florin u. Anton);
    V Paul Florintöni ( 1826), Bergbauer;
    M Maria Anna Fallet ( 1843);
    7 Geschw, u. a. Kapuzinerpater Florian, brüderlicher Lehrer u. Führer.

  • Biographie

    F. besuchte mit 7 Jahren die Dorfschule in Münster, mit 9 Jahren die benachbarte Gemeindeschule in Taufers, um neben der romanischen auch die deutsche Sprache zu erlernen, und nach einem Jahr folgten Gymnasialstudien in Bozen, Stans, Baden und Chur. 1825 trat er in den Kapuzinerorden ein (1830 Priesterweihe, 1832-38 Novizenmeister und Lektor der Philosophie und Theologie in Baden, 1838-41 Guardian des Klosters in Baden, zugleich Direktor im Frauenkloster Mariä Krönung). Bei der Volkserhebung im Aargau 1841 als Aufwiegler verurteilt, floh er in die Innerschweiz. 1841-45 war er als Laufpater, Schriftsteller und Schulmann in Altdorf und Stans, anschließend bis 1858 als Hofpfarrer in Chur und bis 1860 Vikar im Kapuzinerkloster in Schwyz, dann als Generalvikar der Diözese Chur tätig.

    F.s Ziel war, durch Schule und Armenpflege der Irreligiosität der Zeit entgegenzuwirken. Sein Lebensplan reifte zur Zeit seines Aufenthaltes in Baden heran. Er errichtete zunächst im Kloster Mariä Krönung in Baden ein Pensionat für die Erziehung und Bildung junger Töchter, später gründete er eigene religiöse Frauengemeinschaften für Schule und Caritas. Das Institut in Menzingen und das Institut in Ingenbohl sind seine Schöpfungen. 1856 erneuerte er auch das seit der Vertreibung der Jesuiten verwaiste Kollegium „Maria Hilf“ in Schwyz, und als Pfarrer von Chur reorganisierte er das Kirchen- und Schulwesen auf dem bischöflichen „Hof“. – In den letzten Jahren seines Lebens wurde er vor allem richtungweisend für die neuzeitliche Missionierung der katholischen Diaspora der Schweiz. Er war Mitbegründer des „Vereins für die Inländische Mission“ und nahm wesentlich Anteil an der Gestaltung des „Schweizerischen katholischen Volksvereins“. Seelsorge und Armenfürsorge führten ihn zu sozialen Fragen. Um das seelische und materielle Los der Arbeiter zu verbessern, bemühte er sich um ihren Zusammenschluß zum Schutze ihrer vielfach bedrohten Lebensinteressen und um Fabrikgründungen unter religiöser Leitung. Nach praktischen Versuchen in der Organisation von Hausindustrien, Kleinfabriken und Fabrikheimen wagte er sich an die Großunternehmung einer Baumwollfabrik in Oberleutensdorf (Böhmen) und einer Papierfabrik in Thal (Kanton Sankt Gallen). Äußerer Erfolg blieb diesen Unternehmungen versagt. – F.s Werk lebt fort inner- und außerhalb der Schweiz in Schwesterninstituten, Schulen, Spitälern, Waisen- und Armenanstalten, in denen über 12 000 Theodosiusschwestern wirken. Seine Bedeutung liegt in der praktischen, grundsatztreuen Tat. Er war ein bahnbrechender katholischer Soziologe und Pädagoge.

  • Werke

    W u. a. Patronatsrede, 1862;
    Frankfurter Rede, 1863;
    Leben d. Hl. Gottes, 1888, daraus d. Slg. d. Unterweisungen, hrsg. v. R. Steimer u. d. T. Erziehung u. Selbsterziehung, 1911.

  • Literatur

    ADB 37 (unter Theodosius);
    R. Henggeler, Das Inst. d. Lehrschwestern v. Hl. Kreuz, 1944;
    V. Gadient, Der Caritasapostel Th. F., 1946 (mit Frankfurter Rede u. kleinen W, W-Verz., L, P);
    LThK (P);
    Lex. d. Päd. III, 1952 (W, L);
    J. Zimmermann, in: Biogr. Lex. d. Aargaus, 1958.

  • Porträts

    Ölgem. (Schwyz, Kollegium Maria Hilf).

  • Autor/in

    Josef Zimmermann
  • Zitierweise

    Zimmermann, Josef, "Florentini, Theodosius" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 253 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691899.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Theodosius: P. Th. (Anton Crispin Florentini, oder wie der Familiennamen eigentlich lautet: Florintöni), ist am 28. Mai 1808 aus angesehener Bauernfamilie in Münster (Kt. Graubünden) geboren. Seine Gymnasialbildung gewann der hochbegabte junge Romane in tirolischen und schweizerischen Schulanstalten, die Vorbereitung zum theologischen Studium am bischöflichen Seminar in Chur; auf der Durchreise nach Solothurn, an dessen theologischer Lehranstalt er seine Studien fortsetzen wollte, faßte er auf dem frischen Grabe seines älteren Bruders in Baden den Entschluß, wie einst dieser, Kapuziner zu werden und trat 1825 als Novize in den Orden ein; 1830 erhielt er die Priesterweihe und nun finden wir ihn als Novizenmeister und Professor zuerst in Solothurn, dann in Baden, wo er 1838 Guardian seines Klosters wurde. Bereits hatte er hier durch Gründung eines Mädchenpensionates in dem Frauenkloster Maria Krönung seine organisatorische Thätigkeit nach außen zu entwickeln begonnen, als er in die politischen Wirren (die dann zur Aufhebung der aargauischen Klöster führten) hineingezogen wurde und fliehen mußte, 1841. Nach kurzem Aufenthalt im Elsaß ward er von seinen Obern in die Schweiz zurückberufen und kam nach Altorf; 1845 ward er Pfarrer und Superior an der bischöflichen Kathedralkirche in Chur, 1859 Generalvicar des dortigen Bischofs; am 15. Februar 1865 starb er, vom Schlagfluß getroffen, in Heiden (Appenzell A. Rh.).

    Aber die geistlichen Aemter und Würden sind nicht das, was die Bedeutung des P. Th. ausmacht, so wirkungsvoll er als Prediger, so populär er als erbaulicher Schriftsteller (Neubearbeitung von Goffine's christlich-katholischem Unterrichts- und Erbauungsbuch; „Leben der Heiligen Gottes“, 4 Bände), so eifrig er in seiner Sorge für die Katholiken in den protestantischen Schweizerstädten war; sie beruht darauf, daß er als zweifellos überzeugungstreuer Katholik, Geistlicher und Ordensmann (er hat auch als Generalvicar die Kapuzinerkutte bis an sein Lebensende getragen) die ganze Macht seiner kraftvollen Persönlichkeit in den Dienst der Armen und Hülslosen stellte und mit ebenso großer Selbstaufopferung als organisatorischer Begabung die socialen Fragen praktisch zu lösen versuchte: „Was Bedürfniß der Zeit ist, das ist Gottes Wille“ war seine Devise. Sein christlicher Socialismus trägt ausgesprochenes confessionelles Gepräge; Endziel war ihm der Erweis des Katholicismus als weltüberwindender Macht; das hinderte ihn aber keineswegs, in weltmännischer Toleranz auch in interconfessionellen Vereinigungen wie der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, seine Ideen zu entwickeln, und protestantischen Geistlichen, die auf dem Felde christlicher Liebeswerke sich bethätigten, den Bruderkuß zu geben.

    Wir sahen bei P. Th. schon in Baden die Anfänge einer über die Ordensziele hinausgehenden freien Thätigkeit für Erziehungszwecke; im Elsaß lernte er|nun das Lehrschwesterninstitut des Abbé Moitier kennen; nach diesem Vorbild gründete er, nachdem er auch in Mors wesentlich auf dem Gebiet des Volksschulunterrichtes thätig gewesen, an die schon in Baden gesponnenen Fäden anknüpfend, die Congregation der „Schwestern vom hl. Kreuz“ ("Theodosianische Lehrschwestern") mit dem von ihm gestifteten Institute in Menzingen (Zug) als Centrum, 1845, und als ihm durch hierarchische Gegenwirkung die Leitung dieses Instituts aus der Hand gewunden wurde, das Institut der „barmherzigen Schwestern“ (vornehmlich für Krankenpflege) in Chur, später (1858) in Ingenbohl (Schwyz); gegen seinen Wunsch blieben die beiden Organisationen getrennt. Gegenwärtig beläuft sich die Zahl der Menzinger Lehrschwestern auf 430, die in acht Kantonen der Schweiz, in Süddeutschland, Italien und Afrika wirken; die der Kreuzschwestern von Ingenbohl auf 2220 (worunter 400 Lehrschwestern) in der Schweiz, Deutschland und Oesterreich (Planta S. 58, 55).

    Mittlerweile hatte er in Chur zugleich Anfänge mit Hausindustrie gemacht, die katholische Schule im Hof reorganisirt, durch die Gründung des Kreuzspitales (1852) eine große bleibende Leistung auf dem Gebiete der Krankenpflege erzielt, welche Armen und Kranken beider Confessionen zu gute kam, eine katholische Rettungsanstalt für Graubünden, zuerst in Paspels (1857), dann in Löwenberg den schon bestehenden protestantischen zur Seite gestellt. In Schwyz kaufte er 1855 das ursprünglich für die Jesuiten errichtete und seit dem Sonderbundskriege halb unausgebaut leerstehende Collegium Mariahilf und rief in demselben eine specifisch katholische höhere Bildungsanstalt für Knaben ins Leben, die sich bald und dauernd hoher Blüthe erfreute. Endlich warf er sich auch auf Gründung und Betrieb industrieller Fabriken, nachdem er schon zuvor am Gubel bei Neuägeri (Zug) für Arbeitslinder eine Erziehungs- und Arbeitsanstalt organisirt hatte. So übernahm er — der für alle diese Unternehmungen selbst und durch die Schwestern das Geld erst mühsam im In- und Ausland zusammenbetteln mußte — 1859 eine im Eingehen begriffene Tuchfabrik in Oberleitensdorf (Böhmen) und gründete 1864 eine Maisstrohpapierfabrik in Thal (Kanton St. Gallen). Sein ausgesprochener Zweck war dabei das Streben, die Fabrikarbeit zu christianisiren und zugleich (wie bei Pestalozzi auf dem Neuhofe) den Fabrikationsgewinn für die Hebung der Arbeiterbevölkerung selbst zu verwerthen. Aber diese Versuche auf dem Felde der Großindustrie überstiegen sein Können, die Liquidation beider Fabriken erschien unvermeidlich, als die Lebenskraft des Th., den körperlichen und seelischen Anstrengungen bei einer Reise, die er zur Rettung dieser seiner Schöpfung nach Böhmen unternommen, erliegend, auf dem Heimwege nach Chur zusammenbrach.

    • Literatur

      Biographien von P. H. Elsener (Luzern, Räber 1865), P. C. Krauthan u. C. Führer. — Marty, P. Theodosius Fl., in Hunziker's Geschichte der schweiz. Volksschule III, 262—271. Zürich 1882. — Planta, Dr. P. C., Pater Theodosius, ein menschenfreundlicher Priester. Bern 1893.

  • Autor/in

    Hunziker.
  • Zitierweise

    Hunziker, Otto, "Florentini, Theodosius" in: Allgemeine Deutsche Biographie 37 (1894), S. 715-716 unter Theodosius [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691899.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA