Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Nürnberger Patrizierfamilie
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118965816 | OGND | VIAF: 59883999
Namensvarianten
  • Stromer von Reichenbach
  • Stromair
  • Stromeyr
  • mehr

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Zitierweise

Stromer, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118965816.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Ulman (1329–1407, s. 2), der Chronist der Familie, führte seine Vorfahren um 1390 auf die stauf. Reichsministerialenfamilie der Ramunge von Kammerstein zurück. Die moderne Forschung (Fleischmann) geht davon aus, daß die S. als Amtsleute der Herren von Kammerstein auf der nahe Schwabach gelegenen Burg Reichenbach saßen. Ein Konrad taucht als Zeuge in Rechtsgeschäften 1242/54 erstmals in Nürnberg auf, er nannte sich bis 1269 „von Schwabach“ (Cunrad[us] de Swabach). Die S. zählen zu den ältesten Nürnberger Ratsfamilien. Im Nürnberger Handel des 14./15. Jh. spielten sie eine zentrale Rolle. Eine S.sche Handelsgesellschaft entstand wohl vor der Mitte des 14. Jh. Seit 1360 waren die Brüder Peter (I) (um 1310/15–88, s. 1), Andreas I. († 1393) und Ulman I. (s. 2) Hauptgesellschafter, letzterer war seit 1370 tonangebend. Gehandelt wurde das typische Warensortiment des Spätmittelalters (Gewürze, Textilien, Metallwaren, Metalle), das Handelsnetz umfaßte Europa von Barcelona bis Riga und Asow, von Neapel bis Kopenhagen und London. Zum Fernhandel kamen der Eisenerzbergbau in der Oberpfalz, die Kupfergewinnung in Böhmen (Kuttenberg) und in der oberungar. Slowakei (Neusohl), Finanzgeschäfte und Betriebe zur Herstellung von Metallerzeugnissen und Papier. Hierdurch hatten die S. Einfluß auf die Produktion von Hieb-, Stich- und Schußwaffen sowie auf die politischen Verhältnisse. Neben Familienmitgliedern arbeiteten weitere Nürnberger Handelsherren wie die Groß, Mendel und Pfinzing als Mitgesellschafter in der S.schen Handelsgesellschaft mit oder mit ihren eigenen Unternehmen eng mit dieser zusammen. Dieser Kreis erweiterte sich um 1400 um einige aus dem Raum Lauingen nach Nürnberg gekommene Handelsfamilien: Pirckheimer, Imhoff, Aislinger, Gruber. Die Pest, der 1406/07 allein acht in der Familienfirma tätige S. zum Opfer fielen (darunter Ulman I.), führte fast zum Ruin des Unternehmens. Ulmans überlebender Sohn Georg (1375–1437) eröffnete in der Folge zusammen mit seinem Schwiegervater Hans Aislinger aus Lauingen, der 1370 Nürnberger Bürger wurde und zwischen 1380 und 1407 Genannter im Größeren Rat der Reichsstadt war, und dessen Enkel Hans Ortlieb († 1459) eine eigene Gesellschaft, die das Geschäftsfeld der alten S.gesellschaft übernahm, deren Finanzgeschäfte aber noch ausbaute (u. a. Darlehen an Kg. Sigismund). 1412 trat Hans Gruber († 1443) als Faktor in die Firma ein. Die Hussitenkriege, der Wirtschaftskrieg Sigismunds gegen Venedig, Verluste in London und Kopenhagen und enorme Veruntreuungen Hans Ortliebs führten um 1430 zum Konkurs der zweiten S.gesellschaft. Ihr Erbe traten die nun selbständig gewordenen Handelsgesellschaften der Imhoff und der Gruber an.

    In und um Nürnberg waren die S. reich begütert. Seit 1387 lag ihr Stammhaus in Nürnberg, das sie 1795 verkauften, hinter der Lorenzkirche. Seit 1354 hatten sie Güter in Mausgesees, 1559 erwarben sie einen Sitz in Almoshof, 1754 Schloß Grünsberg bei Altdorf (Stammsitz der Familie) und 1766–1813 besaßen sie Schloß Holnstein. 1813 wurden die S. zunächst als Edle in den Adel des Kgr. Bayern immatrikuliert, 1820 in den Freiherrenstand erhoben.

    Wolf Jacob (1561–1614, seit 1611 „v. Reichenbach“, s. W), Sohn des Fritz Friedrich (1522–80) und der Barbara Tucher (1530–1605), studierte seit 1575 an der reichsstädtischen Akademie in Altdorf, in Ingolstadt und seit 1579 in Bologna Rechte. Er besuchte u. a. Padua, Florenz, Rom und Venedig und fand über die ital. Renaissance sein Interesse an klassischer und moderner Baukunst. 1584 heiratete er, wieder in Nürnberg, Sabina (1565–1633), Tochter des Stadtrichters Christoph (III) Scheurl (1535–92), und wurde Oberster Forstmeister im Sebalder Reichswald. 1589 wurde er in den Kleineren Rat aufgenommen und zum Ratsbaumeister ernannt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tod. Mit seinem Namen und den Namen der unter ihm beschäftigten Werkmeister und Kartographen (u. a. Jakob Wolff d. Ä., Jakob Wolff d. J., Peter Carl, Hans Bien) sind Bauprojekte verbunden wie die Vollendung des Portalbaus am Nürnberger Zeughaus, der Neubau des Baumeisterhauses in der Peunt, der Ausbau und die Verstärkung der Nürnberger Feste Lichtenau bei Ansbach, der Abschluß der Arbeiten an den Nürnberger Befestigungsanlagen (Wöhrder Torbastei) und die Erneuerung sämtlicher 18 Brücken über die Pegnitz nach den verheerenden Hochwassern von 1595 und 1602, v. a. der Neubau der Fleischbrücke 1596–98. Wolf Jacob machte auch die Vorplanungen für den Neubau des Nürnberger Rathauses seit 1616.|Karl Otto Frhr. v. Stromer (1831–91, s. L) studierte 1849–55 in München und Berlin Rechtswissenschaften, praktizierte an Gerichten in Altdorf und Nürnberg, war Akzessist am Appellationsgericht in Bamberg und 1862–67 Assessor am Stadtgericht Nürnberg und kgl. Bezirksgericht in Nürnberg. 1867 einstimmig zum Ersten Bürgermeister gewählt, gelang ihm in seiner 24jährigen Amtszeit der Auf- und Ausbau der Verwaltung im Zuge der neuen Gemeindeordnung von 1869 und die Realisierung wichtiger Großprojekte der städtischen Infrastruktur wie die Kommunalisierung des Gaswerks, die Anlage des Zentralfriedhofs, der Ausbau von Kanalisation und Wasserversorgung und die Anlage eines zentralen Vieh- und Schlachthofs. Er plädierte für die weitgehende Niederlegung der Nürnberger Stadtmauern, die er wie viele seiner Zeitgenossen als Hindernis für Verkehr, Wirtschaftsentwicklung und die Verbesserung der öffentlichen Hygiene empfand.

    Sein Sohn Ernst (1871–1952, s. 3) war Paläontologe in München. Dessen Sohn Wolfgang (1922–99, s. W, L) studierte zunächst Physik, wechselte nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft zu Jura und war als Staatsanwalt tätig. Parallel hierzu wurde er an der Univ. Erlangen-Nürnberg 1963 aufgrund einer Dissertation über die Handelsgesellschaft der Gruber-Podmer-Stromer promoviert und 1967 mit einer Schrift über die „Oberdeutsche Hochfinanz 1350–1450“ habilitiert. 1978 war er Ordinarius für Wirtschafts- und Technikgeschichte an der FU Berlin, 1981 in Bamberg und 1984–90 in Erlangen-Nürnberg. In seinen Studien versuchte er aufzuzeigen, wie oberdeutsche Kaufleute bereits zwischen 1350 und 1450 durch gezielte Kreditvergabe für militärische und territorialpolitische Unternehmungen ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgten. Weitere Arbeiten galten technischen Innovationen wie der Mühlentechnik, der Papierherstellung und dem Buchdruck sowie der Entwicklung von Bergbau und Hüttentechnik, besonders in der Oberpfalz, sowie der Baumwollverarbeitung. Wolfgang initierte die Überführung des Familienbesitzes in Grünsberg in die im Jahr 2000 gegründete Stromersche Kulturgut-, Denkmal- und Naturstiftung.

  • Werke

    W zu Wolfgang: Die Handelsges. Gruber-Podmer-S. im 15. Jh., 1963;
    Das Handelshaus d. S. v. Nürnberg u. d. Gesch. d. ersten dt. Papiermühle, in: VSWG 47, 1960, S. 81–104 (mit L. Sporhan-Krempel);
    Oberdt. Hochfinanz 1450–1450, 3 Bde., 1967;
    Die Gründung d. Baumwollindustr. in Mitteleuropa, 1978;
    Palladio nördl. d. Alpen, Nürnberg unter Wolf-Jacob S. (Ratsbaumeister 1561–1614), in: nach d. Natur – Palladio, 1997, S. 170–80;
    Venedig u. d. Weltwirtsch. um 1200, 1999 (Hg.). Qu StA Nürnberg, S. v. R., Urkk., Bde., Akten, Rechnungen, Karten, Pläne, Bilder, hierzu: M. Thiel u. C. Adam, Archiv d. Frhr. S. v. R. auf Burg Grünsberg, Bayer. Archivinventare 33 u. 34, 1972;
    StadtA Nürnberg, Bestand E 1/816.

  • Literatur

    P. Fleischmann, Rat u. Patriziat in Nürnberg, 2008, S. 941–72;
    LexMA;
    M. Diefenbacher, in: Stadtlex. Nürnberg;
    Adelslex. 14, GHdA 131, 2003 (teils irrig);
    Hist. Lex. Schwabach;
    zu Wolf Jacob:
    Berühmte Nürnberger, S. 158–60 (P);
    – zu Otto Frhr.: Ch. Bühl-Gramer, Nürnberg 1850 bis 1892, 2003;
    Berühmte Nürnberger, S. 298–300;
    zu Wolfgang:
    Hochfinanz, Wirtsch.räume, Innovationen, FS f. W. v. S., 3 Bde., 1978 (S. 1259–78 W-Verz.);
    B. v. Haller, in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg, 1999, S. XIX–XXII;
    D. Lohrmann, in: Technikgesch. 76, 2009, H. 4, S. 391–98;
    Kürschner, Gel.Kal. 1996, Geistes- u. Soz.wiss. (W-Verz. auf CDROM).

  • Autor/in

    Michael Diefenbacher
  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Diefenbacher, Michael; Hamberger, Joachim; Schmidt, Frieder; Sperling, Barbara, "Stromer" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 574-578 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118965816.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA