Loritz, Hans
Loritz, Hans (eigentlich Ludwig Maximilian Johann Loritz)
1895 – 1946
KZ-Kommandant, SS-Offizier
- Lebensdaten
- 1895 – 1946
- Geburtsort
- Augsburg
- Sterbeort
- Gadeland (Holstein, heute Neumünster-Gadeland)
- Beruf/Funktion
- KZ-Kommandant ; SS-Offizier ; Angestellter ; Konditor ; Offizier ; Bäcker ; Nationalsozialist ; Polizeibeamter
- Konfession
- evangelisch-lutherisch,seit 1936 „gottgläubig“
- Normdaten
- GND: 12299857X | OGND | VIAF: 15667370
- Namensvarianten
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- Loritz, Ludwig Johann
- Loritz, Hans
- Loritz, Ludwig Johann
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Der SS-Oberführer Hans Loritz befehligte die Konzentrationslager Esterwegen (1934–1936), Dachau (1936–1939) und Sachsenhausen (1939–1942), ehe er 1942/43 die Führung von Gefangenenlagern in Norwegen übernahm. Die Gewalt gegenüber den Häftlingen trieb der ebenso fanatische wie korrupte Nationalsozialist bis zum Massenmord voran. Als dienstältester KZ-Kommandant übte Loritz zudem großen Einfluss auf die Karrieren anderer SS-Offiziere aus.
Lebensdaten
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Lebenslauf
21. Dezember 1895 - Augsburg -
Genealogie
Vater Wilhelm Anton Loritz 1855–1922 Kriminalsekretär in Augsburg Großvater väterlicherseits Anton Loritz geb. 1828 Gasthofbesitzer in Vilseck (Oberpfalz) Großmutter väterlicherseits Margarete Loritz, geb. Kroher 1825–1867 Mutter Sophia Maria Loritz, geb. Schreiber 1857–1926 Kleidermacherin in Augsburg Großvater mütterlicherseits Josef Anton Hartmann geb. 1824 Dienstknecht in Friedberg bei Augsburg Großmutter mütterlicherseits Maria Katharina Hartmann, geb. Schreiber 1834–1896 Maurertochter Bruder Wilhelm Friedrich Loritz 1885–1949 Schlossermeister im Allgäu 1. Heirat 1922 in Augsburg Ehefrau Christine Friderike Gruber geb. 1898 Schwiegervater Johann Adam Gruber 1859–1932 Schwiegermutter Maria Gruber, geb. Deffner geb. 1860 Sohn Hans Adam Loritz 1923–1944 Soldat, gefallen im Zweiten Weltkrieg Kinder ein weiterer Sohn geb. 1936 unehelich Scheidung 1935 in Augsburg 2. Heirat Juli 1936 in Dachau Ehefrau Eleonore (Lore) Loritz, geb. Muschweck geb. 1907 Kontoristin; Mitarbeiterin der Reichspost Schwiegervater Johann Paulus Muschweck 1870–1933 Schwiegermutter Magdalene Margaretha Muschweck , geb. Hoffmann 1878–1917 Kinder zwei Kinder Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Loritz, Hans (1895 – 1946)
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Vater
Wilhelm Loritz
1855–1922
Kriminalsekretär in Augsburg
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Großvater väterlicherseits
Anton Loritz
geb. 1828
Gasthofbesitzer in Vilseck (Oberpfalz)
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Großmutter väterlicherseits
Margarete Loritz
1825–1867
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Mutter
Sophia Loritz
1857–1926
Kleidermacherin in Augsburg
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Großvater mütterlicherseits
Josef Anton Hartmann
geb. 1824
Dienstknecht in Friedberg bei Augsburg
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Großmutter mütterlicherseits
Maria Katharina Hartmann
1834–1896
Maurertochter
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Bruder
Wilhelm Loritz
1885–1949
Schlossermeister im Allgäu
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1.·Heirat
in
Augsburg
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Ehefrau
Christine Gruber
geb. 1898
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2.·Heirat
in
Dachau
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Ehefrau
Christine Gruber
geb. 1898
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Biografie
Aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend, wuchs Loritz in Augsburg auf, wo er die Volksschule St. Jakob besuchte und anschließend eine Bäckerlehre absolvierte. Im September 1914 meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst, wurde an der Westfront als Infanterist und seit 1917 als MG-Schütze an Bord von Militärflugzeugen eingesetzt und geriet 1918 nach einem Flugzeugabsturz in französische Kriegsgefangenschaft. Im Februar 1920 entlassen, kehrte Loritz nach Augsburg zurück und trat in den Dienst der Stadtpolizei, ehe er wegen wiederholter Disziplinarvergehen 1928 als „Einkassierer“ zu den städtischen Gaswerken strafversetzt wurde. Im September 1930 trat er der NSDAP und SS bei, in der er 1932 zum Führer des 500 Männer umfassenden bayerisch-schwäbischen SS-Sturmbanns 29/II aufstieg.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme beteiligten sich Loritz und seine SS-Männer im März 1933 an Polizeirazzien in Augsburger Arbeitervierteln. Fast zeitgleich wurde Loritz zum Führer der 29. SS-Standarte und zum Grenzsonderkommissar ernannt, seit Dezember 1933 amtierte er außerdem als Augsburger Stadtrat. Nach Auseinandersetzungen mit lokalen SA-Führern versetzte Reichsführer-SS Heinrich Himmler (1900–1945) ihn Ende 1933 als Leiter des SS-Hilfswerks nach Dachau. Dort war Loritz für 1400 österreichische SS-Mitglieder zuständig, die sich in das Deutsche Reich geflüchtet hatten, um einer Strafverfolgung in ihrem Heimatland zu entgehen. In dieser Funktion lernte Loritz den Kommandanten des Konzentrationslagers Dachau, Theodor Eicke (1892–1943), kennen, bewarb sich für den KZ-Dienst und wurde im Juli 1934 durch Himmler zum Kommandanten des Konzentrationslagers Esterwegen (Emsland) ernannt, wo er nach dem Vorbild Eickes eine auf systematischer Gewalt und Einschüchterung der Gefangenen basierende Lagerordnung einführte.
Im April 1936 durch Himmler und Eicke zum Kommandanten des Konzentrationslagers Dachau befördert, grenzte sich Loritz von seinem Vorgänger Heinrich Deubel (1890–1962) ab, indem er ehrgeizig die Kontrolle über alle Lagerbereiche einforderte, mehr Terrorstrafen verhängte und die Häftlinge zu schwerer Zwangsarbeit beim Neubau des vergrößerten Konzentrationslagers einsetzten ließ, sodass sich die Haftbedingungen massiv verschlechterten und die Sterberate der Gefangenen deutlich anstieg. Als dienstältester KZ-Kommandant nahm sein Einfluss in der Lager-SS stetig zu; viele Männer, die für höhere Posten vorgesehen waren, kommandierte Eicke erst nach Dachau, um sie durch Loritz beurteilen zu lassen. Loritz maß die Kandidaten an ihrer Gewaltbereitschaft und protegierte bayerisch-schwäbische SS-Kameraden wie die späteren KZ-Kommandanten Max Koegel (1895–1946) und Josef Kramer (1906–1945). Im Juli 1939 wurde Loritz zum Führer des SS-Abschnitts XXXV in Graz ernannt, ehe Himmler ihm im Dezember desselben Jahres das Kommando über das Konzentrationslager Sachsenhausen übertrug, wo Loritz Exekutionen und Massenmorde verantwortete. 1941 führte er den Oberbefehl bei der Erschießung von 10 000 sowjetischen Kriegsgefangenen in einer speziell angefertigten Genicksschussanlage.
Loritz gelang es jedoch nicht, den Arbeitseinsatz der KZ-Häftlinge im Sinne der SS-Wirtschaftsplanungen ökonomisch effizient zu organisieren. Zugleich setzte er eigenmächtig Gefangene für private Zwecke auf seinem Anwesen in St. Gilgen (Salzkammergut) sowie bei der Fertigung von Luxusgütern in den Sachsenhausener Lagerwerkstätten ein, für die sich im Konzentrationslager bald die Bezeichnung „Loritz-Werke“ einbürgerte. Der Chef des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamts, Oswald Pohl (1892–1951), veranlasste deshalb im September 1942 seine Versetzung nach Oslo. Hier leitete Loritz eine SS-Inspektion zum Betrieb von Gefangenenlagern für 2600 jugoslawische Zwangsarbeiter, von denen nur 960 den Winter 1942/43 überlebten. Anschließend als Werkschutzführer in norwegischen Fabriken eingesetzt, floh Loritz im April 1945 unter falschem Namen nach Schweden, wurde aber bald nach Kriegsende an die britischen Besatzungsbehörden in Deutschland übergeben und beging im Internierungslager Gadeland Suizid.
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Auszeichnungen
1915 Eisernes Kreuz II. Klasse 1917 Königlich Bayerisches Militär-Verdienstkreuz III. Klasse mit Krone und Schwertern 1920 Fliegerschützenabzeichen 1934 Ehrenzeichen für Frontkämpfer 1938 Medaille zur Erinnerung an den 1. März 1938 1938 Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 1940 Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze 1940 Kriegsverdienstkreuz II. Klasse ca. 1943 Kriegsverdienstkreuz I. Klasse -
Quellen
Nachlass:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, NS 4 Da (Dachau)/40-45.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde. (SS-Offizierspersonalakten, Akten des SS-Rasse- und Siedlungshauptamts)
Stadtarchiv Augsburg, Dienstpersonalakt P9/648 (Johann Loritz).
Riksarkivet [Reichsarchiv] Oslo, SS- und Polizeigericht Nord (IX), Sache 235/1942.
Riksarkivet [Reichsarchiv] Stockholm, Säkenhetspolisen, akt om Hans Loritz (Akten der Staatspolizei); Statens utlenningskomission, Kontrolldossier för Hans Loritz (Kontrolldossier des Staatlichen Auswanderungsausschusses).
Gedruckte Quellen:
Hugo Burkhard, „Tanz mal Jude!“. Von Nürnberg nach Shanghai, 1963, S. 55–60.
Harry Naujoks, Mein Leben im KZ Sachsenhausen. Erinnerungen des ehemaligen Lagerältesten, 1987, S. 167 f., 226 f. u. 265–269.
Carl Schrade, Elf Jahre. Ein Bericht aus deutschen Konzentrationslagern, 22015, S. 58 f., 85 f. u. 92 f.
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Literatur
Monografien:
Tom Segev, The Commanders of Nazi Concentration Camps, 1977, S. 161–167.
Hans-Peter Klausch, Tätergeschichten. Die SS-Kommandanten der frühen Konzentrationslager im Emsland, 2005, S. 288–293.
Gernot Römer, Es gibt immer zwei Möglichkeiten… Mitkämpfer, Mitläufer und Gegner Hitlers am Beispiel Schwabens, 2000, S. 45–49.
Karin Orth, Die Konzentrationslager-SS. Sozialstrukturelle Analysen und biographische Studien, 2000, S. 101–103, 132–134, 167–175 u. 206 f.
Nikolaus Wachsmann, KL. Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, 2015, bes. S. 140–142, 308 f. u. 444 f.
Dirk Riedel, Ordnungshüter und Massenmörder im Dienst der „Volksgemeinschaft“. Der KZ-Kommandant Hans Loritz, 22020.
Aufsätze:
Johannes Tuchel, Die Kommandanten des Konzentrationslagers Dachau, in: Dachauer Hefte 10 (1994), S. 69–90.
Dirk Riedel, Der „Wildpark“ im KZ Dachau und das Außenlager St. Gilgen. Zwangsarbeit auf den Baustellen des KZ-Kommandanten Loritz, in: Dachauer Hefte 16 (2000), S. 54–70.
Dirk Riedel, Die Geschichte eines KZ-Kommandanten – erzählt in drei Bildern, in: Einsichten und Perspektiven. Bayerische Zeitschrift für Politik und Geschichte (2020), H. 2, S. 58–65.
Dirk Riedel, Hans Loritz. Nationalsozialistischer Ordnungshüter und Massenmörder, in: Wolfgang Proske (Hg.), Täter, Helfer, Trittbrettfahrer, Bd. 11, 2021, S. 185–195.
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Porträts
Aquarellzeichnung v. Albert Kerner (geb. 1906), entstanden 1945/46 u. d. T. „24. Dez. 38 im K-L. Dachau“, Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau.
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Autor/in
→Dirk Riedel (München)
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Zitierweise
Riedel, Dirk, „Loritz, Hans“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/12299857X.html#dbocontent