Lebensdaten
1788 – 1859
Geburtsort
Heilbad Heiligenstadt
Sterbeort
Darmstadt
Beruf/Funktion
Geburtshelferin ; Ärztin
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118980130 | OGND | VIAF: 69729341
Namensvarianten
  • Heidenreich genannt von Siebold, Henriette Charlotte Theresia
  • Heiland, Charlotte (geborene)
  • Heiland, Henriette Charlotte Theresia (geborene)
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Zitierweise

Heidenreich genannt von Siebold, Charlotte, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118980130.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg Heiland (1746–93), kurmainz. Reg.rat in H., S d. Amtsaktuars Joh. Martin in Gieboldehausen u. d. Apollonia Theresia Wedekind;
    M Josepha (1771–1849), Dr. h. c. d. Entbindungskunst (Gießen 1815), Geburtshelferin u. Impfärztin in D., T d. kurmainz. Reg.sekr. Jos. Henning in H. u. d. Theresia Hartung;
    Stief-V Damian v. Siebold (1768–1828), Dr. med., Hofrat, Dir. d. Medizinalkollegiums, Land- u. Stadtphysikus in D. (aus Würzburger Med.fam.);
    - Darmstadt 1829 August Heidenreich (1801–80), Dr. med., hessen-darmstädt. Oberstabsarzt, S d.| Josef H. u. d. Anna Maria van Eß; Om d. Ehemanns Leander van Eß ( 1847), kath. Theol. (s. NDB IV); kinderlos.

  • Biographie

    H. zeigte schon früh Interesse für Geburtshilfe und Medizin, zumal ihre Mutter eine bekannte Geburtshelferin war. H. begann mit 17 Jahren unter deren Anleitung und der ihres Stiefvaters systematisch anatomische, physiologische und geburtshilfliche Studien zu treiben und begleitete die Mutter auf Praxisfahrten. Nach 2 Jahren konnte sie bereits ihrem Stiefvater assistieren, der eine kleine Entbindungsanstalt für den Hebammenunterricht unterhielt. H. erwies sich in Theorie und Praxis als so beschlagen, daß sie von 1811 an die Universität Göttingen besuchen und an den Privatvorlesungen B. Osianders, K. J. M. Langenbecks und F. Blumenbachs teilnehmen durfte. Nach weiterer Ausbildung durch die Eltern unterzog sie sich 1814 vor dem Medizinalkollegium in Darmstadt der geburtshilflichen Prüfung, obwohl sie aufgrund erstklassiger Zeugnisse die Zulassung zur Berufsausübung auch ohne Examen erhalten hätte. Ihr weiterer Ehrgeiz ging dahin, ordnungsgemäß an der Medizinischen Fakultät zu promovieren – bei den damaligen Verhältnissen ein für eine Frau unerhörtes Unterfangen. Ihr Antrag rief auch innerhalb der Gießener Fakultät eine dementsprechend heftige Diskussion hervor. Schließlich legte sie vor einem begeisterten Auditorium 1817 in Gießen das Fakultätsexamen ab. Eine ihrer Thesen plädierte für Mäßigung im Gebrauch der Geburtszange, in selbständigem Urteil gegenüber Osiander, einem der eifrigsten Verfechter der operativen Methode. Ihre Dissertation schildert den Verlauf einer Abdominalschwangerschaft, den vergeblichen Versuch operativer Rettung und das Sektionsergebnis.

    H.s Ruf als Geburtshelferin ging bald über die Grenzen der engeren Heimat hinaus: 1818 leitete sie in Coburg die Geburt des späteren Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha; 1819 begleitete sie die schwangere Herzogin von Kent nach England und stand ihr 1819 in Kensington bei der Geburt einer Tochter, der späteren Königin Viktoria von England, bei. 1829 heiratete H. den Militärarzt August Heidenreich. Beruflichen Anfeindungen und Verleumdungen begegnete H. mit Selbstbewußtsein und Entschiedenheit: Die Beschuldigungen des hessischen Leibarztes Georg Freiherr von Wedekind, sie habe bei einer Geburt durch Zögern und Entschlußlosigkeit den Tod eines Kindes verschuldet, wies sie in einer scharf formulierten, wissenschaftlichen „Berichtigung“ zurück. H. bemühte sich besonders um eine bessere staatliche Unterstützung unbemittelter Wöchnerinnen. Ihre Erfahrungen, die sie in ihrer Praxis vor allem auf dem Lande machte, waren erschrekkend: Oft hatten die Kreißenden nicht einmal ein eigenes Bett und kamen auf der bloßen Erde nieder. H. berichtete 1845 dem Großherzog von diesen Verhältnissen und schlug eine staatliche Entbindungsanstalt für derartige Notfälle vor. Außerdem glaubte sie, mit einer solchen Einrichtung eine Art Mütterschule verbinden zu können, ließ doch die Pflege der Neugeborenen in niederen wie in hohen Kreisen oft sehr zu wünschen übrig. – Hessischer Verdienstorden Philipps des Großmütigen (1849). 1859 gründeten Damen der Darmstädter Gesellschaft eine Vereinigung zur Unterstützung armer Wöchnerinnen, die sie H. zu Ehren „Heidenreich von Siebold’sche Stiftung“ nannten, eine Einrichtung die bis zum Beginn des 2. Weltkrieges in Darmstadt eine segensreiche Tätigkeit entfalten sollte.

  • Werke

    Ueber Schwangerschaft außerhalb d. Gebärmutter u. üb. e. Bauchhöhlenschwangerschaft insbes., Diss. Gießen 1817;
    Berichtigung d. in d. Rhein. Jbb. f. Med. u. Chirurgie im 1. Stück d. 7. Bd. aufgenommenen Aufsatzes d. … Leibarztes Frhrn. v. Wedekind überschrieben: „Von e. nicht seltenen Ursache d. Absterbens d. Leibesfrüchte während d. Geburtsarbeit“, 1823.

  • Literatur

    ADB XI;
    R. J. Schaefer, in: Volk u. Scholle 12, 1933, S. 320-25;
    ders., in: Münchener med. Wschr. 85, 1938, S. 1393-97;
    G. Rath, Die Göttinger Buchausstellung „Alte Medizin“ mit e. drast. Kommentar Osianders z. Frauenstudium, in: Sudhoffs Archiv 46, 1962, S. 182-84;
    H. H. Lauer, Zwei mutige Frauen in ihrer Zeit, in: Med. Monatsspiegel Merck, 1966, S. 27-31 (P);
    H. Körner, Die Würzburger Siebold, 1967, S. 134-53 (W, L, P).

  • Porträts

    Ölgem. v. Franz Hubert Müller, 1819, Abb. b. Körner, s. L;
    dass. v. Adolf Schmitz, 1848, Abb. ebd.;
    Lith. v. V. Schertle n. Zeichnung v. B. Seibert, Abb. ebd.

  • Autor/in

    Hans H. Lauer
  • Zitierweise

    Lauer, Hans H., "Heidenreich genannt von Siebold, Charlotte" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 249-250 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118980130.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Heidenreich: Marian Theodore Charlotte H. geb. Heiland, genannt v. Siebold, berühmte Geburtshelferin, wurde am 12. September 1788 zu Heiligenstadt geboren. Ihre Mutter, Regine Josephe, geb. 14. December 1771, war die Tochter des kurfürstlich mainzischen Regierungsbeamten Henning zu Heiligenstadt, und in erster Ehe mit dem Mainzer Regierungsrath Heiland vermählt. Nachdem diese sich später mit dem damaligen Physicatsarzt in Heiligenstadt, nachherigen Obermedicinalrath in Darmstadt Damian v. Siebold verheirathet hatte, studirte sie 1806—7 die Geburtshülfe unter Anleitung ihres Schwagers Elias v. Siebold zu Würzburg, und erhielt 1815 von der medicinischen Facultät zu Gießen die Doctorwürde; sie wirkte dann bis in ihr hohes Alter mit großem Erfolge und besonderer Anerkennung in ihrem Fache als Geburtshelferin, und starb am 28. Februar 1849. Ihre Tochter aus erster Ehe, Charlotte, wurde von Damian v. Siebold adoptirt, und hieß deshalb Heiland genannt v. Siebold; sie erhielt durch ihre Eltern praktischen Unterricht in der|Geburtshülfe, und studirte von 1811—12 in Göttingen unter Osiander's und Langenbeck's Leitung. Nach bestandener Prüfung erhielt sie 1814 die Erlaubniß zur Ausübung der Geburtshülfe, und 1817 durch öffentliche Promotion zu Gießen die Doctorwürde. Bei dieser Gelegenheit schrieb sie „Ueber die Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter und über Bauchhöhlenschwangerschaft insbesondere“. Seitdem lebte sie ihrem Berufe in Darmstadt, verheirathete sich 1829 mit dem nachmaligen Oberstabsarzt Heidenreich und genoß bis zu ihrem Tode (8. Juli 1859) eines weitverbreiteten Rufes in den untersten wie höchsten Kreisen; sie wurde namentlich viel an auswärtige Höfe zu Entbindungen gerufen.

  • Autor/in

    v. Hecker.
  • Zitierweise

    Hecker, Karl von, "Heidenreich genannt von Siebold, Charlotte" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 301-302 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118980130.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA