Lebensdaten
erwähnt 1348, gestorben wohl 1356 oder 1357
Sterbeort
Dessau
Beruf/Funktion
Markgraf von Brandenburg
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 129151068 | OGND | VIAF: 1083313
Namensvarianten
  • Waldemar
  • Der falsche Waldemar
  • Woldemar
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Waldemar der Falsche, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129151068.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Eltern unbekannt.

  • Biographie

    1348 erschien bei Ebf. Otto von Magdeburg (1301–61) ein Mann, der erklärte, Mgf. W. von Brandenburg zu sein. Er hätte seinen Tod 1319 vorgetäuscht, um als Büßer ins Hl. Land zu ziehen. Nun wolle er die Mark wieder regieren. Eine Rückkehr des Markgrafen W. kam Kg. Karl von Böhmen (1316–78) aus dem Haus der Luxemburger gelegen; er war seit 1346 auch dt. Gegenkönig zu Ks. Ludwig dem Bayern, der Brandenburg 1323 seinem Sohn Ludwig (1315 / 16–61) verliehen hatte. Ebenso hofften die askan. Herzöge von Sachsen (Wittenberg) und die Fürsten von Anhalt als Verwandte des alten W., die Mark den Wittelsbachern entreißen zu können. Seit dem Tod Ludwigs des Bayern 1347 war Karl IV. ohne Rivalen, und Mgf. Ludwig, der auch in Brandenburg viele Gegner hatte, fehlte die Unterstützung des ksl. Vaters.

    Ende Aug. 1348 erschienen Ebf. Otto von Magdeburg und Fürst Albrecht II. von Anhalt-Köthen mit W. in der Mark. Diesen erkannten bald viele Städte an, dann die Herzöge von Mecklenburg und Pommern sowie Gf. Ulrich II. von Lindow-Ruppin. Der damals in Bayern weilende Mgf. Ludwig eilte zurück. Zu ihm standen v. a. in der Neumark noch viele Ritter und einige Städte, dazu Frankfurt/ Oder. Auch der König kam in die Mark und berief eine Kommission ein, die W. für echt erklärte. Diesem verlieh Karl am 2. 10. 1348 die Marken Brandenburg und Landsberg; die Herzöge von Sachsen sowie die Fürsten von Anhalt wurden als Erben W.s mitbelehnt. Die Lausitz vereinigte der König mit Böhmen. Viele Ritter und Städte gelobten am 6. 4. 1349 W. und für den Fall seines Todes den Fürsten von Anhalt Treue.

    Karl IV. indes, der im März 1349 eine Wittelsbacherin geheiratet hatte, versöhnte sich im Mai mit Mgf. Ludwig von Brandenburg. Im August jedoch erklärte der taktierende Herrscher erneut, nur W. als Markgrafen anzuerkennen. Im Herbst 1349 zogen Kg. Waldemar IV. Atterdag von Dänemark und Hzg. Barnim III. von Pommern-Stettin in die Mark, um die Wittelsbacher zu unterstützen. Deren Partei ergriffen auch viele brandenburg. Ritter wieder, außerdem die Grafen von Lindow-Ruppin, was diesen die erbliche Belehnung mit den Ländern Gransee und Wusterhausen sowie 1350 mit Bötzow eintrug.

    Im Febr. 1350 vereinbarten die Wittelsbacher, die Askanier und der König, den Streit gerichtlich zu entscheiden. Eine Kommission unter dem Wittelsbacher Kf. Ruprecht von der Pfalz erklärte am 14. Febr., daß W. eher|falsch als echt sei. Sogleich wurde Mgf. Ludwig von Karl IV. mit den Marken Brandenburg und (Nieder-)Lausitz (unter Verzicht auf die Oberlausitz) belehnt. Dafür erhielt der König von Ludwig im März endlich die Reichskleinodien. Am 6. 4. 1350 „bewies“ Ruprecht in Nürnberg, daß W. unecht sei, und die brandenburg. Stände erhielten den Befehl, Ludwig wieder als ihren Markgrafen anzuerkennen. Hierzu mußten die Wittelsbacher viele märk. Städte Ende 1350 – u. a. mit dän. Unterstützung – erst gewaltsam zwingen. Nachdem Mgf. Ludwig zum Jahreswechsel 1351 / 52 Brandenburg verlassen hatte, führte sein Halbbruder Ludwig der Römer (1330–64 / 65) die Kämpfe weiter. Dazu verpfändete er die Lausitz 1353 den Markgrafen von Meißen und trat dem Erzbistum Magdeburg 1354 den Elb-Havel-Winkel ab. Im selben Jahr verzichtete er erneut auf die Oberlausitz zugunsten Karls IV. Schließlich wies W. die noch zu ihm haltenden Städte Alt- und Neustadt Brandenburg sowie Görzke am 10. 3. 1355 an die Wittelsbacher.

    Diese behielten die Mark, gerieten durch den enormen Geldbedarf für die langen Kriege aber noch mehr in Abhängigkeit von den Ständen. Karl IV. konnte die Oberlausitz Böhmen einverleiben, die Reichsinsignien in seinen Besitz bringen und die Herrschaft der Wittelsbacher in Brandenburg weiter schwächen. W. war ihm kurzzeitig nützlich gewesen und ein Werkzeug der angeblichen Verwandten, die hofften, die Mark zu erben. Der Mann, der sich für W. hielt oder zu diesem gemacht wurde, starb ein oder zwei Jahre später am Hofe der Fürsten von Anhalt in Dessau.

    Die Wiederkehr Mgf. W.s ist einigermaßen unwahrscheinlich. So erscheint es kaum vorstellbar, daß W., der jahrelang tatkräftig um den Erhalt und die Erweiterung der Mark Brandenburg gekämpft hatte, sein Fürstentum verließ, obwohl außer ihm nur noch ein unmündiger Angehöriger des askan. Markgrafenhauses existierte. Wenig realistisch ist ferner, daß niemand von der Reise ins Hl. Land gewußt haben sollte – kein Verweser, z. B. aus den ebenfalls askan. Dynastien der Herzöge von Sachsen (Wittenberg) bzw. der Fürsten von Anhalt, war von W. eingesetzt worden. Auch das Taktieren Kg. Karls IV. deutet darauf hin, daß der 1348 aufgetauchte W. nicht der echte war.

  • Literatur

    |ADB 40;
    K. F. v. Klöden, Dipl. Gesch. d. [f. falsch erklärten] Mgf. W. v. Brandenburg, 4 Bde., 1844–46 (Qu);
    J. Schultze, Die Mark Brandenburg, II, 1961, ⁴2011, S. 74–98;
    R. Koser, Gesch. d. brandenburg.preuss. Pol., 1913;
    R. Ch. Schwinges, Vfg. u. kollektives Verhalten, Zur Mentalität d. Erfolges falscher Herrscher im Reich d. 13. u. 14. Jh., 1987, S. 177–202;
    S. Griesa, Die Mark Brandenburg im 14. Jh. z. Zt. d. falschen Woldemars, in: Jb. f. brandenburg. Landesgesch. 57, 2006, S. 32–49;
    A. Schubert, Echte Macht u. falsche Herrschaft, Vom Einfluss falscher Herrscher auf d. Reichsgesch., in: Hl. Röm. Reich Dt. Nation 962–1806, Von Otto d. Gr. bis z. Ausgang d. MA, hg. v. M. Puhle u. C.-P. Hasse, 2006, S. 348–57;
    lit. Rezeption u. a. W. Alexis, Der falsche Woldemar, 1842;
    H. Bosetzky, Der letzte Askanier, 1999;
    LexMA(unter Woldemar);
    Brandenburg. Biogr. Lex.

  • Autor/in

    Lutz Partenheimer, André Stellmacher
  • Zitierweise

    Partenheimer, Lutz; Stellmacher, André, "Waldemar der Falsche" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 294-295 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129151068.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA