Lebensdaten
um 1505 – 1542
Geburtsort
Stralsund
Sterbeort
Stettin
Beruf/Funktion
pommerischer Chronist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 139945482 | OGND | VIAF: 31982564
Namensvarianten
  • Kantzow, Thomas
  • Kanzow, Thomas
  • Cantzow, Thomas
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kantzow, Thomas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139945482.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Fam. K. ist am Anfang d. 16. Jh. in Neubrandenburg u. Greifswald nachweisbar.

  • Biographie

    K. gehört zu den bedeutenden Renaissance-Historiographen. Er begründete in Pommern die Geschichtsschreibung in der Landessprache mit seinem auf Archiv- und Quellenstudien beruhenden Werk. 1526 bezog er die Universität Rostock, erwarb wohl hier den Magistergrad und lernte die Geschichtswerke vonAlb. Krantz und Nikolaus Marschalk kennen. Seit 1528 ist er in der Kanzlei der pommerischen Herzöge als Sekretär tätig. Bei der Landesteilung 1532 folgte er Herzog Philipp I, an dessen Hof in Wolgast. An den Maßnahmen zur Durchführung der Reformation in Pommern war er beteiligt. Die Antwortschreiben der Herzöge vom 12.9.1535 auf die Beschwerden des pommerischen Adels über die Einziehung der Klostergüter mit ihrer theologischen und historischen Argumentation sind von ihm verfaßt. Die Teilnahme an politischen Ereignissen 1532 bis 1535 ergibt sich aus seinem historiographischen Werk. Dieses erwuchs aus seiner amtlichen Tätigkeit. Zuerst entstand ein Beitrag zur Zeitgeschichte bis 1536, einsetzend mit dem Tod Herzog Erich II. ( 1459); danach behandelte er in 2 Teilen die Zeit vom wend. Heidentum über die Christianisierung bis 1459. Diesen „Fragmenta der pamerischen geschichte“ – im Gegensatz zu der lateinischen „Pomerania“ Bugenhagens (1518) niederdeutsch abgefaßt – folgte eine hochdeutsche Gesamtdarstellung bis zum Tode Herzog Bogislaw X. ( 1523), geschrieben wohl 1538, als auch die herzogliche Kanzlei zum Hochdeutschen überging. Im Sommersemester 1538 wurde K., nachdem die Herzöge ihm alle bisher verliehenen geistlichen Pfründen bestätigt hatten, an der Universität Wittenberg immatrikuliert (anscheinend im Gefolge des pommerischen Grafen Ludwig von Everstein). Hier entstanden die 2. hochdeutsche Fassung seiner Chronik und mehrere Entwürfe „Vom alten Pomerland“, handelnd über die der slawischen Besiedlung des Landes vorangehende germanische Vorzeit. 1542 kehrte K. aus Wittenberg erkrankt heim. Seinen literarischen Nachlaß hat er dem Pommersch-Wolgastischen Landrentmeister Nikolaus von Klempzen ( 1552, s. ADB 16), der sein Werk von Anfang an unterstützt hatte, vermacht. Bisher galt die Meinung, daß Klempzen die zweite hochdeutsche Chronik K.s zur „Pomerania“ umgearbeitet habe. Nun hat sich ergeben, daß in der Kopenhagener Handschrift „Thott 644 Fol.“ der „Pomerania“ das Autograph einer 3. hochdeutschen Chronikfassung K.s erhalten ist. Die „Pomerania“ stellt also eine Neufassung dar, die K. selbst seinem Werk gegeben hat. Diese „Nachlaßfassung“ (1541/42) ist dann von Klempzen unter Verwendung von Studien und Notizen K.s komplettiert worden. Die Handschrift enthält 2 Kartenskizzen (Stammes- und Siedlungsnamen der spätslaw. Zeit und Städte, Kirchen und Klöster vor der Reformation); es sind die ältesten Spezialpläne Pommerns, die K. auch als Kartographen ausweisen.

  • Werke

    Des Th. K. Chronik v. Pommern in hochdt. Mundart, hrsg. v. G. Gaebel, Bd. 1: Letzte Bearb., 1896 (= 2. hochdt. Fassung), Bd. 2: Erste Bearb., 1898 (mit ausführl. Ein. üb. K.s hinterlassene Schrr., die sog. „Fragmente“);
    Des Th. K. Chronik v. Pommern in nd.dt. Mundart, hrsg. v. dems., 1929. -
    Exzerpte, Notizen, Skizzen u. Entwürfe v. K. („Fragmente“ II, M. S. Loep. 28 b d. Ges. f. pomm. Gesch. u. Altertumskde.) befinden sich im Wojewodschaftsarchiv Stettin.

  • Literatur

    ADB 15;
    W. Böhmer, Einl. zu: Th. K.s Chronik v. Pommern in Nd.dt. Mundart, 1835, S. 1-147;
    F. Groenwall, Th. K. u. s. Pomm. Chronik, in: Balt. Stud. 39, 1889, S. 257-354;
    M. Wehrmann, Von Th. K., in: Mbll. d. Ges. f. pomm. Gesch. u. Altertumskde. 19, 1905, S. 18 f.;
    P. Gantzer, Von Th. K., ebd. 22, 1908, S. 116 f.;
    H. Bollnow, Die pomm. Herzöge u. d. heim. Gesch.schreibung, in: Balt. Stud. NF 39, 1937, S. 11-16;
    Protokolle d. pomm. Kirchenvisitationen 1535–39, bearb. v. H. Heyden, 1961;
    Roderich Schmidt, in: Spiegel d. Gesch., Festgabe f. Max Braubach, 1964, S. 272-79;
    W. Fenrych, Kroniki Jana Bugenhagena i T. K. o dziejach Pomorza Zachodniego w latach 1370-1464, Studium z zakresu ideologii politycznej, 1965;
    J. Petersohn, Die dritte hochdt. Fassung v. K.s pomm. Chronik, Identifikation e. verkannten Gesch.werkes, in: Balt. Stud. NF 59, 1973, S. 27-41.

  • Autor/in

    Roderich Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Roderich, "Kantzow, Thomas" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 128-129 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139945482.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kantzow: Thomas K., geb. um 1505. Geistlicher der caminer Diöcese und pommer’scher Chronist. Von seinen Eltern, seiner Jugend und seinem Bildungsgang ist nur bekannt, daß er aus Stralsund stammte und, nach einer Eintragung in der Rostocker Universitätsmatrikel, wahrscheinlich 1525 dort studirte. Im J. 1528 erscheint er als Secretär der beiden Herzoge Barnim XI. und Georg I. von Pommern, deren Wohlwollen er sich bald in solchem Grade zu erwerben wußte, daß dieselben seine Thätigkeit durch Präbenden und Vicarien an verschiedenen Kirchen belohnten. Als Herzog Barnim 1532 mit seinem jungen Neffen Philipp I., des verstorbenen Georg Sohn, das Land theilte, folgte K. dem letzteren nach Wolgast und zeigte von da an, ohne daß eine bestimmte Ursache bekannt ist, eine ausgesprochene Abneigung gegen die Regierung des Landes Stettin. Im J. 1538 begab er sich nach Wittenberg, um unter Melanchthon's Anweisung, der damals gerade Rector war, weitere Studien zu treiben; doch scheint er in freundlichem Verkehr mit der Heimath geblieben zu sein. Leider sollte er dieselbe, an deren Geschichte er die besten Kräfte seines Lebens gewendet hatte, nur als ein Sterbender wieder betreten; in Wittenberg befiel ihn eine Krankheit, man wollte ihn nach Hause bringen, doch starb er unterwegs am 25. September 1542 in Stettin, der Stadt, wo er 14 Jahre zuvor seine geschäftliche Thätigkeit begonnen hatte. Er wurde in der Marienkirche daselbst begraben. — Seit K. in wolgastischem Dienst war, also von 1532 an, hatte er, unterstützt von geschichtskundigen Freunden wie Nic. v. Klempzen (s. d.) und anderen, die Muße seines Amtes zum Sammeln historischer Nachrichten über Pommern benutzt, wobei 'seine Stellung zur herzoglichen Kanzlei es ihm leicht machte, aus der reinsten Quelle, den Archiven, zu schöpfen. Auch der wissenschaftliche Aufschwung des Zeitalters begünstigte ihn, so daß er über den engeren Kreis seines Vorgängers auf diesem Gebiet, des Reformators Joh. Bugenhagen (s. d.), weit hinausgehen konnte und in der That immer einen Ehrenplatz in der deutschen Litteratur einnehmen wird als einer der besten Chronikanten des 16. Jahrhunderts. Als es an die Verarbeitung des gesammelten Stoffes ging, verfaßte K. zuerst seine „Niederdeutsche Chronik“, deren Titel: „Fragmenta der pomerischen geschichte“ etc. zwar alt, aber mißverständlich ist. Diese erste deutsche Chronik von Pommern reicht vom Anfang der pommerschen Geschichte bis zum Jahre 1536 und erzählt in einfacher, loser, oft redseliger Weise mit der Frische des Originals. Als jedoch in Folge der Reformation und mit dem Eindringen des Hochdeutschen die Ansprüche sich steigerten, fühlte auch K. den Drang, sein Werk zu vervollständigen. Er that dies, indem er noch vor der Wittenberger Reise, also vor dem Sommer 1538, jenes Erstlingswerk zu einer ausführlicheren „Hochdeutschen Chronik“ umschmolz, die aber nur bis zum Tode Herzogs Bogislav X. ( 1523) reicht. Die früher als eine einzige Masse bestehende Erzählung ist in der Hochdeutschen Chronik in 11 Bücher vertheilt, in denen der Verfasser klar, übersichtlich und kurz, doch nicht ohne die nöthige Würze erzählt, dabei oft den ächten Ton antiker Commentarien treffend. Trotz der größeren Ausführlichkeit, wodurch diese Arbeit vor der Niederdeutschen Chronik sich auszeichnet, verschweigt der Verfasser doch hier klüglich manches aus der Zeitgeschichte, was an maßgebender Stelle Anstoß erregen konnte. Eine zweite Bearbeitung dieser Hochdeutschen Chronik hat K. aller Wahrscheinlichkeit nach während seines Aufenthaltes in Wittenberg 1538—1542 verfaßt. Sie ist in einer schätzbaren, obgleich den Ansprüchen an die Herstellung eines ächten Textes nicht genügenden Abschrift des 18. Jahrhunderts erhalten. Aus Wittenberg stammen auch Kantzow's letzte geschichtliche Arbeiten, welche fragmentarisch geblieben sind. Die sogenannte Kantzow’sche „Pomerania, Ursprunck, Aldtheitt und Geschicht der Volcker und Lande Pommern“ etc. ist eine jener Umschmelzungen der ächten Chroniken eines Geschichtschreibers, deren es in den Litteraturen alter und neuer Zeit auf dem Gebiete der Poesie und der Geschichte viele gibt. Die Frage nach dem oder den Compilatoren derselben ist nicht entschieden, Ueber die Originalhandschriften der Kantzow’schen Chroniken und deren Geschichte, sowie über die vorhandenen Abschriften, Ausgaben und Bearbeitungen vgl. Böhmer, Th. Kantzow's Chronik von Pommern, Stettin 1835.

  • Autor/in

    v. Bülow.
  • Zitierweise

    Bülow, von, "Kantzow, Thomas" in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 97-98 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139945482.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA