Lebensdaten
1856 – 1927
Geburtsort
Bremen
Sterbeort
Göttingen
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Professor in Göttingen
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118803476 | OGND | VIAF: 3267163
Namensvarianten
  • Runge, Carl David Tolmé
  • Runge, Carl
  • Runge, Carl David Tolmé
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Runge, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118803476.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Bremer Bürgerfam.;
    V Julius (1813 ?-1864), Kaufm. in Havanna;
    M Fanny (1826–1910), T d. Charles David Tolmé, engl. Kaufm. in Havanna;
    4 B, 3 Schw;
    - 1887 Aimée (1862–1941, s. W), T d. Emil Du Bois-Reymond (1818–96), Physiol. in Berlin (s. NDB IV);
    2 S Wilhelm (s. 3), Bernhard (1897–1914, b. Langemarck), 4 T u. a. Ella (* 1889), Dr. med., Kinderärztin, 1920 in München, Iris (s. 2, L), Nerina (Nina) (* 1891, Richard Courant, 1888–1972, Prof. d. Math. in G. u. New York, s. Pogg. VI-VII a), Geigerin;
    Ngeändert aus: Vt [d. Red.] Erich Trefftz (1888–1937), Prof. d. Math., Mechanik in Aachen u. Dresden (s. Pogg. VI-VII a; L).

  • Biographie

    R. legte 1875 am Bremer Gymnasium das Abitur ab und begann 1876 an der Univ. München ein Studium der Philologie, wechselte jedoch bald zur Mathematik und den Naturwissenschaften. Im Münchner Akademischen Gesangverein lernte er Max Planck (1858–1947) kennen, dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb. 1877 wechselten beide nach Berlin, wo sich R. unter dem Einfluß von Karl Weierstraß (1815–97) der reinen Mathematik zuwandte. Prägend wurde zudem die Verbindung zu dem Philosophen Friedrich Paulsen (1846–1908), der R.s Interesse auf die anwandte Mathematik lenkte. 1880 wurde er bei Weierstraß promoviert (Über die Krümmung, Torsion u. geodät. Krümmung d. auf e. Fläche gezogenen Kurven), ein Jahr später legte er das Staatsexamen für das höhere Lehramt ab. Aufgrund seiner Vermögenslage verzichtete er auf einen Eintritt in den Schuldienst und habilitierte sich 1883 bei Leopold Kronecker (1823–91) mit einer Arbeit über die „Entwicklung der Wurzeln einer algebraischen Gleichung in Summen von rationalen Funktionen der Coeffizienten“ (in: Acta mathematica, hg. v. G. Mittag-Leffler, 1885). Seit 1886 o. Professor für Mathematik an der TH Hannover, wandte sich R. in der nun beginnenden Zusammenarbeit mit dem Spektroskopiker Heinrich Kayser (1853–1940) der angewandten Mathematik zu. Er erstellte in den folgenden Jahren die Serienformeln für die von Kayser gemessenen Spektren verschiedener Elemente. Als Kayser 1894 nach Bonn berufen wurde, setzte R. die Zusammenarbeit mit dessen Assistenten Friedrich Paschen (1865–1947) fort. Eine Reihe gemeinsamer Arbeiten zum Zeeman-Effekt begründeten R.s Ansehen bei engl. und amerik. Spektroskopikern und Astrophysikern, während sie in Deutschland kaum Beachtung fanden. Der Spektralliniensatz des Zeeman-Effekts wird heute als Rungesche Regel bezeichnet. 1895 erschien seine Arbeit „Über die numerische Auflösung von Differentialgleichungen“ (Math. Ann. 46), die 1901 von Wilhelm Kutta (1867–1944) erweitert wurde und deren Inhalt heute als „Runge-Kutta-Verfahren“ zum Standardstoff der mathematischen Hochschulausbildung gehört. Ferner spielt R. eine wichtige Rolle in der Vorgeschichte des berühmten Planckschen Strahlungsgesetzes, wie sich aus einem 1898 verfaßten Brief von Planck an R. ergibt. Darin diskutiert Planck die von R. definierte Strahlungsintensität und dankt für den Hinweis, wie ein bestimmtes elektrisches Moment mit Hilfe von Integralen zu berechnen ist. 1898 wurde R. zum Eichungsinspektor der Provinz Hannover ernannt. Rudolf Mehmke (1857–1944) holte ihn 1900 als Nachfolger Georg Cantors (1845–1918) in die Redaktion|der von Oskar Schlömilch (1823–1901) gegründeten „Zeitschrift für Mathematik und Physik“, wo R. bis zu deren kriegsbedingter Einstellung 1917 wirkte.

    Auf Betreiben des Mathematikers Felix Klein (1849–1925) wurde R. 1904 auf den neu errichteten Lehrstuhl für Angewandte Mathematik an der Univ. Göttingen berufen (1914/15 Prorektor, 1924 em.). Hier befaßte er sich mit der Theorie und Praxis numerischer und graphischer Berechnungen und deren Anwendung auf die Aerodynamik. Der Physiker Max Born (1882–1970) wurde 1907 von R. promoviert. 1917 entstand auf Anregung von Richard Courant (1888–1972) das großangelegte Buchprojekt „Grundlehren der Mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen mit besonderer Berücksichtigung der Anwendungsgebiete“. Als Herausgeber wirkten neben Courant David Hilbert (1862–1943), Wilhelm Blaschke (1885–1962) und R. In der überaus erfolgreichen Serie (bis heute über 300 Bde. ersch.) erschienen 1924 R.s „Vorlesungen über Numerisches Rechnen“ (verfaßt mit seinem Schüler Hermann König, 1892–1978). Die „Gesellschaft der Wissenschaften“ zu Göttingen bestellte R. 1920 zum Vorsitzenden des Fachausschusses für Physik der „Notgemeinschaft der dt. Wissenschaft“ für die erste Amtszeit 1921/22.|

  • Auszeichnungen

    korr. Mitgl. d. Göttinger Ges. d. Wiss. (1914), d. physiograph. Ges., Lund, u. d. math. Ges., Charkow;
    GR (1912).

  • Werke

    Weitere W Praxis d. Gleichungen, 1900, ²1921;
    Theorie u. Praxis d. Reihen, 1904;
    Graphical Methode, 1912;
    Graph. Methoden 1914, ³1928;
    Separation u. Approximation d. Wurzeln, in: W. F. Meyer (Hg.), Enz. d. math. Wiss., I, 1899;
    Maß u. Messen, ebd. V/1, 1903;
    Numer. u. graph. Quadratur u. Integration gewöhnl. u. partieller Differentialgleichungen, ebd. II/3, 1915 (mit F. Willers);
    Die Seriengesetze in d. Spektren d. Elemente, ebd. V/3, 1925;
    Gittertheorie, Zeeman-Effekt, in: H. Kayser (Hg.), Hdb. d. Spektroskopie, 1903;
    Spektroskopie, in: G. Eberhard (Hg.), Hdb. d. Astrophysik, 1933;
    zahlr. Publl. in Fachzss.;
    Übers.:
    F. W. Lanchaster, Aerodynamik, 2 Bde. 1909, 1911 (mit Aimée Runge);
    |

  • Quellen

    Qu K. Hentschel u. R. Tobies (Hg.), Brieftagebuch zw. Max Planck, C. R., Bernhard Karsten u. Adolf Leopold, Eingel., annotiert u. mit d. Promotions- u. Habil.akten Max Plancks u. C. R.s, 1999, ²2003.

  • Literatur

    E. Trefftz, in: Zs. f. angew. Math. u. Mechanik 6, 1926, S. 423 f.;
    R. Courant, C. R. als Math., in: Naturwiss. 15, 1927, S. 229-31;
    H. Kienle, in: Vj.zs. d. Astronom. Ges. Leipzig 62, 1927, S. 173-77;
    W. Lietzmann, in: Zs. f. d. math. u. naturwiss. Unterr. 58, 1927, S. 482 f.;
    O. Lodge, in: Nature 119, 1927, S. 565;
    anonym, ebd., S. 533 f.;
    F. Paschen, C. R. als Spektroskopiker, in: Naturwiss. 15, 1927, S. 231-33;
    L. Prandtl, ebd., S. 227-29;
    ders., in: Jb. d. Ak. d. Wiss. Göttingen 1926–27, S. 58-62;
    Iris Runge, C. R. u. sein wiss. Werk, 1949 (W-Verz., P);
    J. B. Spencer, An Historical Investigation of the Zeeman Effect (1886–1913), 1964;
    W. McGucken, Nineteenth-Century Spectroscopy, 1969;
    P. Forman, Alfred Landé and the Anomalous Zeeman Effect 1919-1921, in: Historical Studies in the Physical Sciences 2, 1970, S. 153-262;
    H. Kangro, Vorgesch. d. Planckschen Wirkungsquantums, 1970;
    St. Richter, Forschungsförderung in Dtld. 1920-1936, dargest. am Bsp. d. Notgemeinschaft d. Dt. Wiss. u. ihrem Wirken f. d. Fach Physik, 1972;
    G. Richenhagen, C. R., Von d. reinen Math. zur Numerik, 1985;
    H. Kayser, Erinnerungen aus meinem Leben, 1996;
    H. Meschkowski, Mathematiker-Lex., ²1973;
    S. Gottwald, H.-J. Ilgauds, K.-H. Schlote (Hg.), Lex. bed. Mathematiker, 1990;
    Pogg. IV-VII a;
    DSB XI;
    Göttinger Gel. (P).

  • Autor/in

    Rudolf Fritsch
  • Zitierweise

    Fritsch, Rudolf, "Runge, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 259-260 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118803476.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA