Lebensdaten
gestorben 1318
Geburtsort
Steinbach (Baden-Baden)
Sterbeort
Straßburg
Beruf/Funktion
Baumeister ; Leiter der Straßburger Münsterbauhütte
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118685376 | OGND | VIAF: 74647227
Namensvarianten
  • Erwin
  • Magister Erwin
  • magister Erwinus de Steinbach (angezweifelter Zusatz)
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Zitierweise

Erwin von Steinbach, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118685376.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    ⚭ Husa N. N.;
    6 S, 1 T, u. a. Johannes ( 1339), Joh. Gerlach (erw. 1332-41), beide Münsterbaumeister in Straßburg, N. N. ( 1330), Baumeister der Stiftskirche zu Haßlach.

  • Biographie

    Wann Magister E. die Leitung der Straßburger Münsterbauhütte übernommen hat, welcher Anteil an dem Entwurf und der Ausführung ihm zugesprochen werden darf, ist umstritten. Die Echtheit einer 1508 erstmalig erwähnten, seit etwa 1730 nicht mehr vorhandenen Inschrift an der Westseite „Anno Domini MCCLXXVII in die beati Urbani, hoc gloriosum opus inchoavit magister Erwinus de Steinbach“ wird angezweifelt. Der Zusatz „von Steinbach“ ist urkundlich sonst nicht gesichert. In einer Vertragsurkunde von 1284 steht der Name E. in Rasur. Ob Meister E. in der Urkunde von 1293 über den Verkauf eines Gutes in Lampertsheim mit dem Münsterbaumeister identisch ist, bleibt ungewiß. Von der überlieferten Inschrift an der Marienkapelle „MCCCXVI aedificavit hoc opus magister Erwin“ erhielt sich ein Teilstück mit dem Namen. Auf dem Denkstein im Leichenhöfel am Münster, der die Sterbedaten von E., seiner Frau und seinem Sohn Johannes überliefert, wird er als „gubernator fabrice ecclesie“ bezeichnet. Sein Sohn folgte ihm als magister operis.

    Nach der Vollendung des Langhauses mit dem Schließen der Gewölbe 1275 wird der Grundstein zum Westbau 1277 gelegt. Der Aufbau folgt anfänglich dem noch vorliegenden Riß B und übernimmt die reiche Dekoration für die Sockelzone des Nordturms. Die leichte Minderung der Formenfülle am Südturm ist für den Gang der Baugeschichte aufschlußreich. Oberhalb der Portale werden die Abweichungen vom Plan auffälliger, so daß es fraglich erscheint, ob der entwerfende und die Ausführung beginnende Meister noch im Amt war. Bei dem Übergang der Stiftsverwaltung vom Domkapitel an die Bürgerschaft zwischen 1282 und 1286 könnte möglicherweise ein neuer Bauleiter eingesetzt worden sein.

    Der Pergamentplan (273,5 : 70 cm) zeigt die linke Hälfte einer Doppelturmfassade. Zusammenhänge – schon für einen älteren Riß A entscheidend – mit den Querschifffronten von Notre-Dame in Paris bleiben für den Aufriß maßgebend, die französischen Anregungen werden jedoch in eine großartige Einmaligkeit gesteigert, wie sie als Tendenz im „Decorated Style“ der englischen Gotik auftritt. Zwischen den Turmstreben sollte sich über den Eingängen ein schleierartiges Gestänge frei vom Grund lösen. Über seinem Abschluß mit einer dichten Reihe steiler Ziergiebel folgt als Herzstück der Schauseite ein großes Rundfenster mit einer strahlenden Maßwerkrose, begleitet in der Turmachse von einem breiten Fenster, über dem ein luftiger, in Stäbe aufgelöster Giebel die Grenze zum nächsten Turmstockwerk überschneidet. In|der Höhe deuten nur wenige Linien den achtseitigen Ausklang in zwei Stufen zum schlanken Helm an. Allenthalben sprießt und treibt Stab- und Maßwerk, den restlichen Mauerflächen sowie den Streben an Stirn und Flanken vorgeblendet, über die Trennung der Geschosse hinweg.

    In der Ausführung ist die Erregung des vielteiligen Steigens merklich gedämpft. Das Steingitter vor der Mauer ist aus gleichmäßigen Bahnen gefügt, die mit weichen Bogen vor der betonten Horizontalen des nächsten Stockwerks schließen. Dieser Vereinfachung steht das Übergreifen der Zweischichtigkeit auf die goldschmiedehaft gefaßte Rose und die vergittert wirkenden Turmfenster gegenüber. Jedoch sticht die Feingliedrigkeit der Strahlenblüte so auffällig von der nur kaum verhüllten Schwere in den Seitenfeldern ab, daß Zweifel an der Einheit der Planung wach werden.

    Die wissenschaftliche Diskussion bemüht sich um die Entscheidung, ob die Gegensätze zwischen Riß B und dem ausgeführten Erdgeschoß die Zuschreibung an Meister E. verbieten oder ob seine künstlerische Entwicklung von dem Überschwang des Entwurfs zu schrittweiser Klärung heranreifte. Im ersten Fall müßte ein „Bischofsmeister“ für Planung und Baubeginn bis etwa 1284 vermutet, und als E.s Leistung das Vereinfachen und Umsetzen in eine stilistisch neuartige Flächenbewertung erklärt werden. Er wäre dann vielleicht auch für den Kontrast zwischen den Turmfeldern und der Rose verantwortlich zu machen. Die gegenteilige Ansicht hält die Wandlung gerade bei einer so überragenden Künstlerindividualität, wie sie Riß B dokumentiert, für möglich. Die Spannweite dieser schöpferischen Kraft würde als letzte Steigerung die Gestaltung des Rosenfeldes hervorgebracht haben, während die Turmgeschosse von E.s Sohn als Vertreter einer neuen Generation mit veränderter baukünstlerischer Einstellung bestimmt worden wären.

    Die Auswirkung der Straßburger Bauhütte unter E. ist über die Grenzen des Elsaß und der schwäbischen Bautätigkeit um und nach 1300 bis an den Mittelrhein und die Donau stromabwärts bis Regensburg zu verfolgen. Erst seine Nachfolger vollendeten 1365 die Obergeschosse der Türme, nach 1384 wurde die Glockenstube über der Rose eingefügt und jene Plattform geschaffen, über deren Nordteil Ulrich von Ensingen und Johannes Hültz von Köln den kühnen Einturm bis 1439 errichteten. Daß der junge Goethe 1772 diesen „Babelgedanken“ als Einheit sah, war berechtigt: E. prägte, auch wenn sein Anteil am Westbau während einer mehr als 30jährigen Schaffenszeit nicht scharf einzugrenzen ist, mit dem Stabwerkbereich des Erdgeschosses die entscheidende Zone für das Weiterwachsen der Schauseite nach seinem Tode.

  • Literatur

    ADB VI;
    L. Schürenberg, Die kirchl. Baukunst in Elsaß-Lothringen im späten 13. u. 14. Jh…, in: Elsaß-Lothr. Jb. 11, 1932;
    H. Kunze, ebd. 18, 1939, 20, 1942;
    H. Jantzen, Das Münster zu Straßburg, = Dt. Bauten 21, 1933;
    C. Stehlin, in: Bull. de la Société des Amis de la Cathédrale de Strasbourg, Straßburg 1935;
    O. Kletzl, in: Marburger Jb. 8, 1944;
    W. Groß, Die abendländ. Architektur um 1300, 1948;
    H. R. Rosemann, in: Die Großen Deutschen I, 1956, S. 232-45;
    R. Wortmann, Der Westbau d. Straßburger Münsters v. 1275-1318, Diss. Freiburg i. Br. 1957;
    ThB. – Zur Geneal.: Marx, in: Fam.geschichtl. Bll. 35, 1937, Sp. 103 ff.

  • Autor/in

    Heinz Rudolf Rosemann
  • Zitierweise

    Rosemann, Heinz Rudolf, "Erwin von Steinbach" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 636-637 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118685376.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Erwin, genannt Erwin von Steinbach, Architekt, der berühmte Werkmeister des Straßburger Münsters, gestorben zu Straßburg am 17. Januar 1318. Mit dem Beinamen E. v. Steinbach kommt er nur ein einziges Mal vor, in der Inschrift, die bis zum vorigen Jahrhundert am Hauptportal bestanden haben soll, sonst heißt er in Urkunden und Inschriften nur Meister E. Die einzige Urkunde, in welcher E. ausdrücklich als Werkmeister erwähnt wird, von 1284 ist erst kürzlich publicirt worden, aber auch hier steht sein Name in einer Rasur. Die Portalinschrift besagte, daß im J. 1277 am 25. Mai Meister E. v. St. dies glorreiche Werk (das heißt den Façaden- und Thurmbau des Münsters) begonnen. Der Wortlaut der Inschrift gibt noch keinen Grund an ihrer Echtheit oder selbst an ihrer Gleichzeitigkeit zu zweifeln; nicht der Meister, sondern die bauende Commune würde die stolzen Worte über den Bau zu verantworten haben. Italienische Stadtgemeinden haben in Inschriften häufig ähnlich gesprochen. Der Ortsname Steinbach kommt so häufig vor, daß die Frage, aus welchem Steinbach E. stammen könne, müßig ist. Ueber Herkunft und Schule des Meisters wissen wir nichts, nur beweist der Straßburger Frontbau durch seine Formen, daß sein Urheber in französischen Bauhütten seine Schule durchgemacht. Wahrscheinlich war er schon einige Zeit vor 1277 in der Straßburger Bauhütte und vielleicht schon in leitender Stellung, als das Langhaus 1273 vollendet wurde. Mit Glück ist vermuthet worden, sein früheres Werk sei der 1274 unter dem Straßburger Bischof Konrad III. von Lichtenberg begonnene Bau der Stiftskirche zu Niederhaßlach in den Vogesen. Dann würde der edelgothische Chor, der bei einem Brande von 1287 allein übrig blieb, auf ihn zurückgehen. Bei dem Wiederaufbau nach dem Brande leitete ein Sohn Erwins das Werk. Die Straßburger Façade zeigt eine Handhabung des französischen Stils in höchster Eleganz, zugleich aber noch in voller Reinheit der Formen,|ferner glückliche Verhältnisse und eine merkwürdige Neuerung in dem kühnen Versuche, vor die geschlossene Front eine zweite durchbrochene zu setzen. Die plastischen Figuren und Reliefs an den drei Portalen, Arbeiten derselben Werkstatt, stehen, soweit sie erhalten sind, auf der vollen Höhe der Epoche. Im J. 1298 machte ein verheerender Brand zunächst die Herstellung des Langhauses nöthig, was das schnellere Fortschreiten des Frontbaues hemmte. Wieweit die Restauration des Langhauses zu durchgreifenden Neuerungen führte, ob der gesammte Oberbau nebst Triforien und Fenstern erst dieser Zeit zuzuschreiben, wie einige neuere Forscher meinen, ist strittig. An der Front sind die beiden unteren Stockwerke noch wesentlich von dem ersten Plane bestimmt; dann sollte die Façade über der Rose schließen und das symmetrische Thurmpaar in die Höhe steigen, dessen einst freistehende Hauptstockwerke jetzt durch einen plumpen Zwischenbau verbunden sind. Nach der Inschrift baute E. 1316 die Mariencapelle, die sich im Innern an den bereits bestehenden Lettner lehnte und mit diesem im Jahre 1682 abgebrochen wurde. Ihm oder seiner Werkstatt ist endlich das Grabmal des 1299 gestorbenen Bischofs Konrad III. zuzuschreiben (Johannescapelle des Münsters), das mit den Formen des Frontbaues übereinstimmt. Gegen Ende seines Lebens scheint E. aus der praktischen Thätigkeit geschieden zu sein und das Ehrenamt eines der vom Rathe ernannten Baupfleger, welche der Verwaltung vorstanden, übernommen zu haben, denn in seiner Grabschrift heißt er nicht Magister operis, sondern Gubernator fabricae. Seine Gattin Husa starb vor ihm am 21. Juli 1316. Drei Söhne Erwins sind nachweisbar: 1) der am 18. März 1329 gestorbene Werkmeister der Kirche zu Niederhaßlach, dessen Name auf der Grabschrift nicht mehr zu erkennen ist; 2) Johannes E., wahrscheinlich identisch mit einem Sohne, der auch schlechtweg als E. vorkommt; 3) Johannes E. genannt Winlin. Zwei Söhne hatten also die gleichen Namen, der eine wurde nur durch die Koseform von seinem Bruder unterschieden. Johannes Winlin war 1342 bereits verstorben. Johannes E. war damals noch am Leben. Beide waren Werkmeister des Münsters. Ein 1339 verstorbener Magister Johannes, dessen Grabschrift auf die des berühmten E. und der Husa folgt, war, wie Schneegans wahrscheinlich gemacht hat, nicht der Sohn, sondern der Enkel desselben, der Sohn des damals noch lebenden Werkmeisters E. Vollkommen mythisch ist die sogenannte „Sabina von Steinbach“. Gab es wirklich eine Bildhauerin Savina, so hatte sie jedenfalls mit E. nichts zu thun, sondern gehörte einer weit früheren Periode an. Aber es ist noch zweifelhaft, ob die Inschrift auf dem Schriftbande eines jetzt zerstörten Apostels am Südquerhausportal des Münsters, welche diese Savina als Urheberin der Statue nannte, überhaupt echt war. Die Bildwerke dieses Bautheils gehören jedenfalls in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts.

    Was wir oben über Meister E. ausgeführt, ist das, was uns nach Maßgabe des vorhandenen Materials wahrscheinlich ist, kann aber nicht als völlig gesichert gelten. Wenn, wie neuerdings geschehen ist, die Inschrift von 1277 als unecht angesehen wird, ebenso die am Lettner von 1316, wenn ferner selbst in der Urkunde von 1284 der Name nicht feststeht, so würde nicht nur die Benennung E. „von Steinbach“ zweifelhaft, sondern es wäre auch fraglich, ob G. überhaupt Werkmeister gewesen, nicht etwa blos Pfleger des Baues, wie zur Zeit seines Todes. Daß er gelegentlich, im Wohlthäterbuche des Münsters, magister operis genannt wird, wäre kein eigentliches Hinderniß, da mitunter die Bezeichnung magister operis in der That auch für die Baupfleger gebraucht worden zu sein scheint. In diesem Falle wären erst seine Söhne für Architekten zu halten. Bis jetzt liegt kein Material vor, welches eine völlig sichere Entscheidung möglich machte. Als das Wahrscheinlichere ist freilich immer noch|anzusehen, daß E., den Jahrhunderte als einen der größten deutschen Baumeister feierten, wirklich ein Architekt war. Im Großen und Ganzen aber treten bei den architektonischen Schöpfungen des Mittelalters die Persönlichkeiten der Baumeister hinter das Werk selbst zurück. Die Zeit, das Volk und die Schule, nicht aber der Einzelne bestimmen den künstlerischen Charakter. In streng wissenschaftlicher Beziehung ist also die Frage ohne tiefere Bedeutung.

    Woltmann, Geschichte der deutschen Kunst im Elsaß, Leipzig 1876, Kap. V, VI und Nachtrag. — Derselbe, Das Wohlthäterbuch des Frauenwerkes in Straßburg, Repertorium für Kunstwissenschaft, I. (1876) Heft 3 u. 4. — F. X. Kraus, ebenda. Heft 4, Urkunden zur Baugeschichte des Straßb. Münsters. — Ders., Kunstchronik, XI. Nr. 4 (Versuch, eine abweichende Genealogie der Familie aufzustellen). Ders., „Kunst und Alterth. in E.-L.“, Straßb. 1877 (Regesten z. Geschichte des Münsters; Angabe der älteren Litteratur).

  • Autor/in

    Woltmann.
  • Zitierweise

    Woltmann, Alfred, "Erwin von Steinbach" in: Allgemeine Deutsche Biographie 6 (1877), S. 332-334 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118685376.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA