Lebensdaten
1817 – 1893
Geburtsort
Karlsruhe
Sterbeort
Oberweiler bei Badenweiler (Schwarzwald)
Beruf/Funktion
Revolutionärin ; Publizistin ; Frauenrechtlerin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 121844137 | OGND | VIAF: 30403534
Namensvarianten
  • Obermüller-Venedey, Henriette (verheiratete)
  • Obermüller, Henriette (geborene)
  • Venedey, Henriette (verheiratete)
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Venedey, Henriette (verheiratete), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121844137.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus bad. Theol.- u. Beamtenfam.;
    V Carl Theodor (1770–1848), Actuar b. Oberamt Mahlberg in d. Ortenau, Teilungs-Kommissar in Kippenheim, Teilungsrevisor in Ettlingen, Stadtamtsrevisor in K., zuletzt Revisor, Sekr. u. Oberrevisor im bad. Justizmin. in K., S d. Johann Gottfried Obermüller u. d. Maria Catharina Franz;
    M Christine Henriette Karoline (1793–1869), T d. Eberhard Christoph Sachs (1755–1805), Pfarrer in Ispringen u. Mengen b. Freiburg (Br.), Hausinformator u. Lehrer am Pädagogium zu Durlach, u. d. Johanna Elisabeth Creuzbauer ( 1830), aus K.;
    2 B Karl August (* 1815), Apotheker in K., Le Havre (Frankr.) u. Jackson (Mississippi, USA), Rgt.-arzt unter Brigadegen. W. T. Sherman im Amerik. Bürgerkrieg, Christoph Gottfried (* 1819), Revolutionär, Buchhändler in K., später Kaufm. in Alton (Illinois, USA), Teiln. am Amerik. Bürgerkrieg;
    2 Schw, Luise Christophine Emmeline (* 1821, Friedrich August Ludwig Fabel, * 1807, Revolutionär, Apotheker, Buchhändler in Adelsheim, Durlach, Baden-Baden u. Badenweiler);
    1) Karlsruhe 1837 Gustav August Obermüller (1812–53), Geschäftsführer e. Auswanderungsagentur in Le Havre (Frankr.), später Kaufm., Weinhändler, Revolutionär in K. u. Durlach, S d. August Obermüller, ghzgl.-bad. Geh. Kriegskommissar in K.,|2) Baden-Baden 1854 Jakob (s. 2), S d. Michael Venedey (s. 1);
    2 S aus 2) Michael (1856–93), Dr. med., Arzt, Martin (s. 4).

  • Biographie

    V. wuchs unter der Obhut des freidenkenden Vaters in einem politischen Klima auf, das von der Zustimmung zu den Zielen des Hambacher Fests 1832 und des Frankfurter Wachensturms 1833 geprägt war. Nach ihrer Schulausbildung in Karlsruhe heiratete sie 1837 Gustav Obermüller und ging mit ihm nach Frankreich, wo er als Geschäftsführer bei einer Auswanderungsagentur in Le Havre angestellt war. 1845 kehrten beide nach Baden zurück und bauten in Durlach einen profitablen Weinhandel auf. 1846–48 besuchte das Ehepaar die Sitzungen der 2. Kammer des bad. Landtags in Karlsruhe und nahm Kontakt zu demokratisch-republikanischen Kreisen in Durlach auf.

    Beim Ausbruch der Revolution setzte V. ihre Hoffnungen zunächst auf die Frankfurter Nationalversammlung und eine von ihr zu stiftende Reichsverfassung, u. a. um die soziale Stellung der Frau auf der Grundlage einer demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu verbessern. Seit Sommer 1848 engagierte sie sich aktiv in der Revolutionsbewegung in Baden: Sie hielt öffentliche Reden für die Republik, trat als Mitglied des Durlacher Bürgervereins sowie des Frauen- und Jungfrauenvereins auf und nahm im Juli 1848 am Kongreß der demokratischen Vereine Badens und der Pfalz in Ettlingen teil. Seit März 1849 besuchte sie auch die Schlußverhandlungen in den Schwurgerichtsprozessen gegen die Teilnehmer der April- und Septemberaufstände vor dem Hofgericht in Freiburg (Br.). Nach Ausbruch der Mairevolution und der Ausrufung der bad. Republik nahm sie an Festessen der Demokraten teil, bei denen sie als Republikanerin geehrt wurde. Zu ihren letzten revolutionären Aktionen zählte die Unterstützung eines Freiwilligen-Bataillons für das Gefecht um Durlach, dem sie bei der Fahnenweihe im Juni 1849 in ihrer Funktion als Präsidentin des „Vereins der Demokratinnen Durlachs“ eine Standartenfahne übergab. Nach der Flucht nach Frankreich und Aufenthalten in der Schweiz und im Elsaß stellte sich das Ehepaar Obermüller im Nov. 1849 den Behörden. V. – die einzige Frau unter den Hauptteilnehmern der Mairevolution – wurde wegen Beteiligung am Hochverrat angeklagt, war bis Anfang 1850 inhaftiert und wurde dann nach Karlsruhe ausgewiesen, wo sie zwei Jahre lang unter Polizeiaufsicht und Hausarrest stand. Ihr Mann verbüßte eine Haftstrafe im Zuchthaus Bruchsal bis Sept. 1851. Im Jan. 1853 starb er an Lungentuberkulose.

    Im Juni 1854 heiratete V. Jakob Venedey, den sie 1838 in Le Havre kennengelernt hatte, und ging mit ihm nach Zürich. 1855 übersiedelte das Ehepaar nach Heidelberg, 1858 nach Oberweiler, wo V. mit einer 1860 eröffneten Pension für Kurgäste, dem „Rast- und Pflegehaus Venedey“, das Familieneinkommen sicherte. Seit den 1860er Jahren war sie wieder politisch aktiv. So wandte sie sich gegen die monarchisch-militaristische Einigungspolitik von oben unter preuß. Führung. Als Korrespondentin und Mitglied der „Association Internationale des Femmes“ (AIF) pflegte sie 1868/69 einen intensiven Gedankenaustausch mit der Vorsitzenden Jeanne-Marie Goegg-Pouchoulin (1826–99), der Ehefrau des ihr aus Revolutionszeiten bekannten Franz Amand Goegg (1820–97), über die programmatische und organisatorische Weiterentwicklung der Vereinigung. V. verfaßte Artikel für das Organ der AIF „Journal des Femmes“ und übernahm dessen Vertrieb im südwestdt. Raum. Im Okt. 1869 ging sie nach Berlin, wo ihr Mann als Korrespondent arbeitete. Hier pflegte sie Kontakte zur intellektuellen Szene und traf regelmäßig mit Max Ring (1817–1901), Franz Duncker (1822–88), Berthold Auerbach (1812–82), Karl Gutzkow (1811–78) und Fanny Lewald (1811–89) zusammen. Nach Ausbruch des Dt.-Franz. Kriegs kehrte sie im Aug. 1870 aus Sorge um ihre Pension in den Schwarzwald zurück und bot den Behörden ihr Haus als Spital für verwundete Soldaten an. Noch während des Kriegs sprach sie sich für eine Versöhnung mit den Franzosen aus. Als Jakob Venedey 1871 starb, zog sich V. aus der Politik zurück, konzentrierte sich auf die Kindererziehung und Geschäftsführung des Rasthauses und wirkte gleichzeitig als engagierte Nachlaßwalterin ihres Mannes.

  • Auszeichnungen

    A H.-O.-Str., Karlsruhe (2000).

  • Werke

    W B. Bublies-Godau (Hg.), „Dass d. Frauen bessere Democraten, geborene Democraten seyen …“, H. O.-V., Tagebücher u. Lebenserinnerungen 1817–1871, 1999 (L, P);
    Nachlaß: Privatbes. (u. a. „Haushaltungs-Bücher“, Rezept- u. Gästebücher vom „Rasthaus V.“, Gedichte);
    eigene Archivstud.: u. a. BA Berlin;
    Landesarchiv Baden-Württ. Gen.landesarchiv Karlsruhe;
    StadtA Karlsruhe.

  • Literatur

    L Hermann Venedey, H. V., Ein Lb., 1937;
    A. Mohr, Die Stadt Durlach in d. Bad. Rev. v. 1848/49, 1993;
    H. Raab, Die „revolutionären Umtriebe“ d. Fam. Obermüller v. Karlsruhe während d. Zeit v. 1832 bis 1849, in: Bad. Heimat 73, 1993, H. 3, S. 481–89;
    ders., Revolutionäre in Baden 1848/49, bearb. v. A. Mohr, 1998, S. 683–85;
    D. Finkele, Die Verfolgung, Vier Einzelschicksale, in: 1848/49, Rev. d. dt. Demokraten in Baden, Aust.kat., hg. v. Bad. Landesmus., 1998, S. 420–22;
    S. Asche, „Freigesinnte Schöne“, Die Rolle d. Frauen in d. bad. Rev. 1848/49, in: Die Ortenau, Sonderdr., 1998, S. 579–91;
    |B. Bublies-Godau, Jakob Venedey, H. O.-V., Der Held d. Parl. u. d. Heckerin, in: Die Achtundvierziger, Lb. aus d. dt. Rev. 1848/49, hg. v. S. Freitag, 1998, S. 237–48 (P);
    dies., H. O.-V. (1817–1893), Der Weg e. „fanat. Demokratin“ u. frühen Frauenrechtlerin zw. Franz. Julirev. u. Dt. Reichsgründung, in: Akteure 1848/49, II, 2007, S. 473–518 (P);
    Wedel, Autobiogrr. Frauen (P);
    Demokratische Wege;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L); – Ausst.: Zeitenwende, Das Leben d. H. O.-V., Pfinzgaumus. Durlach, Karlsruhe, 1999/2000.

  • Autor/in

    Birgit Bublies-Godau
  • Zitierweise

    Bublies-Godau, Birgit, "Venedey, Henriette" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 749-751 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121844137.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA