Lebensdaten
1535 – 1596
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Waitzen (Vác, Ungarn)
Beruf/Funktion
Arzt ; Botaniker ; Forschungsreisender
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118749358 | OGND | VIAF: 14820806
Namensvarianten
  • Dasylycos
  • Rauchwolff, Leonhard
  • Rauwolf, Leonhard
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Rauwolff, Leonhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118749358.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Eltern unbek.;
    B Georg ( 1573), Handelsdiener d. Augsburger Handelshauses d. Manlich in Tripolis;
    1565 Regina, T d. Dr. Ambrosius Jung (um 1510–59), seit 1544 Stadtarzt in A., u. d. Regina Koler;
    Ur-Gvv d. Ehefrau Johannes Jung (1425–1505 oder 1515), bis 1491 Stadtarzt in Ulm;
    Gvv d. Ehefrau Ambrosius Jung (1471–1549), Leibarzt d. Bf. u. d. Domkap. in A., 1510-22 Stadtarzt ebd. (s. Augsburger Stadtlex.); Stief-Gr-Ov d. Ehefrau Melchior Manlich (1513–76), Kaufm. in A. (s. NDB 16); Stief-Ov d. Ehefrau Dr. Timotheus Jung (um 1529–80), Jur. b. d. Reichshofkanzlei, Nathanael Jung (um 1534–78), Vertr. Augsburger Handelshäuser in Lissabon; Verwandte (?) Ulrich (um 1536–1616), 1564-1616 Mitgl. d. Augsburger Kaufleutestube; Sixt (um 1556-nach 1625), Lautenmacher in A.

  • Biographie

    Über R.s Jugend und familiären Hintergrund ist so gut wie nichts bekannt. Am 6.11.1556 wird er mit der Immatrikulation an der Univ. Wittenberg erstmals faßbar. Während seines Studiums an der med. Fakultät der Univ. Montpellier, das er im Okt. 1560 aufnahm, wurde R. mit antiken und arab. medizinischen und naturkundlichen Werken vertraut and begann mit der Anlage eines Herbariums, das schließlich vier Foliobände mit 972 Pflanzen umfaßte (Univ.bibl. Leiden). Besonderer Einfluß auf ihn wird dem damals in Montpellier lehrenden Anatomen und Botaniker Guillaume Rondelet (1507–1566) zugeschrieben. Nach der Promotion in Valence (1562) kehrte R. über Oberitalien und die Schweiz nach Augsburg zurück. Dabei begegnete er Conrad Gesner (1516–65) in Zürich und Leonhart Fuchs (1501–66) in Tübingen. In Augsburg legte er einen Garten mit seltenen Pflanzen an. Er praktizierte im bayer. Aichach und 1569/70 in Kempten, ehe er 1571 von der Stadt Augsburg als Stadtphysicus mit einem Jahresgehalt von 100 Gulden angestellt wurde.

    Im Auftrag Melchior Manlichs d. Ä. brach R. 1573 zu einer dreijährigen Orientreise auf. Manlichs Firma hatte sich seit 1571 von Marseille aus mit mehreren eigenen Schiffen in den Levantehandel eingeschaltet, und R. sollte offenbar vor Ort die Handelsdiener der Gesellschaft medizinisch betreuen sowie Geschäftsmöglichkeiten erkunden. Im Mai 1573 ging R. nach Marseille und unternahm im September zusammen mit dem Ulmer Manlich-Angestellten Hans Ulrich Krafft (1550–1621) die Seereise nach Tripolis. Nach neunmonatigem Aufenthalt im syr. Aleppo reiste er im Aug. 1574 in Richtung Mesopotamien weiter und erreichte nach mehrwöchiger Flußfahrt auf dem Euphrat Ende Oktober die Ruinen von Babylon und die Stadt Bagdad. Die geplante Weiterreise nach Indien mußte er aufgeben, als er die Nachricht vom Bankrott der Manlich-Gesellschaft erhielt und dringend zur Rückkehr aufgefordert wurde. Der Weg nach Aleppo und Tripolis, wo er im Mai 1575 eintraf, führte ihn durch kurd. Gebiet. Vor der Rückreise nach Augsburg hielt sich R. einige Zeit im Libanongebirge auf und unternahm eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Am 15.1.1576 landete er in Venedig und erreichte vier Wochen später seine Heimatstadt. Dort arbeitete er im Pestspital und verfaßte seinen Reisebericht, der 1582 erstmals im Druck erschien. Zahlreiche oriental. Pflanzenarten sind darin erstmals beschrieben. Außerdem zeichnet sich das Werk durch detaillierte Darstellungen der Topographie, Verwaltung und Wirtschaft von Provinzstädten des Osman. Reichs wie Aleppo und Bagdad sowie der Lebensformen und Bräuche von Türken, Arabern, Persern und Ostchristen aus. Als erster Europäer berichtete R. über Zubereitung und Konsum von Kaffee und schilderte anschaulich die Gefahren und Anstrengungen des Reisens im Orient. Allerdings ist sein Reisewerk nicht frei von fabelhaften Elementen (z. B. Erwähnung v. Greifen u. Einhörnern) und ethnisch-religiösen Stereotypen und Vorurteilen bei der Charakterisierung des Islam und der oriental. Juden. Zeittypisch ist ferner der häufige Rückgriff auf antike Autoritäten wie Dioskurides, Theophrast, Plinius d. Ä. und Strabo.

    Als überzeugter Protestant gehörte R. zu den Gegnern des Augsburger Rates im Streit um die Einführung des Gregorianischen Kalenders und das Berufungsrecht der ev. Prediger und wurde daher 1588 seines Amtes als Stadtarzt enthoben. Er ging nach Linz, wo er Stadt- und Landphysicus der oberösterr. Stände wurde und 1593 eine Supplikation an die Stände gegen jüd. Heiler unterschrieb. Im Sommer 1596 nahm er als Feldarzt am Zug eines österr. Heeres gegen die Türken in Ungarn teil und erkrankte dabei tödlich an der Ruhr. Die tropische Pflanzengattung Rauwolfia serpentina, aus deren Wurzel der Arzneistoff Reserpin gewonnen wird, ist nach R. benannt.

  • Werke

    Leonharti Rauwolfen, der Artzney Doctorn, vnd bestelten Medici zu Augspurg. Aigentliche beschreibung der Raiß, so er vor diser zeit gegen Auffgang inn die Morgenländer, fürnemlich Syriam, Iudaeam, Arabiam, Mesopotamiam, Babyloniam, Assyriam, Armeniam etc. nicht ohne geringe mühe vnnd grosse gefahr selbs volbracht: … Alles in drey vnderschidliche Thail mit sonderem fleiß abgethailet … Lauingen, Leonhart Reinmichel, 1582;
    zweite, um e. 4. T. mit 42 Holzschnitten v. Pflanzen vermehrte Aufl., Lauingen 1583, Nachdr. 1971;
    weitere Ausg. mit leicht verändertem Titel 1582 in Frankfurt/M.;
    bearb. v. Sigismund Feyerabend u. d. T. „Reyssbuch d. hl. Landes“ 1584, 1609 u. 1629 in Frankfurt/M., 1659 in Nürnberg;
    engl. Überss. London 1693, 1705 u. 1748;
    niederl. Überss. Leiden 1707 u. 1727.

  • Literatur

    ADB 27;
    F. Babinger, in: Archiv f. d. Gesch. d. Naturwiss. u. d. Technik 4, 1913, S. 148-61;
    J. Schuster, L. R. als Kämpfer gegen d. Kurpfuschertum 1593, in: Archiv f. Gesch. d. Med. 14, 1923, S. 125 f.;
    J. Strieder, Levantin. Handelsfahrten dt. Kaufleute d. 16. Jh., in: ders., Das reiche Augsburg, Ausgew. Aufss., hg. v. H. F. Deininger, 1938, S. 167-89;
    J. Fleischmann, Die Ärztefam. Jung, in: Lb. Bayer. Schwaben, IV, 1955, S. 14-43;
    J. Wiesner, L. R. als Altertumsforscher, in: Sudhoffs Archiv f. Gesch. d. Med. u. d. Naturwiss. 43, 1959, S. 355-60;
    K. H. Dannenfeldt, L. R., Sixteenth-Century Physician, Botanist and Traveller, 1968;
    F. Junginger, L. R., Ein Schwäb. Arzt, Botaniker u. Entdeckungsreisender d. 16. Jh., 1969;
    Welt im Umbruch, Augsburg zw. Renaissance u. Barock (Ausst.kat), I, 1980, S. 337-39, II, S. 479 f.;
    S. Seybold, Luca Ghini, L. R. u. Leonhart Fuchs, Über d. Herkunft d. Aquarelle im Wiener Kräuterbuchms. v. Fuchs, in: J.hh. d. Ges. f. Naturkde. in Württ. 145, 1990, S. 239-64;
    G. Seibold, Die Manlich, 1995;
    W. Reinhard (Hg.), Augsburger Eliten d. 16. Jh., 1996;
    Augsburger Stadtlex.;
    DSB;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³

  • Autor/in

    Mark Häberlein
  • Zitierweise

    Häberlein, Mark, "Rauwolff, Leonhard" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 217-218 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118749358.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Rauwolf: Leonhard R. (Dasylycos), Arzt, Botaniker und namhafter Reisender, als Sohn eines Kaufmanns zu Augsburg geboren, wurde von Jugend an trefflichen Lehrern übergeben, die ihn für das Universitätsstudium vorbereiteten, welchem er in Deutschland (Basel?), dann in Italien und Frankreich sich widmete. 1560 ging er nach Frankreich, 1562 erwarb er sich den Doctorgrad in Balence und studirte dann in Montpellier, dessen berühmten Rondelet er mit Vorliebe als seinen Lehrer bezeichnet, Botanik. In der Gegend von Montpellier, Cette und Frontignan sammelte er ein Herbarium von 600 Arten. Sein Begleiter war in Südfrankreich Jeremias Martins (Mertz) aus Augsburg, der später in seiner Vaterstadt als ein berühmter Arzt lebte. 1563 ging er nach Italien, wo er, nach seiner Pflanzensammlung zu urtheilen, u. a. in Verona, Bologna, Florenz, Parma verweilte und von wo er, den gleichen Zeugen zufolge, über den Gotthard, Luzern, Basel, den Schwarzwald die Heimath wieder gewann. Die Bekanntschaft mit Conrad Gesner war eine der Früchte dieser Reise. Nach Deutschland zurückgekehrt, vermählte sich R. am 26. Febr. 1565 mit Regina Jung und ließ sich zuerst in Augsburg, wo er auch einen Pflanzengarten begründete, später in Aichach, endlich in Kempten als Arzt nieder. Seine Biographen erzählen, wie er, von Liebe zur Wissenschaft der Pflanzen und von dem Wunsche getrieben, die Heimathsorte der wichtigen officinellen Pflanzen des Orients zu erkunden, nach wenigen Jahren „mit Zustimmung und Erlaubniß der Seinigen“ seine große Reise angetreten habe. Seine späteren Schicksale scheinen außerdem anzudeuten, daß es ihm auch an einer gewissen inneren Unruhe nicht gefehlt habe. Von seinem Schwager Manlich, welcher Geschäftsverbindungen mit der Levante unterhielt, ausgestattet, reiste R. am 18. Mai 1573 in Begleitung des Augsburgers Friedrich Rentz über Lindau, Chur, den Splügen, nach Mailand und über Nizza nach Marseille, wo er im Hause seines Schwagers wohnte, bis er am 1. September in Gesellschaft des Ulmer Kaufmanns Ulrich Krafft den Hafen verlassen konnte, um nach Tripolis in Syrien zu fahren. Vom 30. Sept. bis 9. Nov. wurde hier Station gemacht, gesammelt und beobachtet. Das 3. und 4. Capitel seines Buches, Beschreibung der Sitten und Gebräuche der Türken und Schilderung der um Tripolis wachsenden Pflanzen, sind offenbar unter dem ersten Eindruck der fremden Welt geschrieben. Einen zweiten längeren Aufenthalt nahm R. in Aleppo, wo er sich hinreichend mit Sitte und Sprache des Landes vertraut machte, so daß er mit einem neugewonnenen Gefährten, einem Niederländer, im August 1574 im Gewand eines armenischen Kaufmanns und ausgestattet mit einem größeren Waarenvorrath sich nach Bagdad begab. Die Reise ging in Gesellschaft anderer Kaufleute nach Bir, hier wurde ein Schiff bestiegen und auf diesem nicht ohne Fährlichkeit der Euphrat bis Bagdad befahren, welches am 27. October erreicht wurde. In mehrwöchentlichem Aufenthalt hat R. Bagdad und seine Umgebung ziemlich genau kennen gelernt, hauptsächlich stand aber sein Sinn nach Erforschung der Wege, welche von hier nach Indien führen möchten. Als R. einen Brief aus Aleppo erhielt, der ihn nach dieser Stadt zurückrief, nahm er mit schwerem Herzen von diesem Plane und zugleich von seinem Gefährten, der bald darauf im persischen Meerbusen Schiffbruch litt und ertrank, Abschied, hatte aber das Glück, noch vor seiner Abreise mit einem eingeborenen Christen bekannt zu werden, der ihm Gastfreundschaft und Förderung seiner Unternehmungen anbot. Am 16. September zog R. in Gesellschaft einiger Juden, welche mit ihm den Euphrat herabgefahren waren, über Mossul und Urfa nach Aleppo zurück. Einigen Anfechtungen durch räuberische Kurden und seine eigenen Reifegeführten, war der gelehrte Mann, der seine Brust mit Päcken Pflanzenpapier, das er für seine Sammlungen mit sich führte, gepanzert hatte, herzhaft entgegengetreten und hatte sie nahezu ohne Schaden überstanden. Sein früherer Reisegefährte Ulrich Klafft war unterdessen in türkische Gefangenschaft gerathen, in welcher er zu Tripolis drei schwere Jahre zubrachte, und R. entging mit knapper Noth dem gleichen Geschicke. Er mußte sich Monate lang still im Fondo der Franzosen aufhalten, welche damals in Aleppo als Handelsleute und durch den Schutz der türkenfreundlichen Politik ihres Landes selbst den Venetianern voranstanden. Unter den Kranken, die in größerer Zahl seinen Rath suchten, war hier auch ein maronitischer Patriarch, mit dem, als er genesen war, R. den Libanon besuchte. Von diesem Gebirge entwirft er eine etwas mehr als die meisten seiner sonstigen Berichte ins Einzelne gehende Beschreibung, aus welcher besonders einige Notizen über die Cedernhaine sowie das Capitel über die Bedrückungen der Maroniten und „Trusci“ durch die Türken hervorragen. Am 7. September 1575 verließ R. in Gesellschaft einiger Niederländer den Hafen von Tripolis, fuhr in 6 Tagen nach Joppe und verweilte in Jerusalem und Umgebung bis zur Rückkehr nach Tripolis, welches er dann, nach vergeblichen Anstrengungen zur Befreiung Ulrich Krafft's, der erst nach drei Jahren dem türkischen Gefängniß entrann, am 6. November 1575 verließ. Nach stürmischer Seefahrt landete er in Venedig und kam am 12. Febr. 1576 in Augsburg wieder an. Hier erhielt er die Aufsicht des Pestspitals und scheint eine durch seine Erfahrung und Wissenschaft angesehene Stellung eingenommen zu haben, bis er 1588 sich in den Streit über den Gregorianischen Kalender und die Berufung der Geistlichen verwickeln ließ und vom Senat, der an seiner Opposition Anstoß nahm, gleichzeitig mit seinem Collegen Adolph Octo entlassen wurde. R. ging nach Linz, wo er als „Poliater et Ordinum Archiducatus Austrias Medicus“ Anstellung fand. Er begleitete später die oberösterreichischen Streitkräfte in den Türkenkrieg und starb, von häuslichem Unglück bedrückt, 1596 (nach Coberus, nach Veith's weniger glaubwürdiger Angabe 1606) an Dysenterie bei der Belagerung von Hatvan *)In einem Exemplar der 1582er Ausgabe der Rauwolf’schen Reisebeschreibung in der Universitätsbibliothek zu Leipzig ist von wenig späterer Hand eingetragen, R. sei wenige Jahre nach der Rückkehr von seiner Reise zu Augsburg beim Wettspringen in einen Brunnen gestürzt und dadurch ums Leben gekommen. Wenn auch gegenüber des Coberus Angabe nicht glaubwürdig, soll diese Notiz um so weniger verschwiegen sein, als die in Linz angestellten Nachforschungen, seinen Namen unter den dort im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts ansässigen Aerzten nicht haben auffinden lassen. R.. Die Reisebeschreibung, welche den Namen Rauwolf's unter denen der hervorragenderen deutschen Reisenden nie vergessen lassen wird, erschien 1582 im Original zu Lauingen, ebendaselbst 1583 in neuer (Titel-) Ausgabe und 1582 in einem Nachdruck zu Frankfurt. Letzterer ist von Vielen, auch von Veith in der Bibliotheca Augustana für das Original gehalten worden. Eine 1581er Ausgabe, die Stuck und nach ihm E. Meyer angibt, scheint nicht vorhanden zu sein. Den drei Theilen der 1583er Ausgabe ist ein vierter Theil, bestehend aus einer Zuschrift an die Leibärzte des Herzogs von Württemberg, und 42 in Holzschnitt ausgeführten Pflanzenbildern angehängt. Ein Weiterer Nachdruck der drei ersten Theile erschien 1609 in Frankfurt a. M., englische und holländische Uebersetzungen 1693, 1707 und 1738, zu einer Lügenreise verballhornt wurde endlich Rauwolf's ehrliches Werk 1681 in Rotenburg als „Leonis Flaminii Itinerarium per Palaestinam“. Der vierte, rein botanische Theil, ist, nach einer Mittheilung von A. Haller von Danty d'Isnard in Paris ins Lateinische übersetzt worden, doch ist von einer Ausgabe dieser Uebersetzung nichts bekannt. Wohl aber erscheinen die Rauwolf’schen Pflanzenbilder verkleinert in dem zweiten Bande von Dalechamp's Historia Generalis Plantarum 1586 mit ausführlichen lateinischen Beschreibungen, welche kaum ein Anderer als R. selbst angefertigt haben könnte. Des Rauwolf Pflanzensammlung soll nach dem Tode ihres Besitzers in die Bibliothek des Kurfürsten von Baiern, aus dieser nach Schweden und von dort durch Isaac Vossius nach Holland gekommen sein, wo sie bis heute im Besitz der Universitätsbibliothek zu Leiden sich befindet. Zeitweilig lag sie auch in England, wo sie u. A. von Ray und 1693 von Breyn benutzt worden ist. Gronovius hat über 300 Pflanzen dieses Herbariums nach dem Linné’schen System beschrieben und 1755 herausgegeben. Rauwolf's botanische Verdienste sind von Vielen bereitwillig anerkannt worden; sie werden erhöht durch den musterhaften Fleiß, mit welchem er sein Herbarium geordnet und die Vulgärnamen aufgezeichnet hat. Die Aufmerksamkeit Rauwolf's ist mährend seiner ganzen Reise mit rührender Beständigkeit dem Pflanzenreiche zugewandt gewesen. Von den Ranunkeln und Saxifragen, die er auf dem Wege von Bregenz nach Feldkirch findet, bis zu der Masse der zuerst von ihm beschriebenen Pflanzen, die um Tripolis und Aleppo wachsen, und deren Aufzählung das ganze 4. und 9. Capitel des ersten Theiles füllt, und bis zu den Bananen, dem Zuckerrohr, dem Kaffeebaum, der Dattelpalme bleibt nichts unerwähnt. Fleißig werden Diocorides, Theophrast, Avicenna und mit besonderer Verehrung Clusius und Rondelet citirt. Mit Hülfe seines Gefährten Ulrich Krafft legte R. sein Herbarium an, dessen Dauer die Sorgfalt bezeichnet, mit welcher es hergestellt wurde. Breynius, der 1663 das Rauwolf’sche Herbarium benutzte, fand die Pflanzen desselben so frisch, als ob sie eben erst gesammelt worden seien. Mit den Mitteln der Wissenschaft seines Jahrhunderts konnte er kaum so viel leisten wie Kämpfer und Tournefort, zumal ihm auch die officinelle Berwerthung der Pflanzen überall im Vordergrund steht. Er hat nicht die Vertiefung des wahren Forschers, vielleicht auch nicht die Muße desselben besessen. Schade, daß er die im vierten Theil seines Reisebuches begonnene systematische Verwerthung seiner Sammlungen nicht fortgesetzt oder vertieft hat. Mit besonderer Vorliebe hat R. alle medicinischen Dinge, Krankheiten, Heilmittel, Bäder, Speisen und Getränke und alle Industrien besprochen, nicht ohne daß durch Leichtgläubigkeit, wie sie der Zeit gegenüber den Erzählungen von fremden Ländern eigen war, auch manches Fabelhafte (s. die Schilderung des Greifes im 8. Capitel des 2. Buches) mit unterläuft. R. muß ein genaues Tagebuch geführt haben, er würde sonst nicht im Stande gewesen sein, eine solche Fülle einzelner genauer Angaben zu bieten. Seine Beschreibungen der Völker und ihrer Tracht und Sitten sind sehr eingehend, auch die Lage größerer Städte ist sorgfältig geschildert, wogegen geradezu ärmlich alles Geographische erscheint. Von der Natur der Gebirge und Flüsse ist wenig die Rede und über den Landschaftscharakter der durchreisten Gebiete schweigt sich R. womöglich noch vollständiger aus als|andere seiner Zeitgenossen. Es ist, als ob Alpen, Libanon, Taurus, Sinai gar keinen Eindruck aus ihn gemacht hätten, der irgend einer Erwähnung werth wäre. Die Reste alter Großstädte am Euphrat, die er mit unter den Eisten erwähnt, beschreibt er leider nur oberflächlich, während das moderne Städte leben der Orte, wo er länger verweilte, wie Aleppo, Bagdad, Jerusalem besonders nach der handelsgeographischen und politischen Seite oft sehr eingehend geschildert wird. Auch die Verhältnisse in Jerusalem werden besonders nach der politischen und ethnographischen Seite ausführlich besprochen. Die Beschreibung der verschiedenen Arten von Christen, die er an den heiligen Stätten vertreten fand, hat dauernden Werth, wenn auch die Ausstellungen nicht ungegründet sind, welche man von katholischer Seite gegen Einzelheiten derselben erhoben hat. Das Deutsch des Buches ist schwerfällig, die Darstellung ungleich, so daß mehr im wissenschaftlichen als im litterarischen Werthe die Erklärung des Erfolges liegen dürfte, welchen mehrmalige Auflagen und Uebersetzungen bezeugen.

    Bibliotheca Augustana von Veith, Bd. VIII (1792), S. 148—54. — Coberus, Observationum Medicorum Castrensium Dec. III., Ed. 1685. Observ. 3. — Adamus, Vitae Medicorum. — Beckmann, Litteratur d. ält. Reifebeschreibungen I. — Gronovius, Flora orientalis, Lugd. Bat. 1755. — Meyer, Gesch. der Botanik IV, 1857.

  • Autor/in

    Friedrich Ratzel.
  • Zitierweise

    Ratzel, Friedrich, "Rauwolff, Leonhard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 27 (1888), S. 462-465 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118749358.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA